Kontakt  |  Sitemap  |  Impressum/Datenschutz
Startseite
Weblog
Themen
Lexikon
Akteure
Literatur
Über HaushaltsSteuerung.de
  Weblog
  » Aktuelle Blog-Einträge
  » Weblog-Archiv
  » Themen
  » Karikaturen
  » Autoren
  » RSS-Feed zum Blog
HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Kassenkredite in der kommunalen Doppik

Kassenkredite in der kommunalen Doppik
1. März 2011  |  Autor: Marc Gnädinger



Auf Grundlage des aktuellen Rechts haben alle Kommunen die Chance, ihr Haushalts- und Rechnungswesen auf die Doppik umzustellen. Die Mehrzahl der Landesgesetzgeber hat diesen Weg gesetzlich vorgegeben, wobei sich die letztmöglichen Umstellungstermine von Flächenland zu Flächenland unterscheiden. Nur einzelne Länder haben eine Quasi-Hintertür offengelassen, indem sie die Doppik nicht als alleinverbindliches System vorgegeben haben. So gibt es in einzelnen Ländern noch sog. Optionsrechte zwischen der Doppik und der (erweiterten) Kameralistik. Auf Basis der gesetzlichen Rahmenregelungen stellen immer mehr Gemeinden und Gemeindeverbände auf den doppischen Rechnungsstil um.

Mit Einführung des neuen Haushaltsrechts wurden auch die Rechtsregelungen zur Kassenkreditaufnahme angepasst, wobei es in diesem Kontext eine erstaunliche Heterogenität zwischen einzelnen Ländern gibt.

Die Unterschiede beginnen bereits in den verwendeten Begrifflichkeiten. Baden-Württemberg (§ 89 Gemeindeordnung u. § 61 Gemeindehaushaltsverordnung), Bayern (Art. 73 Gemeindeordnung), Sachsen (§ 84 Gemeindeordnung), Hessen (§ 105 u. § 114l Gemeindeordnung), Sachsen-Anhalt (§ 19 Gemeindekassenverordnung Doppik), Schleswig-Holstein (§ 95 i Gemeindeordnung) und Brandenburg (§ 2 Kommunale Haushalts- und Kassenverordnung) haben den aus der Kameralistik vertrauten Begriff der Kassenkredite beibehalten.

In Thüringen (§ 16 Gesetz über die kommunale Doppik), Nordrhein-Westfalen (§ 89 Gemeindeordnung), Rheinland-Pfalz (§ 105 Gemeindeordnung) und dem Saarland (§ 94 Kommunalselbstverwaltungsgesetz) wird im Haushaltsrecht von Krediten zur Liquiditätssicherung gesprochen. Niedersachen (§ 94 Gemeindeordnung u. § 59 Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung) kennt hingegen den Begriff Liquiditätskredite. In Mecklenburg-Vorpommern (§ 53 Kommunalverfassung) wird noch einmal ein abweichender Begriff verwendet. Hier wird von Krediten zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit gesprochen.

Details zum Haushaltsrecht einzelner Länder, welches zuweilen und auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen auch Anpassungen erfährt, finden Sie hier:

» Rechtsvorschriften: Haushaltsrecht in Deutschland

Eine synoptische Gegenüberstellung speziell zu den Kassenkreditregelungen kann ferner der Internetseite www.doppikvergleich.de entnommen werden. Über den dort installierten Rechtsvergleich-Themenbaum Bilanz/Passiva/Verbindlichkeiten gelangen Sie zu den Regelungen für die Kassenkredite.

Gerade Kassenkredite werden, sofern sie nicht ausschließlich zu temporären Liquiditätssicherungszwecken aufgenommen werden, als besonders augenscheinlicher Indikator zur Visualisierung kommunaler Finanzprobleme herangezogen. Mancherorts sind Kassenkredite zu einer Dauereinrichtung auf hohem Niveau avanciert. Der Bestand (und ggf. die Bestandveränderung) der Kassenkredite ist ein wichtiger Indikator zur Beschreibung der Verschuldungssituation im Zuge von Kommunalfinanzberichten.

Für den länderübergreifenden Austausch zur Reform des Haushaltsrechts und insbesondere zur Strategieentwicklung in Bezug auf die notwendige Rückführung hoher Kassenkreditniveaus sind die heterogenen Rechtsregelungen zum Begriff der Kassenkredite hinderlich. Insofern wäre eine sprachliche Bereinigung geboten. Es gibt keinen erkennbaren Grund und insbesondere keinerlei Notwendigkeit, warum Kassenkredite von Land zu Land unterschiedlich betitelt werden.

Eine interessante Differenzierung nehmen einige Länder auch in den gesetzlichen Definitionen des Kreditbegriffs vor. So definiert z.B. § 61 Gemeindehaushaltsverordnung Baden-Württemberg Kredite als "die unter der Verpflichtung zur Rückzahlung von Dritten oder von Sondervermögen mit Sonderrechnung aufgenommenen Finanzierungsmittel mit Ausnahme der Kassenkredite". Demnach gibt es eine Differenzierung zwischen Krediten und Kassenkrediten. Und Kassenkredite werden nicht zu den Krediten gerechnet. Eine im Wortlaut ähnliche Abgrenzung der beiden Schuldenarten findet sich bei der Kreditdefinition nach § 98 Kommunalhaushaltsverordnung Doppik Bayern, der begrifflichen Kreditdefinition nach § 2 Kommunale Haushalts- und Kassenverordnung Brandenburg, der Kreditdefinition nach § 58 Gemeindehaushaltsverordnung Doppik Hessen, in der Kreditdefinition nach § 59 Kommunalhaushaltsverordnung Doppik Sachsen und in der Begriffsdefinition für Kredite nach § 59 Gemeindehaushaltsverordnung Doppik Schleswig-Holstein.

Nach diesen negativen Begriffsabgrenzungen der Kassenkredite von den Krediten ist die Verortung der Kassenkredite im Schuldenportfolio der Kommunen eindeutig von der Verortung der normalen Kredite zu trennen. Gleichwohl handelt es sich bei beiden Schuldenarten um Verbindlichkeiten.

Verortung der Kassenkredite im kommunalen Schuldenportfolio

In den ebenfalls gesetzlich normierten Kreditdefinitionen auf Ebene der Begriffsbestimmungen von Niedersachsen (§ 59 Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung Niedersachsen) und Thüringen (§ 63 Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung Doppik) finden sich hingegen keine derartigen Unterscheidungen zwischen Krediten und Kassenkrediten.

Ein umfassendes Informationsangebot zum Stand sowie zur Entwicklung der Kommunalverschuldung in den Flächenländern auf Basis finanzstatistischer Daten finden Sie hier:

» Staatsverschuldung in Deutschland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger