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Gründe der Staatsverschuldung
Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft
Gründe der Staatsverschuldung
Als Gründe der
Staatsverschuldung bezeichnet man die Gesamtheit der Hintergründe/Ursachen, die zur
Schuldenaufnahme durch öffentliche Körperschaften (Bund, Bundesstaaten, Kommunen, Sozialversicherung; evtl. inkl.
Auslagerungen) führen bzw. geführt haben.
Zu beachten ist hierbei, dass die Gründe öffentlicher Verschuldung so vielfältig sind, dass es quasi unmöglich ist, eine
abschließende Liste an Gründen für Staatsverschuldung zu erstellen. Von Körperschaft zu Körperschaft können die jeweiligen Ursachen
ferner ein unterschiedlich hohes Gewicht haben. Im Grundsatz basieren öffentliche Schulden jedoch stets auf dem Prinzip, dass der
Staat mehr Geld ausgibt als er einnimmt, wobei die Differenz über die Aufnahme von Schulden
finanziert wird.
Nachfolgend sind beispielhaft einige mögliche Gründe/Ursachen der Staatsverschuldung aufgelistet:
- (Temporäre) Schuldenaufnahme aufgrund einer
antizyklischen Finanzpolitik (hier:
expansive Finanzpolitik) zur Stützung der Konjunktur in wirtschaftlich schlechten Zeiten; unterlassene Reduktion der Staatsverschuldung in konjunkturell guten Zeiten (d.h. keine
restriktive Finanzpolitik)
- Politische Unwilligkeit oder technisches Unvermögen
Haushaltsdefizite und/oder
Staatsschulden abzubauen
- Verteilung von schuldenfinanzierten Wahlgeschenken zur Sicherung der Wiederwahl
- Nicht auskömmliche Finanzausstattung der jeweiligen Körperschaften (z.B. Bundesstaat überträgt Kommunen Aufgaben, stellt aber nicht in gleichem Maße
Finanzmittel zur Verfügung)
- Aufnahme von Schulden zur Finanzierung von
Investitionsobjekten, die höhere
Gewinne/Überschüsse abwerfen als für die Schuldenaufnahme Zinsen anfallen (sog.
rentierliche Schulden)
- Intertemporale Lastenverteilung: Investitionsobjekte, die späteren Generationen Nutzen stiften, sollen (zumindest teilweise) auch von diesen (mit-)finanziert werden (z.B. Brücke)
- Fehlende
haushaltsrechtliche Anreiz- und Sanktionsinstrumente zur Vermeidung von Staatsschulden bzw. Haushaltsdefiziten
- Besondere Situationen (z.B. Naturkatastrophe, Wiedervereinigung, schwere Wirtschaftskrise, Krieg, Kriegsfolgelasten)
- Staatsverschuldung zur Bereitstellung der Anlageform
"öffentliche Anleihen" am Kredit-/Kapitalmarkt (welche es im Falle einer staatlichen Verschuldung von 0 Euro nicht gäbe); so lassen sich die Zinssätze auf Schulden des Staates als vergleichsweise
risikoarme Referenzzinssätze im Kontext von
Bonitätsbeurteilungen begreifen
- Fehlende unmittelbare Fühlbarkeit von Schulden im Portemonnaie der Bürger, da heute schuldenfinanzierte öffentliche Leistungen erst später zu höheren
Steuern und/oder einem niedrigeren öffentlichen Leistungsniveau führen
(Schuldenillusion)
- Fehlende Spürbarkeit der absoluten Höhe der Staatsverschuldung seitens Politik und Bürgern (so kann sich z.B. kaum ein Bürger vorstellen, wie viel Geld Schulden im Umfang von 2 Billionen Euro sind)
- Schattenwirtschaft und Steuerhinterziehung bzw. die hieraus resultierenden, niedrigeren
Staatseinnahmen
- Geringe
Effizienz und
Effektivität öffentlicher Verwaltungen
- Hohe schuldenfinanzierte Militärausgaben oder Verlangen nach Prunk seitens der Führungsebene, was wiederum kaum wirtschaftsfördernde Wirkungen entfaltet (z.B. in Diktaturen)
- Übernahme von Schulden anderer öffentlicher Einheiten (z.B. zahlungsunfähiger, befreundeter Staat) oder privatwirtschaftlicher Einheiten (z.B. systemrelevante, zahlungsunfähige Bank)
- Zu optimistische Planung öffentlicher
Einnahmen und
Ausgaben
- Steigende Pro-Kopf-Verschuldung durch schrumpfende Bevölkerung im Kontext des
demographischen Wandels
- Unzureichendes öffentliches
Haushalts- und
Rechnungswesen; so bildet z.B. die
Kameralistik im Gegensatz zur
Doppik nur einen Teil der Staatsverschuldung (hier:
Geldschulden von Kernverwaltung und einigen Auslagerungen) ab, womit ein großer Teil der Staatsverschuldung (hier:
Rückstellungen und sonstige
Verbindlichkeiten sowie Verschuldung der nicht berücksichtigten Auslagerungen) nicht Teil der öffentlichen Debatte sind und damit vielfach auch im politischen Entscheidungsprozess nicht berücksichtigt werden
Siehe auch:
- Staatsverschuldung in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
- Schuldenuhren zu den Staatsschulden der EU-Mitgliedsstaaten - Schuldenuhr zur Staatsverschuldung der USA
- Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
- Zitate für Haushaltsreden zum Thema "Schulden | Staatsverschuldung"
- Aufsätze zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Vorträge/Präsentationen zum Thema "Haushaltskonsolidierung & Verschuldung"
- Blog-Einträge zum Thema "Verschuldung & Haushaltskonsolidierung"
- Blog-Einträge zum Thema "Schuldenfreie Kommunen"
- Blog-Einträge zum Thema "Nachhaltigkeitssatzungen & kommunale Schuldenbremsen"
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