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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Hessenkasse ante portas: Die kommunalen Kassenkredite in Hessen

Hessenkasse ante portas: Die kommunalen Kassenkredite in Hessen
15. Juli 2017  |  Autor: Andreas Burth



Kassenkredite sind eine Verschuldungsform, die eigentlich ausschließlich der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit dient (ähnlich einem Kontokorrentkredit oder Dispokredit im privaten Bereich). Tatsächlich werden die Kassenkredite jedoch von einigen Kommunen zur dauerhaften Finanzierung laufender Defizite zweckentfremdet. Dies ist u.a. deshalb problematisch, weil diesen Kassenkrediten - im Gegensatz zu den Investitionskrediten - keine investiv geschaffenen Vermögenswerte (z.B. Schulgebäude, Brücke) gegenüberstehen. Vielmehr werden die in Form von konsumtiven Kassenkrediten angesammelten Lasten nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung (z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst. Hohe dauerhafte Kassenkreditbestände (z.B. von 500 Euro je Einwohner oder mehr) sind ein Indikator für ein Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse.

Ein solches Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse ist in hunderten Kommunen Deutschlands zu beobachten. In ihrer Summe sind die Kassenkredite seit vielen Jahren stetig angestiegen. Erst in der jüngeren Vergangenheit haben sie sich auf hohem Niveau stabilisiert. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten zeigt sich, dass das Problem kurzfristiger (Kassenkredit-)Schulden in Deutschland am größten ausfällt.

» Trendwende bei den kommunalen Kassenkrediten?, Blog-Eintrag vom 4. Mai 2017
    Autor: Andreas Burth

» Durchschnittszinssätze der Kommunen im EU-Vergleich, Blog-Eintrag vom 17. Mai 2017
    Autor: Andreas Burth

Besonders hohe Fallzahlen von Kassenkredit-Krisenkommunen finden sich im Saarland, in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz und in Hessen. Die vier Länder werden u.a. auch deshalb im Weblog von HaushaltsSteuerung.de häufiger untersucht.

Der vorliegende Beitrag legt den Fokus auf die Kassenkredite in den Kernhaushalten der hessischen Kommunen. Neben der Entwicklung der absoluten Höhe der Kassenkredite werden mehrere Pro-Kopf-Vergleiche durchgeführt. Zudem werden die kassenkreditfreien Kommunen benannt.

Abschließend wird ein Blick auf das am 4.7.2017 von der hessischen Landesregierung vorgestellte Projekt "Hessenkasse" geworfen. Die Hessenkasse ist ein Landesprogramm, mit dem das Land nahezu die kompletten Kassenkreditschulden der Kommunen übernehmen will.

Überblick:
- Entwicklung der kommunalen Kassenkredite
- Kreisfreie Städte
- Landkreise
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden
- Hessenkasse: Übernahme der kommunalen Kassenkredite durch das Land
- Weitere Informationen



Entwicklung der kommunalen Kassenkredite

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der absoluten Höhe der kommunalen Kassenkredite in Hessen. Von 2008 bis 2012 ist ein starker Anstieg um 134,5 Prozent zu beobachten. In diesen Jahren zeigten sich die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Kommunalfinanzen. Im Vergleich der Jahre 2012 und 2013 ist ein Rückgang der Kassenkredite um 11,8 Prozent festzustellen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der Kommunale Schutzschirm, der über Entschuldungshilfen für Investitions- und Kassenkredite dazu wesentlich beigetragen hat, die kommunalen Schulden zu senken.

Der Kommunale Schutzschirm ist ein Programm des Landes Hessen zur finanziellen Unterstützung konsolidierungsbedürftiger hessischer Kommunen. Das Programm startete im Jahr 2012. Der erste Schutzschirm-Vertrag wurde am 17.11.2012 zwischen dem Land Hessen und der Gemeinde Frielendorf im Schwalm-Eder-Kreis geschlossen. Insgesamt waren 106 von 448 hessischen Kommunen antragsberechtigt, wovon sich letztlich 100 Kommunen (drei kreisfreie Städte, 14 Landkreise sowie 83 kreisangehörige Städte und Gemeinden) für eine Teilnahme am Schutzschirm entschieden. Auf eine Teilnahme verzichtet haben lediglich die sechs kreisangehörigen Städte/Gemeinden Biebesheim am Rhein, Bischofsheim, Florstadt, Neuberg, Schmitten und Trebur. Die 100 Schutzschirm-Teilnehmer erhalten vom Land Finanzhilfen in Form von Entschuldungshilfen (bis zu 2,8 Mrd. Euro für Investitions- und Kassenkredite) und Zinsdiensthilfen (bis zu 0,4 Mrd. Euro). Im Gegenzug müssen sie durch die Umsetzung weiterer, eigener Konsolidierungsmaßnahmen innerhalb eines individuell verhandelten Zeitraums ihren Haushalt im ordentlichen Ergebnis ausgleichen.

Weitere Informationen und Analysen mit Bezug zum Kommunalen Schutzschirm finden Sie z.B. auf folgenden Seiten.

» Kommunaler Schutzschirm Hessen
    Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen

» Entwicklung der Realsteuer-Hebesätze in den Schutzschirm-Kommunen in Hessen,
    Blog-Eintrag vom 4. Juni 2017

    Autor: Andreas Burth

» Kommunaler Finanzierungssaldo in Hessen 2012 bis 2016, Blog-Eintrag vom
    19. März 2017

    Autor: Andreas Burth

» Finanzierungssaldo der Kommunen in Hessen in den Jahren 2009 bis 2015, Blog-Eintrag
    vom 4. April 2016

    Autor: Andreas Burth

In den Jahren 2013 bis 2016 haben sich die Kassenkredite stabilisiert - mit leicht fallender Tendenz. Neben dem Schutzschirm-Effekt trugen zu dieser Entwicklung v.a. eine gute Wirtschaftslage, niedrige Zinsen und eigene Konsolidierungsanstrengungen der Kommunen bei. Angesichts der sehr positiven Rahmenbedingungen verlief der Kassenkreditabbau jedoch nur schleppend. Intensivere Konsolidierungsanstrengungen wären nötig und möglich gewesen. Vor allem zeigt sich einmal mehr, dass Kassenkredite zwar schnell aufgenommen sind, aber viele Kommunen sich lange Zeit lassen, um sie wieder aus eigener Kraft abzubauen.

Hessenkasse: Entwicklung der absoluten Höhe der Kassenkredite in den Kernhaushalten der 448 Kommunen in Hessen zum 31.12. der Jahre 2006 bis 2016 (in Mrd. Euro)

Die Kassenkredite von 6,25 Mrd. Euro setzen sich nach Kommunaltypen zusammen aus:
  • Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV): 0 Euro
  • Fünf kreisfreie Städte: 0,81 Mrd. Euro (12,9 Prozent)
  • 21 Landkreise: 3,05 Mrd. Euro (48,8 Prozent)
  • Sieben (kreisangehörige) Sonderstatusstädte: 0,51 Mrd. Euro (8,2 Prozent)
  • Übrige 414 kreisangehörige Städte und Gemeinden: 1,88 Mrd. Euro (30,0 Prozent)
Untenstehende zehn Kommunen haben die höchsten absoluten Kassenkredit-Bestände:
  1. Landkreis Offenbach (347.357 Einwohner): 512.348.000 Euro
  2. Kreisfreie Stadt Offenbach am Main (123.734 Einwohner): 383.500.000 Euro
  3. Rheingau-Taunus-Kreis (184.114 Einwohner): 354.000.000 Euro
  4. Kreisfreie Stadt Darmstadt (155.353 Einwohner): 280.050.000 Euro
  5. Landkreis Groß-Gerau (266.042 Einwohner): 271.854.433 Euro
  6. Sonderstatusstadt Hanau (92.643 Einwohner): 245.000.000 Euro
  7. Main-Kinzig-Kreis (411.956 Einwohner): 240.000.000 Euro
  8. Landkreis Bergstraße (266.928 Einwohner): 213.150.000 Euro
  9. Landkreis Kassel (235.813 Einwohner): 203.110.166 Euro
  10. Sonderstatusstadt Rüsselsheim am Main (63.030 Einwohner): 188.132.667 Euro
In den folgenden Abschnitten werden die Pro-Kopf-Kassenkredite nach Kommunaltypen verglichen. Dem Landeswohlfahrtsverband Hessen wird mangels Vergleichsmöglichkeiten kein eigener Abschnitt gewidmet (zudem ist er ohnehin kassenkreditfrei). Der Landeswohlfahrtsverband Hessen ist ein höherer Kommunalverband (auch: Gemeindeverband über der Kreisebene). Weitere höhere Kommunalverbände gibt es in Hessen nicht. Der Regionalverband FrankfurtRheinMain zählt statistisch zu den Zweckverbänden. Zweckverbände sind in der Statistik eine Rechtsform der kommunalen Unternehmen.



Kreisfreie Städte

In Hessen gibt es fünf kreisfreie Städte. Sie haben jeweils mindestens 100.000 Einwohner. Die höchsten Pro-Kopf-Kassenkredite hat Offenbach am Main mit 3.099 Euro je Einwohner. Kassenkreditfrei ist nur Wiesbaden. Frankfurt am Main hat bereits seit mehreren Jahren geringe Kassenkreditbestände. Angesichts ihrer enormen Steuereinnahmen könnte die Stadt Frankfurt am Main eigentlich problemlos ohne Kassenkredite auskommen.

Hessenkasse: Vergleich der Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der fünf kreisfreien Städte in Hessen zum 31.12.2016 (in Euro je Einwohner)



Landkreise

Die kommunale Familie Hessens hat 21 Landkreise. Hiervon haben sich vier Landkreise Kassenkredite von über 1.000 Euro je Einwohner aufgebürdet (siehe Abbildung 3). Es handelt sich um den Rheingau-Taunus-Kreis, den Odenwaldkreis, den Landkreis Offenbach und den Landkreis Groß-Gerau. Kassenkreditfrei ist zum 31.12.2016 einzig der Landkreis Fulda.

Hessenkasse: Vergleich der Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der 21 Landkreise in Hessen zum 31.12.2016 (in Euro je Einwohner)



Kreisangehörige Städte und Gemeinden

Die Sonderstatusstädte sind ein besonderer Kommunaltyp in Hessen. Es handelt sich um die sieben kreisangehörigen Städte in der Größenklasse "50.000 bis 99.999 Einwohner". Die sieben Sonderstatusstädten sind: Bad Homburg vor der Höhe, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg, Rüsselsheim am Main und Wetzlar.

Beim Aufgabenportfolio sind die Sonderstatusstädte zwischen den kreisfreien Städten und den "normalen" kreisangehörigen Städten und Gemeinden anzusiedeln. Sonderstatusstädte nehmen folglich einzelne Aufgaben der Kreisebene auf ihrem Hoheitsgebiet selbst wahr (z.B. einzelne Schulträgeraufgaben, Aufgaben der Jugendhilfe). Aufgrund der besonderen Aufgabenstruktur dieser Städte erscheint es angebracht, sie separat zu untersuchen.

Rüsselsheim am Main und Hanau haben mit jeweils über 2.500 Euro je Einwohner extrem hohe Kassenkreditschulden. Ohne Kassenkredite kommen zum 31.12.2016 nur die Städte Bad Homburg vor der Höhe und Fulda aus. Marburg ist mit 8 Euro je Einwohner nahezu kassenkreditfrei.

Hessenkasse: Vergleich der Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der sieben Sonderstatusstädte in Hessen zum 31.12.2016 (in Euro je Einwohner)

Von den 414 kreisangehörigen Städten und Gemeinden unter 50.000 Einwohnern (d.h. ohne Sonderstatusstädte) haben sich Bad Karlshafen (4.151 Euro je Einwohner) und Bad Sooden-Allendorf (3.108 Euro je Einwohner) am höchsten mit Kassenkrediten verschuldet. Auf Rang 3 des Kassenkredit-Rankings folgt Großkrotzenburg mit 2.334 Euro je Einwohner.

Hessenkasse: Die 20 kreisangehörigen Städte und Gemeinden (ohne Sonderstatusstädte) in Hessen mit den höchsten Pro-Kopf-Kassenkrediten im Kernhaushalt zum 31.12.2016 (in Euro je Einwohner)

Den Kassenkredit-Extremfällen in Abbildung 5 stehen 160 kreisangehörige Städte und Gemeinden (ohne Sonderstatusstädte) gegenüber, die zum 31.12.2016 ohne Kassenkredite auskommen. Bei 414 kreisangehörigen Städten und Gemeinden (ohne Sonderstatusstädte) liegt der Anteil der Kassenkreditfreien damit bei 38,6 Prozent.

Es handelt sich um folgende 160 Städte und Gemeinden (in Klammern: Einwohnerzahl (EW) zum 31.12.2015):

Allendorf (Eder) (5.665 EW), Allendorf (Lumda) (4.089 EW), Alsbach-Hähnlein (9.299 EW), Altenstadt (11.859 EW), Amöneburg (5.125 EW), Antrifttal (1.919 EW), Aßlar (13.672 EW), Bad Camberg (14.031 EW), Bad Nauheim (31.630 EW), Bad Zwesten (3.898 EW), Baunatal (27.617 EW), Beselich (5.669 EW), Biblis (8.910 EW), Bickenbach (5.777 EW), Biebergemünd (8.384 EW), Biebesheim am Rhein (6.881 EW), Biedenkopf (13.685 EW), Bischoffen (3.378 EW), Brechen (6.518 EW), Breidenbach (6.818 EW), Breitenbach am Herzberg (1.754 EW), Brensbach (5.041 EW), Brombachtal (3.475 EW), Buseck (12.903 EW), Dautphetal (11.584 EW), Dieburg (15.500 EW), Diemelsee (4.831 EW), Diemelstadt (5.250 EW), Dietzhölztal (5.757 EW), Dipperz (3.450 EW), Dornburg (8.527 EW), Dreieich (40.601 EW), Driedorf (5.146 EW), Ebsdorfergrund (8.900 EW), Echzell (5.701 EW), Edermünde (7.218 EW), Edertal (6.292 EW), Ehringshausen (9.265 EW), Einhausen (6.281 EW), Eiterfeld (7.023 EW), Elbtal (2.393 EW), Elz (8.123 EW), Eppertshausen (6.231 EW), Erzhausen (7.864 EW), Eschborn (20.824 EW), Espenau (5.070 EW), Fernwald (6.607 EW), Fischbachtal (2.627 EW), Flieden (8.758 EW), Flörsbachtal (2.343 EW), Freiensteinau (3.131 EW), Freigericht (14.419 EW), Friedewald (2.420 EW), Friedrichsdorf (25.092 EW), Fritzlar (14.428 EW), Fuldabrück (8.692 EW), Gemünden (Felda) (2.811 EW), Gernsheim (10.069 EW), Glashütten (5.376 EW), Gorxheimertal (4.160 EW), Grebenhain (4.684 EW), Grebenstein (5.808 EW), Griesheim (26.907 EW), Groß-Bieberau (4.730 EW), Großenlüder (8.692 EW), Groß-Rohrheim (3.768 EW), Groß-Umstadt (20.821 EW), Groß-Zimmern (14.069 EW), Grünberg (13.634 EW), Gründau (14.633 EW), Gudensberg (9.532 EW), Guxhagen (5.309 EW), Habichtswald (4.974 EW), Haiger (19.199 EW), Hauneck (3.175 EW), Herbstein (4.808 EW), Heuchelheim (7.501 EW), Hilders (4.757 EW), Hofgeismar (14.872 EW), Hohenahr (4.810 EW), Homberg (Ohm) (7.568 EW), Hünfeld (15.996 EW), Hüttenberg (10.731 EW), Jossgrund (3.448 EW), Kalbach (6.264 EW), Kaufungen (12.406 EW), Kirchheim (4.093 EW), Korbach (23.515 EW), Kronberg im Taunus (18.330 EW), Künzell (16.322 EW), Lahnau (8.142 EW), Lahntal (6.874 EW), Lauterbach (Hessen) (14.119 EW), Liederbach am Taunus (8.939 EW), Limburg an der Lahn (34.255 EW), Limeshain (5.480 EW), Linden (12.747 EW), Linsengericht (9.944 EW), Lohfelden (13.591 EW), Lorsch (13.515 EW), Ludwigsau (5.530 EW), Lützelbach (6.910 EW), Maintal (38.208 EW), Malsfeld (3.964 EW), Mengerskirchen (5.787 EW), Mittenaar (4.850 EW), Modautal (5.100 EW), Mossautal (2.451 EW), Mücke (9.348 EW), Mühltal (13.753 EW), Münster (14.076 EW), Münzenberg (5.596 EW), Neu-Eichenberg (1.848 EW), Neuenstein (3.016 EW), Neuhof (10.838 EW), Niederaula (5.377 EW), Niestetal (10.940 EW), Nüsttal (2.801 EW), Ober-Mörlen (5.720 EW), Otzberg (6.360 EW), Petersberg (15.344 EW), Philippsthal (Werra) (4.156 EW), Pohlheim (17.890 EW), Ranstadt (5.077 EW), Rasdorf (1.640 EW), Reichelsheim (Odenwald) (8.540 EW), Reichelsheim (Wetterau) (6.856 EW), Reinheim (16.277 EW), Reiskirchen (10.298 EW), Rimbach (8.571 EW), Rockenberg (4.361 EW), Rodenbach (11.176 EW), Romrod (2.729 EW), Roßdorf (12.250 EW), Rothenberg (2.265 EW), Schaafheim (9.221 EW), Schauenburg (10.140 EW), Schenklengsfeld (4.527 EW), Schwalbach am Taunus (15.203 EW), Schwarzenborn (1.408 EW), Seligenstadt (20.980 EW), Sensbachtal (944 EW), Sinntal (8.961 EW), Sontra (7.629 EW), Stadtallendorf (21.861 EW), Sulzbach (Taunus) (8.681 EW), Twistetal (4.424 EW), Wabern (7.326 EW), Waldsolms (4.822 EW), Wartenberg (3.947 EW), Wehrheim (9.355 EW), Weilmünster (8.839 EW), Weilrod (6.487 EW), Weißenborn (1.037 EW), Weiterstadt (25.416 EW), Wettenberg (12.193 EW), Willingen (Upland) (6.070 EW), Wölfersheim (9.925 EW), Wöllstadt (6.198 EW), Zwingenberg (6.928 EW).

Die kassenkreditfreien Kommunen zeigen, dass es möglich ist, ohne Kassenkredite zu wirtschaften. Einigen kassenkreditfreien Städten und Gemeinden gelingt dies trotz schwieriger Rahmenbedingungen (z.B. geringe Steuereinnahmen, stark zergliederte Siedlungsstruktur). Hieran offenbart sich: Wer will, der kann. Weitere Informationen können Sie folgenden Links entnehmen.

» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag
    vom 4. September 2015

    Autor: Andreas Burth

» Stark zersiedelte Gemeinden in Hessen ohne Kassenkredite, Blog-Eintrag vom
    20. Oktober 2015

    Autor: Andreas Burth



Hessenkasse: Übernahme der kommunalen Kassenkredite durch das Land

In Pro-Kopf-Ländervergleichen zu den kommunalen Kassenkrediten zeigt sich seit einigen Jahren das gleiche Bild: An der Spitze stehen das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Auf Rang vier folgt Hessen (siehe Abbildung 6). Dieser Anblick dürfte zumindest in Bezug auf Hessen bald der Vergangenheit angehören. Grund ist das am 4.7.2017 verkündete Landesprogramm "Hessenkasse".

Hessenkasse: Pro-Kopf-Ländervergleich über die Kassenkredite in den Kernhaushalten der Kommunen der Flächenländer zum 31.12.2016 (in Euro je Einwohner)

Mit der Hessenkasse plant das Land, den Kommunen ihre im Kernhaushalt aufgenommenen Kassenkredite abzunehmen. Die Hessenkasse wäre nach dem Schutzschirm bereits das zweite Landesprogramm binnen weniger Jahre, durch das die hessischen Kommunen Entschuldungshilfen bekommen. Die hessische Landesregierung empfindet offenbar die finanzpolitische Notwendigkeit für ein zweites Hilfsprogramm.

» Die Hessenkasse
    Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen

» "Die Hessenkasse ermöglicht unseren Kommunen einen Neustart!" - Presseinformation
    vom 4. Juli 2017

    Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen

» Hessenkasse - Programm zur Entschuldung hessischer Kommunen von Kassenkrediten
    und zur Förderung kommunaler Investitionen

    Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen

Die Hessenkasse soll die Kassenkredite von über 260 hessischen Kommunen übernehmen. Die Teilnahme ist für die Kommunen freiwillig. Wie bereits oben beschrieben, liegt das Gesamtvolumen der Kassenkredite bei rund 6 Mrd. Euro. Dieser Betrag soll durch das Projekt Hessenkasse nahezu in voller Höhe vom Land übernommen werden. Zum Vergleich: Die bereinigten Einnahmen im Landeshaushalt 2017 liegen bei 26,8 Mrd. Euro. Hieran wird deutlich, welch enorme finanzielle Dimension die Hessenkasse hat. Für die Hessenkasse ist eine Laufzeit von 30 Jahren vorgesehen. Bei einer Legislaturperiode von fünf Jahren bindet das Programm folglich sechs Landtage.

Finanziert wird das Programm zu einem Drittel durch Eigenbeiträge der teilnehmenden Kommunen und zu zwei Dritteln aus dem Landeshaushalt. Nach Angaben der Landesregierung sind mit den Mitteln aus dem Landeshaushalt konkret folgende Finanzmittelquellen angesprochen: Bundesmittel "5. Milliarde" Bundesteilhabegesetz (nach Länderfinanzausgleich), Kommunalanteil Fonds Deutsche Einheit (Absenkung erhöhte Gewerbesteuerumlage), Landesanteil Fonds Deutsche Einheit, im Landesausgleichsstock entbehrliche Mittel und weitere Landesmittel. Teilweise sind die Mittel aus dem Landeshaushalt sind damit faktisch ebenfalls kommunale Mittel.

Das Land Hessen beziffert den Eigenanteil der Kommunen auf rund 100 Mio. Euro pro Jahr und den Anteil aus dem Landeshaushalt auf ca. 200 Mio. Euro pro Jahr (jeweils über 30 Jahre). Dies ergäbe ein Gesamtvolumen von etwa 9 Mrd. Euro. Bei zu tilgenden Kassenkrediten von rund 6 Mrd. Euro errechnet sich eine kumulierte Zinsbelastung von ca. 3 Mrd. Euro. Das Finanzministerium geht in den Berechnungen von einem Zinssatz von 2 Prozent aus.

Die Kassenkredite sollen am 1.7.2018 abgelöst werden. Zu welchem Stichtag die Höhe der ablösbaren Kassenkredite bestimmt wird, ist bislang nicht bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Stichtag gewählt wird, der vor dem Tag der Bekanntgabe des Programms am 4.7.2017 liegt. Möglich wären also z.B. der 31.12.2016, der 31.3.2017 oder der 30.6.2017. Im Falle eines späteren Datums hätten die Kommunen einen starken Anreiz, noch einmal zusätzlich neue Kassenkredite aufzunehmen, auch wenn sie diese Gelder eigentlich gar nicht brauchen. Dies kann nicht im Sinne des Landes sein.

Abgewickelt wird das Programm voraussichtlich über die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank). Die WIBank ist eine Förderbank des Landes Hessen. Ein solches Konstrukt ist bereits beim Schutzschirm gewählt worden. Beim Schutzschirm wurde seinerzeit ein Erfüllungsübernahmevertrag zwischen der WIBank und dem Land Hessen geschlossen. Im (kameralen) Landeshaushalt werden die Schutzschirm-Zahlungen an die WIBank nicht als Tilgungszahlungen, sondern als Schuldendiensthilfen an Gemeinden und Gemeindeverbände (Titel 17 01 623 01) gebucht. Beim Schutzschirm wurde ebenfalls eine 30-jährige Laufzeit für die Ablösung der Schulden bei der WIBank beschlossen.

Das WIBank-Konstrukt führt bei der Hessenkasse dazu, dass sich aus Sicht des Landeshaushalts keine zusätzliche Nettoneuverschuldung von 6 Mrd. Euro im Jahr 2018 ergibt, sondern die Belastung auf 30 Jahre gestreckt wird. Eine zusätzliche Nettoneuverschuldung von 6 Mrd. Euro würde sehr wahrscheinlich im Jahr 2018 zu einer Verletzung der Übergangsregelung zur neuen Schuldenbremse führen. Das "Problem" Schuldenbremse wird mithilfe der WIBank und der Verteilung auf 30 Jahre umgangen. Die WIBank-Lösung erschwert dafür in den Folgejahren die Einhaltung der Schuldenbremse.

Mit der Schuldenübernahme durch die WIBank würden die abgelösten Schulden aus der Schuldenstatistik verschwinden, da die WIBank nicht Teil des öffentlichen Bereichs ist und die Schuldenstatistik noch kameralen Charakter hat. Die übernommenen Schulden wären demnach statistisch weder bei den Kommunalschulden noch bei den Landesschulden erfasst. Faktisch wird damit aus hessischer Sicht die Statistik geschönt (analog zum Schutzschirm).

Hessen nutzt in der Landesverwaltung sowohl die Kameralistik als auch die Doppik. In der kameralen Haushaltsrechnung des Landes würden die übernommenen Schulden voraussichtlich nicht in den Haushaltsschulden auftauchen (analog zu den Verpflichtungen aus dem Schutzschirm). Der Präsident des Hessischen Rechnungshofs wies im 63. Schuldenbericht darauf hin, dass er es vor dem Hintergrund des Haushaltsgrundsatzes der Klarheit und Wahrheit kritisch sehe, dass sich die übernommenen Schutzschirm-Schulden kameral "aufgelöst" hätten (siehe Seite 55). Die Verbindlichkeiten aus dem Schutzschirm werden in Anlage 9 der Haushaltsrechnung lediglich nachrichtlich berichtet. Zum Stand 31.12.2015 belaufen sich die Schutzschirm-Verbindlichkeiten laut Haushaltsrechnung auf 2.503,2 Mio. Euro. Diese Form des Ausweises dürfte bei der Hessenkasse analog umgesetzt werden.

» 63. Bericht des Vorsitzenden an den Landesschuldenausschuss über die Prüfung der
    Schulden im Haushaltsjahr 2013 (63. Schuldenbericht) - Drucksache 19/2574

    Hrsg.: Hessischer Landtag

Anders gestaltet sich die Darstellung im doppischen Gesamtabschluss des Landes, der die Hessenkasse-Schulden auf der Passivseite der Bilanz erfassen dürfte (analog zum Schutzschirm). Die durch den Schutzschirm eingegangenen Verpflichtungen werden in der Bilanz des Landes als "Rückstellungen für Kommunalen Schutzschirm" (Stand zum 31.12.2015: 599,4 Mio. Euro) und als "Verbindlichkeiten aus Kommunalem Schutzschirm" (Stand zum 31.12.2015: 2.518,9 Mio. Euro) ausgewiesen. Dies dürfte bei der Hessenkasse in analoger Weise der Fall sein. Am vollständigen Ausweis der Schutzschirm-Verpflichtungen zeigt sich ein Vorteil der Doppik gegenüber der Kameralistik.

Die Hessenkasse soll die Entschuldungshilfen nicht ausschließlich zur "Kommunalbeglückung" gewähren. Vielmehr sind Maßnahmen geplant, um sicherzustellen, dass das Kassenkredit-Problem nicht wieder von Neuem beginnt. Derartige Maßnahmen sind vor dem Hintergrund des Volumens der Hessenkasse absolut unabdingbar.

Vorgesehen ist seitens der Landesregierung erstens eine Verschärfung der haushaltsrechtlichen Vorschriften. Welche konkreten Regelungen beschlossen werden sollen, steht bislang allerdings noch nicht fest. Es gibt gleichwohl eine Reihe von Regelungen, die empfehlenswert sind. Hierzu zählen insbesondere:
  • Etablierung einer Genehmigungspflicht für das ordentliche Ergebnis
  • Einführung einer Mindest-Liquiditätsreserve (z.B. analog zu § 22 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung Baden-Württemberg)
  • Strikte Bindung von Kassenkrediten an den ausschließlichen Zweck der kurzfristigen Liquiditätssicherung
  • Fixierung einer Obergrenze für die Kassenkredite in Prozent des Haushaltsvolumens
  • Einführung einer doppischen Kommunalschuldenbremse mit Generationenbeitrag und antizyklischer Komponente (z.B. Krisenrückstellungen)
Zum Thema der doppischen Kommunalschuldenbremse sei für weitere Informationen auf nachfolgende Links verwiesen.

» Kommunaler Finanzreport 2013 - Teil VII: Doppische Kommunalschuldenbremse
    (S. 156 ff.)

    Autoren: Andreas Burth, René Geißler, Marc Gnädinger, Dennis Hilgers

» Linksammlung zu kommunalen Schuldenbremsen-Satzungen
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Blog-Einträge zum Thema "Nachhaltigkeitssatzungen & kommunale Schuldenbremsen"
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

Neben einer Verschärfung der Rechtsnormen soll zweitens die Kommunalaufsicht strenger darauf achten, dass die Regeln auch tatsächlich eingehalten werden. Dieses Ziel der Landesregierung ist richtig und wichtig, denn das Leitbild der Hessenkasse muss lauten "nie wieder kommunale Kassenkredite". Anders ließe sich ein derartiges Milliardenprogramm nicht rechtfertigen.

Eine strenge Kommunalaufsicht ist essenziell, zumal selbst die besten Rechtsregelungen nichts nutzen, wenn ihre Einhaltung nur inkonsequent überwacht wird. Dies lehrt die Erfahrung der Vergangenheit. Denn Rechtsregelungen für eine solide Haushaltspolitik gab es in Hessen schon früher. Übertreten wurden sie trotzdem. So verpflichtete der Schutzschirm die teilnehmenden Kommunen v.a. auf den ordentlichen Ergebnisausgleich. Diese Pflicht existierte allerdings bereits vor dem Schutzschirm, d.h. die Kommunalhaushalte hätten auch ohne den Schutzschirm ausgeglichen werden müssen. Wären die (alten) Regeln in den Jahren vor dem Schutzschirm konsequent eingehalten worden, hätte es nicht einmal den Schutzschirm gebraucht.

Um zukünftig Kassenkredite zu vermeiden, müssen sich vorrangig die haushaltspolitischen Denkmuster in den Kommunen (und auch in der Aufsicht) ändern. Eigentlich sollten Kassenkredite die absolute Ausnahme sein und wirklich nur kurzfristig zur Liquiditätssicherung eingesetzt werden. In der Vergangenheit war dies in zahlreichen hessischen Kommunen jedoch anders. Kassenkredite waren mancherorts als Einnahmequelle so selbstverständlich wie die Gewerbesteuer. Die Aufsicht ließ viele Kommunen gewähren. Das Ergebnis dieser Denkweise zeigt sich v.a. in denjenigen Kommunen, die derart über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben, dass sie Kassenkredite von mehr als 1.000 Euro je Einwohner (und teilweise sogar noch viel mehr) angehäuft haben.

Der Schutzschirm hat in den Kommunen zweifellos ein Umdenken angestoßen. Ob der Schutzschirm zusammen mit der nun initiierten Hessenkasse tatsächlich den notwendigen dauerhaften Paradigmenwechsel in den haushaltspolitischen Denkmustern erzielen wird, wird sich indes noch zeigen müssen.

Aktuell sind die kommunalen Rahmenbedingungen in Hessen dank Schutzschirm-Entschuldung, Wirtschaftswachstum, geringer Arbeitslosigkeit und Niedrigzinsphase sehr gut. Der Mehrheit der Kommunen dürfte auch der neue Kommunale Finanzausgleich helfen, der seit 2016 gilt. Hinzu kommt nun die Hessenkasse. Dies wird es den meisten Kommunen ermöglichen, selbst ohne strikte Haushaltskonsolidierung auf neue Kassenkredite zu verzichten (was bei derart ausgezeichneten Rahmenbedingungen aber auch keine wirklich besondere Leistung, sondern eher eine Selbstverständlichkeit ist).

Es ist derzeit jedoch noch nicht nachprüfbar, inwieweit in der kommunalen Familie Hessens tatsächlich ein haushaltspolitisches Umdenken stattgefunden hat. Der Lackmustest wird die nächste Wirtschaftskrise sein. Dann wird sich zeigen, ob der Spuk wieder von vorne losgeht oder ob der Wandel in den Denkmustern gelungen ist. Die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kassenkredite in Hessen stark steigen lassen. Demgegenüber kamen die Kommunen in anderen Ländern - wie z.B. Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen - selbst in der Krise ohne hohe Kassenkredite aus. Hieran zeigt sich, dass sogar Krisenjahre ohne neue Kassenkredite überstanden werden können. Wenn dies in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen möglich ist, muss es auch in Hessen erreichbar sein.

» Historische Entwicklung der kommunalen Kassenkredite seit 1960, Blog-Eintrag vom
    20. November 2016

    Autor: Andreas Burth

Es wird sicher auch nach dem Start der Hessenkasse einzelne Kommunen geben, die versuchen, bei der nächsten Verschlechterung der Rahmenbedingungen an alte Kassenkredit-Gewohnheiten anzuknüpfen. Es wird darauf ankommen, dass die Aufsicht solche Versuche unverzüglich im Keim erstickt. Es wird hoffentlich nicht notwendig werden, aber eventuell wird das Land sogar an einzelnen, besonders renitenten Kommunen ein Exempel statuieren müssen (z.B. in Form eines Staatskommissars nach § 141 Hessische Gemeindeordnung).

Keinesfalls darf bei den Kommunen der Eindruck entstehen, dass auf das zweite Entschuldungspaket noch ein drittes oder viertes folgen könnte. Misslingt dies, wären die Folgen fatal. Denn in diesem Fall würden selbst die bislang solide wirtschaftenden Kommunen ermutigt, ihre Haushaltsdisziplin über Bord zu werfen.

In der Tendenz werden - wie schon beim Schutzschirm - die hoch mit Kassenkrediten verschuldeten Kommunen am meisten von der Hessenkasse profitieren. In Bezug auf die Jahre nach dem Schutzschirm-Start werden diejenigen Kommunen belohnt, die weiter Kassenkredite aufgebaut haben bzw. die den Kassenkreditabbau verzögert haben. Vor dem Hintergrund dieser Problematik ist in der Kommunikation des Landesprogramms darauf zu achten, dass andere Aspekte (z.B. die Verschärfung der Rechtsnormen und die strengere Aufsicht) in den Vordergrund rücken. Andernfalls besteht die Gefahr, dass falsche Anreize für die künftige Haushaltsdisziplin der Kommunen gesetzt werden.

Die solide wirtschaftenden Kommunen, die (teilweise) jeden Cent mehrfach umdrehten, um Kassenkredite zu vermeiden, haben keine direkten Vorteile aus den Entschuldungsprogrammen von Schutzschirm und Hessenkasse. Damit diese Kommunen ohne Kassenkredite zumindest beim Projekt Hessenkasse nicht völlig leer ausgehen, soll nach den Vorstellungen der Landesregierung für diese Kommunen ein Programm zur Investitionsförderung aufgelegt werden. Das Volumen wird voraussichtlich bei 0,5 Mrd. Euro liegen und v.a. finanz- oder strukturschwachen Kommunen ohne Kassenkredite zugutekommen. Das Investitionsprogramm soll aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Besagte Investitionsförderung für die solide wirtschaftenden Kommunen fällt je Einwohner deutlich niedriger aus als die Finanzhilfen aus Schutzschirm und Hessenkasse für die weniger solide wirtschaftenden Kommunen. Ein Ungleichgewicht zu Ungunsten der Kommunen ohne Kassenkredite ist insofern kaum abzustreiten.

Im Allgemeinen sind kommunale Investitionen zu begrüßen, da sie dabei helfen, die Wettbewerbsfähigkeit der Kommunen zu bewahren bzw. zu steigern. Zu beachten ist jedoch stets, dass auch geförderte Investitionen Folgekosten verursachen (und eventuell zudem kommunale Eigenanteile am Investitionsbetrag erfordern). Für Kommunen, die sich die Folgekosten von Investitionen nicht leisten können, kann sich eine Investitionsförderung als Trojanisches Pferd herausstellen. Es ist deshalb aus Sicht der Kommunen strikt darauf zu achten, nur diejenigen Investitionen zu tätigen, deren Folgekosten den dauerhaften Haushaltsausgleich (d.h. auch in wirtschaftlichen Krisenjahren) nicht gefährden.

Es ist aus Sicht des Landes durchaus nachvollziehbar, dass es die solide wirtschaftenden Kommunen beim Projekt Hessenkasse nicht gänzlich außen vor lassen will. Diese Kommunen könnten sich andernfalls als Verlierer der Landespolitik fühlen. Unabhängig von diesem Argument ist jedoch generell zu fragen, wie dringend es in Hessen derzeit ein neues kommunales Investitionsprogramm braucht. Bei anhaltend guter konjunktureller Lage sind derartige Programme durchaus verzichtbar, da die Kommunen dank höherer Einnahmen ohnehin stärker investieren können. Zwar kursieren einige Studien (z.B. KfW-Kommunalpanel, EY-Kommunenstudie), die auf angeblich enorme kommunale Investitionsrückstände hinweisen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass diese Studien unter erheblichen methodischen Schwächen leiden. Die Studienergebnisse zu den Investitionsrückständen sind daher mit Vorsicht zu genießen. Kaum zu gebrauchen sind zudem die Daten von Eurostat zu den kommunalen Nettoinvestitionen. Grund sind beträchtliche Widersprüche im Datenmaterial.

» Neue Eurostat-Zahlen zu den kommunalen Investitionen leider so widersprüchlich wie
    in den Vorjahren, Blog-Eintrag vom 24. April 2017

    Autor: Andreas Burth

» Zur Aussagekraft der Eurostat-Daten zu den Investitionen der Kommunen in Deutschland,
    Blog-Eintrag vom 27. Oktober 2016

    Autor: Andreas Burth

Noch sind bei der Hessenkasse viele Detailfragen offen. Sie sollen im Laufe der nächsten Monate geklärt werden. Der Zeitplan ist angesichts der hohen Anzahl offener Fragen jedenfalls sehr ambitioniert - zumal die Hessenkasse bereits am 1.7.2018 starten soll. Es wird spannend sein, die weitere Entwicklung zu verfolgen. Dem Projekt Hessenkasse ist grundsätzlich zu wünschen, dass es ein Erfolg wird. Dies wird jedoch keineswegs einfach - ganz im Gegenteil. Land und Kommunen stehen harte Bewährungsproben bevor (Zeitdruck im Gesetzgebungsverfahren, nächste Wirtschaftskrise, opportunistische Kommunen usw.). Ein belastbares Fazit über den Erfolg dieses Milliardenprogramms wird man wohl erst in einigen Jahren ziehen können.



Weitere Informationen

Ergänzende Informationen zu den Kommunalfinanzen in Hessen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über nachfolgende Links.

» Kommunalverschuldung in Hessen
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Kassenkreditschulden der steuerstärksten Gemeinden in Hessen, Blog-Eintrag vom
    18. August 2016

    Autor: Andreas Burth

» Höchste/niedrigste Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A/B in Hessen
    nach Landkreisen, Blog-Eintrag vom 29. April 2016

    Autor: Andreas Burth

» Entwicklung des Finanzvermögens in den Kernhaushalten der hessischen Kommunen
    2011 bis 2014, Blog-Eintrag vom 9. November 2015

    Autor: Andreas Burth





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