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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Hat der Rechnungsstil einen Einfluss auf kommunale Vermögensverkäufe?

Hat der Rechnungsstil einen Einfluss auf kommunale Vermögensverkäufe?
26. Mai 2017  |  Autor: Andreas Burth



In einem früheren Blog-Eintrag auf HaushaltsSteuerung.de wurde für die Jahre 2012 bis 2015 im Ländervergleich untersucht, wie hoch die Einnahmen der Kommunen aus Vermögensverkäufen ausfallen (siehe untenstehender Link). Die Ergebnisse des Blog-Eintrags geben Hinweise darauf, dass in Ländern, in denen die Kommunen noch die Kameralistik nutzen dürfen, tendenziell mehr kommunales Vermögen veräußert wird. Inzwischen sind neue statistische Daten für das Jahr 2016 verfügbar. Sie werden im vorliegenden Beitrag analysiert.

» Kommunale Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen im Ländervergleich,
    Blog-Eintrag vom 11. Juni 2016

    Autor: Andreas Burth

Die Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen belaufen sich in den Kern- und Extrahaushalten der Kommunen der Flächenländer im Jahr 2016 auf 5,25 Mrd. Euro. Hiervon entfallen 84,7 Prozent auf die Veräußerung von Sachvermögen und 15,3 Prozent auf die Veräußerung von Beteiligungen.

In der Kameralistik stellt die Veräußerung von Vermögen eine Einnahme dar. In der Doppik handelt es sich um einen Aktivtausch: eine Vermögensposition steigt (hier: Finanzmittelbestand), eine andere Vermögensposition sinkt (z.B. Sachanlagevermögen). Dieser Zusammenhang kann v.a. in der Kameralistik durch die darin dominierende Zahlungsstrom-Perspektive stärker aus dem Blickwinkel der Entscheidungsträger rücken. Offenkundig wird der Aktivtausch-Charakter erst in der Doppik. Die Anreize zur Vermögensveräußerung zwecks Einnahmegenerierung sind in der Kameralistik daher tendenziell größer als in der Doppik.

In den meisten Flächenländern waren die Kommunen im Haushaltsjahr 2016 verpflichtet die Doppik zu nutzen. Ausnahmen sind die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen. In Baden-Württemberg gibt es zwar eine Doppik-Pflicht, diese gilt aber erst ab 2020. Den Kommunen in Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen wird ein dauerhaftes Wahlrecht zwischen Doppik und Kameralistik gewährt.

Im Jahr 2016 nutzten in Baden-Württemberg nur 197 von rund 1.140 Kommunen die Doppik. Unter den Doppik-Kommunen in Baden-Württemberg sind allerdings die größeren Kommunen (z.B. kreisfreie Städte, Landkreise) überproportional häufig vertreten. Für die drei Länder mit Doppik-Kameralistik-Wahlrecht liegen dem Autor keine exakten Zahlen zum Anteil doppisch rechnender Kommunen im Jahr 2016 vor.

» 197 Kommunen in Baden-Württemberg nutzen im Haushaltsjahr 2016 die Doppik,
    Blog-Eintrag vom 22. Juni 2016

    Autor: Andreas Burth

Neben dem Rechnungsstil (d.h. Doppik oder Kameralistik) kann auch die Wirtschaftskraft einen Einfluss auf die Höhe der Vermögensveräußerungen haben. Je wirtschaftsstärker eine Kommune ist, desto mehr kann sie investieren. Mit höheren Investitionen in der Vergangenheit geht wiederum ein höherer Vermögensbestand einher, d.h. es steht in wirtschaftskräftigen Kommunen mehr Vermögen zur Verfügung, das veräußert werden könnte.

Im Ost-West-Vergleich sind die Vermögensverkäufe in den West-Flächenländern deutlich höher. Ein wesentlicher Grund dürfte die höhere Wirtschaftskraft der westdeutschen Flächenländer sein.

Im Jahr 2016 fallen die Pro-Kopf-Einnahmen aus Vermögensveräußerungen im Westen in den wirtschaftsstarken Ländern Baden-Württemberg und Bayern am höchsten aus. Es folgen Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Die Plätze 1, 2 und 4 nehmen damit die Länder mit kameral rechnenden Kommunen ein.

In der Gruppe der Ost-Flächenländer veräußern die Kommunen in Thüringen das meiste Vermögen. In Thüringen besteht, wie bereits zuvor erwähnt, keine Pflicht zur Doppik-Umstellung - d.h. auch dort wird von einem Teil der Kommunen noch die Kameralistik praktiziert.

Einnahmen der Kommunen der Flächenländer aus der Veräußerung von Vermögen im Jahr 2016

Die Ergebnisse für das Jahr 2016 bekräftigen damit die Ergebnisse für die Jahre 2012 bis 2015: In Ländern mit kameral rechnenden Kommunen wird tendenziell mehr Vermögen veräußert. Zwar können die hier analysierten, hoch aggregierten Zahlen nicht den genauen Einfluss des Rechnungsstils auf das Entscheidungsverhalten einzelner Kommunen nachweisen. Allerdings sind die Zahlen der Jahre 2012 bis 2016 doch zumindest ein grober Indikator dafür, dass es einen Effekt der Doppik auf kommunale Entscheidungen zum Vermögensverkauf zu geben scheint.

Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass die beobachteten Ergebnisse auch durch den Faktor "Zufall" hervorgerufen worden sein könnten (z.B. aufgrund von Sondereffekten einzelner Jahre). Vor diesem Hintergrund erscheint es interessant, das Thema tiefergehend zu untersuchen. Der Einfluss des Rechnungsstils auf kommunale Entscheidungen zur Veräußerung von Vermögen wäre z.B. ein interessantes Thema für ein Forschungsprojekt.





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger