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Finanzausgleich, bundesstaatlicher
Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft
Finanzausgleich, bundesstaatlicher
Der bundesstaatliche
Finanzausgleich (auch: Bund-Länder-Finanzausgleich im weiteren Sinne,
Länderfinanzausgleich im weiteren Sinne) ist ein Ausgleichssystem in Deutschland zur Umverteilung der
staatlichen
Finanzmittel.
Ziel des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ist es, die
Einnahmesituation
der 16 Bundesländer einander anzunähern. Hierdurch sollen gleichwertige Lebensverhältnisse
für die Bevölkerung im gesamten Bundesgebiet gewährleistet werden.
Beim bundesstaatlichen Finanzausgleich handelt es sich um einen aus vier Stufen bestehenden Ausgleichsmechanismus:
- Stufe 1: vertikale Steuerverteilung
- Stufe 2: horizontale Steuerverteilung
- Stufe 3: Länderfinanzausgleich im engeren Sinne
- Stufe 4: Bundesergänzungszuweisungen
In Stufe 1 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs erfolgt zunächst die vertikale
Steuerverteilung des
Gemeinschaftsteueraufkommens in folgender Form:
- Lohn- und Einkommensteuer: 42,5 Prozent an den Bund; 42,5 Prozent an die Länder; 15 Prozent an die Gemeinden
- Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge: 44 Prozent an den Bund; 44 Prozent an die Länder; 12 Prozent an die Gemeinden
- Körperschaftsteuer: 50 Prozent an den Bund; 50 Prozent an die Länder
- Umsatzsteuer (2013): 53,4 Prozent an den Bund; 44,6 Prozent an die Länder; 2 Prozent an die Gemeinden
Die aufkommensstärksten
Steuerquellen
in Deutschland sind hierbei die Einkommensteuer (inkl. Lohnsteuer und
Abgeltungsteuer) sowie die Umsatzsteuer. Die
Steuerarten,
die nicht zu den Gemeinschaftsteuern zählen, stehen im Regelfall
entweder in vollständiger Höhe dem Bund (sog.
Bundessteuern),
den Bundesländern (sog.
Landessteuern) oder den Gemeinden (sog.
Gemeindesteuern)
zu. Diese Steuerarten unterliegen demzufolge keiner weiteren Steuerverteilung. Eine Ausnahme von der Regel stellt die
Gewerbesteuer dar,
die zwar zu den Gemeindesteuern
zählt, welche jedoch bedingt durch die an Bund und Länder abzuführende
Gewerbesteuerumlage faktisch eine
(heimliche) Gemeinschaftsteuer ist.
Stufe 2 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ist die horizontale Steuerverteilung. Hierunter
versteht man die Verteilung des
Steueraufkommens
der Gesamtheit der 16 Länder auf die
einzelnen Länder. Dem Grundsatz des örtlichen Aufkommens folgend steht dem
jeweiligen Land prinzipiell dasjenige Steueraufkommen
aus der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer zu, welches von den Finanzbehörden
dieser Länder eingenommen worden ist. Im Rahmen der
sog. Zerlegung werden indes Korrekturen vorgenommen. So wird durch die Zerlegung
bei der Einkommensteuer näherungsweise
gewährleistet, dass ein Land dasjenige Steueraufkommen erhält, dass die Einwohner dieses
Landes (innerhalb und außerhalb der Grenzen des
Bundeslandes) gezahlt haben. Durch die Zerlegung bei der Körperschaftsteuer wird das
Steueraufkommen auf all diejenigen Länder verteilt, in denen
die jeweiligen Unternehmen Betriebsstätten unterhalten.
Eine Ausnahme vom Grundsatz des örtlichen Aufkommens gilt im Kontext der
Umsatzsteuer. So werden hier in Form sog.
Ergänzungsanteile bis zu 25 Prozent des Länderanteils am Aufkommen der
Umsatzsteuer an diejenigen Bundesländer verteilt, deren Pro-Kopf-Einnahmen
aus der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und den
Landessteuern unterhalb des Durchschnitts der Länder liegen. Zweck der
Ergänzungsanteile ist es, besagte Einnahmelücke teilweise zu schließen.
Die verbleibenden mindestens 75 Prozent des Länderanteils am Aufkommen der Umsatzsteuer
werden gemäß der Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt.
Stufe 3 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ist der
Länderfinanzausgleich im engeren Sinne. Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne ist ein
horizontaler Finanzausgleich zwischen finanzstarken Ländern (Geber)
und finanzschwachen Ländern (Nehmer/Empfänger). Der
Länderfinanzausgleich im engeren Sinne strebt indes keine
komplette Angleichung der Unterschiede im Einnahmeniveau an. Vielmehr soll lediglich
eine teilweise Angleichung erreicht werden.
Im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne ist zunächst für alle
Länder die Finanzkraft je Einwohner zu berechnen
(Finanzkraftmesszahl).
Diese bestimmt sich über die Summe der Einnahmen des Landes plus 64 Prozent der Einnahmen der Gemeinden
dieses Landes. Relevante Einnahmearten sind dabei insbesondere die Steuereinnahmen,
d.h. die Länderanteile an den Gemeinschaftsteuern,
die Landessteuereinnahmen sowie die Gemeindesteuereinnahmen.
Anschließend ist die Höhe der
Ausgleichsleistungen
zu bestimmen. Prinzipiell wird hierbei davon ausgegangen, dass alle
Länder den gleichen Finanzbedarf je Einwohner haben. Um den besonderen
Merkmalen der drei Stadtstaaten (Land Berlin, Freie Hansestadt Bremen sowie Freie und Hansestadt Hamburg)
Rechnung zu tragen, wird indes die Einwohnerzahl dieser Stadtstaaten für
die weiteren Berechnungen fiktiv um 35 Prozent erhöht.
Leicht fiktiv erhöht werden ebenfalls die Einwohnerzahlen der dünn
besiedelten Länder Brandenburg (+3 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern
(+5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (+2 Prozent). Die Höhe der
Ausgleichszuweisungen,
die den finanzschwachen Länder zufließen, hängt
davon ab, in welchem Umfang die Finanzkraft je Einwohner des jeweiligen
Landes die durchschnittliche Finanzkraft je Einwohner
unterschreitet. Dabei wird ein
linear-progressiver Auffüllungstarif angewendet.
Die Höhe der
Ausgleichsbeiträge,
die von finanzstarken Ländern abzuführen sind, hängt
in Analogie dazu davon ab, wie stark die Finanzkraft je Einwohner
des Landes die durchschnittliche Finanzkraft je Einwohner übersteigt
(unter Anwendung eines linear-progressiven Abschöpfungstarifs,
welcher symmetrisch zum Auffüllungstarif ist).
Die Geber im Länderfinanzausgleich im engeren Sinne waren
im Jahr 2013 das Land Baden-Württemberg, der Freistaat Bayern und das Land Hessen
(auf Basis vorläufiger Abrechnungen). Die anderen Länder waren im Jahr 2013
Nehmer. Dies entspricht einem Geber-Nehmer-Verhältnis von 3:13.
Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne umfasste
2013 ein Volumen von etwa 8,5 Mrd. Euro.
Stufe 4 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sind die
Bundesergänzungszuweisungen, die ergänzend aus Bundesmitteln
an leistungsschwache Länder fließen.
Bundesergänzungszuweisungen werden ohne Verwendungszweck-Bindung
zugeteilt. Man differenziert bei den Bundesergänzungszuweisungen zwischen
allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen
und
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen.
Das Gesamtvolumen
belief sich 2013 auf etwa 11,0 Mrd. Euro (auf Basis vorläufiger Abrechnungen).
Durch die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen sollen die nach dem Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne noch verbleibenden
Finanzkraft-Unterschiede weiter reduziert werden. Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen
fließen denjenigen Länder zu, deren
Finanzkraft je Einwohner nach dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne unterhalb von
99,5 Prozent des Länderdurchschnitts liegt. Die Differenz
zu 99,5 Prozent wird durch die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen nicht vollständig,
sondern nur zu 77,5 Prozent ausgeglichen.
Durch die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen sollen spezielle Sonderlasten einzelner
leistungsschwacher Länder finanziell kompensiert werden. Gemäß
Solidarpakt II
erhalten die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen im Zeitraum 2005-2019 Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen im Volumen von
etwa 105 Mrd. Euro (jährliches Volumen siehe Tabelle). Mit den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
sollen insbesondere teilungsbedingte Rückstände in der Infrastruktur abgebaut und die unterproportionale
kommunale Finanzkraft ausgeglichen werden.
Zusätzlich erhalten die neuen Länder Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum
Ausgleich von Sonderlasten durch die strukturelle Arbeitslosigkeit. Kleineren,
leistungsschwachen Ländern fließen ferner Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
aufgrund der überdurchschnittlich hohen Kosten politischer Führung zu.
Siehe auch:
- Datenangebot zum Bund-Länder-Finanzausgleich in Deutschland
- Links zu den Abrechnungen des Länderfinanzausgleichs
- Links zu den Finanzausgleichsgesetzen in Deutschland
Weitere Informationen:
» Art. 107 Grundgesetz
» Finanzausgleichsgesetz (FAG)
» Maßstäbegesetz (MaßstG)
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