Die Doppik-Einführung in Dreieich aus Sicht des Gemeinderats
Ein Interview mit Rainer Jakobi (SPD-Fraktionsvorsitzender in Dreieich)
2. Juli 2008
Erfahrungsberichte aus Sicht der Verwaltung zur Einführung der Doppik gibt es relativ viele - Berichte aus Sicht des
Gemeinderates einer Reformkommune sind dagegen Mangelware. Der Aufgabe diese Lücke zu füllen hat HaushaltsSteuerung.de
sich angenommen: Im Rahmen einer Interview-Reihe soll erstmals die Politik zu Wort kommen.
In Teil 6 der Reihe sprach HaushaltsSteuerung.de mit dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Rainer Jakobi (Bild),
über die Erfahrungen seiner Fraktion mit der Doppik-Einführung in Dreieich.
HaushaltsSteuerung.de: Herr Jakobi, die Stadt Dreieich stellte als eine der ersten Kommunen
in Hessen ihren Haushalt auf die Doppik um. Wie kommen die Mitglieder der SPD-Fraktion mit dem neuen doppischen Vokabular
zurecht? Wurden die Informationen aus dem Haushalt für die Mitglieder der ganzen Fraktion verständlicher?
Jakobi: Zunächst brachte die Umstellung auf die Doppik sicher eine Reihe von Problemen.
Grundsätzlich bildet jedoch der doppische Haushalt die tatsächlichen Kosten eines Projektes besser ab.
HaushaltsSteuerung.de: Auch das Lesen eines doppischen Haushalts will gelernt sein. Gab es
für Sie als Stadtverordnete hierfür spezielle Schulungen und wie sind diese verlaufen?
Jakobi: Die Stadtverordneten waren in die sich über Jahre hinziehende Umstellungsphase gut
eingebunden. Darüber hinaus gab es auch Schulungen.
HaushaltsSteuerung.de: Häufig liegt der Bereich Haushalt im Verantwortungsbereich von einem
oder wenigen Fraktionsmitgliedern. Ist dies nach Einführung der Doppik noch immer so, oder beteiligen sich inzwischen mehr
Fraktionsmitglieder an haushaltspolitischen Fragen?
Jakobi: In die Haushaltsplanberatungen waren in der SPD-Fraktion Dreieich schon immer alle
Fraktionsmitglieder eingebunden. Der Plan wird in Arbeitskreissitzungen, Fraktionssitzungen und teilweise auch auf Klausurtagungen
durchgearbeitet. Die Frage der Beteiligung an haushaltspolitischen Fragen hat meines Erachtens auch nichts mit der Frage
Kameralistik oder Doppik zu tun.
HaushaltsSteuerung.de: Viele Bürger können doppische Jahresabschlüsse lesen und verstehen.
Hat sich die Kommunikation zur Bürgerschaft seit Einführung der Doppik verbessert?
Jakobi: Nach meinem Eindruck lesen nicht mehr Bürger doppische Haushalte oder Jahresabschlüsse
als kameralistische Haushalte.
HaushaltsSteuerung.de: Kennzahlen sind ein wichtiges Steuerungsinstrument im kommunalen Haushalt.
Wurden Sie als Mitglieder des Stadtverordnetenversammlung bei der Kennzahlenbildung beteiligt, oder wurden die Kennzahlen von der
Verwaltung formuliert? Falls Sie nicht beteiligt wurden: Würden Sie sich das wünschen?
Jakobi: Die Kennzahlen wurden von der Verwaltung formuliert. Ich sehe darin kein Manko. Es wurde
von der Politik auch nicht kritisiert.
HaushaltsSteuerung.de: Die Doppik bildet im Gegensatz zur Kameralistik Abschreibungen und
Pensionsrückstellungen als neue Elemente ab. Hat die Darstellung dieser Positionen eine Bewusstseinsänderung im Hinblick auf
eine generationengerechte Politik gehabt?
Jakobi: Das ist zu hoffen. Die doppischen Haushaltspläne haben jedenfalls in der Stadt
Dreieich die Verschuldungssituation mit der nötigen Dramatik aufgezeigt. Das Bewusstsein, daran etwas zu ändern, ist durchaus
vorhanden. Das Bewusstsein, dass hierfür Einschnitte unumgänglich sind, entwickelt sich erst langsam.