Kontakt  |  Sitemap  |  Impressum/Datenschutz
Startseite
Weblog
Themen
Lexikon
Akteure
Literatur
Über HaushaltsSteuerung.de
  Lexikon
  » Fachbegriffe von A bis Z
HaushaltsSteuerung.de » Lexikon » G » Gründe der Staatsverschuldung

Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z


Gründe der Staatsverschuldung

Als Gründe der Staatsverschuldung bezeichnet man die Gesamtheit der Hintergründe/Ursachen, die zur Schuldenaufnahme durch öffentliche Körperschaften (Bund, Bundesstaaten, Kommunen, Sozialversicherung; evtl. inkl. Auslagerungen) führen bzw. geführt haben.

Zu beachten ist hierbei, dass die Gründe öffentlicher Verschuldung so vielfältig sind, dass es quasi unmöglich ist, eine abschließende Liste an Gründen für Staatsverschuldung zu erstellen. Von Körperschaft zu Körperschaft können die jeweiligen Ursachen ferner ein unterschiedlich hohes Gewicht haben. Im Grundsatz basieren öffentliche Schulden jedoch stets auf dem Prinzip, dass der Staat mehr Geld ausgibt als er einnimmt, wobei die Differenz über die Aufnahme von Schulden finanziert wird.

Nachfolgend sind beispielhaft einige mögliche Gründe/Ursachen der Staatsverschuldung aufgelistet:
  • (Temporäre) Schuldenaufnahme aufgrund einer antizyklischen Finanzpolitik (hier: expansive Finanzpolitik) zur Stützung der Konjunktur in wirtschaftlich schlechten Zeiten; unterlassene Reduktion der Staatsverschuldung in konjunkturell guten Zeiten (d.h. keine restriktive Finanzpolitik)
  • Politische Unwilligkeit oder technisches Unvermögen Haushaltsdefizite und/oder Staatsschulden abzubauen
  • Verteilung von schuldenfinanzierten Wahlgeschenken zur Sicherung der Wiederwahl
  • Nicht auskömmliche Finanzausstattung der jeweiligen Körperschaften (z.B. Bundesstaat überträgt Kommunen Aufgaben, stellt aber nicht in gleichem Maße Finanzmittel zur Verfügung)
  • Aufnahme von Schulden zur Finanzierung von Investitionsobjekten, die höhere Gewinne/Überschüsse abwerfen als für die Schuldenaufnahme Zinsen anfallen (sog. rentierliche Schulden)
  • Intertemporale Lastenverteilung: Investitionsobjekte, die späteren Generationen Nutzen stiften, sollen (zumindest teilweise) auch von diesen (mit-)finanziert werden (z.B. Brücke)
  • Fehlende haushaltsrechtliche Anreiz- und Sanktionsinstrumente zur Vermeidung von Staatsschulden bzw. Haushaltsdefiziten
  • Besondere Situationen (z.B. Naturkatastrophe, Wiedervereinigung, schwere Wirtschaftskrise, Krieg, Kriegsfolgelasten)
  • Staatsverschuldung zur Bereitstellung der Anlageform "öffentliche Anleihen" am Kredit-/Kapitalmarkt (welche es im Falle einer staatlichen Verschuldung von 0 Euro nicht gäbe); so lassen sich die Zinssätze auf Schulden des Staates als vergleichsweise risikoarme Referenzzinssätze im Kontext von Bonitätsbeurteilungen begreifen
  • Fehlende unmittelbare Fühlbarkeit von Schulden im Portemonnaie der Bürger, da heute schuldenfinanzierte öffentliche Leistungen erst später zu höheren Steuern und/oder einem niedrigeren öffentlichen Leistungsniveau führen (Schuldenillusion)
  • Fehlende Spürbarkeit der absoluten Höhe der Staatsverschuldung seitens Politik und Bürgern (so kann sich z.B. kaum ein Bürger vorstellen, wie viel Geld Schulden im Umfang von 2 Billionen Euro sind)
  • Schattenwirtschaft und Steuerhinterziehung bzw. die hieraus resultierenden, niedrigeren Staatseinnahmen
  • Geringe Effizienz und Effektivität öffentlicher Verwaltungen
  • Hohe schuldenfinanzierte Militärausgaben oder Verlangen nach Prunk seitens der Führungsebene, was wiederum kaum wirtschaftsfördernde Wirkungen entfaltet (z.B. in Diktaturen)
  • Übernahme von Schulden anderer öffentlicher Einheiten (z.B. zahlungsunfähiger, befreundeter Staat) oder privatwirtschaftlicher Einheiten (z.B. systemrelevante, zahlungsunfähige Bank)
  • Zu optimistische Planung öffentlicher Einnahmen und Ausgaben
  • Steigende Pro-Kopf-Verschuldung durch schrumpfende Bevölkerung im Kontext des demographischen Wandels
  • Unzureichendes öffentliches Haushalts- und Rechnungswesen; so bildet z.B. die Kameralistik im Gegensatz zur Doppik nur einen Teil der Staatsverschuldung (hier: Geldschulden von Kernverwaltung und einigen Auslagerungen) ab, womit ein großer Teil der Staatsverschuldung (hier: Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten sowie Verschuldung der nicht berücksichtigten Auslagerungen) nicht Teil der öffentlichen Debatte sind und damit vielfach auch im politischen Entscheidungsprozess nicht berücksichtigt werden
Siehe auch:
- Staatsverschuldung in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
- Schuldenuhren zu den Staatsschulden der EU-Mitgliedsstaaten
- Schuldenuhr zur Staatsverschuldung der USA
- Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
- Zitate für Haushaltsreden zum Thema "Schulden | Staatsverschuldung"
- Aufsätze zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Vorträge/Präsentationen zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Blog-Einträge zum Thema "Verschuldung & Haushaltskonsolidierung"
- Blog-Einträge zum Thema "Schuldenfreie Kommunen"
- Blog-Einträge zum Thema "Nachhaltigkeitssatzungen & kommunale Schuldenbremsen"


©  Andreas Burth, Marc Gnädinger