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Aktivitätsniveau - passiv, reaktiv, aktiv, proaktiv
Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft
Aktivitätsniveau - passiv, reaktiv, aktiv, proaktiv
Als Aktivitätsniveau bezeichnet man verschiedene Arten des Handelns gegenüber der Umwelt bzw. Verhaltensweisen bei Änderungen von Umweltzuständen.
Der Begriff der Umwelt ist hierbei im Sinne der natürlichen, kulturellen, ökonomischen, sozialen und politischen Umwelt zu verstehen.
In aufsteigender Reihenfolge unterscheidet man zwischen folgenden vier Aktivitätsniveaus:
- passiv (niedrigstes Aktivitätsniveau)
- reaktiv
- aktiv
- proaktiv (höchstes Aktivitätsniveau)
Passives Verhalten liegt vor, wenn sich eine Person oder Organisation abwartend verhält, keine Initiative ergreift und selbst
bei Änderungen der Umwelt untätig bleibt bzw. keine Verhaltensänderung zeigt. Auch beim akuten Auftreten von Problemen werden im Falle
einer passiven Verhaltensmaxime keinerlei Gegenmaßnahmen zur Problemlösung und/oder Beseitigung der Problemursachen eingeleitet.
Ein Beispiel für passives Verhalten wäre eine Gemeinde, die durch rückläufige
Steuereinnahmen/-erträge den
Haushaltsausgleich verfehlt, aber dennoch keinerlei
Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen (z.B. Kürzung von
Ausgaben/Aufwendungen oder verstärkte Nutzung
von anderen Einnahme-/Ertragsquellen) ergreift, um den Haushaltsausgleich wieder zu erreichen.
Von reaktivem Verhalten kann gesprochen werden, wenn eine Person oder Organisation erst als Reaktion auf einen bestimmten Reiz
(z.B. Entdeckung eines Fehlers, Aufforderung durch Dritte) tätig wird. Hierbei werden indes nur die derzeit unmittelbar identifizierbaren,
als bedeutsam eingestuften Probleme gelöst. Die Ursachen der Probleme werden bei reaktivem Handeln zumeist nicht oder nur teilweise beseitigt, d.h. das
gleiche Problem kann später erneut auftreten.
Ein Beispiel für reaktives Verhalten wäre der Fall, dass eine Gemeinde bei rückläufigen Steuereinnahmen/-erträge ihre
Gewerbesteuerhebesätze
erhöht, um hierdurch den Haushaltsausgleich wieder herbeizuführen. Die eigentlichen Problemursachen (z.B. wichtiger Gewerbesteuerzahler wanderte ab,
da er nicht ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte gefunden hat) werden indes nicht beseitigt. Es kann folglich sein, dass weitere Gewerbesteuerzahler
später aus ähnlichem Grund abwandern.
Unter aktivem Verhalten versteht man ein Aktivitätsniveau, bei dem die betreffende Person oder Organisation bestimmte Entwicklungen
bewusst zu beeinflussen versucht.
Ziel ist es, selbst die Initiative zu ergreifen. Sofern z.B. Probleme auftreten, werden beim aktiven
Verhalten im Gegensatz zum reaktiven Verhalten zumeist auch die Problemursachen beseitigt. Aktives Verhalten unterscheidet sich indes
vom proaktiven Verhalten v.a. dadurch, dass nur in eingeschränktem Maße in die Zukunft vorausgedacht wird (d.h. nur kurzfristige Vorausplanung).
Von aktivem Verhalten kann z.B. gesprochen werden, wenn in obigem Beispiel zum reaktiven Verhalten zusätzlich auch die Problemursachen
beseitigt werden. Auch wird eventuell ein anderer Ansatz zur Lösung des unmittelbaren Problem (hier: Verfehlen des Haushaltsausgleichs
aufgrund rückläufiger Steuereinnahmen/-erträge) praktiziert: So ist es z.B. denkbar, dass der Haushaltsausgleich über anderweitige
Konsolidierungsmaßnahmen erreicht wird,
um zu vermeiden, dass durch die höheren Gewerbesteuerhebesätze neue Probleme entstehen
(z.B. Unternehmen wandern ab, da sie in einer anderen Gemeinde weniger Steuern zahlen müssen). Sofern gleichwohl wie beschrieben bei der
Problemlösung bereits in die Zukunft gedacht wird und künftige Probleme (hier: weitere Unternehmen wandern wegen zu hoher Gewerbesteuerhebesätze ab)
vorausgesehen werden, könnte in diesem Fall auch bereits von proaktivem
Verhalten gesprochen werden. Generell gilt, dass je differenzierter und je weiter zeitlich vorausgeplant wird, desto eher ist von
proaktivem Verhalten statt von aktivem Verhalten zu sprechen. In Einzelfällen können die Grenzen zwischen aktivem und proaktivem Verhalten
fließend sein.
Proaktives Verhalten liegt vor, wenn eine Person oder Organisation durch eine möglichst frühzeitige, differenzierte Vorausplanung und
zielorientiertes Handeln versucht, denkbare künftige Entwicklungen/Umweltzustände vorauszusehen und versucht diese künftigen
Entwicklungen vorab zu beeinflussen bzw. in der gewünschten Form herbeizuführen. Sofern die künftigen Entwicklungen nicht
unmittelbar beeinflussbar sind, werden zumindest vorab mögliche Szenarien durchdacht und mögliche, fallabhängige Lösungsansatze entwickelt
(um im Fall der Fälle möglichst schnell geeignete (Gegen-)Maßnahmen einleiten zu können).
Ein Instrument der proaktiven
Verwaltungssteuerung ist beispielsweise die Nutzung eines institutionalisierten
Risikomanagements. So kann über das Risikomanagement einer Gemeinde z.B. die wirtschaftliche Lage wichtiger Gewerbesteuerzahler beobachtet
werden. Zeichnet sich z.B. ab, dass ein wichtiger Gewerbesteuerzahler in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnte, kann die Gemeinde rechtzeitig
geeignete Maßnahmen ergreifen/einleiten (z.B. frühzeitiger Ausweis neuer, attraktiver Gewerbegebiete, um hierdurch neue Gewerbesteuerzahler
anzulocken). Auch könnte sich die Gemeinde im Sinne des Durchdenkens mehrerer Szenarien frühzeitig (intern) dazu entscheiden, im Falle
einer akut drohenden Zahlungsunfähigkeit des wichtigen Gewerbesteuerzahlers für selbigen eine
Bürgschaft zu gewähren (inkl. Vorausplanung der Bedingungen,
an die die Bürgschaftsgewährung geknüpft werden könnte).
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