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Grundsteuer B in NRW: Zusammenhang zwischen Hebesatz und Einnahmen
Grundsteuer B in NRW: Zusammenhang zwischen Hebesatz und Einnahmen
28. Juni 2017 |
Autor: Andreas Burth
Bereits in früheren Blog-Einträgen auf HaushaltsSteuerung.de ist für die
Grundsteuer B der Effekt von
Hebesatzerhöhungen
auf die Einnahmen behandelt worden (siehe untenstehende Links). Der vorliegende Beitrag zielt in eine ähnliche Richtung,
wenngleich ein anderer Blickwinkel gewählt wird. Untersucht wird im Folgenden für die Grundsteuer B der statistische
Zusammenhang zwischen dem Hebesatz und den Pro-Kopf-Einnahmen (jeweils für das Jahr 2016). Betrachtet werden hier die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (NRW).
» Pro-Kopf-Belastung je Hebesatzpunkt bei der Grundsteuer B, Blog-Eintrag vom 12. März 2016
Autor: Andreas Burth
» Konsolidierungspotenziale durch Realsteuern: Statische Beispielrechnungen für den kreisangehörigen Raum nach Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 18. September 2015
Autor: Andreas Burth
Das Aufkommen der Grundsteuer B beläuft sich in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 auf 3,55 Mrd. Euro. Hiervon entfallen
1,59 Mrd. Euro auf die 22 kreisfreien Städte und 1,96 Mrd. Euro auf die 374 kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Die
Städte und Gemeinden der Städteregion Aachen werden in der Finanzstatistik zu den kreisangehörigen Städten und Gemeinden
gezählt. Dies gilt gleichermaßen für die Großstadt Aachen, obwohl sie formell den Status einer kreisfreien Stadt hat.
Für die kreisfreien Städte (siehe Abbildung 1) ist zu beobachten, dass die Pro-Kopf-Einnahmen mit steigendem Hebesatz tendenziell zunehmen
(positive Steigung der Regressionsgerade). Im Direktvergleich einzelner Städte gibt es allerdings große Unterschiede,
die sich in einer starken Streuung um die Regressionsgerade offenbaren.
Interessant ist z.B. der Vergleich von Herne und Bonn: Die Pro-Kopf-Einnahmen sind in Bonn (294 Euro je Einwohner) mehr als doppelt so hoch
wie in Herne (146 Euro je Einwohner), obwohl der Hebesatz in Bonn mit 680 Prozent nur um 80 Prozentpunkte höher ist als in Herne mit 600 Prozent.
Ein anderes Beispiel ist der Vergleich von Düsseldorf und Essen. Obwohl Düsseldorf (440 Prozent) einen viel niedrigeren
Hebesatz hat als Essen (670 Prozent) fallen die Pro-Kopf-Einnahmen Düsseldorfs (231 Euro je Einwohner) sogar noch leicht
höher aus als in Essen (224 Euro je Einwohner).
Die Regressionsgerade für den kreisangehörigen Raum (siehe Abbildung 2) hat ebenfalls eine positive Steigung, d.h. je höher der Hebesatz ist, desto
höher sind tendenziell die Pro-Kopf-Einnahmen. Gleichwohl ist erneut eine erhebliche Streuung um die Regressionsgerade zu
beobachten.
Ein erstes Beispiel sind Gladbeck und Heiligenhaus. Während Gladbeck bei einem Hebesatz von 690 Prozent Einnahmen
von 168 Euro je Einwohner generiert, kommt Heiligenhaus bei einem leicht geringeren Hebesatz von 680 Prozent auf Einnahmen
von 312 Euro je Einwohner.
Als zweites Beispiel können Ratingen und Castrop-Rauxel angeführt werden. Während die Pro-Kopf-Einnahmen jeweils bei 214 Euro
je Einwohner liegen, sind die Hebesätze stark unterschiedlich. Ratingen braucht für diese Pro-Kopf-Einnahmen lediglich einen
Hebesatz von 423 Prozent. Demgegenüber liegt der Hebesatz von Castrop-Rauxel bei 825 Prozent.
Für die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden wird in den Abbildungen auch das Bestimmtheitsmaß
(R2) ausgewiesen. Das Bestimmtheitsmaß kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Es gibt an, welcher prozentuale Anteil der
Varianz in der abhängigen Variable (hier: Pro-Kopf-Einnahmen) durch die unabhängige Variable (hier: Hebesatz) erklärt wird.
Das Bestimmtheitsmaß ist damit zugleich ein Maß für die Streuung um die Regressionsgerade (je kleiner das Bestimmtheitsmaß,
desto größer die Streuung).
Bei den kreisfreien Städten liegt das Bestimmtheitsmaß bei R2 = 0,3553. Für die
kreisangehörigen Städte und Gemeinden zeigt sich mit R2 = 0,7036 ein stärkerer statistischer Zusammenhang. Der Unterschied
zwischen den kreisfreien Städten einerseits und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden andererseits dürfte sich u.a.
durch die geringere Fallzahl bei den kreisfreien Städten erklären. Bei geringen Fallzahlen haben einzelne Ausreißer einen
stärkeren Einfluss auf die Regressionsgerade und das Bestimmtheitsmaß.
Die Werte für das Bestimmtheitsmaß zeigen, dass der Hebesatz eine wichtige Determinante der Pro-Kopf-Einnahmen ist. Es
scheint aber noch weitere Einflussfaktoren zu geben.
Zur Berechnung der abzuführenden Grundsteuer B ist zunächst die Bemessungsgrundlage zu bestimmen. Die Bemessungsgrundlage
richtet sich nach Einheitswerten gemäß Bewertungsgesetz. Im Kontext der Einheitswerte ist darauf hinzuweisen, dass diese
inzwischen stark veraltet sind. Sie basieren noch auf den Wertverhältnissen des Jahres 1935 (Ostdeutschland) bzw. des Jahres
1964 (Westdeutschland). Der Einheitswert wird - je nach Art des Grundstücks (z.B. Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus) - mit
verschiedenen Steuermesszahlen multipliziert. Das Produkt aus Einheitswert und Steuermesszahl ergibt den Steuermessbetrag
des jeweiligen Grundstücks. Der von der Stadt bzw. Gemeinde festzulegende Grundsteuer-B-Hebesatz wird dann mit dem
Steuermessbetrag multipliziert. Das Ergebnis ist die abzuführende Grundsteuer B.
Die Streuung um die Regressionsgerade in den Abbildungen 1 und 2 kann somit teilweise durch die veralteten Einheitswerte
begründet sein. Ferner ist es denkbar, dass z.B. in einigen Kommunen anteilig mehr Einfamilienhäuser stehen, während sich in
anderen Kommunen anteilig mehr Mehrfamilienhäuser befinden. Auch hieraus können sich unterschiedliche Pro-Kopf-Einnahmen
entstehen. Zudem kann der Anteil an Neubaugebieten einen Einfluss auf die Pro-Kopf-Einnahmen haben.
Neben den Bürgern müssen auch Unternehmen die Grundsteuer B abführen. Kommunen mit hohen Gewerbeanteilen haben daher bei
gleichem Hebesatz tendenziell höhere Pro-Kopf-Einnahmen. Dies gilt v.a. für Unternehmen mit hohem Flächenverbrauch. Es kann
folglich einen Unterschied machen, ob eine Kommune eher ein Arbeitsort (viele Einpendler) oder ein Wohnort (viele Auspendler) ist.
Ein Beispiel ist die bereits zuvor erwähnte Stadt Ratingen mit 87.943 Einwohnern. Gemäß Wegweiser Kommune der Bertelsmann
Stiftung beläuft sich die Einpendlerquote im Jahr 2015 auf 53,1 Prozent, während die Auspendlerquote bei 39,6 Prozent liegt.
Die Einpendlerquote berechnet sich, indem die Zahl der Einpendler durch die erwerbsfähige Bevölkerung der Kommune geteilt
wird. Einpendler arbeiten in der betrachteten Kommune, wohnen aber außerhalb dieser Kommune. Die erwerbsfähige Bevölkerung
bezeichnet hier die Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren. Die Auspendlerquote ist der
Anteil der Auspendler an der erwerbsfähigen Bevölkerung. Auspendler wohnen in der betrachteten Kommune, arbeiten aber
außerhalb dieser Kommune.
Auch die Netto-Gewerbesteuereinnahmen Ratingens sind ein Indiz dafür, dass in der Stadt verhältnismäßig viele und/oder große
Unternehmen ansässig sind. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 Prozent erzielt Ratingen im Jahr 2016 mit 998 Euro je
Einwohner die zwölfthöchsten Pro-Kopf-Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) aller 374 kreisangehörigen Städte und Gemeinden
in Nordrhein-Westfalen.
Weitere Informationen zu den Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über
untenstehende Links.
» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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