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Verbreitung der kommunalen Doppik in Deutschland
Verbreitung der kommunalen Doppik in Deutschland
22. Juni 2017 |
Autor: Andreas Burth
In den letzten zehn Jahren hat sich das kommunale
Haushalts- und
Rechnungswesen in Deutschland fundamental gewandelt. Der
Großteil der Kommunen ist von der
Kameralistik auf die
Doppik umgestiegen. Der Umstieg erfolgte in den meisten Ländern
verpflichtend. In den übrigen Ländern können die Kommunen zwischen Doppik und Kameralistik wählen.
An mich als Betreiber von HaushaltsSteuerung.de ist bereits mehrfach die Frage herangetragen worden, wie viele Kommunen in
Deutschland nun eigentlich die Doppik nutzen und wie viele noch die Kameralistik anwenden. Diese Frage soll der vorliegende
Beitrag beantworten.
Für die Flächenländer mit Doppik-Pflicht beschränkte sich die Recherche darauf, erstens beim Statistischen Landesamt zu erfragen,
wie viele Kommunen es zum Gebietsstand 1.1.2017 gibt (differenziert nach Kommunaltypen). Zweitens wurde angefragt, ob eventuell
einzelne Kommunen existieren, die trotz Doppik-Pflicht (noch) nicht auf die Doppik umgestellt haben. Auf telefonische Nachfrage
war zum Stand 1.1.2017 keinem Statistischen Landesamt ein solches "gallisches Dorf" bekannt.
Bei den Flächenländern ohne Doppik-Pflicht wurde neben der Gesamtzahl der Kommunen auch die genaue Anzahl der doppisch rechnenden
Kommunen erfragt (differenziert nach Kommunaltypen).
Die hier aufgeführten Daten beziehen sich jeweils auf den Gebietsstand 1.1.2017, d.h. das aktuell laufende
Haushaltsjahr 2017.
Zum Freistaat Bayern wurde auf eine vom Bayerischen Innenministerium online bereitgestellte Übersicht zum Stand Haushaltsjahr 2015 zurückgegriffen.
Die Übersicht ist vom Bayerischen Landesamt für Statistik erstellt worden. Nach telefonischer Auskunft des Bayerischen Landesamtes
für Statistik hat sich seit 2015 in Bayern keine Änderung in der Fallzahl doppischer Kommunen ergeben. Die in
der 2015er-Übersicht aufgelisteten Kommunen entsprechen damit den Kommunen, die auch 2017 die Doppik anwenden.
» Die kommunale Doppik in Bayern, Blog-Eintrag vom 20. Juni 2017
Autor: Andreas Burth
Untersucht werden hier nur die Kommunen der Flächenländer. Nicht betrachtet werden die Stadtstaaten. Stadtstaaten sind
sowohl Kommunen als auch Bundesländer. Von den Stadtstaaten nutzt nur Hamburg eine "echte" Doppik. Bremen scheint bei der
vorgesehenen Doppik-Einführung auf halbem Wege stehen geblieben zu sein. Der Bremer Landeshaushalt ist weiterhin kameral.
Berlin wendet die Kameralistik an.
Unter den Flächenländern wird auf Landesebene nur von Hessen die Doppik genutzt, wenngleich parallel auch noch die Kameralistik
fortgeführt wird. Nordrhein-Westfalen wollte im Rahmen des EPOS.NRW-Projekts auf die Doppik umsteigen. Aktuell wird aber noch
kameral gerechnet. Die übrigen Flächenländer nutzen auf der Landesebene ebenfalls noch die Kameralistik. Gleiches gilt für
den Bund.
Von den 13 Flächenländern verpflichten zehn ihre Kommunen, auf die Doppik umzustellen. In neun dieser Länder ist die
Umstellungsfrist bereits abgelaufen. Einzige Ausnahme ist Baden-Württemberg. Die baden-württembergischen Kommunen müssen erst
ab dem Haushaltsjahr 2020 in der Kernverwaltung die Doppik nutzen. Zum Stand Haushaltsjahr 2017 besteht daher in Baden-Württemberg
für die Kommunen noch ein Wahlrecht zwischen Doppik und Kameralistik.
» Aktueller Stand der NKHR-Umstellung in Baden-Württemberg, Blog-Eintrag vom 19. Juni 2017
Autor: Andreas Burth
» 197 Kommunen in Baden-Württemberg nutzen im Haushaltsjahr 2016 die Doppik, Blog-Eintrag vom 22. Juni 2016
Autor: Andreas Burth
Ein (dauerhaftes) Wahlrecht zwischen Doppik und Kameralistik
gibt es in drei Flächenländern. Es handelt sich um Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen.
» Die kommunale Doppik in Schleswig-Holstein, Blog-Eintrag vom 15. Juni 2017
Autor: Andreas Burth
Generell sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Beitrag nicht zwischen einfacher Kameralistik und
erweiterter Kameralistik unterschieden wird.
In Hessen gab es zunächst ebenfalls ein Wahlrecht zwischen Doppik und Kameralistik. Die Kommunen mussten sich
bis 2009 entscheiden, ob sie die Doppik oder die Kameralistik nutzen wollen. Da lediglich zwei von 448 Kommunen (Bad Hersfeld
und Heringen (Werra)) beschlossen, die Kameralistik beizubehalten, wurde die Doppik in Hessen doch für verpflichtend erklärt.
Die beiden Kommunen mussten spätestens ab dem Haushaltsjahr 2015 im Kernhaushalt die Doppik anwenden.
» Hessen streicht Optionsrecht zwischen Doppik und erweiterter Kameralistik, Blog-Eintrag vom 26. Februar 2012
Autor: Andreas Burth
Die weiter unten aufgeführte Tabelle 1 enthält Fallzahlen zu den doppisch rechnenden Kommunen (auch kurz: Doppik-Kommunen) zum
Stand 1.1.2017. Eine Kommune gilt im vorliegenden Beitrag als "doppisch rechnend", wenn der Umstellungstermin der betreffenden
Kommune auf den 1.1.2017 oder den 1.1. eines früheren Jahres fällt. Der Umstellungstermin ist stets der 1.1. desjenigen Jahres,
für das der erste doppische
Haushaltsplan
für die Kernverwaltung aufgestellt wird. Zum 1.1. des Jahres des ersten doppischen
Haushaltsplans ist die für die Kernverwaltung auch die erste doppische
Eröffnungsbilanz zu erstellen. Der erste doppische
Jahresabschluss
für die Kernverwaltung bezieht sich auf das Jahr des ersten doppischen Haushaltsplans.
Der erste doppische Haushaltsplan wird in Kommunen i.d.R. noch vor der ersten Eröffnungsbilanz beschlossen. Ein Vorteil dieses
Vorgehens ist u.a., dass früher mit einer doppischen Haushaltsplanung begonnen wird. Problematisch ist demgegenüber, dass ohne
eine bereits vorliegende Eröffnungsbilanz z.B. die Planung der
Abschreibungen erschwert wird.
In den doppisch rechnenden Kommunen liegt zumindest bereits ein erster doppischer Haushaltsplan vor. Kommunen, die schon in
früheren Jahren umgestiegen sind, können bereits mehrere doppische Haushaltspläne, die erste doppische Eröffnungsbilanz,
mehrere doppische Jahresabschlüsse und mehrere doppische
Gesamt- bzw.
Konzernabschlüsse aufgestellt haben. Im Direktvergleich
doppisch rechnender Kommunen kann der aktuelle Stand der Doppik-Einführung daher stark abweichen.
Der erste doppische Gesamt- bzw. Konzernabschlusses für den
"Konzern Kommune"
(d.h. Kernverwaltung und kommunale Unternehmen)
ist typischerweise der letzte Schritt im Prozess der Doppik-Umstellung. Der Gesamt- bzw. Konzernabschluss fasst den
Jahresabschluss der Kernverwaltung und die Jahresabschlüsse der kommunalen Unternehmen in
konsolidierter Form zusammen.
In den meisten Flächenländern muss der erste Gesamt- bzw. Konzernabschluss noch nicht für das Jahr des ersten
Jahresabschlusses erstellt werden. So war z.B. in Brandenburg der erste Jahresabschluss der Kernverwaltung spätestens für
das Jahr 2011 und der erste Gesamt- bzw. Konzernabschluss des Konzerns Kommune erst für das Jahr 2013 aufzustellen.
Beispiele für Kommunen mit langjähriger Doppik-Erfahrung sind die Stadt Dreieich und die Stadt Frankfurt am Main in Hessen
oder die Stadt Coesfeld, der Kreis Coesfeld und die Stadt Münster in Nordrhein-Westfalen. Die fünf beispielhaft genannten
Kommunen haben u.a. bereits Gesamt- bzw. Konzernabschlüsse für mehrere
Rechnungsjahre aufgestellt.
Tabelle 1 differenziert nach Flächenländern und nach Kommunaltypen. Konkret wird zwischen folgenden fünf Kommunaltypen
unterschieden:
- Gemeindeverbände über der Kreisebene
- Kreisfreie Städte
- Landkreise
- Gemeindeverbände unter der Kreisebene
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden
Die Gemeindeverbände über der Kreisebene werden auch als höhere Kommunalverbände bezeichnet. Sie existieren nicht in allen
Flächenländern. Zum 1.1.2017 gibt es laut Statistik insgesamt 14 höhere Kommunalverbände. Es handelt sich konkret um den
Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, die sieben Bezirke in Bayern, den Landeswohlfahrtsverband Hessen,
den Landschaftsverband Rheinland, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe, den Regionalverband Ruhr, den Bezirksverband Pfalz
und den Kommunalen Sozialverband Sachsen.
Kreisfreie Städte sind Städte, die keinem Landkreis angehören. Das Saarland ist das einzige Flächenland, das keine kreisfreien
Städte hat. In Baden-Württemberg werden die kreisfreien Städte als Stadtkreise bezeichnet. Nicht zu den kreisfreien Städten
zählen in der Finanzstatistik die regionsangehörigen Großstädte Aachen, Hannover und Saarbrücken. Sie werden aufgrund ihrer
Regionszugehörigkeit den kreisangehörigen Städten zugeordnet.
Die Landkreise sind Gemeindeverbände, die für die ihnen angehörigen Städte und Gemeinden eine Reihe von Aufgaben (je nach Flächenland z.B. Jugendhilfe,
Volkshochschulen, Krankenhäuser, Kreisstraßen, öffentlicher Personennahverkehr) erbringen. Landkreise gibt es in allen 13
Flächenländern. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein werden die Landkreise kurz als Kreise bezeichnet. Unter die
Landkreise fallen in der Statistik auch die Städteregion Aachen, die Region Hannover und der Regionalverband Saarbrücken.
Gemeindeverbände unter der Kreisebene gibt es nicht in allen Flächenländern. Je nach Flächenland haben sie zudem andere Bezeichnungen.
In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein heißen sie Ämter. In Niedersachsen werden sie
als Samtgemeinden, in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt als Verbandsgemeinden, in Sachsen als Verwaltungsverbände und in Thüringen als
Verwaltungsgemeinschaften bezeichnet. Die übrigen Länder haben keine Gemeindeverbände unter der Kreisebene.
Die Verwaltungsgemeinschaften in Baden-Württemberg und Bayern sowie der Regionalverband FrankfurtRheinMain in Hessen werden
nicht zu den Gemeindeverbänden unter der Kreisebene, sondern zu den
Zweckverbänden gezählt. Die Regionalverbände in Baden-Württemberg
werden in der Statistik ebenfalls als Zweckverbände geführt. Zweckverbände gelten in der Statistik als eine Rechtsform der
kommunalen Unternehmen.
Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind Städte und Gemeinden, die einem Landkreis angehörigen. Sie bilden die unterste
Ebene im Aufbau der kommunalen Familie Deutschlands. Zugleich handelt es sich jedoch auch um denjenigen Kommunaltyp, der die
größten Fallzahlen aufweist. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden können einem weiteren Gemeindeverband unter der
Kreisebene angehören. Im vorliegenden Beitrag wird für den kreisangehörigen Raum nicht zwischen verbandsfreien und
verbandsangehörigen Städten und Gemeinden differenziert.
Die regionsangehörigen Städte und Gemeinden (wie z.B. die Großstädte Aachen, Hannover und Saarbrücken)
zählen in der Statistik ebenfalls zu den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Städte sind Gemeinden, denen das Stadtrecht
verliehen wurde.
Nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die Gesamtstruktur der deutschen Gebietskörperschaften und insbesondere die
Einordnung der kommunalen Familie in diese Gesamtstruktur. Die Kommunen sind in der Abbildung blau dargestellt.
Im Jahr 2017 nutzen 7.748 von 11.927 deutschen Kommunen die Doppik. Dies entspricht einem Anteil von 65,0 Prozent. Doppik-Quoten
von über 75,0 Prozent sind in Deutschland bei den Gemeindeverbänden unter der Kreisebene (83,8 Prozent), den kreisfreien Städten
(82,5 Prozent) und den Landkreisen (77,6 Prozent) zu beobachten. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden liegen bei 63,5 Prozent.
Die geringste Doppik-Quote verzeichnen die Gemeindeverbände über der Kreisebene mit 50,0 Prozent. Grund sind die sieben Bezirke
in Bayern, von denen bislang keiner auf die Doppik umgestiegen ist.
Vorstehende Tabelle ist zugegebenermaßen relativ groß ausgefallen. Es besteht die Gefahr, dass die Übersichtlichkeit verloren geht.
Aus diesem Grund wird in Abbildung 4 eine wichtige Kerninformation aus Tabelle 1 nochmals grafisch dargestellt. Abbildung 4 zeigt
nach Flächenländern die prozentualen Anteile der Kommunen, die kameral bzw. doppisch buchen.
Wie zuvor bereits ausgeführt, ist der Doppik-Anteil bei den kreisfreien Städten und Landkreisen sehr hoch. Dies gilt sowohl unter
Betrachtung aller 13 Flächenländer als auch unter ausschließlicher Betrachtung der vier Länder ohne derzeitige Doppik-Pflicht.
Die kreisfreien Städte und Landkreise zählen nach Einwohnerzahl und Haushaltsvolumen i.d.R. zu den größten Kommunen ihres Landes.
Der hohe Doppik-Anteil unter diesen beiden Kommunaltypen ist durchaus nachvollziehbar, da größere Kommunen z.B. häufig auch mehr
Aufgaben mittels kommunaler Unternehmen erbringen. Die Doppik bietet diesen Kommunen über den Gesamt- bzw. Konzernabschluss einen
besonderen Mehrwert. Der Gesamt- bzw. Konzernabschluss kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Überblick über den
"Konzern Kommune" zu bewahren. Ein Vorteil größerer Kommunen ist darüber hinaus die höhere Anzahl von Mitarbeitern in der Finanzverwaltung.
Die umfangreicheren personellen Ressourcen erleichtern den Umstieg auf die Doppik.
Insgesamt 18 kreisfreie Städte und 66 Landkreise haben sich zum Stand 1.1.2017 dazu entschieden, (noch) nicht auf die Doppik
umzusteigen. Besagte Kommunen werden in Tabelle 2 benannt. Die Stadt Erfurt in Thüringen ist die einzige Landeshauptstadt,
die noch die Kameralistik nutzt.
Auf eine explizite Nennung der kameralen Gemeindeverbände unter der Kreisebene und der kameralen kreisangehörigen Städte und
Gemeinden ist verzichtet worden. Dies liegt zum einen an den hohen Fallzahlen dieser Kommunaltypen und zum anderen daran, dass
der Fokus in Tabelle 2 auf den größeren Kommunen liegt. Zudem fehlen den Betreibern von HaushaltsSteuerung.de teilweise Daten
mit den Namen der kameralen Kommunen (verfügbar waren nur die Fallzahlen). Der Zeitaufwand einer manuellen Recherche erschien im Verhältnis zum
Informationsgewinn nur für die kreisfreien Städte und Landkreise als noch angemessen.
Weitere Informationen zum kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen in Deutschland können Sie auf HaushaltsSteuerung.de z.B.
über nachfolgenden Link abrufen.
» Blog-Einträge zum Thema "Doppik"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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