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Die Doppik-Einführung in Hallbergmoos aus Sicht des Gemeinderats
Die Doppik-Einführung in Hallbergmoos aus Sicht des Gemeinderats
Ein Interview mit Karl-Heinz Zenker (Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler in Hallbergmoos)
20. Juli 2008
Erfahrungsberichte aus Sicht der Verwaltung zur Einführung der Doppik gibt es relativ viele -
Berichte aus Sicht des Gemeinderates einer Reformkommune sind dagegen Mangelware. Der Aufgabe
diese Lücke zu füllen hat HaushaltsSteuerung.de sich angenommen: Im Rahmen einer Interview-Reihe
soll erstmals die Politik zu Wort kommen.
In Teil 7 der Reihe sprach HaushaltsSteuerung.de mit Karl-Heinz Zenker (Bild) dem Vorsitzenden
der Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler (FW), über die Erfahrungen seiner Fraktion mit der Doppik-Einführung in Hallbergmoos.
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HaushaltsSteuerung.de: Herr Zenker, die Gemeinde Hallbergmoos hat als eine der ersten bayerischen
Kommunen ihren Haushalt auf die Doppik umgestellt. Wie kommen die Mitglieder der Fraktion der Freien Wähler mit dem neuen doppischen
Vokabular zurecht? Wurden die Informationen aus dem Haushalt für die Mitglieder der ganzen Fraktion verständlicher?
Zenker: Da das doppische Vokabular weitestgehend Allgemeingut ist, kommen die Fraktionsmitglieder
gut damit zurecht, zumal etliche Selbstständige darunter sind. Die Informationen wurden verständlicher und durch einen umfassenden
Vorbericht allgemeinverständlich auch für die mittelfristige Finanzplanung erläutert. Die wichtigste neue Information ist der
Abschreibungsbedarf, der in der Kameralistik so nicht existiert.
HaushaltsSteuerung.de: Auch das Lesen eines doppischen Haushalts will gelernt sein. Gab es für
Sie als Gemeinderäte hierfür spezielle Schulungen und wie sind diese verlaufen?
Zenker: Nein, es gab keine speziellen Schulungen, sondern immer nur Vorträge im Gemeindrat im
Verlauf der Einführung, sowie Erläuterungen zum jeweiligen Haushalt. Besonders hilfreich sind die jeweiligen Quartalsberichte, die
jeweils einen Kurzbericht zu den jeweiligen Ein- und Ausgaben enthalten.
HaushaltsSteuerung.de: Häufig liegt der Bereich Haushalt im Verantwortungsbereich von einem oder
wenigen Fraktionsmitgliedern. Ist dies nach Einführung der Doppik noch immer so, oder beteiligen sich inzwischen mehr
Fraktionsmitglieder an haushaltspolitischen Fragen?
Zenker: Die wichtigsten haushaltspolitischen Stellungnahmen erfolgen durch mich als finanzpolitischer
Sprecher. Das größte Problem mit den häufigsten Diskussionen stellen die jeweiligen Gewerbesteueransätze dar, die beliebig richtig oder
falsch sein können. So musste die Gemeinde 2004 auf einen Schlag ca. sechs Millionen Euro an Gewerbesteuer zurückzahlen.
HaushaltsSteuerung.de: Viele Bürger können doppische Jahresabschlüsse lesen und verstehen. Hat sich
die Kommunikation zur Bürgerschaft seit Einführung der Doppik verbessert?
Zenker: Hier hat sich meines Erachtens nichts wesentliches geändert. Das liegt aber am allgemeinen
Desinteresse der Bürger an der Politik. An einem von mir angebotenen Vortrag über unseren Gemeindehaushalt an der VHS haben keine
Gemeindebürger teilgenommen, sondern nur auswärtige Interessierte. Der gesamte Haushalt ist auf der Gemeindehomepage
www.hallbergmoos.de
unter der Rubrik Rathaus (Finanzen) einzusehen, ohne dass dies zu großen Nachfragen in der Kämmerei geführt hat.
HaushaltsSteuerung.de: Kennzahlen sind ein wichtiges Steuerungsinstrument im kommunalen Haushalt.
Wurden Sie als Mitglieder des Gemeinderats bei der Kennzahlenbildung beteiligt, oder wurden die Kennzahlen von der Verwaltung formuliert?
Falls Sie nicht beteiligt wurden: Würden Sie sich das wünschen?
Zenker: Kennzahlen wurden im Wesentlichen von der Verwaltung vorgegeben. Hier wird es noch einiger
Arbeit bedürfen.
HaushaltsSteuerung.de: Die Doppik bildet im Gegensatz zur Kameralistik Abschreibungen und
Pensionsrückstellungen als neue Elemente ab. Hat die Darstellung dieser Positionen eine Bewusstseinsänderung im Hinblick auf eine
generationengerechte Politik gehabt?
Zenker: Der ermittelte Abschreibungsbedarf ist die interessanteste Kennzahl der Doppik. Dieser
Wert kann wohl von den meisten Kommunen nicht erwirtschaftet werden und ist in dieser Form in der neuen KommHV nur eine
Sollvorschrift. Die Pensionsrückstellungen erfolgen nur buchungstechnisch.
HaushaltsSteuerung.de: Warum wird Ihres Erachtens im Freistaat Bayern, entgegen fast allen
anderen Bundesländern, die Doppik nicht verbindlich vorgeschrieben?
Zenker: Meiner Ansicht nach wegen des Konnexitätsprinzips. Leider steht hier der Freistaat
Bayern nicht an der Spitze des Fortschritts nach dem Motto "Laptop", sondern mehr am Ende nach dem Motto "Lederhose". Trotzdem
haben sich bisher etliche Kommunen entschlossen, trotz erheblichen finanziellen Aufwands die Doppik freiwillig einzuführen.
Die Interview-Reihe im Überblick:
» Die Doppik-Einführung in Brühl aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Matthias Petran (Interview-Reihe Teil 1/7)
» Die Doppik-Einführung in Bruchsal aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Matthias Holoch (Interview-Reihe Teil 2/7)
» Die Doppik-Einführung in Dortmund aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Ernst Prüsse (Interview-Reihe Teil 3/7)
» Die Doppik-Einführung in Stetten a.k.M. aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Günther Gotthold Töpfer (Interview-Reihe Teil 4/7)
» Die Doppik-Einführung in Karlsruhe aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Michael Obert (Interview-Reihe Teil 5/7)
» Die Doppik-Einführung in Dreieich aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Rainer Jakobi (Interview-Reihe Teil 6/7)
» Die Doppik-Einführung in Hallbergmoos aus Sicht des Gemeinderats - ein Interview mit Karl-Heinz Zenker (Interview-Reihe Teil 7/7)
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