|
|
HaushaltsSteuerung.de »
Weblog »
Entwicklung der Finanzen der 28 EU-Mitgliedstaaten in den Jahren 2012 bis 2017
Entwicklung der Finanzen der 28 EU-Mitgliedstaaten in den Jahren 2012 bis 2017
18. März 2016 |
Autor: Andreas Burth
Die Europäische Kommission publiziert drei Mal pro Jahr Prognosedaten zur zukünftigen Entwicklung der Staatsfinanzen in den 28
EU-Mitgliedstaaten. Die Prognosen werden vom "Directorate-General for Economic and Financial Affairs" (DG ECFIN) (dt.
"Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen") erstellt. Die jüngste Prognose ist von der Europäischen Kommission im Februar 2016
veröffentlicht worden und enthält Daten für die Jahre bis 2017. Unter Zugrundelegung dieses Datensatzes untersucht der vorliegende
Beitrag eine Reihe von Finanzkennzahlen im EU-Vergleich.
» Winter 2016 Economic Forecast: Weathering new challenges
Hrsg.: Europäische Kommission
Analysiert werden die Jahre 2012 bis 2017, wobei Zahlen zu den Jahren 2012 bis 2014 statistische Daten darstellen. Die Jahre
2015 bis 2017 haben demgegenüber den Charakter von Prognosewerten. Abgedeckt werden die einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Ebenfalls
berichtet werden dabei jeweils Zahlen zur Gesamtheit der 19 Euro-Staaten (Euro-19) und zur Gesamtheit der 28 EU-Mitgliedstaaten (EU-28).
Überblick:
- Entwicklung der gesamten Staatseinnahmen
- Entwicklung der gesamten Staatsausgaben
- Entwicklung des Überschusses/Defizits nach Maastricht-Vertrag
- Entwicklung des Schuldenstandes nach Maastricht-Vertrag
- Entwicklung der staatlichen Zinsausgaben
- Entwicklung des Primärsaldos
- Weitere Informationen
Entwicklung der gesamten Staatseinnahmen
Tabelle 1 enthält Vergleichszahlen zu den gesamten Staatseinnahmen der 28 EU-Mitgliedstaaten im Verhältnis zur Wirtschaftskraft
für die Jahre 2012 bis 2017. Dabei zeigt sich eine beträchtliche Heterogenität. Beispielsweise reicht die Spannweite im Jahr
2014 von 33,5 Prozent des nominalen BIP in Rumänien bis 57,4 Prozent des nominalen BIP in Dänemark. Deutschland liegt 2014 bei
44,6 Prozent des nominalen BIP. Der Wert soll bis 2017 weitgehend konstant bleiben. Österreich weist 2014 einen Wert von 50,0
Prozent des nominalen BIP aus. Bis 2017 sollen die Staatseinnahmen auf 49,2 Prozent des nominalen BIP sinken.
Entwicklung der gesamten Staatsausgaben
Die gesamten Staatsausgaben in Prozent des nominalen BIP (siehe Tabelle 2) werden auch als Staatsquote bezeichnet. Die
Staatsquote der Summe der 28 Mitgliedstaaten liegt 2014 bei 48,2 Prozent des nominalen BIP. Bis 2017 soll die Staatsquote
auf 46,5 Prozent des nominalen BIP fallen. Die Spannweite unter den EU-Mitgliedstaaten reicht bei der Staatsquote des Jahres
2014 von 34,8 Prozent des nominalen BIP in Litauen bis 58,3 Prozent des nominalen BIP in Finnland.
Deutschlands Staatsquote wird voraussichtlich von 44,3 Prozent des nominalen BIP im Jahr 2014 auf 44,6 Prozent des nominalen
BIP im Jahr 2017 ansteigen. Für Österreich wird erwartet, dass sich die Staatsquote von 52,7 Prozent des nominalen BIP im Jahr
2014 auf 50,8 Prozent des nominalen BIP im Jahr 2017 verringert.
Entwicklung des Überschusses/Defizits nach Maastricht-Vertrag
Der Saldo aus den Staatseinnahmen und den Staatsausgaben ergibt den Überschuss bzw. das Defizit nach Maastricht-Vertrag. Das
Defizit sollte die Schwelle von 3,0 Prozent des nominalen BIP nicht übersteigen. Staaten, die den Grenzwert im betreffenden
Jahr nicht eingehalten haben (2012 bis 2014) bzw. voraussichtlich nicht einhalten werden (2015 bis 2017), sind in Tabelle 3
rot hinterlegt. Im Falle des (voraussichtlichen) Einhaltens der 3-Prozent-Grenze wird grün als Hintergrundfarbe verwendet.
2014 halten 13 EU-Mitgliedstaaten den Schwellenwert nicht ein. 2015 sind es voraussichtlich sieben Staaten. Für die Jahre
2016 bzw. 2017 wird erwartet, dass sechs bzw. fünf Mitgliedstaaten ein zu hohes Defizit erwirtschaften. Deutschland wird gemäß
aktuellen Schätzungen keinem der Jahre 2012 bis 2017 ein zu hohes Staatsdefizit ausweisen. Gleiches gilt für Österreich,
wenngleich die Situation in Deutschland dahingehend besser ist, als dass in einzelnen Jahren auch Überschüsse festzustellen
sind. In Österreich ist nach aktueller Prognose in allen Jahren von Defiziten auszugehen.
Entwicklung des Schuldenstandes nach Maastricht-Vertrag
Neben der 3-Prozent-Grenze für das Staatsdefizit besteht auch eine Vorgabe für die Höhe des Schuldenstandes. Demnach soll der
Schuldenstand nach Maastricht-Vertrag die Schwelle von 60 Prozent des nominalen BIP nicht überschreiten. Der Schuldenstand im
Verhältnis zur Wirtschaftskraft wird auch als Staatsschuldenquote bezeichnet. Staaten, deren Staatsschuldenquote über 60 Prozent
des nominalen BIP liegt, sind in Tabelle 4 im jeweiligen Jahr rot markiert. Sofern die 60-Prozent-Marke nicht überschritten wird,
wird die Zahl vor grünem Hintergrund dargestellt.
Für das Jahr 2014 ist in 16 Staaten ein Schuldenstand über 60 Prozent des nominalen BIP festzustellen. Im Jahr 2015 wird diese
Fallzahl voraussichtlich auf 17 steigen. Nach aktuellen Prognosen werden 2016 insgesamt 17 und 2017 insgesamt 16 Staaten die
Vorgaben nicht einhalten.
Sowohl Deutschland als auch Österreich liegen in allen Jahren über der 60-Prozent-Marke. In Deutschland liegt der Schuldenstand
2014 bei 74,9 Prozent des nominalen BIP und wird bis 2017 voraussichtlich auf 66,8 Prozent des nominalen BIP fallen. Für Österreich
wird erwartet, dass die Staatsschuldenquote des Jahres 2014 (84,2 Prozent des nominalen BIP) im Jahr 2015 zunächst
kurz ansteigt und dann bis 2017 auf 84,0 Prozent des nominalen BIP fällt. Die geringste Staatsschuldenquote hat in allen Jahren
Estland. Am höchsten verschuldet ist Griechenland.
Entwicklung der staatlichen Zinsausgaben
Aus den Staatsschulden erwachsen für die Staaten Zinsausgaben (siehe Tabelle 5). Diese Zinsausgaben belasten jährlich den
Staatshaushalt. Die für Zinsausgaben verwendeten Gelder stehen entsprechend nicht mehr für andere staatliche Aufgaben zur
Verfügung. Aktuell ist die Zinsbelastung der EU-Mitgliedstaaten aufgrund des ausgesprochen niedrigen Zinsniveaus relativ
gering. Mit steigenden Zinsniveaus kann sich dies jedoch auch wieder ändern (mit gewissen zeitlichen Verzögerungen). Gerade
hoch verschuldete Staaten müssen im Falle steigender Zinsen einen größeren Teil ihres Staatshaushalts für die Leistung von
Zinsen aufbringen. In diesem Sinne erscheint es erstrebenswert, den Schuldenstand möglichst zeitnah zu senken.
Besonders niedrig ist die Zinsbelastung in Estland. Ein Hauptgrund sind die sehr geringen Staatsschulden (siehe Tabelle 4).
Die höchste Zinsbelastung hat der Staatshaushalt Portugals zu verkraften. Griechenlands Zinsausgaben haben sich u.a. aufgrund
der gewährten Hilfspakete deutlich vermindert, weshalb die Zinsausgaben von Griechenland trotz der sehr hohen Verschuldung (abgesehen vom Jahr 2012) nicht
den EU-Spitzenwert darstellen.
Die Zinsausgaben Deutschlands belaufen sich 2014 auf 1,8 Prozent des nominalen BIP und sollen bis 2017 auf 1,4 Prozent des nominalen BIP fallen.
Österreichs Staatshaushalt war 2014 mit 2,5 Prozent des nominalen BIP durch Zinsen belastet. 2017 soll der Wert noch bei 2,2 Prozent des nominalen BIP liegen.
Entwicklung des Primärsaldos
Der Primärsaldo ist eine v.a. im Kontext der Finanzen der EU-Mitgliedstaaten häufiger verwendete Kennzahl. Sie berechnet sich,
indem zum Überschuss/Defizit nach Maastricht-Vertrag die Zinsausgaben hinzuaddiert werden. Hintergrund dieses Vorgehens ist,
dass die Zinsausgaben im Überschuss bzw. Defizit nach Maastricht-Vertrag bereits enthalten sind und hierin als Ausgabeposition
negativ erfasst worden sind. Das Hinzuaddieren der Zinsausgaben neutralisiert diese Position.
Die Idee des Primärsaldos ist es, dass die Zinszahlungen für die angesammelten Schulden nicht zum Portfolio der Kernaufgaben
eines Staates zählen. Sie werden daher aus dem Saldo eliminiert. Im Ergebnis zeigt der Primärsaldo an, ob die Staatseinnahmen
in ihrer Höhe genügen, um die Staatsausgaben für die Erfüllung der staatlichen Kernaufgaben (innere Sicherheit, äußere
Sicherheit, Bildung, Forschung, Soziales etc.) komplett zu decken. Ist der Primärsaldo negativ (Primärdefizit), so reichen
die Einnahmen nicht aus, um die Ausgaben für die Kernaufgaben zu finanzieren. Ist er positiv (Primärüberschuss), nimmt der
Staat mehr ein als er zur Erfüllung der Kernaufgaben bräuchte.
Weitere Information zur Interpretation dieser Kennzahl können Sie z.B. folgendem Link entnehmen.
» Primärüberschüsse bzw. Primärdefizite der EU-Länder im Vergleich, Blog-Eintrag vom 22. Februar 2015
Autor: Andreas Burth
Im Vergleich der 28 EU-Mitgliedstaaten zeigt sich, dass im Jahr 2015 voraussichtlich 13 Staaten ein Primärdefizit und 15
Staaten einen Primärüberschuss oder einen ausgeglichenen Primärsaldo erwirtschaften werden. Für 2016 wird für 14 Staaten
ein Primärdefizit prognostiziert. Im Jahr 2017 soll die Zahl der Primärdefizit-Staaten auf neun sinken. Deutschland hat in
allen betrachteten Jahren einen Primärüberschuss. Österreich verzeichnet nur im Jahr 2014 ein Primärdefizit.
Weitere Informationen
Weitere Analysen zu den EU-Staatsfinanzen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de u.a. auf folgenden Seiten.
» Schuldenuhren der EU-Mitgliedsstaaten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Staatsverschuldung in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Zinsuhr zu den staatlichen Zinsausgaben von Deutschland und Österreich
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
|
|
|