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HaushaltsSteuerung.de » Themen » Doppik-Praxisberichte » Die Herausforderungen kleinerer Kommunen bei der Doppik-Einführung

Die Herausforderungen kleinerer Kommunen bei der Doppik-Einführung
Ein Interview mit Frank Broghammer (Bürgermeister der Stadt Rauenberg)

9. April 2009



Die Stadt Rauenberg stellte als eine der ersten Kommunen in Baden-Württemberg ihr Haushalts- und Rechnungswesen von der Kameralistik auf die Doppik um. Mit etwa 7.850 Einwohnern zählt Rauenberg hierbei zu den kleineren Pilotkommunen. Gerade diese kleineren Kommunen stehen bei der Einführung der Doppik vor besonderen Herausforderungen, wie z.B. den geringeren personellen Ressourcen im Vergleich zu größeren Kommunen.

HaushaltsSteuerung.de sprach zu diesem Thema mit Frank Broghammer (Bild), dem Bürgermeister der Stadt Rauenberg.

Frank Broghammer, Bürgermeister der Stadt Rauenberg

HaushaltsSteuerung.de: Herr Broghammer, die Stadt Rauenberg hat 2006 ihr Haushalts- und Rechnungswesen auf die Doppik umgestellt. Dies ermöglicht es zum ersten Mal auch Bilanzkennzahlen (z.B. Verschuldungsgrad, Eigenkapitalquote) zu erheben. Welche Bilanzkennzahlen werden in Rauenberg erhoben und wie beurteilen Sie allgemein deren Aussagefähigkeit?

Broghammer: Eine Aussagefähigkeit von Bilanzkennzahlen ist natürlich auch innerhalb des NKHR nur eingeschränkt möglich. Eine Aussagekraft hängt vor allem davon ab, wie zu Beginn der Umstellung das Vermögen bewertet wurde und welche Bereiche ausgegliedert sind. Wir in Rauenberg haben uns bisher mit solchen Bilanzkennzahlen noch nicht sehr intensiv befasst.

HaushaltsSteuerung.de: Neben Bilanzkennzahlen sind auch produktorientierte Kennzahlen für die Steuerung der Verwaltung von Bedeutung. Haben Sie bereits produktorientierte Ziele in den Haushalt aufgenommen und wurden diese bereits mit Kennzahlen hinterlegt?

Broghammer: Die bisher von uns in den Haushalt aufgenommen produktorientierten Kennzahlen und Ziele haben lediglich statistische Zwecke. Vor allem auch, da wir derzeit (noch) lediglich die Produktgruppen unter Einbeziehung der erforderlichen Schlüsselprodukte als unterste Sichtebene beplanen und bebuchen.

HaushaltsSteuerung.de: Die Stadt Rauenberg ist Baden-Württembergs Doppik-Modellkommune für Kommunen unter 10.000 Einwohnern. Haben sich Ihre Erwartungen an das neue Haushalts- und Rechnungswesen aus heutiger Sicht erfüllt? Mit welchen Problemen hatten Sie besonders zu kämpfen?

Broghammer: Unsere Erwartungen an das neue Rechnungswesen haben sich voll und ganz erfüllt. Vor allem, dass der Blick der Entscheidungsgremien nun nicht mehr ausschließlich auf die Liquiditätsrechnung gerichtet ist, sondern auch und vor allem das ordentliche Ergebnis und das Erwirtschaften des Ressourcenverbrauches im Blickpunkt steht, wirkt sich mehr als positiv aus. Schwierigkeiten bereitet uns immer noch die bestehende Rechtsunsicherheit. Das Gesetz zur Änderung des kommunalen Haushaltsrechts ist immer noch nicht verabschiedet, auch wenn nun der Beschluss des Landtages noch im 1. Halbjahr 2009 erfolgen soll. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gemeindehaushaltsverordnung sowie die Gemeindekassenverordnung wohl nicht zeitgleich mit dem Gesetz in Kraft treten werden, was vor allem bei der täglichen Arbeit in der Kämmerei und bei der stetigen Weiterentwicklung sehr problematisch ist. Auch war die DV-technische Umsetzung mit recht vielen Komplikationen behaftet. So war insbesondere die Migration innerhalb des SAP-Umfeldes nicht ganz problemlos. Mittlerweile wurden diese Probleme aber mit Hilfe der KIVBF weitestgehend behoben. Trotzdem sollten die Rechenzentren für kleine und mittlere Gemeinden vereinfachte und weitestgehend bereits voreingestellte Programmversionen anbieten, damit der Umstellungsprozess auch ohne zusätzliches Personal innerhalb des laufenden Betriebes erledigt werden kann. Eine solche "Light-Version" wird derzeit erprobt.

HaushaltsSteuerung.de: Sie erwähnten eine "Light-Version" für kleine und mittlere Gemeinden. Wie sollte diese im Optimalfall aussehen? Wo genau besteht Ihrer Ansicht nach Verbesserungsbedarf im Vergleich zur bisherigen Version?

Broghammer: Vor allem das bisher auch bei uns bis 2008 noch praktizierte recht umfangreiche Verrechnungsmodell sollte vereinfacht werden. Hier sind insbesondere die Möglichkeiten wichtig anstatt eines Verrechnungsmodells nicht zahlungswirksame Verrechnungen innerhalb des Ergebnishaushaltes als ordentliche Erträge und Aufwendungen zu erfassen. Auch sollte darauf hingearbeitet werden, die bisherigen Unterabschnitte inhaltsgleich den künftigen Kostenstellen zuzuordnen. Diese Kostenstellen des internen Rechnungswesens sollten auf jeden Fall voreingestellt den maßgebenden Produktgruppen zuzuordnen sein. Der Datenverbund Baden-Württemberg arbeitet hier auch auf Grund unserer Anregungen bereits mit Pilotanwendern an einer solchen vereinfachten und weitestgehend voreingestellten Lösung.

HaushaltsSteuerung.de: Würden Sie Ihren Kollegen aus kleineren Kommunen den Umstieg auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) in seiner derzeitigen Form empfehlen?

Broghammer: Ich würde allen Kollegen, auch aus kleineren Kommunen, empfehlen, sich bereits heute mit der Umstellung zu beschäftigen, damit dringend notwendige Vorarbeiten schon heute erledigt werden können. Dies sind insbesondere die Vermögenserfassung und -bewertung. Jedoch sollte der Landesgesetzgeber schleunigst die Rahmenbedingungen, sprich Verabschiedung des Artikelgesetzes und auch der dazugehörigen Verordnungen (GemHVO, GemKVO ...), schaffen, damit auch kleinere und mittlere Gemeinden rechtssicher an die Umstellung gehen können.

HaushaltsSteuerung.de: Abschließend noch einmal zu einem ganz anderen Thema: Derzeit ist es für Kommunen noch relativ problemlos möglich an günstige Kredite zu kommen. Glauben Sie, dass perspektivisch Ratings bei den Konditionen zur Kreditvergabe an Kommunen eine Rolle spielen?

Broghammer: Ich hoffe es nicht. Bei den Kommunen wird künftig vor allem auch wegen der Erfüllung von Pflichtaufgaben die Daseinsvorsorge im Vordergrund stehen. Ein Rating bei der Kreditvergabe wäre mehr als kontraproduktiv, da dann vor allem finanzschwächere Kommunen mit einem schon hohen Verschuldungsgrad und einer geringeren Eigenkapitalquote doppelt "bestraft" werden würden. Notwendige Kredite würden durch ein solches Rating unnötig verteuert. Demgegenüber würden "reiche" Gemeinden in den Genuss von günstigeren Darlehen kommen. Trotzdem ist es durchaus möglich, dass Banken künftig Kredite nach vorgegebenen Kriterien vergeben werden.




©  Andreas Burth, Marc Gnädinger