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Kassenkredite der kreisfreien Städte in Deutschland
Kassenkredite der kreisfreien Städte in Deutschland
24. März 2016 |
Autor: Andreas Burth
Kassenkredite
gelten gemeinhin als eine besonders problematische Form der Kommunalverschuldung. Bei den Kassenkrediten handelt
es sich um eine Schuldenart, die eigentlich nur der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit einer Kommune dienen sollte.
Tatsächlich werden die Kassenkredite jedoch seit einigen Jahren von einer beträchtlichen Anzahl Kommunen zweckentfremdet. Sie
werden dort zu Dauerfinanzierung laufender Defizite genutzt.
Ein Merkmal von Kassenkrediten ist, dass sie - im Gegensatz zu
Investitionskrediten - nicht
durch Vermögenswerte gedeckt sind. Kassenkredite werden vielmehr für konsumtive Ausgaben aufgenommen. Die in Form von dauerhaften Kassenkrediten
angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung
(z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Ferner unterliegen Kassenkredite aufgrund ihrer typischerweise kurzen Laufzeit einem hohen Zinsänderungsrisiko. Zwar sind die Zinssätze
derzeit noch ausgesprochen niedrig - dies kann sich jedoch auch wieder ändern. Steigende Zinsniveaus würden sich auch zeitnah
in den Zinsaufwendungen der Kommunen niederschlagen.
Besonders häufig finden sich Zweckentfremdungen von Kassenkrediten in den Kommunen der "Krisenländer" Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und Saarland. Aber auch einige andere Länder haben (wenn auch in geringerem Ausmaß) Probleme mit kommunalen
Kassenkrediten. Der Problemdruck konzentriert sich dabei nicht auf einzelne Kommunaltypen. Vielmehr können kreisfreie Städte,
kreisangehörige Städte/Gemeinden und Landkreise gleichermaßen betroffen sein. Der vorliegende Beitrag legt den Fokus auf die
Analyse der Kassenkredite in der Gruppe der 103 kreisfreien Städte der Flächenländer (d.h. hier ohne die kreisfreien Städte der Stadtstaaten).
Abgedeckt werden die Kassenkreditschulden zum 31.12. der Jahre 2011 bis 2014. Erfasst sind die
Kassenkredite beim nicht-öffentlichen Bereich und ab 2013 zusätzlich die
Kassenkredite beim öffentlichen Bereich. Datengrundlage ist der Wegweiser Kommune der
Bertelsmann Stiftung. Die Bertelsmann Stiftung hat im März 2016 die Datenbank des Wegweisers Kommune aktualisiert und den
Datensatz u.a. um die Kassenkreditschulden des Jahres 2014 ergänzt. Die im Wegweiser Kommune berichteten Kassenkreditschulden
beziehen sich ausschließlich auf die Kernhaushalte. In kommunalen Unternehmen verortete Kassenkredite sind folglich nicht
enthalten und können daher an dieser Stelle nicht untersucht werden.
Generell ist zu beachten, dass zu beobachtende Reduktionen im Kassenkreditbestand nicht notwendigerweise vollständig aus
eigener Kraft realisiert worden sind. So ist für den Betrachtungszeitraum 2011 bis 2014 festzustellen, dass verschiedene
landesseitige Entschuldungsprogramme ebenfalls Auswirkungen auf die Kassenkredite der kreisfreien Städte hatten. So trug
z.B. der kommunale Schutzschirm des Landes Hessen maßgeblich zur Rückführung der Kassenkreditbestände in der Stadt Kassel
von 2012 auf 2013 bei.
Untenstehende Tabelle weist die Kassenkreditschulden je Einwohner für alle 103 kreisfreien Städte aus. Die höchsten
Pro-Kopf-Kassenkredite zum 31.12.2014 hat demnach die rheinland-pfälzische Stadt Pirmasens mit 7.516 Euro je Einwohner.
Es folgt die Stadt Oberhausen in Nordrhein-Westfalen mit 7.487 Euro je Einwohner. Die dritthöchsten Kassenkredite hat die
Stadt Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz mit 6.831 Euro je Einwohner. Drei weitere kreisfreie Städte (Hagen, Zweibrücken und
Mülheim an der Ruhr) haben ferner Kassenkreditschulden von über 5.000 Euro je Einwohner. In der Summe liegen 19 Städte liegen
über 3.000 Euro je Einwohner. In insgesamt 27 Städten sind zum 31.12.2014 Kassenkredite von über 2.000 Euro je Einwohner und
in 41 Städten von mindestens 1.000 Euro je Einwohner zu beobachten.
Grundsätzlich kann bereits bei Kassenkrediten von über 1.000 Euro je Einwohner davon gesprochen werden, dass die betreffende
Stadt in der Vergangenheit deutlich über ihre Verhältnisse gelebt hat. Liegt das Kassenkreditniveau über 2.000 oder sogar über
3.000 Euro je Einwohner, so hat das Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse bereits immense Dimensionen angenommen. Bei
Kassenkrediten von über 5.000 Euro je Einwohner gilt dies in nochmals verstärktem Maße.
Interessanterweise finden sich in der Gruppe der Städte mit Kassenkreditproblemen auch Städte, die eigentlich ausgesprochen
wirtschaftsstark sind. Beispielhaft zu nennen sind Ludwigshafen am Rhein und Bonn. Die Stadt Ludwigshafen am Rhein hatte 2013
ein nominales
Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt
von 71.193 Euro je Einwohner. In Bonn lag es bei ebenfalls weit überdurchschnittlichen
61.766 Euro je Einwohner. Dennoch haben beide Städte sehr hohe Kassenkreditbestände im Kernhaushalt. Hieran wird deutlich, dass
es auch für Städte mit sehr guten Rahmenbedingungen möglich ist, deutlich über ihre Verhältnisse zu wirtschaften. An dieser Stelle
ist - wie auch bei allen anderen Krisenstädten - u.a. die Kommunalaufsicht gefordert, mit Nachdruck auf eine unverzügliche Konsolidierung der Haushalte zu drängen.
Den 41 Städten mit sehr hohen Kassenkreditbeständen (mindestens 1.000 Euro je Einwohner) stehen insgesamt 39 kreisfreie
Städte gegenüber, die zum 31.12.2014 kassenkreditfrei sind. Es handelt sich hierbei um: Amberg, Ansbach, Aschaffenburg,
Baden-Baden, Bamberg, Bayreuth, Braunschweig, Chemnitz, Coburg, Dresden, Emden, Erlangen, Fürth, Heidelberg, Heilbronn, Hof,
Ingolstadt, Jena, Kaufbeuren, Kempten (Allgäu), Landshut, Leipzig, Mannheim, Memmingen, München, Nürnberg, Oldenburg (Oldenburg),
Passau, Pforzheim, Potsdam, Regensburg, Schwabach, Schweinfurt, Straubing, Stuttgart, Suhl, Ulm, Wiesbaden und Wolfsburg. Im
Vorjahr waren zum 31.12.2013 insgesamt 38 kreisfreie Städte kassenkreditfrei.
Weitere Informationen zur Kommunalverschuldung in Deutschland sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. auf nachfolgender Seite abrufbar.
» Gesamte Verschuldung der Kommunen der 13 Flächenländer in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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