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Die Doppik-Einführung in Stetten a.k.M. aus Sicht des Gemeinderats
Die Doppik-Einführung in Stetten a.k.M. aus Sicht des Gemeinderats
Ein Interview mit Günther Gotthold Töpfer (CDU-Fraktionsvorsitzender in Stetten a.k.M.)
16. Februar 2008
Erfahrungsberichte aus Sicht der Verwaltung zur Einführung der Doppik gibt es relativ viele - Berichte aus Sicht des
Gemeinderates einer Reformkommune sind dagegen Mangelware. Der Aufgabe diese Lücke zu füllen hat HaushaltsSteuerung.de
sich angenommen: Im Rahmen einer Interview-Reihe soll erstmals die Politik zu Wort kommen.
Die einzelnen Interviews der Reihe sind von der Struktur her einheitlich aufgebaut, wodurch für Sie als Leser die
Möglichkeit eines Vergleichs geschaffen werden soll.
In Teil 4 der Reihe sprach HaushaltsSteuerung.de mit dem Vorsitzenden der CDU-Gemeinderatsfraktion, Günther Gotthold
Töpfer (Bild), über die Erfahrungen seiner Fraktion mit der Doppik-Einführung in Stetten am kalten Markt.
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HaushaltsSteuerung.de: Herr Töpfer, die Gemeinde Stetten am kalten Markt stellte 2006
ihren Haushalt auf die Doppik um. Wie kommen die Mitglieder der CDU-Fraktion mit dem neuen doppischen Vokabular zurecht?
Wurden die Informationen aus dem Haushalt für die Mitglieder der ganzen Fraktion verständlicher?
Töpfer: Für die Mitglieder des Gemeinderates ist der doppische Haushalt auf jeden Fall
viel besser verständlich, denn die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben spricht eine sehr deutliche Sprache. Man
muss also kein Kaufmann sein, um eine Jahresrechnung zu verstehen. Die Produktergebnisse sind allerdings mitunter ernüchternd,
denn bei bestimmten Dienstleistungen wird ein nicht unbeträchtlicher Teil der Ausgaben niemals durch entsprechende Einnahmen
ausgeglichen. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise Gebühren für Ausweise, Reisepässe usw. festgelegt sind und bei den Ausgaben
natürlich alle Kosten vom Personal über den Bürobedarf bis hin zu den anteiligen Raumkosten akribisch ermittelt und angesetzt
wurden. Ernüchternd waren auch die Zahlen über Einnahmen und Ausgaben bei der Nutzung kommunaler Hallen, weil hier neben den
Abschreibungen auch sämtliche Kosten von der Beleuchtung über Heizung, Hausmeister u.a. vollständig erfasst sind und zu Buche
schlagen.
HaushaltsSteuerung.de: Auch das Lesen eines doppischen Haushalts will gelernt sein. Gab es
für Sie als Gemeinderäte hierfür spezielle Schulungen und wie sind diese verlaufen?
Töpfer: Ja, eine sehr gute Vorbereitung haben wir durch eine ausführliche und intensive
gemeinsame Unterrichtung durch den Kämmerer und den Bürgermeister erhalten. Eine große Rolle spielte auch die Kooperation
mit der benachbarten Stadt Albstadt, die uns tatkräftig begleitet und unterstützt hat. In dem Zusammenhang sei gesagt, dass
die Tiefe der Kennzahlen auch von der Größe einer Kommune abhängig ist.
HaushaltsSteuerung.de: Häufig liegt der Bereich Haushalt im Verantwortungsbereich von
einem oder wenigen Fraktionsmitgliedern. Ist dies nach Einführung der Doppik noch immer so, oder beteiligen sich inzwischen
mehr Fraktionsmitglieder an haushaltspolitischen Fragen?
Töpfer: Das ist eine gute Frage. Es war ja schon immer so, dass sich nur bestimmte
Mitglieder der Fraktion an haushaltspolitischen Fragen beteiligt haben. Interessanterweise hat sich daran bisher nicht viel
geändert.
HaushaltsSteuerung.de: Viele Bürger können doppische Jahresabschlüsse lesen und verstehen.
Hat sich die Kommunikation zur Bürgerschaft seit Einführung der Doppik verbessert?
Töpfer: Es ist vollkommen klar. Jeder Kaufmann und das sind viele Bürger kann natürlich einen
doppischen Jahresabschluss auf Anhieb problemlos lesen und verstehen. Ich glaube aber nicht, dass das Interesse der Bürgerschaft
gestiegen ist. Man darf jedoch nicht vergessen, dass das kommunalpolitische Interesse der Bürgerschaft über das Jahr hinweg recht
bescheiden ist. Zumindest konnte ich bei den Haushaltsberatungen und bei der Vorlage des Jahresabschlusses kein besonderes Interesse
feststellen. Auch im Gespräch mit den Bürgern habe ich diesbezüglich keine Fragen beantworten müssen.
HaushaltsSteuerung.de: Kennzahlen sind ein wichtiges Steuerungsinstrument im kommunalen Haushalt.
Wurden Sie als Mitglieder des Gemeinderats bei der Kennzahlenbildung beteiligt, oder wurden die Kennzahlen von der Verwaltung
formuliert? Falls Sie nicht beteiligt wurden: Würden Sie sich das wünschen?
Töpfer: Eine direkte Beteiligung gab es eigentlich nicht, aber im Zuge der gemeinsamen Unterrichtung
durch Kämmerer und Verwaltungs-Chef haben wir ausführlich über die von der Verwaltung formulierten Kennzahlen diskutiert. Es gab auch
niemals den Wunsch, bei der Formulierung der Kennzahlen mit zu wirken. Zunächst mussten sich ja schließlich die Mitglieder des Gremiums
erst einmal das nötige Grundwissen aneignen. Im übrigen muss ich dazu sagen, dass in unserer Gemeinde schon seit Jahren mit großem Fleiß
Kennziffern ermittelt wurden, die dann bei der Einführung des doppischen Haushaltes zur Verfügung standen und somit die Umstellung
erheblich erleichtert haben.
HaushaltsSteuerung.de: Die Doppik bildet im Gegensatz zur Kameralistik Abschreibungen und
Pensionsrückstellungen als neue Elemente ab. Hat die Darstellung dieser Positionen eine Bewusstseinsänderung im Hinblick auf eine
generationengerechte Politik gehabt?
Töpfer: Diese Frage kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Der Begriff Generationengerechtigkeit
ist bei uns längst zu einem festen Bestandteil im Sprachgebrauch geworden. Bereits bei der Einführung des ersten Doppik-Haushaltes
haben die Haushaltsredner eindringlich auf die Verpflichtung zur Generationengerechtigkeit hingewiesen. Mit Blick auf die Befürchtung,
den neuen doppischen Haushalt in den ersten zwei bis drei Jahren schon allein wegen der Abschreibungen nicht ausgleichen zu können,
wurde auch fast feierlich an die Verantwortung zur Mäßigung bei den Ausgaben appelliert.
Um so größer war die Freude bei Gemeinderat und Verwaltung, als der 1. doppische Haushalt allen Befürchtungen zum Trotz mit einem
Überschuss abgeschlossen werden konnte. Heute ist das Gremium überzeugt davon, mit der Einführung des neuen Haushaltsrechts den
absolut richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Die Interview-Reihe im Überblick:
» Die Doppik-Einführung in Brühl aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Matthias Petran (Interview-Reihe Teil 1/7)
» Die Doppik-Einführung in Bruchsal aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Matthias Holoch (Interview-Reihe Teil 2/7)
» Die Doppik-Einführung in Dortmund aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Ernst Prüsse (Interview-Reihe Teil 3/7)
» Die Doppik-Einführung in Stetten a.k.M. aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Günther Gotthold Töpfer (Interview-Reihe Teil 4/7)
» Die Doppik-Einführung in Karlsruhe aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Michael Obert (Interview-Reihe Teil 5/7)
» Die Doppik-Einführung in Dreieich aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Rainer Jakobi (Interview-Reihe Teil 6/7)
» Die Doppik-Einführung in Hallbergmoos aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Karl-Heinz Zenker (Interview-Reihe Teil 7/7)
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