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Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland
Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland
13. November 2014 |
Autor: Andreas Burth
Bei der Frage nach Flächenländern mit kritischer Kommunalfinanzlage zählen die Kommunen des Saarlandes typischerweise zur
Liste der erstgenannten Länder. Dies gilt hierbei in der Tendenz v.a. für die 52 kreisangehörigen Gemeinden im Saarland und
weniger für die Landkreise dieses Bundeslandes. Vor dem Hintergrund der am Jahresende bevorstehenden Haushaltsberatungen
erscheint es daher sinnvoll, die
Haushaltssatzungen 2014 dieser Kommunen einer vergleichenden Analyse zu unterziehen.
Auf HaushaltsSteuerung.de sind bereits mehrere Haushaltssatzung-Vergleiche zum Haushaltsjahr 2014 durchgeführt worden.
Einbezogen worden sind dabei zumeist auch der v.a. zur Liquiditätsplanung dienende
Finanzhaushalt und die
Kredit-,
Verpflichtungs- und
Kassenkreditermächtigungen. Diese werden im vorliegenden Blog-Eintrag jedoch ausgeblendet, um erstens trotz der größeren
Fallzahl untersuchter Gemeinden (52) die Lesbarkeit und Übersichtlichkeit des Beitrags zu bewahren. Zweitens soll hierdurch
das Hauptaugenmerk auf die beiden wichtigsten Elemente der Haushaltssatzung gelegt werden: Den
Ergebnishaushalt als Spiegelbild der
Generationengerechtigkeit der Haushaltspolitik und die
Realsteuerhebesätze als wichtigster ertragsseitiger Steuerungs- und
Konsolidierungshebel der Gemeinden.
» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 5. August 2014
Autor: Andreas Burth
Zu beachten ist, dass es im Saarland keine kreisfreien Städte gibt. Selbst die rund 175.000 Einwohner zählende Landeshauptstadt
Saarbrücken ist nicht kreisfrei, sondern gehört einem Landkreis an (Regionalverband Saarbrücken). Demzufolge werden durch
die nachfolgende Analyse der 52 kreisangehörigen Gemeinden des Saarlandes alle Gemeinden dieses Bundeslandes abgedeckt.
Überblick:
- Allgemeine Strukturdaten
- Ergebnishaushalt
- Realsteuerhebesätze
- Weitere Informationen
Allgemeine Strukturdaten
Hilfreich bei der Durchführung von Finanzkennzahlenvergleichen zwischen verschiedenen Kommunen ist die Kenntnis wichtiger Strukturdaten
sowie sonstiger allgemeiner Informationen. Tabelle 1 weist aus diesem Grund zu jeder kreisangehörigen Gemeinde im Saarland die
Einwohnerzahl, die Fläche und die Einwohnerdichte aus. Ergänzend berichtet wird auch die Landkreis-Zugehörigkeit.
Zusätzlich zu obigen Informationen ist in Tabelle 1 auch verzeichnet, ob die betreffende Kommune berechtigt ist, einen Antrag auf
Konsolidierungshilfen aus dem Kommunalen Entlastungsfonds (KELF) 2013 zu stellen. Antragsberechtigt sind Gemeinden, die im Jahr 2012
einen Haushaltssanierungsplan aufstellen mussten. Diejenigen Gemeinden, die 2012 keinen Haushaltssanierungsplan aufstellen mussten,
erhalten keine Mittel aus dem Kommunalen Entlastungsfonds. Tendenziell handelt es sich damit bei den antragsberechtigten Gemeinden
um Gemeinden, deren Finanzlage schlecht ist. Gleichwohl zielt gerade der Kommunale Entlastungsfonds darauf ab, die jährlichen
Haushaltsdefizite der Teilnehmer nachhaltig zu reduzieren. Insgesamt sind 33 von 52 Gemeinden antragsberechtigt. Die Anzahl deutet
darauf hin, dass die Mittel tendenziell nach dem "Gießkannenprinzip" ausgeschüttet werden.
Weitere Informationen zum Kommunalen Entlastungsfonds können Sie unter folgendem Link abrufen.
» Kommunaler Entlastungsfonds (KELF) 2013
Hrsg.: Ministerium für Inneres und Sport Saarland
Grundsätzlich ebenfalls interessant wäre ein ergänzender Vergleich der Wirtschaftskraft der 52 Gemeinden (gemessen am
Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen). Leider stehen HaushaltsSteuerung.de die hierzu nötigen einzelgemeindlichen
Daten jedoch nicht zur Verfügung. Bereitgestellt werden von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder nur Informationen zur
Höhe des Bruttoinlandsprodukts 2012 auf Kreisebene. Die im Durchschnitt wirtschaftskräftigsten Gemeinden sind demnach 2012 im Regionalverband
Saarbrücken zu verorten - am wirtschaftsschwächsten sind im Durchschnitt die Gemeinden des Landkreises Neunkirchen (siehe Tabelle 2).
Eine Analyse der Haushaltsdaten kreisangehöriger Gemeinden bleibt grundsätzlich unvollständig ohne die ergänzende Betrachtung der
Haushaltslage auf Kreisebene, da beide Ebenen eng miteinander verknüpft sind. Weisen beispielsweise die Landkreise hohe Defizite auf,
ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die
Kreisumlage erhöht wird, was die Haushalte der kreisangehörigen Gemeinden unmittelbar
belastet. Aus diesem Grund finden Sie in Tabelle 2 einige wichtige Kennzahlen zu den sechs saarländischen Landkreisen.
Das höchste Pro-Kopf-Defizit in der Ergebnisplanung plant in der Gruppe der saarländischen Landkreise der Regionalverband Saarbrücken
(Defizit von -93,35 Euro je Einwohner), der zugleich der wirtschaftsstärkste Landkreis im Saarland ist (BIP von 39.040 Euro je
Einwohner). Das zweithöchste Defizit weist der Landkreis Merzig-Wadern aus (-26,59 Euro je Einwohner). Der Saarpfalz-Kreis erreicht
jahresbezogen als einziger den Ergebnisausgleich in der Planung (8,47 Euro je Einwohner). Die übrigen drei Landkreise haben für 2014
leichte Ergebnisdefizite beschlossen.
Die Zahlen verdeutlichen, dass die Finanzlage der saarländischen Landkreise zwar mehrheitlich defizitär, aber dennoch konsolidierbar
ist. Besondere Konsolidierungsanstrengungen wird es im Regionalverband Saarbrücken erfordern. In geringerem Maße gilt dies auch für den
Landkreis Merzig-Wadern. Beide Landkreise werden ihre Aufwendungen senken oder ihre Erträge steigern müssen, um das aktuell praktizierte
Leben auf Kosten künftiger Generationen in Höhe des Ergebnisdefizits zu beenden. Sofern der Ergebnisausgleich nicht über andere
Aufwandssenkungen und Ertragssteigerungen erreicht werden kann, muss als Ultima Ratio eine Erhöhung des Kreisumlage-Hebesatzes den
Ergebnisausgleich herbeiführen. Im Vergleich zum Hebesatz im Saarpfalz-Kreis haben hier sowohl der Regionalverband Saarbrücken als
auch der Landkreis Merzig-Wadern noch beträchtliches Ertragssteigerungspotenzial.
Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass § 4 Abs. 2 des Kommunalfinanzausgleichsgesetzes
des Saarlandes für die Gemeindeverbände (hier: Landkreise) eine Vorschrift enthält, die bei ihrer Anwendung zu Ergebnisdefiziten führen
kann. Darin wird geregelt, dass bei der Bestimmung des Aufwandsbedarfs zwecks Festsetzung der Umlagehöhe anstelle der Aufwendungen für Abschreibungen
des Anlagevermögens und der Aufwendungen für Zuführungen zu Pensionsrückstellungen für Beamte die Auszahlungen für die Tilgung von
Krediten für Investitionen und die Auszahlungen für Beiträge zu Versorgungskassen für Beamte anzusetzen sind. Die beschriebene Regelung ist kritisch zu sehen
und bedarf dringend einer Anpassung. Der Ergebnisausgleich der Landkreise muss in voller Höhe über die Kreisumlage möglich sein.
Die aktuelle Regelung widerspricht dem ethischen Leitbild der Generationengerechtigkeit. Ein Ersetzen von Ressourcenverbrauchsgrößen
(hier: Aufwendungen) durch Geldverbrauchsgrößen (hier: Auszahlungen) ist in Fragen der Kreisumlage-Festsetzung unbedingt zu vermeiden.
Der Landesgesetzgeber ist gefordert, § 4 Abs. 2 des Kommunalfinanzausgleichsgesetzes des Saarlandes in der Form zu überarbeiten,
dass sich der Aufwandsbedarf auch tatsächlich an eben diesem Aufwandsbedarf (und nicht an einer Mischung aus Aufwands- und Auszahlungsbedarf)
ausrichtet.
Die Quellen der folgenden, über die vorstehenden allgemeinen Strukturdaten/Informationen hinausgehenden Daten sind die Haushaltssatzungen
2014 einzelnen Gemeinden. Nachfolgend aufgelistet ist zu jeder Gemeinde das Datum der Beschlussfassung der Satzung, um Ihnen (z.B. im Falle
eventueller Nachtragshaushaltssatzungen) transparent zu machen, welche Satzungsfassung hier konkret zur Analyse genutzt worden ist: Beckingen
(15.1.2014), Bexbach (8.4.2014), Blieskastel (8.5.2013), Bous (13.3.2014), Dillingen/Saar (26.2.2014), Ensdorf (27.3.2014), Eppelborn (27.6.2013),
Freisen (24.7.2014), Friedrichsthal (26.3.2014), Gersheim (25.3.2014), Heusweiler (18.4.2013), Homburg (Nachtragshaushaltssatzung vom 12.12.2013),
Illingen (28.5.2013), Kirkel (Beschlussdatum unbekannt; abgerufen am 19.10.2014), Kleinblittersdorf (19.12.2013), Lebach (13.12.2012),
Losheim am See (18.4.2013), Mandelbachtal (26.3.2014), Marpingen (7.5.2014), Merchweiler (11.9.2014), Merzig (27.3.2014), Mettlach (7.5.2014),
Nalbach (10.4.2014), Namborn (8.5.2014), Neunkirchen (26.3.2014), Nohfelden (1.4.2014), Nonnweiler (10.4.2014), Oberthal (13.3.2014),
Ottweiler (Beschlussdatum unbekannt; abgerufen am 23.10.2014), Perl (10.4.2014), Püttlingen (10.12.2013), Quierschied (13.3.2014),
Rehlingen-Siersburg (6.6.2013), Riegelsberg (9.12.2013), Saarbrücken (10.12.2013), Saarlouis (27.6.2013), Saarwellingen (13.3.2014),
Schiffweiler (26.2.2014), Schmelz (20.2.2014), Schwalbach (21.3.2013), Spiesen-Elversberg (21.11.2013), St. Ingbert (4.7.2013),
St. Wendel (12.6.2014), Sulzbach/Saar (5.12.2013), Tholey (26.2.2014), Überherrn (23.1.2014), Völklingen (12.11.2013), Wadern (20.6.2013),
Wadgassen (Beschlussdatum unbekannt; abgerufen am 11.11.2014), Wallerfangen (10.4.2014), Weiskirchen (9.4.2014). Die Gemeinde Großrosseln
hatte auf Anfrage vom 4.11.2014 noch keine veröffentlichungsfähige Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2014.
Von oben benannten Gemeinde-Haushaltssatzungen 2014 waren Ende Oktober 2014 rund 40 Prozent nicht frei online verfügbar. Bei den Landkreisen
waren es vier von sechs Haushaltssatzungen 2014, die nicht im Internet auffindbar waren. Gerade vor dem Hintergrund des Transparenzgedankens
erscheint es zweckmäßig, die Haushaltssatzung - oder besser noch den kompletten Haushaltsplan - auf der kommunalen Webpräsenz bereitzustellen.
In anderen Ländern, wie z.B. in Nordrhein-Westfalen, ist es inzwischen quasi Standard, den gesamten Haushaltsplan als PDF-Datei zum Download
anzubieten. Gerade auch bei den in den saarländischen Kommunen vielerorts bevorstehenden umfangreichen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen kann
Transparenz zur Finanzlage bei der Begründung der Notwendigkeit unangenehmer Entscheidungen helfen.
Bei den Daten der Haushaltssatzungen handelt es sich grundsätzlich um Planwerte. Dies ist bei der Interpretation des folgenden Datenangebots
zu beachten. So können die im Jahresabschluss ausgewiesenen, tatsächlich realisierten Werte von den Plandaten z.T. deutlich abweichen.
Ergebnishaushalt
Die wichtigste Finanzkennzahl zur Beurteilung der Haushaltslage einer Kommune wird in der Doppik im Ergebnishaushalt ausgewiesen: Es handelt
sich hierbei um den Saldo der Erträge und Aufwendungen im Haushaltsjahr (Gesamtergebnis). Die große Bedeutung des Gesamtergebnisses rührt
daher, dass die Kennzahl abgeleitet ist aus dem ethischen Leitbild der Generationengerechtigkeit, wonach eine Generation nur so viele
Ressourcen verbrauchen sollte wie sie selbst erwirtschaftet. Die Größen des Ressourcenaufkommens bzw. des Ressourcenverbrauchs spiegeln
sich haushalterisch in den Erträgen bzw. Aufwendungen wider. Generell gilt somit, dass das Gesamtergebnis regelmäßig ausgeglichen sein muss,
um von einer generationengerechten Haushaltspolitik sprechen zu können. Wird der jahresbezogene Ergebnisausgleich verfehlt, so wird in
finanzwirtschaftlicher Hinsicht per Definition in Höhe des Defizits auf Kosten künftiger Generationen gelebt.
Gemäß Tabelle 3 hat Weiskirchen im Jahr 2014 das höchste Pro-Kopf-Defizit im Ergebnishaushalt (-490,06 Euro je Einwohner). Das zweithöchste
hat Dillingen/Saar mit -482,80 Euro je Einwohner. Defizitär sind 2014 insgesamt 49 von 51 Gemeinden (d.h. 96,08 Prozent). Überschüsse im
Ergebnishaushalt planen für 2014 nur Nonnweiler mit 332,91 Euro je Einwohner und Losheim am See mit 13,86 Euro je Einwohner. Interessant ist
auch die Situation in Wadgassen: Obwohl die Gemeinde Wadgassen mit 1.254,23 Euro je Einwohner die fünftniedrigsten Erträge aller Gemeinden
im Saarland verzeichnet, erreicht sie in der Haushaltsplanung aufgrund von analog zum verfügbaren Ertragsniveau ebenfalls gering gehaltenen Aufwendungen
dennoch ein nahezu ausgeglichenes Gesamtergebnis (Defizit von -8,72 Euro je Einwohner). Die Summe der 51 Gemeinden (d.h. ohne Großrosseln) liegt
bei einem Pro-Kopf-Fehlbedarf in Höhe von -194,26 Euro je Einwohner (entspricht 11,82 Prozent des Ertragsvolumens).
In der Gesamtschau der Ergebnisplanung 2014 ist festzustellen, dass selbige in den kreisangehörigen Gemeinden des Saarlandes mehr als
besorgniserregende Züge annimmt: Der deutlich überwiegende Teil der Gemeinden lebt in finanzieller Hinsicht derzeit in großem bis extrem
großem Umfang auf Kosten künftiger Generationen. Die defizitären Gemeinden müssen dringend ihre Erträge steigern und/oder ihre Aufwendungen
senken, um den Ergebnisausgleich und damit die Generationengerechtigkeit der Haushaltspolitik so zeitnah wie möglich wieder herzustellen.
Die heutige Generation muss in vollem Umfang in Form von Abgaben für die Finanzierung der ihr heute bereitgestellten kommunalen Leistungen
aufkommen - dies bedeutet mithin eine unabdingbare Pflicht zum stetigen Ergebnisausgleich. Letztlich ist auf absehbare Zeit jeder kommunale
Haushalt konsolidierbar/ausgleichbar - dies gilt auch für die Kommunen im Saarland. Es bedarf hierzu jedoch dem notwendigen, unbedingten
Konsolidierungswillen vor Ort. Die Kommunen haben auch eine enorme eigene Kraft, um diese Konsolidierungsaufgaben zu bewältigen - in mancher
jahrelang defizitären Kommune ist diese Kraft im Laufe der Jahre jedoch in Vergessenheit geraten.
Bei der Haushaltskonsolidierung wird es in den defizitären Gemeinden ohne Zweifel einschneidender Konsolidierungsmaßnahmen bedürfen. Werden
die notwendigen Konsolidierungsanstrengungen indes weiter hinausgezögert, hat dies nur noch härtere Maßnahmen in der Zukunft zur Folge.
Die Konsolidierung der kommunalen Haushalte im Saarland erlaubt keinerlei Aufschub mehr. Ihre Haushaltskonsolidierung werden die saarländischen
Gemeinden hierbei voraussichtlich v.a. aus eigener Kraft stemmen müssen. Das Land Saarland befindet sich selbst in einer ausgesprochen
kritischen Finanzsituation und dürfte kaum in der Lage sein, (weitere) substanzielle finanzielle Hilfen für die Kommunen bereitzustellen.
Auch Entlastungen von der Kreisebene über geringere Kreisumlagen dürften i.d.R. nicht zu erwarten sein, da die Landkreise ihren Ergebnishaushalt
ebenfalls auszugleichen haben und 2014 in fünf von sechs Fällen selbst noch defizitär sind. In Anbetracht ihrer Defizithöhe sind insbesondere
im Landkreis Merzig-Wadern und im Regionalverband Saarbrücken bei der Kreisumlage perspektivisch eher Hebesatzerhöhungen als -senkungen zu erwarten.
Ferner ist auf die, vorsichtig formuliert, bedenkliche Situation in der Gemeinde Großrosseln hinzuweisen. Es ist wahrlich ein Armutszeugnis,
dass die Gemeinde auf Anfrage am 4.11.2014 selbst zu diesem sehr späten Zeitpunkt im Haushaltsjahr 2014 (84,4 Prozent des Haushaltsjahrs sind
bereits vergangen) noch keine veröffentlichungsfähige Haushaltssatzung für das Jahr 2014 aufweisen konnte. Der Haushaltsgrundsatz der
Vorherigkeit
wird von der Gemeinde damit aufs gröbste verletzt. Eine ordentliche Haushaltssteuerung ist unter diesen Voraussetzungen unmöglich.
Dieser Missstand spiegelt sich auch in der prekären Haushaltslage von Großrosseln wider: Im Durchschnitt der Jahre 2012 und 2013 lag der
Gesamtbetrag der Erträge bei 10.943.729 Euro (1.324,27 Euro je Einwohner) und der Gesamtbetrag der Aufwendungen bei 12.998.748 Euro
(1.572,94 Euro je Einwohner). Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Fehlbedarf im Ergebnishaushalt in Höhe von -2.055.019 Euro (-248,67
Euro je Einwohner) bzw. -18,78 Prozent des Ertragsvolumens. Vorstehende Daten sind der Haushaltssatzung 2012 (Beschlussdatum unbekannt;
abgerufen am 4.11.2014) und der Haushaltssatzung 2013 (beschlossen am 10.10.2013) entnommen worden.
Realsteuerhebesätze
In der Haushaltssatzung wird, sofern dies nicht im Rahmen einer separaten Hebesatzsatzung geschieht,
regelmäßig die Höhe der drei Hebesätze der Realsteuern
(Grundsteuer A, Grundsteuer B,
Gewerbesteuer) festgelegt. Die entsprechenden Hebesatzfestsetzungen der saarländischen
Gemeinden sind in Tabelle 4 ausgewiesen. Der am Ende der Tabelle verzeichnete Durchschnittswert
spiegelt das arithmetische Mittel der einzelnen Hebesätze wider. Es handelt sich folglich nicht um den
gewogenen Durchschnittshebesatz.
Die Realsteuerhebesätze sind für die Gemeinden von besonderer Relevanz für Steuerungsentscheidungen, da erstens das Aufkommen vollständig
(Grundsteuer A/B) oder zumindest größtenteils (Gewerbesteuer aufgrund der an Bund und Länder abzuführenden Gewerbesteuerumlage) bei den
Gemeinden verbleibt, zweitens die Erträge durch die Hebesatzfestsetzung unmittelbar beeinflusst werden können und es sich drittens um sehr
voluminöse Ertragspositionen handelt (Ausnahme: Grundsteuer A). Die Anhebung der Realsteuerhebesätze ist somit ein typisches Handlungsfeld
für ertragsseitige Konsolidierungsmaßnahmen.
Die niedrigsten für das Jahr 2014 festgesetzten Realsteuerhebesätze sind: 230 Prozent bei der Grundsteuer A (in St. Wendel), 275 Prozent
bei der Grundsteuer B (in Nalbach und Saarwellingen) und 360 Prozent bei der Gewerbesteuer (in St. Ingbert). Die Höchsthebesätze sind
demgegenüber: 320 Prozent bei der Grundsteuer A (in Weiskirchen), 460 Prozent bei der Grundsteuer B (in Saarbrücken) und 455 Prozent bei
der Gewerbesteuer (in Friedrichstal). Die Durchschnittshebesätze der 51 Gemeinden (d.h. ohne Großrosseln) erreichen folgende Werte: 260,88
Prozent bei der Grundsteuer A, 320,39 Prozent bei der Grundsteuer B und 404,29 Prozent bei der Gewerbesteuer.
Die Realsteuerhebesätze in der Gemeinde Großrosseln lagen im Vorjahr 2013 bei 260 Prozent (Grundsteuer A), 320 Prozent (Grundsteuer B) bzw.
430 Prozent (Gewerbesteuer).
Führt man die Informationen aus Tabelle 3 und Tabelle 4 zusammen, so fällt besonders auf, dass im Saarland viele Gemeinden mit z.T. extrem
hohen Plandefiziten existieren, die zugleich im Vergleich zu ähnlich defizitären Gemeinden anderer Länder ausgesprochen geringe
Realsteuerhebesätze (gilt primär für die Grundsteuer B) festgesetzt haben. Hier hat insbesondere auch die Kommunalfinanzaufsicht im Saarland
einige Missstände maßgeblich mit zu verantworten. Aus Sicht der Aufsicht müsste die Parallelität hoher Defizite einerseits und niedriger
Grundsteuer-B-Hebesätze andererseits
eigentlich per se ein unhaltbarer Zustand sein. Offenkundig hat es die Aufsicht in der Vergangenheit aber versäumt, die Gemeinden wirksam
zur Haushaltskonsolidierung durch Aufwandssenkungen und/oder Ertragssteigerungen (z.B. Hebesatzerhöhungen) anzuhalten. Diese Versäumnisse
muss die Aufsicht umgehend beseitigen.
In Analogie hierzu darf jedoch auch nicht übersehen werden, dass die politischen Mandatsträger in den defizitären Gemeinden in gleichem,
wenn nicht sogar in noch größerem Maße die Verantwortung für die Finanzsituation in ihrer Gemeinde tragen. Aus dem Recht auf kommunale
Selbstverwaltung erwächst stets die Pflicht zu kommunaler Selbstverantwortung - unabhängig davon, wie ineffektiv die Kommunalfinanzaufsicht
im Einzelfall auch arbeiten mag. Diese Pflicht zur Selbstverantwortung in Finanzangelegenheiten - mithin die Pflicht zur dauerhaften
Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit - ist gerade in den hoch defizitären und verschuldeten Gemeinden grob verletzt worden.
Für den Fall eines Defizits im Ergebnishaushalt (siehe Tabelle 2) liegt für die Gemeinden im Saarland im Vergleich zu den kreisangehörigen
Gemeinden anderer Länder v.a. im Niveau der Grundsteuer-B-Hebesätze noch beträchtliches ertragsseitiges Konsolidierungspotenzial.
Beispielhaft seien hier die Grundsteuer-B-Hebesätze nachfolgender kreisangehöriger Gemeinden anderer Flächenländer aufgeführt (jeweils
mindestens 600 Prozent): Aulendorf (800 Prozent), Balve (600 Prozent), Bergneustadt (755 Prozent), Bönen (610 Prozent), Dorsten (780 Prozent),
Gladbeck (690 Prozent), Haltern am See (825 Prozent), Hannover (600 Prozent), Hemer (680 Prozent), Laatzen (600 Prozent), Marl (660 Prozent),
Marienheide (600 Prozent), Nachrodt-Wiblingwerde (720 Prozent), Nauheim (960 Prozent), Nideggen (725 Prozent), Nieheim (619 Prozent),
Rotenburg an der Fulda (600 Prozent), Rüsselsheim (800 Prozent), Selm (825 Prozent), Unna (775 Prozent), Waltrop (700 Prozent),
Werdohl (668 Prozent), Werl (800 Prozent) (jeweils gemäß Haushaltssatzung 2014; alle zuvor genannten Gemeinden hatten zum Stichtag 30.6.2013
mindestens 5.000 Einwohner).
Insbesondere die hoch defizitären Gemeinden des Saarlandes werden, realistisch betrachtet, um zeitnahe erhebliche Hebesatzanpassungen bei der
Grundsteuer B kaum herum kommen. Sofern nicht durch Aufwandssenkungen und Ertragssteigerungen an anderer Stelle der Ergebnisausgleich
erreicht wird, könnten in einzelnen hoch defizitären Fällen wohl sogar Hebesatzsprünge notwendig werden, die die 960 Prozent der rund 10.000 Einwohner
zählenden Gemeinde
Nauheim in Hessen merklich übersteigen.
Einen sehr interessanten Haushaltskonsolidierungsansatz im Kontext der Grundsteuer-B-Hebesätze verfolgen
die Stadt Freudenberg in Nordrhein-Westfalen, die Ortsgemeinde Stadtkyll in Rheinland-Pfalz und die Stadt Taunusstein
in Hessen. Die drei Kommunen haben ihr Ortsrecht freiwillig um eine sog.
Nachhaltigkeitssatzung ergänzt. Diese sieht jeweils die Etablierung einer automatischen Koppelung
des Grundsteuer-B-Hebesatzes an den jahresbezogenen Ergebnisausgleich vor, um hierüber politische Anreize für
Aufwandssenkungen bzw. Ertragssteigerungen in anderen Bereichen zu schaffen (sog.
doppische Kommunalschuldenbremse mit
Generationenbeitrag).
Kommunen mit hohen Ergebnisdefiziten könnten dieses Modell für
die Übergangsphase (d.h. bis zum vollständigen Abbau des Defizits) erweitern um eine Koppelung des Grundsteuer-B-Hebesatzes an den anvisierten
Defizitabbaupfad. Weitere Informationen zu diesem Ansatz finden Sie z.B. unter nachfolgenden Links.
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Freudenberg
Hrsg.: Stadt Freudenberg
» Satzung generationengerechte Finanzen der Ortsgemeinde Stadtkyll
Hrsg.: Ortsgemeinde Stadtkyll
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Taunusstein
Hrsg.: Stadt Taunusstein
» Kommunaler Finanzreport Deutschland 2013: Doppische Kommunalschuldenbremse (Seite 156 bis 183)
Autoren: Andreas Burth, René Geißler, Marc Gnädinger, Dennis Hilgers
Neben dem Hebesatz der Grundsteuer B können auch über den Hebesatz der Gewerbesteuer ertragsseitige Konsolidierungspotenziale erschlossen
werden, wenngleich hier auch eventuelle, hebesatzbedingte Wanderungsbewegungen einzelner Gewerbesteuerzahler ins Kalkül einzubeziehen sind.
Beispiele für kreisangehörige Gemeinden anderer Flächenländer mit einem Gewerbesteuerhebesatz von mindestens 490 Prozent sind: Alsdorf
(495 Prozent), Dorsten (495 Prozent), Gevelsberg (490 Prozent), Haltern am See (500 Prozent), Hattingen (490 Prozent), Herdecke (490 Prozent),
Inden (490 Prozent), Kerpen (500 Prozent), Lünen (490 Prozent), Marl (530 Prozent), Recklinghausen (490 Prozent), Siegburg (515 Prozent),
Stolberg (Rhld.) (495 Prozent), Waltrop (495 Prozent), Witten (500 Prozent), Würselen (495 Prozent) (jeweils gemäß Haushaltssatzung 2014;
alle vorstehend aufgeführten Gemeinden hatten zum Stichtag 30.6.2013 mindestens 5.000 Einwohner).
Weitere Informationen
Weitergehende Informationen zu den Kommunalfinanzen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de u.a. unter diesen Links:
» Linksammlung zu kommunalen Haushaltssicherungskonzepten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Linksammlung zu doppischen Kommunalhaushalten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Linksammlung zu kommunalen Jahresabschlüssen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Linksammlung zu kommunalen Gesamt-/Konzernabschlüssen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Verschuldung der Kommunen im Saarland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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