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Vierteljährliche Entwicklung des Finanzierungssaldos sowie wichtiger Einnahme- und Ausgabearten der Kommunen in Deutschland
Vierteljährliche Entwicklung des Finanzierungssaldos sowie wichtiger Einnahme- und Ausgabearten der Kommunen in Deutschland
22. September 2015 |
Autor: Andreas Burth
In Anbetracht ihrer zeitnahen Veröffentlichung werden zur Beurteilung der Lage der Kommunalfinanzen häufig die vierteljährlichen
Kassenstatistiken
des Statistischen Bundesamtes verwendet. Besonders auffällig ist darin, dass das erste Quartal des kommunalen
Finanzierungssaldos typischerweise stark negativ ausfällt, sich der Jahressaldo im Laufe der übrigen drei Quartale aber deutlich
verbessert. Es ist immer wieder zu beobachten, dass sich selbst deutliche Finanzierungsdefizite im ersten Quartal noch in einen
Überschuss für das Gesamtjahr verwandeln können. Wie kürzlich in einem Beitrag auf HaushaltsSteuerung.de gezeigt wurde, ist ein
Grund die unterjährig ungleichmäßige Verteilung der Netto-Steuereinnahmen. Insbesondere der
Einkommen- und
Umsatzsteueranteil
fallen im ersten Vierteljahr niedrig, dafür aber im vierten Vierteljahr hoch aus (siehe nachfolgender Link).
» Vierteljährliche Entwicklung der Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden der Flächenländer vom 1. Quartal 2004 bis zum 1. Quartal 2015, Blog-Eintrag vom 21. August 2015
Autor: Andreas Burth
Neben den Steuereinnahmen determinieren noch weitere Größen den kommunalen Finanzierungssaldo. Der vorliegende Beitrag zielt
darauf ab, zu untersuchen, welche sonstigen Einnahme- und Ausgabearten eine zyklische Entwicklung im Quartalsniveau aufweisen.
Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Vierteljährliche Entwicklung der kommunalen Einnahmen
- Vierteljährliche Entwicklung der kommunalen Ausgaben
- Vierteljährliche Entwicklung des kommunalen Finanzierungssaldos
- Vierteljährliche Entwicklung der besonderen Finanzierungsvorgänge der Kommunen
- Weitere Informationen
Methodische Anmerkungen
Herangezogen werden in den nachfolgenden Analysen Daten aus der Statistik über die vierteljährlichen Kassenergebnisse des
öffentlichen Gesamthaushalts (Fachserie 14 Reihe 2) (kurz: Kassenstatistik). Die aktuellste Kassenstatistik deckt das erste Quartal
2015 ab. Die Auswertungen im vorliegenden Beitrag erstrecken sich über den Zeitraum erstes Quartal 2012 bis erstes Quartal 2015 (d.h.
insgesamt 13 Quartale). Hierbei wird auch bei den Daten des Jahres 2012 auf kassenstatistische Daten zurückgegriffen, da die
Rechnungsstatistiken keine detaillierten Vierteljahreszahlen beinhalten. Nachteil einer ausschließlichen Verwendung der
Kassenstatistik ist, dass die Kassendaten teilweise noch vorläufigen Charakter haben und demzufolge weniger valide sind als
Rechnungsdaten. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich diese Unschärfen über die summierte Betrachtung aller Kommunen
größtenteils gegenseitig nivellieren, sodass die Kassenstatistik gerade auf aggregierter Ebene wertvolle Informationen liefert.
Der vorliegende Blog-Eintrag analysiert den Finanzierungssaldo und die Einnahmen und Ausgaben der
Kern- und
Extrahaushalte
der Kommunen der Flächenländer (d.h. ohne Stadtstaaten). Zu berücksichtigen ist, dass es sich dabei um
kamerale, zahlungsorientierte
Kenngrößen handelt. Auf Basis des Finanzierungssaldos sind aufgrund der fehlenden Ressourcenverbrauchsorientierung keine Aussagen zur
Generationengerechtigkeit der Finanzpolitik möglich. Dies ermöglicht erst der
doppische Saldo aus (ordentlichen) Erträgen und
Aufwendungen (inkl. Finanzerträgen und -aufwendungen). Selbiger wird statistisch jedoch noch nicht berichtet, da der Bund, die
meisten Länder und einige Kommunen (und damit ein Großteil der öffentlichen Budgetvolumina) immer noch kameral rechnen und daher auch die
Finanzstatistik weiterhin nach kameraler Logik aufgebaut ist.
Methodisch ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass die vierteljährliche Kassenstatistik die Quartalsdaten des zweiten, dritten und vierten
Quartals nicht separat ausweist, sondern immer nur das erste bis zweite Quartal, das erste bis dritte Quartal und das erste bis vierte Quartal als jeweils einen
Wert berechnet. Die Quartalsdaten des zweiten, dritten und vierten Quartals werden daher unter Abzug der Daten der jeweils vorangegangenen
Statistik bestimmt. So wird z.B. der Wert für das vierte Quartal berechnet, indem von dem Wert für das erste bis vierte Quartal der Wert für
das erste bis dritte Quartal abgezogen wird. Vorteil dieser Methode ist es, dass hierüber Quartalsdaten zum Finanzierungssaldo bestimmt
werden können. Nachteilig ist, dass dadurch etwaige nachträgliche Revisionen der vorangegangenen Quartale gesammelt im jeweils
letzten Quartal ihren Niederschlag finden. Dies ist bei der Interpretation der Quartalsdaten zu beachten.
Wichtig ist der Hinweis, dass der Berichtskreis der vierteljährlichen Kassenergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts ab dem
erste Vierteljahr 2014 um
Zweckverbände und rechtlich selbstständige Organisationen ohne Erwerbszweck für Wissenschaft, Forschung
und Entwicklung (F&E-Einheiten), die nach den Kriterien des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG)
2010 dem Sektor Staat zuzurechnen sind, erweitert wurde. Die beschriebene methodische Überarbeitung führt zu Einschränkungen in
der zeitlichen Vergleichbarkeit. Bitte beachten Sie diese Limitation bei der Interpretation der Daten.
Vierteljährliche Entwicklung der kommunalen Einnahmen
Einnahmeseitig zeigen v.a. die Steuern und steuerähnlichen Abgaben einen stark zyklischen Verlauf, bei dem das erste Vierteljahr
niedrig und das vierte Vierteljahr hoch ausfällt. Hauptgrund sind hier nicht die
Gewerbesteuereinnahmen, sondern vielmehr die
Einnahmen aus den Gemeindeanteilen an der Einkommen- und der Umsatzsteuer, wie jüngst in einem Beitrag auf HaushaltsSteuerung.de
festgestellt worden ist (Link siehe oben).
Eine ebenfalls zyklische Entwicklung ist bei den Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit zu beobachten. Sie steigen im Jahresverlauf
tendenziell an und fallen v.a. im ersten Quartal typischerweise niedrig aus.
Im Jahresverlauf nehmen auch die Einnahmen aus laufenden Zuweisungen und Zuschüssen zu, wenngleich hier die unterjährige Steigerung
geringer ausfällt als bei den Steuern und den Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit.
Im Bereich der Einnahmen der Kapitalrechnung finden sich die Höchstwerte häufig im vierten Vierteljahr (z.B. Veräußerung von
Vermögen, Vermögensübertragungen).
Vierteljährliche Entwicklung der kommunalen Ausgaben
Im Bereich der Ausgaben der laufenden Rechnung ist im Jahresverlauf fast durchgehend eine Steigerungstendenz zu beobachten
(Ausnahme: laufender Sachaufwand im zweiten Quartal). Besonders deutlich fällt die Steigerung der Personalausgaben im vierten
Quartal aus. Einer von mehreren Gründen dürfte in Weihnachtsgeldzahlungen für die Tarifbeschäftigten liegen.
Bei den Ausgaben der Kapitalrechnung sind bei einzelnen voluminösen Posten ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Insbesondere die
Ausgaben für Baumaßnahmen ziehen im Laufe des Jahres deutlich an. Gleiches gilt tendenziell für die Ausgaben für den Erwerb von Sachvermögen.
Vierteljährliche Entwicklung des kommunalen Finanzierungssaldos
In ihrer Summe schlagen sich die obigen Entwicklungsmuster auch im kommunalen Finanzierungssaldo nieder. Dabei wird für den
Betrachtungszeitraum offenkundig, dass das erste Quartal regelmäßig stark defizitär ist. Ein Hauptgrund sind die niedrigen
Steuereinnahmen in diesem Vierteljahr. Im Jahresverlauf kann sich das Finanzierungsdefizit aber wieder in einen Überschuss
wandeln (z.B. 2012 und 2013) oder zumindest stark reduzieren (z.B. 2014). Vor allem das zweite und das vierte Quartal sind
im Betrachtungszeitraum durch hohe Überschüsse geprägt.
Mit -5,83 Mrd. Euro ist das Defizit des ersten Quartals 2015 stärker im negativen Bereich als in den Vorjahren. Wie aber v.a.
die Jahre 2012 und 2013 gezeigt haben, muss dies nicht notwendigerweise bedeuten, dass für das Gesamtjahr ein Defizit realisiert
wird. Auch ein leichter Überschuss liegt durchaus noch im Bereich des Möglichen.
Vierteljährliche Entwicklung der besonderen Finanzierungsvorgänge der Kommunen
Neben der oben dargestellten Berechnungssystematik des kommunalen Finanzierungssaldos berichtet die Kassenstatistik auch Daten zu
den besonderen Finanzierungsvorgängen. Die voluminösesten Positionen sind darin die Schuldenaufnahmen und Schuldentilgungen sowie
die Entnahmen aus und die Zuführungen zu den Rücklagen.
Die Schuldenaufnahmen und Schuldentilgungen am Kreditmarkt steigen im Jahresverlauf tendenziell. In den ersten drei Quartalen liegen
die Schuldentilgungen meist über den Schuldenaufnahmen. Im vierten Quartal ist dies umgekehrt.
Die Entnahmen aus den Rücklagen fallen v.a. im ersten Quartal überdurchschnittlich hoch aus. Gleiches gilt auch für die Zuführungen
zu den Rücklagen. Tendenziell liegen die Zuführungen zu den Rücklagen höher als die Entnahmen aus den Rücklagen.
Weitere Informationen
Weitere Analysen zum kommunalen Finanzierungssaldo finden Sie u.a. über untenstehenden Link.
» Blog-Einträge zum Thema "Finanzierungssaldo"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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