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HaushaltsSteuerung.de » Themen » Bürgerhaushalt » Der Bürgerhaushalt in Vlotho

Der Bürgerhaushalt in Vlotho
Ein Interview mit Ulrich Ammon (FDP-Fraktionsvorsitzender in Vlotho)

12. April 2008



Ein Bürgerhaushalt bietet Bürgern die Möglichkeit aktiv an der Haushaltsplanung mitzuwirken. Auch geht es darum Transparenz bezüglich der Haushaltssituation zu schaffen. In einigen Kommunen in Deutschland wurde ein solcher Bürgerhaushalt bereits eingeführt - wie z.B. in der Stadt Vlotho (Nordrhein-Westfalen).

Im Rahmen einer Interview-Reihe auf HaushaltsSteuerung.de berichten nun Gemeinderäte über ihre Erfahrungen mit dem Bürgerhaushalt.

In Teil 3 der Reihe sprach HaushaltsSteuerung.de mit Ulrich Ammon (Bild), dem Vorsitzenden der FDP-Ratsfraktion von Vlotho.

Ulrich Ammon, FDP

HaushaltsSteuerung.de: Herr Ammon, 2003 wurde für die Bürger von Vlotho die Möglichkeit geschaffen über einen Bürgerhaushalt an der Haushaltsplanung mitzuwirken. Wie ist die Idee für einen Bürgerhaushalt entstanden? Kam die Initiative aus der Politik, der Verwaltung oder aus der Bürgerschaft?

Ammon: Die Idee ist von mehreren Seiten ins Gespräch gebracht worden, konkret dann von der (damaligen) Bürgermeisterin und dem Kämmerer; es war für uns im Rat ein selbstverständlicher Baustein zum NKF. Die anfänglich gut angenommene Bürgerhaushalt-Veranstaltung ließ sich aber nicht dauerhaft etablieren, nach 3 Durchläufen haben wir die Bürgerhaushalt-Veranstaltungen vor 2 Jahren zunächst ausgesetzt.
Gründe: Erstens waren es im Kern die ohnehin politisch Tätigen aus den vier Ratsparteien und -fraktionen, die daran teilnahmen, die ohnehin über die Fraktionen und deren Anträge unmittelbar mitwirken konnten. Zweitens vermittelt die Verwaltung immer schon und auch heute zu Zeiten von NKF und Doppik den Eindruck, im Haushalt "steht ohnehin schon alles fest", die Bürgerhaushalts-Veranstaltung war - objektiv - immer viel zu spät angesetzt, um ggf. noch große Änderungen einfügen zu können. Allerdings muß man dabei aber auch feststellen: In einer Gemeinde, die zeitweilig in die Haushaltssicherung abzurutschen drohte, war tatsächlich auch nahezu jeder Euro fast ohne freie Spitze durch Pflichtaufgaben verplant, sodaß es auch ein wenig "unfair" war, dem Bürger mit einer Bürgerhaushalts-Veranstaltung vorzugaukeln, am Haushalt wäre noch etliches abänderbar, wo nahezu kein Spielraum für Änderungen bestand.

HaushaltsSteuerung.de: Welche Vorteile bringt Ihres Erachtens ein Bürgerhaushalt?

Ammon: (1) Trotz der o.a. Kritik hat der Bürgerhaushalt den Vorteil, daß Verwaltung und Politik gezwungen werden, allen Interessierten den Haushalt näherzubringen und verständlich zu erläutern. Mehr als Informationsveranstaltung denn als Mitwirkungsveranstaltung ist eine Bürgerhaushalts-Veranstaltung (oder veranstaltungen, je nach durchgeführtem Ablauf) sehr wohl sinnvoll; die Akzeptanz des Haushaltes wird erhöht wir auch außerhalb von Rat und Verwaltung erhöht.
(2) Auch wenn zahlreiche Vorschläge aus den Bürgerhaushalts-Veranstaltungen nicht oder nicht sofort umsetzbar waren, so konnten doch Politik und Verwaltung einige wichtige Anregungen erhalten und bestimmte gewünschte Schwerpunkte im Austausch mit den Bürgerhaushalt-TeilnehmerInnen besser erkennen und im direkten Gespräch vertiefen.

HaushaltsSteuerung.de: In kurzen Worten: Was ist für Sie ein Bürgerhaushalt? Wodurch zeichnet er sich aus?

Ammon: Ein Bürgerhaushalt ist für mich ein Haushalt, der
(1) ausreichend verständlich publiziert und allgemein verständlich erläutert wird,
(2) über den Transmissionsriemen Ratsfraktionen, aber auch über das Instrument der Anregungen und Anträge aus der Bürgerschaft den Bürgerwillen und die Bürgerideen wo immer möglich eingearbeitet hat,
(3) stets über den offiziellen Kommunalhaushalt hinaus politisch auch die zahlreichen ehrenamtlichen freiwilligen Leistungen in der Kommune und für die Kommune in das Gesamtpaket "Stadthaushalt" argumentativ und planerisch mit einbezieht.

HaushaltsSteuerung.de: In welchen Bereichen des Haushaltes kann der Bürger in Vlotho heute mitwirken?

Ammon: (1) Über die Parteien/Fraktionen,
(2) über die Möglichkeit, "Anregungen und Beschwerden" einzubringen, die zwingend zu behandeln und zu bescheiden sind,
(3) über die Mitgliedschaft oder das Mitwirken an den inzwischen zahlreichen Fördervereinen (u.a. für Kindergärten, Schulen, Freibad, Stadtbücherei u.a.m.), womit direkt geldwerte, haushaltsentlastende Leistungen erbracht werden, in der Regel im freiwilligen Bereich oberhalb der gesetzlichen Pflichtaufgaben einer Kommune,
(4) durch die in einer Kleinstadt noch sehr direkten und wirkungsvollen Informations-und Diskussionsrolle der Lokalpresse mit oft vollständiger und zeitnaher Leserbrief-Veröffentlichung.

HaushaltsSteuerung.de: Der kommunale Haushaltsplan ist ein komplexes Zahlenwerk, das für Außenstehende z.T. nur schwer verständlich ist. Wie wird dieses Problem in Vlotho gelöst?

Ammon: Der Kämmerer steht jeder Fraktion sehr häufig für Anfragen zur Verfügung, jede Fraktion hat den Kämmerer sowohl während der Haushaltsvorbereitung als auch den abschließenden Haushaltsberatungen oft mehrmals zu Gast, grundsätzlich stehen alle Mitarbeiterinnen auch aus dem Finanz- und Buchhaltungsbereich jederzeit für telefonische oder persönliche Nachfragen zur Verfügung. Wichtig, ja unerläßlich für jede Fraktion ist Sachkunde in ihren eigenen Reihen; ohne ein Fraktionsmitglied mit kaufmännischer/bankfachlicher/steuerberatungs- oder betriebswirtschaftlicher Ausbildung/Studium ist eine sachgerechte Haushaltsberatung nur sehr bedingt möglich. Letztlich funktioniert "Bürgerhaushalt" nur da richtig, wo sachkundige BürgerInnen in den tatsächlich entscheidungsberechtigten Gremien, also Ausschüssen und Rat, direkt mitwirken.


Die Interview-Reihe im Überblick:
» Der Bürgerhaushalt in Bonn - ein Interview mit Wilfried Klein (Interview-Reihe Teil 1/3)
» Der Bürgerhaushalt in Köln - ein Interview mit Winrich Granitzka (Interview-Reihe Teil 2/3)
» Der Bürgerhaushalt in Vlotho - ein Interview mit Ulrich Ammon (Interview-Reihe Teil 3/3)




©  Andreas Burth, Marc Gnädinger