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Entwicklung des Zweitwohnungsteuer-Aufkommens 2007 bis 2010
Entwicklung des Zweitwohnungsteuer-Aufkommens 2007 bis 2010
4. Dezember 2011 |
Autor: Marc Gnädinger
Sofern eine Kommune dauerhaft mehr Ressourcen verbraucht als sie erwirtschaftet, lebt sie nach gängiger
wissenschaftlicher Auffassung auf Kosten kommender Generationen. Das
Eigenkapital nimmt ab und je nach
Ausgangssituation sowie Höhe der Defizite droht auf kurz oder lang die
Überschuldung
("Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" auf der Aktivseite der Bilanz),
bei der vereinfachend ausgedrückt, die Schulden das Vermögen übersteigen (siehe dazu auch Kennzahl
Eigenkapitalreichweite). In einigen Flächenländern ist im Haushaltsrecht für die Kommunen ein negatives
Eigenkapital/die Überschuldung gesetzlich untersagt.
Um bei unausgeglichenen (ordentlichen) Ergebnissen die Haushaltssituation zu verbessern, gibt es zwei Möglichkeiten:
Aufwendungen senken oder Erträge steigern. Eine (kleinere) Möglichkeit zur Steigerung von Erträgen ist die Einführung einer
Zweitwohnungsteuer, wobei die generierbaren Erträge im Regelfall überschaubar bleiben. Hiervon kann es
allerdings Ausnahmen geben. In einzelnen Kommunen spielt das Aufkommen aus der Zweitwohnungsteuer eine nicht
unerhebliche Rolle. Mittlerweile haben mehrere Städte und Gemeinden eine Zweitwohnungsteuer eingeführt.
Das Aufkommen der Kommunen der Flächenländer aus dieser Steuer ist in den vergangenen Jahren in der Tendenz gestiegen.
Zuletzt gab es im Jahr 2010 einen merklichen Anstieg (siehe Abbildung). Im Jahr 2010 betrugen die Einnahmen der Kommunen der
Flächenländer 90.018.000 Euro, ein Anstieg von knapp 2,4 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Die offiziellen und inoffiziellen Argumentationen/Hintergründe der jeweiligen Kommunen zur Einführung der Steuer
sind vielfältig, etwa:
- Touristisch attraktive Kommunen haben zuweilen hohe Kosten, um die Anbindung von Ferienhaussiedlungen etc.
sicherzustellen. Die Besitzer dieser Domizile sind dann allerdings häufig nur mit Nebenwohnsitz gemeldet. Sie sollen
aber adäquat an den Kosten beteiligt werden.
- Grundsätzlich nutzen Einwohner mit Zweitwohnung (auch außerhalb von dem Bereich der Feriendomizile) die kommunale
Infrastruktur und sollen sich an der Finanzierung beteiligen.
- Nach der Maxime "Eigentum verpflichtet" wird die Steuer als
Luxussteuer angesehen. Hier wird der Gedanke aufgegriffen,
dass sich eher finanziell leistungsfähige Personen eine Zweitwohnung leisten können. Das ist in der Realität allerdings
nicht notwendigerweise der Fall.
- Zur Umgehung der Steuer werden sich Einwohner (z.B. Studenten, die noch bis dato bei den Eltern mit Erstwohnsitz
gemeldet sind) mit Erstwohnsitz anmelden (Anreiz-Wirkung, weil Steuer umgangen werden soll), was Mehreinnahmen aus dem
Finanzausgleich generiert.
In der Summe erhoffen sich die Kommunen im Regelfall Mehrerträge aus der Erhebung der Steuer, wobei diese nicht
notwendigerweise aus dem Steueraufkommen selbst resultieren, sondern z.B. aus dem
Kommunaler Finanzausgleich (KFA),
wenn die Zahl der mit Erstwohnsitz angemeldeten Einwohner in Folge der Zweitwohnungsteuereinführung steigt. Sofern
allerdings die administrativen Erhebungskosten für die Zweitwohnungsteuer über dem erzielbaren Gesamtaufkommen liegen,
lohnt sich die Etablierung der Steuer in rein finanzieller Hinsicht nicht.
Neben der Einführung der Steuer bzw. der Festlegung des Steuersatzes gibt es im Rahmen der Satzungsaufstellung weitere
Möglichkeiten, um möglichst hohe Erträge aus der Steuer zu erhalten:
- Definition der Zweitwohnung möglichst weit ausdehnen
- Zuweilen werden dritte und weitere Wohnungen im Gemeindegebiet von der Zweitwohnungsteuer ausgeschlossen. Sie
unterliegen nicht der Steuer, womit ein Teil des potentiell erzielbaren Aufkommens entfällt.
- Einzelne Gemeinden klassifizieren neben "normalen" Wohnungen auch Wohn- und Campingwagen, die zu Zwecken des
persönlichen Lebensbedarfes auf eigenen oder fremden Grundstücken für einen nicht nur vorrübergehenden Zeitraum
abgestellt sind, als Zweitwohnung.
- Sparsamer Umgang mit Steuerbefreiungen (soweit gesetzlich zulässig)
- Regelmäßig werden Wohnungen im Sinne der entsprechenden Satzung als alle umschlossene Räume definiert, die zum
schlafen oder wohnen benutzt werden können; teilweise gibt es hier aber Befreiungen, etwa Mindestgrößen: Nach ihnen
gelten nur solche Wohnungen als Zweitwohnung, die eine gewisse Mindestquadratmeterzahl an Wohnfläche haben oder die
über verschiedene Techniken verfügen. Damit entfällt ein Teil des potentiell erzielbaren Aufkommens.
- In manchen Fällen werden Wohnungen von Studenten etc., wenn diese noch mit Hauptwohnsitz bei der Gemeinde ihrer
Eltern gemeldet sind, von der Steuer befreit. Damit entfällt ebenfalls ein Teil des potentiell erzielbaren Aufkommens.
- Allerdings gibt es gesetzliche Grenzen in Bezug auf den restriktiven Umgang mit Steuerbefreiungsregelungen. So hat
z.B. das Bundesverfassungsgericht entsprechend geurteilt, dass die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer auf die Innehabung
einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche
Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, die Ehe diskriminiert und gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.
In jedem Fall erscheint es für Kommunen, die mit dem Gedanken zur Einführung einer derartigen Steuer spielen bzw. die
über Ertragssteigerungspotentiale nachdenken, ratsam, einen Blick in die Satzungen anderer Kommune zu werfen (Lernen
vom Besten). Das ist über die Rubrik "Kommunale Satzungen" von HaushaltsSteuerung.de möglich.
» Kommunale Zweitwohnungsteuer-Satzungen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weitere Informationen zur Zweitwohnungsteuer und zu anderen kleineren Kommunalsteuern
(Bagatellsteuern) finden Sie hier:
» Kommunale Bagatellsteuern 2010 im länderübergreifenden Detailblick, Blog-Eintrag vom 17. Juni 2011
Autor: Marc Gnädinger
» Zweitwohnungsteuer: Eine praktikable Einnahmequelle?, Blog-Eintrag vom 15. Januar 2011
Autor: Marc Gnädinger
Und hier einige zentrale Urteile/Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Zweitwohnungsteuer:
» BVerfG, 1 BvR 1232/00 vom 11.10.2005, Absatz-Nr. 1-114
Hrsg.: Bundesverfassungsgericht
» BVerfG, 1 BvR 529/09 vom 17.2.2010, Absatz-Nr. 1-59
Hrsg.: Bundesverfassungsgericht
» BVerfG, 1 BvR 2664/09 vom 17.2.2010, Absatz-Nr. 1-61
Hrsg.: Bundesverfassungsgericht
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