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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Struktur des Staatshaushalts von Griechenland

Struktur des Staatshaushalts von Griechenland
18. März 2015  |  Autor: Andreas Burth



Seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wird insbesondere in Europa sehr intensiv über die griechischen Staatsfinanzen diskutiert. Sofern hierbei über konkrete Finanzdaten gesprochen wird, sind gleichwohl zumeist nur sehr hoch aggregierte Größen (Staatsverschuldung, Staatsdefizit, Staatseinnahmen, Staatsausgaben) Gegenstand der Darstellungen. Auch auf HaushaltsSteuerung.de sind diese Daten für Griechenland abrufbar (siehe folgende Links).

» Staatsverschuldung und Staatsdefizit in Griechenland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Schuldenuhr zu den Staatsschulden von Griechenland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

Einige darüber hinaus gehende Untersuchungen sind auf HaushaltsSteuerung.de zwar bereits durchgeführt worden (siehe z.B. die beiden folgenden Blog-Einträge). Bislang außen vor blieben indes tiefergehende Detailbetrachtungen der Haushaltsstruktur nach einzelnen Einnahme- und Ausgabearten - obgleich diese Daten von Eurostat ebenfalls veröffentlicht werden.

» Staatsschulden der 28 EU-Staaten zum 30.9.2014 nach Ebenen und nach Schuldenarten,
    Blog-Eintrag vom 13. März 2015

    Autor: Andreas Burth

» Primärüberschüsse bzw. Primärdefizite der EU-Länder im Vergleich, Blog-Eintrag vom
    22. Februar 2015

    Autor: Andreas Burth

Vor diesem Hintergrund zielt der vorliegende Blog-Eintrag darauf ab, die Staatseinnahmen und Staatsausgaben Griechenlands detaillierter nach Einnahme- und Ausgabearten zu analysieren. Zu Vergleichszwecken werden die griechischen Zahlen den Daten für die Gesamtheit der 28 EU-Mitglieder (EU-28) gegenüber gestellt. Betrachtungszeitraum sind die Jahre 2010 bis 2013, da von Eurostat bisher noch keine Daten für 2014 veröffentlicht worden sind.

Bitte beachten Sie, dass der Methodik-Abschnitt aufgrund der Erläuterung der verwendeten Einnahme- und Ausgabearten vergleichsweise umfangreich ist. Um direkt zu den Finanzdaten zu springen, klicken Sie im nachfolgenden Überblick bitte auf den gewünschten Abschnitt.

Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Mio. Euro
- Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Euro je Einwohner
- Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Prozent des BIP



Methodische Anmerkungen

Der vorliegende Beitrag berichtet die Staatseinnahmen und Staatsausgaben von Griechenland und den EU-28 im Zeitablauf (2010 bis 2013). Ausgewiesen werden die Daten in Mio. Euro, in Euro je Einwohner und in Prozent des BIP. Im Falle der Daten in Euro je Einwohner und in Prozent des BIP wird ergänzend ein direkter Vergleich zur Gesamtheit der 28 EU-Mitglieder gezogen, um die Daten besser einordnen zu können.

Die verwendete Abgrenzung ist die Abgrenzung nach dem Sektor Staat. Der Sektor Staat ist im Falle Griechenlands die Gesamtheit aus den Teilsektoren Zentralstaat, Kommunen und Sozialversicherung (in Griechenland gibt es keine Gliedstaat-Ebene). Im Falle der Summe der EU-28 bildet den Gesamtstaat die Gesamtheit aus den Teilsektoren Bund/Zentralstaat, Gliedstaaten, Kommunen und Sozialversicherung (Gliedstaaten werden statistisch nur für Belgien, Deutschland, Österreich und Spanien berichtet; die übrigen EU-Mitglieder sind zentralstaatlich aufgebaut).

Für die Berechnung der Pro-Kopf-Werte sind die Einwohnerzahlen zum 1. Januar des jeweiligen Jahres verwendet worden. Für die Bestimmung der Werte "in Prozent des BIP" wurde jeweils das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP), d.h. das BIP zu jeweiligen Marktpreisen, herangezogen. Die verwendeten Einwohnerzahlen und BIP-Werte sind in den beiden folgenden Tabellen ausgewiesen. Nachrichtlich ebenfalls berichtet wird in den Tabellen 1 und 2 das nominale BIP in Euro je Einwohner. Bei den Jahren des Betrachtungszeitraums (2010 bis 2013) handelt es sich aus griechischer Sicht ausschließlich um wirtschaftliche Krisenjahre. Im Vorjahresvergleich ist das Bruttoinlandsprodukt in jedem dieser Jahre nominal geschrumpft. Im Vergleich zum einstigen Höchstwert von 21.650 Euro je Einwohner im Jahr 2008 entspricht der Wert von 16.492 Euro je Einwohner im Jahr 2013 einem nominalen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 23,8 Prozent.

Bevölkerung und Wirtschaftskraft von Griechenland in den Jahren 2010 bis 2013

Bevölkerung und Wirtschaftskraft der 28 EU-Mitglieder in den Jahren 2010 bis 2013

Die im vorliegenden Beitrag vorgenommen Betrachtung unterscheidet zwischen acht Einnahmearten und zehn Ausgabearten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist eine noch tiefergehende Untergliederung nicht vorgenommen worden. Gleichwohl impliziert dies auch, dass es sich bei einzelnen Größen noch immer um aggregierte, teilweise wenig intuitive Kenngrößen handelt. In den beiden folgenden Tabellen werden die acht Einnahmearten und zehn Ausgabearten daher kurz erläutert.

Erläuterung der verwendeten Einnahmearten

Erläuterung der verwendeten Ausgabearten

Detaillierte Abgrenzungen zu den oben kurz beschriebenen Einnahme- und Ausgabearten sind abrufbar unter folgendem Link.

» Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen - ESVG 2010
    Hrsg.: Europäische Kommission



Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Mio. Euro

Wie aus Tabelle 5 ersichtlich ist, entfällt der größte Teil der jährlichen Einnahmen auf die Produktions- und Importabgaben, die Netto-Sozialbeiträge sowie die Einkommen- und Vermögensteuern. Interessant zu beobachten ist, dass sowohl die Produktions- und Importabgaben als auch die Netto-Sozialbeiträge im Betrachtungszeitraum gesunken sind. Lediglich die Einkommen- und Vermögensteuern sind etwa konstant geblieben (mit leichter Steigerungstendenz). Merkliche Ertragssteigerungen im Vergleich der Jahre 2010 und 2013 hat Griechenland v.a. bei den empfangenen sonstigen laufenden Transfers und den empfangenen Vermögenstransfers zu verzeichnen.

Eine fallende Tendenz ist auch für die Staatsausgaben zu beobachten. Dies gilt für nahezu alle Ausgabepositionen. Prozentual besonders stark zurückgegangen sind die Zinsausgaben. Hauptgrund hierfür ist die Rettungspolitik von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB). Ohne die Unterstützungsmaßnahmen ist davon auszugehen, dass die griechischen Zinsausgaben vermutlich mindestens doppelt so hoch lägen. Auffällig ist auch der ausgesprochen hohe Wert für die geleisteten Vermögenstransfers im Jahr 2013. Die wichtigste Ursache für diesen Ausreißer dürften die in diesem Jahr erfolgten (einmaligen) Zahlungen zur Unterstützung des Bankensystems in Höhe von etwa 19,7 Mrd. Euro sein. Ohne diese Zahlungen läge der Wert der geleisteten Vermögenstransfers etwa auf dem Niveau der Jahre 2010 und 2011. Ebenso lägen die gesamten Staatsausgaben 2013 in diesem Fall deutlich unter den gesamten Staatseinnahmen 2012.

Staatseinnahmen und Staatsausgaben von Griechenland in den Jahren 2010 bis 2013 nach Einnahme- und Ausgabearten (in Mio. Euro)

Die folgende Tabelle 6 enthält nachrichtlich auch die absoluten Werte für die Summe der 28 Mitglieder der Europäischen Union. Zu beachten ist hierbei, dass absolute Werte für direkte Vergleiche wenig geeignet sind, da sich die Summe der 28 EU-Staaten einerseits und Griechenland andererseits hinsichtlich Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft sehr stark unterscheiden. Aus diesem Grund bieten sich zu Vergleichszwecken Daten in Euro je Einwohner und in Prozent des BIP an. Entsprechende Vergleichszahlen finden Sie in den beiden nachfolgenden Abschnitten.

Für die Summe der EU-28 fällt auf, dass sich im Zeitablauf ausnahmslos alle Einnahmearten erhöht haben - was in einem starken Kontrast zur Entwicklung in Griechenland steht. Etwas differenzierter ist das Bild auf Ebene der Staatsausgaben. Hier ist die Steigerungstendenz weniger stark ausgeprägt. Mehrere Größen sind konstant geblieben oder leicht gesunken. Der stärkste Rückgang ist im Vergleich der Jahre 2010 und 2013 ist bei den geleisteten Vermögenstransfers zu beobachten, wenngleich hier auch auf die hohe Schwankungsanfälligkeit hinzuweisen ist.

Staatseinnahmen und Staatsausgaben der Gesamtheit der EU-28 in den Jahren 2010 bis 2013 nach Einnahme- und Ausgabearten (in Mio. Euro)



Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Euro je Einwohner

Im Pro-Kopf-Vergleich von Griechenland und den EU-28 ist auffällig, dass die Einnahmen Griechenlands bei allen voluminösen Einnahmearten deutlich unter dem Wert für die EU-28 liegen. Dies gilt im Besonderen für die Einkommen- und Vermögensteuern, die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2013 nur etwas mehr als die Hälfte (52,8 Prozent) der Pro-Kopf-Einnahmen der EU-28 ausmachen. Im Vergleich hohe Pro-Kopf-Einnahmen generiert Griechenland bei den weniger voluminösen empfangenen sonstigen laufenden Transfers und den empfangenen Vermögenstransfers.

Hinsichtlich der Ausgabenstruktur kann beobachtet werden, dass Griechenland bei den meisten Ausgabearten weniger ausgibt als die EU-28. Einziger deutlicher Ausreißer sind wiederum die bereits oben erläuterten geleisteten Vermögenstransfers. Im Vergleich besonders niedrig sind die geleisteten Subventionen. Hier geben die EU-28 im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2013 etwa das Sechsfache aus.

Auf Ebene der Ausgaben ist es ferner interessant festzustellen, dass die griechischen Zinsausgaben 2013 infolge der Rettungspolitik unter dem Pro-Kopf-Wert der EU-28 liegen - und das trotz des mit deutlichem Abstand höchsten Schuldenstandes aller 28 EU-Staaten. Vor dem Hintergrund der niedrigen Pro-Kopf-Zinsausgaben Griechenlands relativiert dies auch den regelmäßig von der griechischen Regierung aufs Neue ins Spiel gebrachten zweiten Schuldenschnitt. Hinzu kommt, dass selbst ein radikaler 50-Prozent-Schuldenschnitt das Haushaltsdefizit rechnerisch nur um etwa 328 Euro je Einwohner reduzieren würde.

Staatseinnahmen und Staatsausgaben von Griechenland und den EU-28 in den Jahren 2010 bis 2013 nach Einnahme- und Ausgabearten (in Euro je Einwohner)



Staatseinnahmen und Staatsausgaben nach Arten: in Prozent des BIP

Bei Betrachtung der Daten in Prozent des BIP ist auffällig, dass sich die Unterschiede zu den EU-28 (sowohl bei den Gesamteinnahmen/-ausgaben als auch bei einzelnen Einnahme-/Ausgabearten) deutlich verringern bzw. teilweise umkehren. Hintergrund ist, dass im Vergleich zu den EU-28 sehr niedrige Pro-Kopf-BIP Griechenlands. So liegt das Pro-Kopf-BIP Griechenlands 2013 bei 16.492 Euro je Einwohner, während das Pro-Kopf-BIP der EU-28 im Jahr 2013 einen Wert von 26.782 Euro je Einwohner erreicht. Das Pro-Kopf-BIP der EU-28 übersteigt das griechische Pro-Kopf-BIP demzufolge um 62,4 Prozent.

Im Zeitraum 2010 bis 2013 hat Griechenland das einst unterdurchschnittliche Einnahmeniveau über das Niveau der EU-28 gehoben. Zugleich gelang es der griechischen Regierung jedoch nicht, die Staatsausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftskraft zu senken. Die Staatsausgaben in Prozent des BIP sind in jedem Jahr gestiegen. Die Staatsquote Griechenlands liegt zugleich deutlich über dem Niveau der EU-28. Eine Ursache für die enorme Differenz im Jahr 2013 sind wiederum die bereits zuvor erörterten geleisteten Vermögenstransfers. Unter Bereinigung dieses (einmaligen) Vorgangs relativieren sich die Unterschiede im Ausgabenniveau weitgehend.

Staatseinnahmen und Staatsausgaben von Griechenland und den EU-28 in den Jahren 2010 bis 2013 nach Einnahme- und Ausgabearten (in Prozent des BIP)





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger