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Gutachten zu den finanzpolitischen Herausforderungen des demographischen Wandels
Gutachten zu den finanzpolitischen Herausforderungen des demographischen Wandels
14. Oktober 2013 |
Autor: Marc Gnädinger
Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat sich Anfang des Jahres 2013 mit der Frage beschäftigt,
wie die staatlichen Gebietskörperschaften die durch die
demographische Entwicklung notwendig werdenden Anpassungsprozesse auf kommunaler
Ebene begleiten sollen. Herausgekommen ist ein Gutachten, welches die Herausforderungen benennt und Ideenskizzen für Lösungen entwickelt.
» Gutachten "Finanzpolitische Herausforderungen des demografischen Wandels im föderativen System"
Hrsg.: Bundesministerium für Finanzen
» Finanzpolitische Herausforderungen des demografischen Wandels im föderativen System
Hrsg.: Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen
Das Gutachten enthält gerade in Bezug auf die kommunale Ebene interessante Feststellungen, Argumente und Lösungsansätze, die in der Fachszene
sowie in Politik und kommunaler Praxis gewiss an mehreren Stellen kontrovers diskutiert werden - eine Auswahl:
- Die Veränderungen in der Altersstruktur (Alter der Einwohner) dürfte für die Gemeinden keine nennenswerten fiskalischen Anpassungsprobleme
hervorrufen (siehe S. 12 des Gutachtens).
- Kostenremanenzen treten nur vereinzelt und insb. bei Netz- und Versorgungsinfrastrukturen (siehe im Detail S. 22 f. des Gutachtens) auf; es
gibt eine umfangreiche Literatur, die zeigt, dass die Ausgaben von Gemeinden weitgehend proportional mit ihren Bevölkerungszahlen variieren und
die Kosten der Leistungserstellung durch konstante Skalenerträge gekennzeichnet sind (siehe S. 15 f. des Gutachtens); bei langfristiger Anpassung der
Infrastruktur und des Personalbedarfs legen empirische Untersuchungen nahe, dass die Pro-Kopf-Ausgaben und die Nutzerqualität näherungsweise stabil
bleiben (siehe S. 18 des Gutachtens). Die vielfach beklagten Kostenremanenzen haben ihre Ursache weniger in der Produktionstechnologie (Skalenerträge)
als in politisch motivierten fehlenden politischen Weichenstellungen (siehe S. 26 des Gutachtens).
- Der vielerorts notwendige Rückbau der physischen Infrastruktur und der Abbau von öffentlichen Leistungen im Kontext demographischer Veränderungen
wird von vielen Kommunalpolitikern als Eingeständnis einer verfehlten Standortpolitik angesehen (siehe S. 13 und S. 24 des Gutachtens). Gleichwohl ist
von der Kommunalpolitik eine rechtzeitige Anpassung an die demographischen Gegebenheiten auf der Ausgabenseite einzufordern (siehe S. 21 des Gutachtens).
- Anpassungen an den demographischen Wandel auf der Ausgabenseite (z.B. Personalabbau, Schließung von Bädern und Bibliotheken) sind für Amtsträger
"unpopulär" und damit schwer durchzusetzen. Der damit verbundene politische Druck führt besonders dann zu unnötigen Ausgaben und ineffizient niedrigen
Anpassungen, wenn die Budgetbeschränkung der Gemeinden nicht konkret feststeht (Soft Budget Constraint). "Wüssten die Bürger mit Sicherheit, dass
heutige Defizite unweigerlich höhere Steuern nach sich ziehen und dass im Zweifel der Gemeinde sogar die Insolvenz droht, wären sie mit Ausgabenwünschen
sicherlich vorsichtiger." (siehe S. 25 des Gutachtens)
Interessant ist, dass gerade letztere Feststellung zu den Budgetbeschränkungen unabhängig von dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates auch ein
zentrales Argument im Rahmen der Diskussion um die Etablierung einer
doppischen Kommunalschuldenbremse unter Ergänzung um einen
Generationenbeitrag ist.
Letztere will die Fühlbarkeit erhöhen und über den Generationenbeitrag indirekt Druck auf die Ausgaben-/Aufwandsseite erzeugen - damit könnte in
Anknüpfung an die entworfenen Thesen des Wissenschaftlichen Beirates auch die notwendige Anpassung an demographische Entwicklungen befördert werden,
weil das Ventil dauerhaft unausgeglichener Kommunalhaushalte geschlossen würde. Damit könnten letztlich unnötige Ausgaben und ineffiziente Anpassungen
im Rahmen des demographischen Wandels wesentlich konsequenter und unter Berücksichtigung ökonomischer Anreize eingeschränkt werden.
» Zur Funktionsweise einer doppischen Kommunalschuldenbremse, Blog-Eintrag vom 25. März 2012
Autor: Andreas Burth
» Modell einer ressourcenverbrauchsorientierten Kommunalschuldenbremse
Autor: Andreas Burth
» Kommunaler Finanzreport 2013 - Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
Autoren: Andreas Burth, René Geißler, Marc Gnädinger, Dennis Hilgers
» Deutsche Schuldenbremse(n) - Etablierte Modelle und ökonomisch begründeter Fortentwicklungsbedarf
Autoren: Marc Gnädinger, Dennis Hilgers
Weitere Literatur mit Bezug zur Thematik finden Sie hier:
» Demografischer Wandel und langfristiges Angebot öffentlicher Leistungen im föderativen System
Autorin: Sandra Renn
» Demographischer Wandel und kommunales Personal, Blog-Eintrag vom 2. April 2013
Autor: Andreas Burth
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