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Kommunaler Finanzierungssaldo in Hessen 2012 bis 2016
Kommunaler Finanzierungssaldo in Hessen 2012 bis 2016
19. März 2017 |
Autor: Andreas Burth
Im Hinblick auf die Kommunalfinanzen gelten vier Flächenländer als besonders problematisch: Saarland, Rheinland-Pfalz,
Nordrhein-Westfalen und Hessen. Die vier Länder sind durch eine hohe Kommunalverschuldung und v.a. durch hohe kommunale
Kassenkreditschulden
geprägt. Um das Schuldenwachstum zu stoppen bzw. umzukehren sind Finanzierungsüberschüsse notwendig.
Nach der Abgrenzung des Statistischen Bundesamtes erzielte von den vier Krisenländern nur die kommunale Familie in
Rheinland-Pfalz im Jahr 2015 einen Finanzierungsüberschuss in den
Kern- und
Extrahaushalten. Das Saarland, Nordrhein-Westfalen
und Hessen waren 2015 noch defizitär.
» Kommunaler Finanzierungssaldo im Jahr 2015, Blog-Eintrag vom 5. Mai 2016
Autor: Andreas Burth
Inzwischen hat das Hessische Statistische Landesamt neue Zahlen zu den
Finanzierungssalden der hessischen Kommunen im Jahr 2016
veröffentlicht. Dieser Datensatz wird im vorliegenden Beitrag analysiert. Erfasst sind in der Abgrenzung des Hessischen
Statistischen Landesamtes jeweils nur die Kernhaushalte der hessischen Kommunen.
Überblick:
- Entwicklung des jährlichen Finanzierungssaldos 2012 bis 2016
- Entwicklung des vierteljährlichen Finanzierungssaldos 2015 und 2016
- Entwicklung des Finanzierungssaldos der Schutzschirm-Kommunen
- Entwicklung des Finanzierungssaldos der Nicht-Schutzschirm-Kommunen
- Entwicklung der Finanzierungssalden der kreisfreien Städte und Landkreise
- Weitere Informationen
Entwicklung des jährlichen Finanzierungssaldos 2012 bis 2016
Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Finanzierungssaldos seit 2012. Im Jahr 2016 ist demnach wieder ein Finanzierungsüberschuss
erwirtschaftet worden. Der Überschuss beläuft sich auf 329 Mio. Euro. Zuletzt hatten die hessischen Kommunen das Jahr 2008 mit
einem Finanzierungsüberschuss abgeschlossen. Von den 448 hessischen Kommunen (inkl. Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV)) haben im
Jahr 2016 303 Kommunen einen Überschuss und 145 Kommunen ein Defizit im Finanzierungssaldo.
Die positive Entwicklung der vergangenen Jahre ist auf einen Mix verschiedener Ursachen zurückzuführen. Zu nennen sind
beispielhaft die gute konjunkturelle Entwicklung, die Phase niedriger Zinsen, die Finanzhilfen des Landes durch den kommunalen
Schutzschirm und eigene Konsolidierungsanstrengungen der Kommunen.
Ab dem Jahr 2016 gilt in Hessen ein neuer
kommunaler Finanzausgleich.
Auch der neue Finanzausgleich kann einen Beitrag zur
Verbesserung des Finanzierungssaldos geleistet haben. Wie groß der Beitrag des neuen Finanzausgleichs ausfällt, lässt sich
an dieser Stelle indes nicht quantifizieren.
In 50 Kommunen ist für alle fünf Jahre (2012 bis 2016) ein Finanzierungsdefizit zu beobachten. Es handelt sich um nachfolgende
Kommunen: Bad Emstal, Bad Hersfeld, Bad Karlshafen, Butzbach, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Diemelstadt, Egelsbach, Erlensee,
Felsberg, Florstadt, Landkreis Gießen, Gilserberg, Landkreis Groß-Gerau, Haunetal, Hochtaunuskreis, Hosenfeld, Jesberg,
Kelsterbach, Knüllwald, Lahn-Dill-Kreis, Lampertheim, Löhnberg, Main-Taunus-Kreis, Morschen, Münster, Naumburg, Neu-Anspach,
Niddatal, Oberaula, Ober-Ramstadt, Odenwaldkreis, Landkreis Offenbach, Ortenberg, Rabenau, Rauschenberg, Reinhardshagen,
Rheingau-Taunus-Kreis, Ringgau, Rodgau, Ronneburg, Schenklengsfeld, Schwalmtal, Söhrewald, Tann (Rhön), Villmar, Wahlsburg,
Wald-Michelbach, Wetter (Hessen), Wetzlar und Wildeck.
27 Kommunen verzeichnen in allen fünf Jahren (2012 bis 2016) einen Finanzierungsüberschuss. Es sind dies die folgenden
Kommunen: Allendorf (Lumda), Beerfelden, Bickenbach, Bischoffen, Dornburg, Dreieich, Fischbachtal, Fritzlar, Fulda, Gemünden
(Felda), Großenlüder, Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV), Lorsch, Lützelbach, Mainhausen, Main-Kinzig-Kreis, Landkreis
Marburg-Biedenkopf, Modautal, Mücke, Reichelsheim (Odenwald), Rockenberg, Schmitten, Schwalbach am Taunus, Sensbachtal,
Vöhl, Wartenberg und Wehrheim.
Entwicklung des vierteljährlichen Finanzierungssaldos 2015 und 2016
Abbildung 2 zeigt die vierteljährliche Entwicklung des Finanzierungssaldos der hessischen Kommunen in den Jahren 2015 und
2016. Der zu beobachtende Verlauf ist typisch für den kommunalen Finanzierungssaldo und auch in anderen Ländern so zu
beobachten: Das 1. Quartal ist stark defizitär, während die übrigen drei Quartale deutlich besser ausfallen. Dies hat zur
Folge, dass sich - wie z.B. im Jahr 2016 - selbst ein hohes Defizit im 1. Quartal noch in einen hohen Überschuss für das
Gesamtjahr wandeln kann.
Ein Grund für den zyklischen Verlauf des Finanzierungssaldos ist z.B., dass die Einnahmen aus den
Gemeindeanteilen an der Einkommen- und
Umsatzsteuer i.d.R. im 1. Quartal sehr niedrig und im 4. Quartal sehr hoch ausfallen (siehe unten: zweiter
Link). Demzufolge sollte man nicht der Versuchung unterliegen, vorschnell z.B. vom Defizit des 1. Quartals per Multiplikation
mit vier auf das Gesamtjahr zu schließen. Belastbare Aussagen sind immer erst nach Ablauf des ganzen Jahres möglich. Dies
wird am Jahr 2016 auf besondere Weise offenkundig.
» Entwicklung des vierteljährlichen Finanzierungssaldos von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherung, Blog-Eintrag vom 21. März 2015
Autor: Andreas Burth
» Vierteljährliche Entwicklung der Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden der Flächenländer vom 1. Quartal 2004 bis zum 1. Quartal 2015, Blog-Eintrag vom 21. August 2015
Autor: Andreas Burth
» Vierteljährliche Entwicklung des Finanzierungssaldos sowie wichtiger Einnahme- und Ausgabearten der Kommunen in Deutschland, Blog-Eintrag vom 22. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Vierteljährliche Entwicklung der Bagatellsteuern und steuerähnlichen Abgaben, Blog-Eintrag vom 11. März 2017
Autor: Andreas Burth
Entwicklung des Finanzierungssaldos der Schutzschirm-Kommunen
Insgesamt gibt es in Hessen 448 Kommunen (inkl. Landeswohlfahrtsverband Hessen). 106 dieser Kommunen hatten die Möglichkeit am
sog. "kommunalen Schutzschirm" teilzunehmen. Hierbei handelt es sich um ein Landesprogramm zur Unterstützung besonders
konsolidierungsbedürftiger Kommunen. 100 der 106 Kommunen nahmen die Offerte des Landes wahr (es verzichteten lediglich folgende
sechs Kommunen: Biebesheim am Rhein, Bischofsheim, Florstadt, Neuberg, Schmitten und Trebur). Die teilnehmenden Kommunen werden
durch eine Teilentschuldung und Zinsdiensthilfen finanziell entlastet. Im Gegenzug verpflichteten sie sich zu eigenen
Konsolidierungsanstrengungen, um möglichst zeitnah den Haushaltsausgleich wieder zu erreichen. Weitere Informationen zum
kommunalen Schutzschirm finden Sie z.B. auf der nachfolgend verlinkten Seite.
» Kommunaler Schutzschirm Hessen
Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen
Die Schutzschirm-Kommunen haben ihr Finanzierungsdefizit stetig abbauen können. Für 2016 verzeichnen sie nunmehr sogar wieder
einen Überschuss in Höhe von 141 Mio. Euro. 2016 sind von den 100 Schutzschirm-Kommunen 29 defizitär. Die übrigen 71 Kommunen
verzeichnen im Jahr 2016 Überschüsse.
Entwicklung des Finanzierungssaldos der Nicht-Schutzschirm-Kommunen
Auch für die Nicht-Schutzschirm-Kommunen ist in den Jahren 2012 bis 2016 in der Tendenz eine Verbesserung im Finanzierungssaldo
zu beobachten. Diese wurde lediglich durch das Finanzierungsdefizit des Jahres 2015 unterbrochen. Defizitär waren im Jahr 2016
insgesamt 116 der 348 Nicht-Schutzschirm-Kommunen. Die verbleibenden 232 Nicht-Schutzschirm-Kommunen haben 2016 Überschüsse realisiert.
Entwicklung der Finanzierungssalden der kreisfreien Städte und Landkreise
Von den insgesamt 448 hessischen Kommunen gibt es einige, die aufgrund ihrer hohen Budgetvolumina besonders relevant für eine
Gesamtschau der hessischen Kommunalfinanzen sind. Es sind dies v.a. die fünf kreisfreien Städte und die 21 Landkreise. Sie werden
daher im Folgenden nochmals genauer untersucht.
Von den fünf kreisfreien Städten hat 2016 nur die sehr steuerstarke Stadt Frankfurt am Main ein Finanzierungsdefizit (-110 Euro je
Einwohner). Die übrigen kreisfreien Städte erwirtschaften 2016 Finanzierungsüberschüsse. Den höchsten Finanzierungsüberschuss 2016
hat Offenbach am Main mit 381 Euro je Einwohner. Dieses Ergebnis überrascht positiv, zumal Offenbach am Main meist zur Gruppe der
hessischen Krisenkommunen gezählt wird.
Von den 21 Landkreisen sind 13 im Jahr 2016 defizitär. Das höchste Pro-Kopf-Defizit verzeichnet der Lahn-Dill-Kreis mit -132 Euro
je Einwohner. Acht Landkreise erzielen 2016 Finanzierungsüberschüsse. Der Landkreis Fulda hat mit 111 Euro je Einwohner den höchsten
Pro-Kopf-Finanzierungsüberschuss.
Weitere Informationen
Ergänzende Analysen zu den Kommunalfinanzen in Hessen sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über nachfolgende Links
abrufbar.
» Kommunalverschuldung in Hessen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Kassenkreditschulden der steuerstärksten Gemeinden in Hessen, Blog-Eintrag vom 18. August 2016
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Kassenkredite in Hessen zum 31.12.2015, Blog-Eintrag vom 12. August 2016
Autor: Andreas Burth
» Höchste/niedrigste Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A/B in Hessen nach Landkreisen, Blog-Eintrag vom 29. April 2016
Autor: Andreas Burth
» Finanzierungssaldo der Kommunen in Hessen in den Jahren 2009 bis 2015, Blog-Eintrag vom 4. April 2016
Autor: Andreas Burth
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