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Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 1|6): Einführung und Grunddaten
Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 1|6): Einführung und Grunddaten
30. Mai 2015 |
Autor: Andreas Burth
Auf die Frage nach den Flächenländern mit den größten Kommunalfinanzproblemen, wird das Saarland regelmäßig als erstes genannt. Mit dem
fünfthöchsten Pro-Kopf-BIP aller Flächenländer und geringen Problemen in der Kommunalstruktur (keine Kleinstkommunen, hohe Besiedlungsdichte)
sind die Rahmenbedingungen im Saarland in mehreren Kernbereichen eigentlich überdurchschnittlich gut. Aufgrund verschiedener hausgemachter
Probleme der Kommunen und landesseitigen Fehlsteuerungen hat sich das Saarland aber zu dem Kommunalfinanz-Krisenland schlechthin gemausert.
Besserung ist derzeit nur sehr begrenzt in Sicht. Umso wichtiger ist es, Vergleichsdaten zum Saarland bereitzustellen. Interkommunale Vergleiche
sind ein zentrales Instrument, um Verbesserungen anzustoßen.
Neben dem Saarland haben auch andere Länder schwierige Kommunalfinanzen. Das Saarland bietet sich aber aus Praktikabilitätsgründen in besonderem
Maße für einzelgemeindliche Analysen an, da die Fallzahl der Städte und Gemeinden mit 52 nicht so groß ist, als dass durch ihre Untersuchung die
Übersichtlichkeit des Beitrags verloren gehen würde. HaushaltsSteuerung.de hat daher eine sechsteilige Beitragsreihe zum Saarland erstellt, die
die 52 Städte und Gemeinden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Der vorliegende erste Teil dieser Reihe spannt den inhaltlichen Rahmen
für die weiteren fünf Beiträge.
Überblick:
- Die Kommunalfinanzen des Saarlandes 2014 im Ländervergleich
- Finanzielle Problemlage und Ursachen
- Verwendete Daten
- Kommunalstrukturen im Saarland
- Grunddaten zu den sechs Landkreisen
- Grunddaten zu den 52 kreisangehörigen Städten und Gemeinden
- Die Beitragsreihe im Überblick
- Weitere Informationen
Die Kommunalfinanzen des Saarlandes 2014 im Ländervergleich
Wie zuvor bereits angesprochen finden sich die Kommunen des Saarlandes in Ländervergleichen regelmäßig auf den schlechtesten
Plätzen wieder. Dies gilt auch im Vergleich der
bereinigten Einnahmen und
Ausgaben der Kommunen
(Kern- und
Extrahaushalte) gemäß
Kassenstatistik 2014. Es wird deutlich, dass die Kommunen des Saarlandes mit Abstand die geringsten Einnahmen von ihren
Bürgern generieren. Ein Grund sind die im Ländervergleich niedrigen
Realsteuerhebesätze (siehe hierzu z.B. folgender Link).
Die Ausgaben sind die drittniedrigsten. Der Einnahme-Ausgabe-Saldo ist in der Konsequenz im Jahr 2014 der schlechteste aller
Flächenländer. Im Vergleich zum Defizit des Saarlandes (-410 Euro je Einwohner) haben die Kommunen des Landes mit dem zweithöchsten
Pro-Kopf-Defizit (Rheinland-Pfalz) "nur" ein Defizit von -97 Euro je Einwohner.
» Realsteuer-Hebesätze 2013 nach Ländern und Größenklassen, Blog-Eintrag vom 7. September 2014
Autor: Andreas Burth
Interessant ist v.a. die Beobachtung, dass die Kommunen des Saarlandes die bereinigten Einnahmen und Ausgaben zum Ausgleich
führen könnten, ohne übermäßig hohe Abgaben von den Bürgern abverlangen zu müssen. Würden sie ihre Einnahmen (z.B. durch
Hebesatzerhöhungen) auf das Niveau der Ausgaben anheben, wäre die kommunale Abgabenbelastung der saarländischen Bürger noch
immer deutlich unterdurchschnittlich. Sofern die unzweifelhaft ebenfalls bestehenden Ausgabesenkungspotenziale im Saarland genutzt
werden, könnte das Einnahmeniveau der Kommunen im Saarland sogar weiterhin das niedrigste im Ländervergleich bleiben, ohne dass der Ausgleich
dadurch gefährdet wäre.
Das beschriebene Problem negativer Einnahme-Ausgabe-Salden besteht in den Kommunen des Saarlandes schon seit vielen Jahren.
In der Folge hat sich ein enormer Schuldenberg angesammelt. Im Ländervergleich ist der gesamte Geldschuldenstand (hier:
Kreditmarktschulden plus
Schulden bei öffentlichen Haushalten plus
Kassenkredite) der höchste aller
Flächenländer.
Auch bei den besonders problematischen
Kassenkrediten nimmt das Saarland eine unrühmliche Spitzenposition ein. Kassenkredite
gelten als besonders problembehaftet, da sie für laufende Ausgaben aufgenommen werden, nicht durch Vermögenswerte gedeckt sind
und aufgrund ihrer kurzen Laufzeit einem hohen Zinsänderungsrisiko unterliegen. Dauerhaft hohe Kassenkreditniveaus stellen eine
Zweckentfremdung dieser Verschuldungsform dar (eigentlicher Zweck ist die kurzfristige Liquiditätssicherung).
Ein Problem bei länderübergreifenden Pro-Kopf-Vergleichen ist, dass die Kommunen in Land A nicht notwendigerweise das gleiche
Aufgabenportfolio haben wie die Kommunen in Land B. Deutlich wird das z.B. am Kommunalisierungsgrad, der im Saarland typischerweise
sehr niedrig ausfällt. Eine Lösung des Problems besteht darin, die Schulden ins Verhältnis zu den Einnahmen zu setzen. Die Einnahmen
sind - neben den Ausgaben - ein Spiegelbild des kommunalen Aufgabenportfolios. Zugleich gibt die Kennzahl Hinweise auf die
"Finanzierbarkeit" der Schulden.
» Der Kommunalisierungsgrad im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 28. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
Auch im Verhältnis der Schulden zu den bereinigten Einnahmen sieht die Lage im Saarland nicht besser aus. Aufgrund des sehr
niedrigen Einnahmeniveaus spitzt sich die Situation im Vergleich weiter zu. Rein rechnerisch würden selbst die gesamten Einnahmen
von anderthalb Jahren nicht ausreichen, um die Schulden in voller Höhe zu tilgen. Land und Kommunen müssen dringend
gegensteuern und einen Paradigmenwechsel einleiten. Das bislang vielerorts praktizierte "Leben über die eigenen Verhältnisse" muss ein Ende haben.
Die ausgesprochen kritische Situation im Saarland macht v.a. aber auch deutlich, dass es schwierig erscheint, mittels
Saarland-interner, interkommunaler Vergleiche ein "Lernen von anderen" anzustoßen. Die eigentliche Intention derartiger Vergleiche
ist das "Lernen vom besten". Zugespitzt formuliert könnte man feststellen, dass interkommunale Vergleiche im Saarland im Finanzbereich
in einigen Fällen aber Vergleiche von schlechten Kommunen mit noch schlechteren Kommunen sind. Land und Kommunen sollten daher anstreben,
auch über Landesgrenzen hinweg von anderen zu lernen. Derartige Vorbilder gibt es. Beispielhaft genannt seien die Kommunen, die freiwillig
eine Nachhaltigkeitssatzung verabschiedet haben. Diese Form der Selbstverpflichtung in Finanzangelegenheiten kann auch für saarländische
Kommunen zum Vorbild dienen und eine Komponente eines solchen Paradigmenwechsels sein.
» Kommunale Schuldenbremsen-Satzungen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Datengrundlage der vorstehenden Analysen ist die Kassenstatistik 2014. Die verwendeten Daten sind den Betreibern von HaushaltsSteuerung.de
dankenswerterweise bereits vor ihrer eigentlichen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt worden. Einbezogen werden die Kern- und
Extrahaushalte (d.h. ohne sonstige FEUs). Die Einnahme-, Ausgabe- und Schuldendaten haben jeweils kameralen Charakter. Es ist darauf
hinzuweisen, dass der zuvor vorgenommene Flächenländervergleich der Kommunalfinanzen Heterogenitäten innerhalb der Länder außen vor
lässt. So gibt es in den Ländern sowohl finanzstarke als auch finanzschwache Kommunen.
Bei den Kassenkrediten werden auch die kurzfristigen Kredite von kaufmännisch buchenden Extrahaushalten erfasst. Unter die
Kreditmarktschulden fallen auch die Schulden der Kernhaushalte sowie der kameral buchenden Extrahaushalte, die bei der Sozialversicherung
aufgenommen worden sind. Teil der Kreditmarktschulden der Kommunen sind auch
kreditähnliche Rechtsgeschäfte bei kameral buchenden
Gemeinden/Gemeindeverbänden. Die
Schulden bei öffentlichen Haushalten beinhalten die Schulden der kaufmännisch buchenden Extrahaushalte
bei der Sozialversicherung.
Zu berücksichtigen ist, dass die Kassenstatistik teilweise noch mit vorläufigen Ist-Daten arbeitet. Die Daten der Kassenstatistik können
daher von den später veröffentlichten Ist-Daten der
Rechnungsstatistik abweichen. Ein Vorteil der Kassenstatistik ist indes, dass deren
Daten sehr viel früher veröffentlicht werden.
Finanzielle Problemlage und Ursachen
Der oben kurz skizzierte Ländervergleich macht deutlich, dass der Handlungsbedarf im Saarland aktuell von allen Flächenländern am
größten ist (gilt neben der kommunalen Ebene im Übrigen auch für die Finanzen der Landesebene). Offen bleibt bei derartigen
Ländervergleichen aber, ob die gesamte kommunale Familie von den Problemen betroffen ist oder nur ein Teil. Wie frühere Blog-Einträge
gezeigt haben, ist der Problemdruck im Saarland v.a. den Städten und Gemeinden zuzurechnen. Die Landkreise sind im Vergleich zu den
Städten und Gemeinden relativ stabil (wenngleich auch hier einzelne Probleme zu lösen sind). Für weitere Details sei beispielhaft auf
die drei folgenden Blog-Einträge verwiesen.
» Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 13. November 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 5. August 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 295 Landkreise in Deutschland, Blog-Eintrag vom 3. August 2014
Autor: Andreas Burth
Wie bereits angesprochen, haben die Kommunen des Saarlandes im Vergleich der 13 Flächenländer in einigen wichtigen Bereichen
überdurchschnittlich gute Rahmenbedingungen. Beispielhaft sei auf die Wirtschaftskraft (fünfhöchstes Pro-Kopf-BIP aller
Flächenländer) und das geringe Maß an Kommunalstrukturproblemen (keine Kleinstkommunen, hohe Einwohnerdichte) verwiesen.
Dennoch hat sich das Saarland in eine kritische Lage manövriert. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Sowohl die kommunale
Familie als auch das Land haben die zahlreichen hausgemachten Missstände in der Vergangenheit nicht beseitigt. In der Konsequenz haben
viele Kommunen jahrelang und z.T. in großem Ausmaß über ihre Verhältnisse gelebt. Im Folgenden
werden einige saarländische Problemfelder beispielhaft dargestellt.
Im Kontext der Landkreise wurde eine Regelung etabliert, die den Ergebnisausgleich und damit die
Generationengerechtigkeit der
Haushaltspolitik zu einem Zufallsprodukt verkommen lässt. So wird in § 4 Abs. 2 des Kommunalfinanzausgleichsgesetzes des
Saarlandes geregelt, dass die Landkreise bei der Bestimmung des Aufwandsbedarfs zwecks Festsetzung der Umlagehöhe anstelle der
Aufwendungen für Abschreibungen des Anlagevermögens und der Aufwendungen für Zuführungen zu Pensionsrückstellungen für Beamte
die Auszahlungen für die Tilgung von Krediten für Investitionen und die Auszahlungen für Beiträge zu Versorgungskassen für Beamte
anzusetzen haben. Kameralistik und Doppik werden unnötig vermischt. Insbesondere widerspricht die aktuelle Regelung dem ethischen
Leitbild der Generationengerechtigkeit. Ein Ersetzen von Ressourcenverbrauchsgrößen (hier: Aufwendungen) durch Geldverbrauchsgrößen
(hier: Auszahlungen) ist in Fragen der Kreisumlage-Festsetzung unbedingt zu vermeiden. Der Landesgesetzgeber ist gefordert,
§ 4 Abs. 2 des Kommunalfinanzausgleichsgesetzes in der Form zu überarbeiten, dass sich der Aufwandsbedarf auch tatsächlich an
eben diesem Aufwandsbedarf (und nicht an einer Mischung aus Aufwands- und Auszahlungsbedarf) ausrichtet.
Weitere Regelungen, die (ordentliche) Ergebnisdefizite fördern, sind in § 82 Abs. 3 Kommunalselbstverwaltungsgesetz zu finden.
Darin ist in Satz 3 geregelt, dass die Ausgleichsrücklage zum Ergebnisausgleich herangezogen werden darf. Die
Ausgleichsrücklage kann in der Eröffnungsbilanz bis zur Höhe eines Drittels des Eigenkapitals gebildet werden, höchstens
jedoch bis zur Höhe eines Drittels der jährlichen Steuereinnahmen und allgemeinen Zuweisungen (§ 2 Abs. 4 Gesetz zur Einführung
des Neuen Kommunalen Rechnungswesens im Saarland). Derartige Vorschriften sind kritisch zu sehen, da sie den Grundsatz der
Generationengerechtigkeit untergraben und ein Leben auf Kosten der Zukunft durch Eigenkapitalverzehr begünstigen. Weniger
schwerwiegend, aber dennoch verbesserungsfähig ist ferner die Regelung, dass der Saldo aus Gesamterträgen und Gesamtaufwendungen
auszugleichen ist. Dies ermöglicht es den Kommunen, ihren Haushalt über außerordentliche Vorgänge (z.B. Vermögensverkauf über
Buchwert) auszugleichen, ohne dass der Haushalt tatsächlich strukturell ausgeglichen ist.
Fragwürdig ist im Saarland auch die organisatorische Zusammenführung von Finanzaufsicht und Finanzkontrolle
(Überörtliche Prüfung)
im Landesverwaltungsamt. Seit dem 1.1.2008 nimmt das Landesverwaltungsamt beide Funktionen wahr. Inwiefern
diese Maßnahme zur Verbesserung der saarländischen Kommunalfinanzen beitragen kann, darf in Frage gestellt werden. Eine
nennenswerte positive Wirkung war in den letzten Jahren jedenfalls nicht zu beobachten.
Im Saarland gibt es mehrere Kommunen, deren Finanzen in eine derartige Schieflage geraten sind, dass ihre dauerhafte finanzielle
Leistungsfähigkeit gefährdet erscheint. Mancherorts fehlt auch der notwendige Wille, die Finanzen wieder zu stabilisieren.
Überdeutlich abzulesen ist dies an z.T. sehr niedrigen Realsteuerhebesätzen (insb.
Grundsteuer B) bei gleichzeitig enorm
hohen Defiziten. Statt die Erträge bzw. die Aufwendungen auf das erforderliche Niveau zu steigern bzw. zu vermindern, werden
dort seit Jahren die Probleme über stetig steigende Kassenkreditbestände in die Zukunft verlagert.
Begünstigt wird diese Praxis durch eine unsinnige Kassenkreditregelung in § 94 Kommunalselbstverwaltungsgesetz. Erstens gibt es
darin keine Genehmigungspflicht durch die Aufsicht. Zweitens werden die Kommunen in der Regelung geradezu animiert, notfalls
Kassenkredite aufzunehmen. Zwar gibt es den Halbsatz "soweit dafür keine anderen Mittel zur Verfügung stehen". Gelebt wird er
aber nicht. Denn diese anderen Mittel stehen unzweifelhaft zur Verfügung (z.B. über Anhebungen der Realsteuerhebesätze etc.)
und dennoch werden kommunale Kassenkredite seitens des Landes als Dauerfinanzierungseinrichtung geduldet.
Kassenkredite dienen eigentlich der kurzfristigen Liquiditätssicherung und sollten demzufolge auch kurzfristig wieder vollständig
getilgt werden. Der Landesgesetzgeber im Saarland fördert demgegenüber unverantwortlicherweise bereits die Kassenkredite als
mittel- bis langfristiges Finanzierungsinstrument. So wird in § 94 Abs. 2 Kommunalselbstverwaltungsgesetz geregelt: "Ist
aufgrund des Haushaltssanierungsplans nach § 82a erkennbar, dass ein Haushaltsausgleich in konkret absehbarer Zeit nicht möglich
ist, kann die Gemeinde Kredite zur Liquiditätssicherung mit Laufzeiten über das Haushaltsjahr hinaus aufnehmen, soweit dies
wirtschaftlich geboten ist." Bereits der Ansatz ist falsch. Jeder Haushalt ist auf absehbare Zeit konsolidierbar, auch im Saarland.
Dass der Gesetzgeber weit über ihre Verhältnisse wirtschaftende Kommunen auch noch dadurch exkulpiert, dass er das gesetzliche Konstrukt der
"Nicht-Konsolidierbarkeit auf absehbare Zeit" schafft, widerspricht der Verantwortung des Landes für die Kommunalfinanzen.
Besonders bedenklich ist daran, dass es die Jammer-Rhetorik einiger saarländischer Kommunen offenbar inzwischen sogar schon in das
Kommunalselbstverwaltungsgesetz geschafft hat.
Mancher Außenstehende mag sich in Anbetracht der Finanzmisere im Saarland fragen, ob das Kommunalselbstverwaltungsgesetz im
Saarland eigentlich die Regelung eines Beauftragten
(Staatskommissars) kennt, um die konsolidierungsunwillige/-unfähige Kommunen
wieder auf den richtigen Weg zu führen. Tatsächlich gibt es in § 134 Kommunalselbstverwaltungsgesetz auch eine entsprechende
Passage. Das Land scheint aber bislang nicht die Durchsetzungskraft zu haben, in den finanziell besonderes instabilen Kommunen
einen solchen Beauftragten einzusetzen. Zum Einleiten des zweifelsohne notwendigen Paradigmenwechsels im Saarland bedarf es
vieler Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. Die Drohung mit dem Einsetzen eines Beauftragten ist dabei ein unerlässliches
Instrument bei konsolidierungsunwilligen/-unfähigen Kommunen. In Anbetracht des bisherigen Handlungsmusters der saarländischen
Landesregierung erscheint die tatsächliche Nutzung des Instruments aktuell jedoch aus kommunaler Sicht zu unwahrscheinlich. Es
wird wohl zunächst mindestens eines Exempels bedürfen, um dem Drohinstrument "Beauftragter" wieder die ursprüngliche Schärfe zu verleihen.
Die vorstehenden Punkte heben vielfach v.a. Fehlsteuerungen auf der Landesebene hervor. Hierbei darf jedoch nicht übersehen
werden, dass die Kommunen vor dem Hintergrund des kommunalen Selbstverwaltungsrechts in gleichem, wenn nicht sogar in deutlich
stärkerem Maße die Verantwortung für ihre eigenen Finanzen tragen. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung bedingt untrennbar
auch die Pflicht zur kommunalen Selbstverantwortung in Finanzangelegenheiten. Dieser Selbstverantwortung sind viele Städte und
Gemeinden im Saarland in der Vergangenheit nicht nachgekommen. Viele scheinen sich vielmehr mit der Situation abgefunden zu haben
und beschränken ihr Konsolidierungsengagement darauf, die Schuldigen anderswo (Bund, ökonomische Lage etc.) zu suchen. Dabei
übersehen sie, dass sie die notwendigen Hebel eigentlich selbst in der Hand halten.
Insgesamt stehen Land und Kommunen im Saarland vor einem großen Berg an Problemen. Die bestehenden Probleme sind aber lösbar.
Insbesondere sind die kommunalen Haushalte im Saarland aus eigener Kraft konsolidierbar. Was bislang offenbar fehlt, ist aber
sowohl auf Landesebene als auch in Teilen der kommunalen Familie der unbedingte Wille, diesen zweifelsohne politisch unangenehmen
Konsolidierungsweg zu gehen. Einen Paradigmenwechsel wird es im Saarland in jedem Falle brauchen. Je länger Land und Kommunen
mit dessen Initiierung zögern, desto einschneidender werden die Maßnahmen ausfallen. Auf ein wie auch immer geartetes "Wunder"
(z.B. üppige Finanzhilfen des Bundes, wirtschaftlicher Boom) sollte jedenfalls niemand warten. Zumal ein solches Wunder die
strukturellen Probleme im Saarland ohnehin nicht lösen, sondern nur temporär kaschieren würde.
Verwendete Daten
Für interkommunale Vergleiche sind möglichst aktuelle Daten am wertvollsten. Gerade bei Finanzdaten bietet sich hierbei die
Nutzung von Haushaltsplandaten an. Im Falle des Saarlandes gestaltet sich dies allerdings schwierig. Erstens gab es z.B. 2014
einzelne Kommunen, die selbst Anfang der zweiten Jahreshälfte 2014 noch keinen Haushalt für 2014 beschlossen hatten. Der
Grundsatz der Vorherigkeit wird hier grob missachtet. Zweitens besteht das Problem, dass nur wenige Kommunen ihre Haushaltsdaten
im Internet bereitstellen. Nur ein kleiner Teil der Kommunen stellt den kompletten Haushaltsplan online zur Verfügung. Etwas mehr
bieten immerhin die Haushaltssatzung zum Download an. Für eine aussagekräftige, flächendeckende Analyse genügt dieses Datenmaterial
jedoch nicht. Im Vergleich zu anderen Ländern, wie z.B. Nordrhein-Westfalen, besteht in Transparenzfragen für die saarländischen
Kommunen noch ein erheblicher Nachholbedarf.
Aufgrund fehlender, flächendeckender Haushaltsdaten greift die vorliegende Beitragsreihe auf statistisches Zahlenmaterial zurück. Dies sind erstens Daten aus dem
Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung (v.a. nicht-finanzielle Kenngrößen). Zweitens wird für grundlegende Strukturdaten
(z.B. Einwohnerzahl, Fläche, Einwohnerdichte) auf Informationen des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen. Sowohl die Daten
der Bertelsmann Stiftung als auch die Daten des Statistischen Bundesamtes liegen bis 2013 vor. Drittens veröffentlicht das
Statistische Landesamt des Saarlandes einzelgemeindliche Finanzdaten zu den kommunalen Kernhaushalten. Die jüngste Veröffentlichung
vom Mai 2015 deckt das Jahr 2014 ab.
Konkret herangezogen wurden insbesondere folgende Publikationen:
» Wegweiser Kommune
Hrsg.: Bertelsmann Stiftung
» Gemeindeverzeichnis: Alle politisch selbständigen Gemeinden mit ausgewählten Merkmalen am 31.12.2013
Hrsg.: Statistisches Bundesamt
» Ausgewählte Finanz- und Steuerdaten der saarländischen Gemeinden und Gemeindeverbände 2014 (L II S - j 2014)
Hrsg.: Statistisches Amt Saarland
» Ausgewählte Finanz- und Steuerdaten der saarländischen Gemeinden und Gemeindeverbände 2013 (L II S - j 2013)
Hrsg.: Statistisches Amt Saarland
Der oben verlinkte Wegweiser Kommune enthält einzelgemeindliche Daten zu allen Städten und Gemeinden mit mindestens 5.000 Einwohnern
(im Saarland trifft dies auf ausnahmslos alle 52 Städte und Gemeinden zu). Vergleichbare Untersuchungen sind daher ab dieser Größenklasse
auch für andere Länder durchführbar.
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die verwendeten Finanzdaten noch
kameralen Charakter haben.
Doppische Kennzahlen
werden von der Statistik (noch) nicht berichtet. Hieraus ergeben sich Einschränkungen im Hinblick auf die Möglichkeit zur
Beurteilung der Generationengerechtigkeit der Haushaltspolitik. Ferner decken die Finanzdaten nur den Kernhaushalt ab.
Auslagerungsdaten fehlen in der Veröffentlichung des Statistischen Amtes des Saarlandes und können daher nicht einbezogen
werden. Gerade in Kommunen sind
Auslagerungen typischerweise aber ebenfalls sehr bedeutend, weshalb sich bei einigen Kenngrößen
(z.B. Personalauszahlungen, Bauinvestitionen, Schuldenstand) Probleme in der interkommunalen Vergleichbarkeit ergeben. Dies ist
bei der Interpretation der Daten zu beachten.
Der Vollständigkeit halber sei auch angemerkt, dass die Untersuchungen dieses Beitrags sich aus Gründen der Übersichtlichkeit
i.d.R. auf das Jahr 2013 oder das Jahr 2014 fokussieren. Gerade bei Größen, die von Jahr zu Jahr
größeren Schwankungen ausgesetzt sein können, kann diese Herangehensweise zu Einschränkungen in der Aussagekraft führen.
Kommunalstrukturen im Saarland
Der Oberbegriff der "Kommunen" lässt sich untergliedern in die Gemeinden und in die Gemeindeverbände. Zu den Gemeinden zählen
auch die Städte (Städte sind Gemeinden mit Stadtrecht). Gemeinden können kreisangehörig oder kreisfrei sein. Darüber hinaus
können sie einem weiteren Gemeindeverband unter der Kreisebene angehören.
Die Gemeindeverbände sind kommunale Einheiten, die sich über das Gebiet mehrerer Gemeinden erstrecken und Aufgaben für die
Mitgliedsgemeinden erbringen. Der häufigste und auch in allen Flächenländern anzutreffende Fall der Gemeindeverbände sind die
Landkreise. Weitere Gemeindeverbände kann es über und/oder unter der Kreisebene geben. Ein umfassendes Informationsangebot zu
den Kommunalstrukturen im Ländervergleich können Sie unter folgendem Link abrufen.
» Kommunalstrukturen in Deutschland im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 5. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
Das Saarland ist dadurch geprägt, dass es dort insgesamt sechs Landkreise gibt, wobei der Regionalverband Saarbrücken ebenfalls zur
Gruppe der Landkreise gezählt wird. Weitere Gemeindeverbände über oder unter der Kreisebene existieren im Saarland nicht. Die
Landkreise sind damit der einzige Gemeindeverbandstyp im Saarland.
Eine weitere Besonderheit des Saarlandes besteht darin, dass es das einzige Flächenland in Deutschland ist, das keine kreisfreien
Städte hat. Alle Städte und Gemeinden sind folglich kreisangehörig. Selbst die Landeshauptstadt Saarbrücken gilt aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zum Regionalverband Saarbrücken als kreisangehörig. Insgesamt gibt es im Saarland 52 kreisangehörige Städte und
Gemeinden. Zusammen mit den sechs Landkreisen besteht die kommunale Familie also aus exakt 58 Einheiten (siehe Abbildung 4).
Grunddaten zu den sechs Landkreisen
Der Fokus der vorliegenden Beitragsreihe zum Saarland liegt auf den 52 kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Nichtsdestotrotz
bleibt eine Analyse des kreisangehörigen Raums stets unvollständig ohne eine zumindest grundlegende Darstellung der
Landkreisstrukturen. Vor diesem Hintergrund zeigt Tabelle 1 nachrichtlich einige Grunddaten zu den sechs Landkreisen des Saarlandes.
Finanzinformationen zu den sechs Landkreisen können Sie unter folgenden Links abrufen.
» Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 13. November 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 295 Landkreise in Deutschland, Blog-Eintrag vom 3. August 2014
Autor: Andreas Burth
Grunddaten zu den 52 kreisangehörigen Städten und Gemeinden
In Tabelle 2 finden Sie - analog zu Tabelle 1 - Grunddaten zu den 52 kreisangehörigen Städten und Gemeinden des Saarlandes.
Nicht ausgewiesen werden Informationen zur Wirtschaftskraft, da diese vom Statistischen Bundesamt im kreisangehörigen Raum nicht
einzelgemeindlich berichtet werden (nur Landkreise und kreisfreie Städte).
Deutlich wird, dass die Gemeinden des Saarlandes überdurchschnittlich einwohnerstark sind. Keine Gemeinde hat weniger als 6.000
Einwohner. Nur eine Gemeinde liegt bei der Einwohnerdichte unter 100 Einwohnern je Quadratkilometer (Nohfelden mit 99,66 Einwohner
je Quadratkilometer). Die Landeshauptstadt Saarbrücken ist die einwohnerstärkste und zugleich flächengrößte Gemeinde im Saarland.
Die höchste Einwohnerdichte hat Spiesen-Elversberg mit 1.156,40 Einwohnern je Quadratkilometer.
Zum Vergleich: Die Einwohnerdichte in den anderen zwölf Flächenländern (d.h. ohne das Saarland) lag zum 31.12.2013 bei 209,67
Einwohnern je Quadratkilometer. Nur elf Gemeinden im Saarland liegen unter diesem Durchschnittswert, wohingegen 41 Gemeinden eine
höhere Einwohnerdichte aufweisen.
Die Beitragsreihe im Überblick
Die Beitragsreihe zu den Gemeindefinanzen des Saarlandes setzt sich aus insgesamt sechs Einzelbeiträgen zusammen (siehe Abbildung 5).
Der vorliegende erste Beitrag stellt grundlegende Informationen zu den Strukturen der saarländischen Gemeinden bereit.
Beitrag Nr. 2 behandelt die demographischen Strukturen und Entwicklungen in den Gemeinden. Die Demographie ist relevant für eine
umfassende Analyse der Gemeindefinanzen, da die Bevölkerungsstruktur und -entwicklung maßgeblich Ertrags-/Einnahmemöglichkeiten und
Aufwands-/Ausgabenotwendigkeiten determiniert.
Die Themen "Beschäftigung und soziale Lage" sind Gegenstand des dritten Beitrags. Ebenso wie die Demographie haben auch die
Beschäftigung und die soziale Lage Einfluss auf die Gemeindefinanzen, so dass ihre Untersuchung eine sinnvolle Ergänzung zu
einer reinen Finanzdatenanalyse darstellt.
Die übrigen drei Beiträge behandeln die Gemeindefinanzen im engeren Sinne. Jeweils ein eigener Blog-Eintrag wird wichtigen
Einzahlungs- und wichtigen Auszahlungsarten gewidmet (in beiden Fällen aus Gründen der Datenverfügbarkeit nur Kernhaushaltszahlen). Den Abschluss bildet eine Analyse
der Verschuldungssituation in den Kernhaushalten.
Die Beiträge in nachfolgender Abbildung 5 sind anklickbar. Die Anklickfunktion wird jeweils freigeschaltet, sobald der
betreffende Blog-Eintrag veröffentlicht worden ist.
Weitere Informationen
Ergänzende Informationen zu den Kommunalfinanzen und den Kommunalstrukturen im Saarland können Sie über folgende Seiten abrufen.
» Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 13. November 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 5. August 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 295 Landkreise in Deutschland, Blog-Eintrag vom 3. August 2014
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Steuereinnahmen 2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 20. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Investitionsausgaben 2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 24. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Einnahmen und Ausgaben 2014 nach Arten im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 10. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
» Kommunalstrukturen in Deutschland im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 5. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
Ein Video, das u.a. die Kommunalstrukturen in Deutschland behandelt, finden Sie hier:
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