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Finanzielle Entlastung der Kommunen nach Koalitionsvertrag des Bundes
Finanzielle Entlastung der Kommunen nach Koalitionsvertrag des Bundes
16. Februar 2014 |
Autor: Andreas Burth
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat der Bund, wie u.a. aus einer ausführlichen
Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums hervorgeht, an mehreren Stellen zur Entlastung
der Kommunalhaushalte beigetragen. Tatsächlich ist der
kommunale Finanzierungssaldo im Jahr
2012 auch erstmals seit dem starken Einbruch im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise (zuvor
war der kommunale Finanzierungssaldo ebenfalls positiv, insb. in den Jahren 2007 und 2008) wieder
positiv, d.h. die
bereinigten Einnahmen übertreffen im Durchschnitt der Kommunen die
bereinigten Ausgaben. Gleichwohl realisieren nicht alle Kommunen Überschüsse. In den letzten Jahren war und
ist eine aufgehende Schere zwischen Kommunen mit Überschüssen auf der einen Seite und (stark)
konsolidierungsbedürftigen Gemeinden und Gemeindeverbänden auf der anderen Seite zu beobachten.
Letzteren Zusammenhang dokumentieren insb. die seit einigen Jahren stark steigenden
Kassenkredite in einer Reihe von Kommunen, während gleichzeitig andere Gemeinden und Gemeindeverbände
Überschüsse realisieren.
Insgesamt werden unter der Annahme unveränderter Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre
bis 2016 wiederum (im Vergleich zu 2012 weiter steigende) positive Finanzierungssalden im
kommunalen Raum vorausberechnet. Die kommunalen Spitzenverbände rechnen für diese Jahre mit
Überschüssen von rund 4 Mrd. Euro.
» Bundespolitik und Kommunalfinanzen, Monatsbericht vom 22.8.2013
Hrsg.: Bundesministerium der Finanzen
» Drucksache 17/13343 vom 26.4.2013
Hrsg.: Deutscher Bundestag
» Kommunalfinanzprognose der Kommunalen Spitzenverbände, Blog-Eintrag vom 25.9.2013
Autor: Marc Gnädinger
Inzwischen steht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Bundesebene. Aus Perspektive der
Kommunen enthält er an mehreren Stellen weitere finanzielle Entlastungen. Insofern kann es nicht
erstaunen, dass die drei kommunalen Spitzenverbände in ihren Reaktionen auf den Koalitionsvertrag
unisono weitgehend zufriedene Stellungnahmen abgeben.
» Deutschlands Zukunft gestalten - Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode
Hrsg.: CDU, CSU, SPD
» Die Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD für die 18. Wahlperiode - Bewertung aus kommunaler Sicht
Hrsg.: Deutscher Städte- und Gemeindebund
» Erste Bewertung des Koalitionsvertrages, Pressemitteilung vom 27.11.2013
Hrsg.: Deutscher Landkreistag
Der Detailblick macht deutlich, dass der Koalitionsvertrag in der Tat an mehreren Stellen Zusagen mit
Relevanz für die Kommunalfinanzsituation trifft - hier die Passagen mit wesentlicher Bedeutung für die
Kommunalfinanzsituation:
- Im Jahr 2014 erfolgt die letzte Stufe der Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und
damit eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro (war ohnehin vorher bekannt).
- Die
Gewerbesteuer bleibt erhalten; die
Grundsteuer wird unter Beibehaltung des
Hebesatzrechtes
für Kommunen zeitnah modernisiert. Die Länder werden aufgefordert, nach Abschluss der laufenden Prüfprozesse
rasch zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Ziel der Reform ist es, die Grundsteuer als verlässliche
kommunale Einnahmequelle zu erhalten, d.h. das Aufkommen zu sichern und Rechtssicherheit herzustellen.
- Eingliederungshilfe: Bundesteilhabegesetz für Menschen mit Behinderung wird angekündigt (5 Mrd. Euro);
zugesagte Entlastung der Kommunen vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes (1 Mrd. Euro).
Bei diesen avisierten massiven Unterstützungsleistungen wird mittlerweile seitens einzelner
Akteure problematisiert, ob die Mittel (in voller Höhe) zeitig bei den Kommunen ankommen.
» Kommunale Entlastung - Landkreistag fordert Planungssicherheit, Kurzmeldung vom 10.12.2013
Hrsg.: Deutscher Landkreistag
- Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur werden angekündigt (5 Mrd. Euro) - die Bedeutung für
Kommunen (kommunale Verkehrswege) ist unklar. Der Deutsche Städtetag wünscht sich
nach einer Stellungnahme zu dieser Thematik, dass Bund und Länder bei der Infrastrukturfinanzierung ein
"verlässlicher Partner für die Kommunen" sein werden. Der Verband erwartet, dass auch für Kommunen Mittel
für sanierungsbedürftige Verkehrswege bereitgestellt werden.
» Deutscher Städtetag zum Koalitionsvertrag, Meldung vom 28.11.2013
Hrsg.: Deutscher Städtetag
- Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen soll von der
Umsatzsteuer befreit bleiben. Die interkommunale
Kooperation wird geschützt (interkommunalen Beistandsleistungen). Dabei geht es beispielsweise um
den gemeinsamen Betrieb von Bauhöfen für die Straßenreinigung oder um die Überlassung von Sporthallen
an Vereine - Leistungen, die durch eine Umsatzsatzbesteuerung verteuert würden.
- Ländern werden Finanzmittel für Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen für die gesamte
Legislaturperiode zugesagt (6 Mrd. Euro). Die Kommunen dürften dabei von den Ländern erwarten, dass
sie die für kommunale Aufgaben nötigen Mittel aus diesem Volumen an die Kommunen weiterreichen; sollten
die veranschlagten Mittel für die Kinderbetreuung für den Aufwuchs nicht ausreichen, werden sie entsprechend
des erkennbaren Bedarfs aufgestockt.
- Mittel für die Städtebauförderung sollen jährlich 700 Mio. Euro erreichen, indem insgesamt
600 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Die Städtebauförderung hat u.a. Bedeutung für den
energetischen und barrierefreien Stadtumbau.
- Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen sollen neu geordnet und zu diesem Zweck eine
Föderalismuskommission unter Beteiligung der Kommunen eingerichtet werden.
Neben diesen großen Bereichen enthält der Koalitionsvertrag weitere Inhalte mit direkter und indirekter
Relevanz für die Kommunalfinanzen. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass den Gemeinden und
Gemeindeverbände durch die geplanten Maßnahmen weitere finanzielle Vorteile entstehen. Damit steigen
die Chancen, dass künftig auch Kommunen ohne schon bislang regelmäßig
ausgeglichenen Haushalt dieses
Ziel künftighin erreichen.
Gleichwohl ist dieser Zusammenhang nicht deterministisch, denn mancherorts haben bereits in der Vergangenheit
höhere Erträge zu noch höheren Aufwendungen und nicht zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleiches im
ordentlichen Ergebnis als Voraussetzung für eine
generationengerechte Kommunalfinanzpolitik geführt. Bislang
gibt es auf kommunaler Ebene zwar - je nach Flächenland unterschiedliche - Bestimmungen zum Haushaltsausgleich
und gesetzliche Einschränkungen in Bezug auf die Kredit- und Kassenkreditaufnahme - eine echte
kommunale Schuldenbremse, die das Wirtschaften auf Kosten kommender Generationen (unausgeglichene
Ergebnishaushalte, Vernichtung von
Eigenkapital) durch eindeutige Verhaltensregeln verhindern, gibt es
aber (noch) nicht. Eine derartige Regelung wäre allerdings notwendig, um tatsächlich eine generationengerechte
Kommunalfinanzpolitik allerorts (also auch dort, wo aktuell dieses Ziel (noch) nicht mit Nachdruck aus eigenem
Antrieb heraus angestrebt und erreicht wird) durchzusetzen.
Von wissenschaftlicher Seite und im kommunalen Raum werden heute entsprechende Modelle unter dem Stichwort
"Doppische Schuldenbremse mit
Generationenbeitrag" diskutiert.
Diese Überlegungen sehen im Kern die
regelmäßige Erreichung des ordentlichen Ergebnisausgleiches vor. Damit stimmen sie mit der Forderung
nach einer generationengerechten Kommunalfinanzpolitik überein. Wie dieser Ausgleich erreicht wird,
obliegt im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung und -verantwortung allein der Kommunalpolitik vor Ort.
Die örtliche Vertretungskörperschaft entscheidet im Gesetzesrahmen über die zu generierenden Erträge
und aus der Aufgabenwahrnehmung resultierenden Aufwendungen. Hier wird es in der Praxis unterschiedliche
Kombinationen geben. So kann sich eine Gemeinde auf Basis der wahrgenommenen Präferenzen ihrer Einwohner
für ein höheres (freiwilliges) Leistungsbündel entscheiden als eine andere - sofern sie das tut, muss sie
allerdings auch für die entsprechend höheren Erträge sorgen, also die erhöhten Aufwendungen unter der Maxime
des Haushaltsausgleiches kompensieren.
Sofern die Kommunalpolitik allerdings z.B. aufgrund der Übernahme einer Vielzahl freiwilliger Leistungen
oder wegen unwirtschaftlicher oder durch eigene Standards aufwendigerer Pflichtaufgabenwahrnehmung (nur
weil eine Aufgabe pflichtig ist, kann daraus keinesfalls geschlossen werden, dass auch die daraus
resultierenden Aufwendungen der Höhe nach verpflichtend sind) keinen dauerhaften Haushaltsausgleich
herbeiführt, greift in diesem Konzept der sog. Generationenbeitrag als eindeutige und restriktive
Verhaltensvorgabe. Der Generationenbeitrag nimmt die Höhe ein, die zum Ausgleich des ordentlichen Ergebnisses
notwendig wird. Konkret bedeutet der Generationenbeitrag die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B bis die
daraus resultierenden zusätzlichen Erträge für den ordentlichen Ergebnisausgleich ausreichen. Ein Wirtschaften
auf Kosten nachrückender Generationen wäre auf Basis einer solchen Regelung nicht mehr möglich. Das Ventil
dauerhaft unausgeglichener Haushalte wäre verschlossen. Und für die Einwohner würde damit der Zusammenhang
zwischen kommunalen Leistungen und ihrer Finanzierung wieder deutlicher/erfahrbar, womit auch Aufwandsenkungen
wieder (politisch) diskutabler werden, weil sie ansonsten automatisch greifende und alle Einwohner direkt der
indirekt belastende Anpassungen über den Generationenbeitrag verhindern.
Detailinformationen zum Modell einer doppischen Schuldenbremse mit Generationenbeitrag finden Sie hier:
» Modell einer ressourcenverbrauchsorientierten Kommunalschuldenbremse
Autor: Andreas Burth
» Zur Funktionsweise einer doppischen Kommunalschuldenbremse, Blog-Eintrag vom 25. März 2012
Autor: Andreas Burth
» Kommunaler Finanzreport 2013 - Einnahmen, Ausgaben und Verschuldung im Ländervergleich (S. 156 ff.)
Autoren: Andreas Burth, René Geißler, Marc Gnädinger, Dennis Hilgers
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