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HaushaltsSteuerung.de » Themen » Weitere Artikel » Reformierung der Haushaltswirtschaft in Baden-Württemberg

Reformierung der Haushaltswirtschaft in Baden-Württemberg
Ein Interview mit Klaus Herrmann (finanzpolitischer Sprecher in der CDU-Fraktion)

24. Oktober 2008



Nach der Veröffentlichung des relativ kritischen Rechnungshofberichts im März 2007 ist es ruhig um das Projekt der "Neuen Steuerungsinstrumente" (NSI) geworden. Dabei war die Begeisterung um die Reformierung der Haushaltswirtschaft in der Staatsverwaltung anfangs noch sehr groß. Auch auf kommunaler Ebene scheint der baden-württembergische Reformmotor etwas ins Stocken gekommen zu sein.

HaushaltsSteuerung.de sprach hierzu mit Klaus Herrmann (Bild), dem finanzpolitischen Sprecher in der CDU-Fraktion des baden-württembergischen Landtags.

Klaus Herrmann, CDU

HaushaltsSteuerung.de: Herr Herrmann, nach dem Rechnungshofbericht zur Wirtschaftlichkeit der NSI1 ist es still um die Einführung neuer Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung von Baden-Württemberg geworden: Woran liegt das und wie geht es weiter?

Herrmann: Das Einführungsprojekt NSI ist abgeschlossen. Die Instrumente und ihre Verwendung wurden der Kritik des Rechnungshofs entsprechend fortentwickelt – übrigens im Einvernehmen mit dem Rechnungshof. Die eingeführten betriebswirtschaftlichen Instrumente und Steuerungsmethoden werden zur Unterstützung der Verwaltungsmodernisierung eingesetzt. Hier werden konkrete Controlling-Schritte umgesetzt, unter anderem auch die vom Rechnungshof geforderte dezentrale Budgetverantwortung für Personal- und Sachmittel. Wo das noch nicht in vollem Umfang der Fall ist, muss die Verwaltung nachlegen.

HaushaltsSteuerung.de: Einige Medien haben davon gesprochen, dass die CDU mit dem Gedanken spielt, den Projekttitel "Neue Steuerungsinstrumente" (NSI) künftig umzubenennen, um das durch den Rechnungshofbericht angekratzte Image des Projektes wegzubekommen.2 Ist an den Gerüchten etwas dran?

Herrmann: Die CDU hat keinen neuen Namen gesucht. Unabhängig davon wird auch in der Verwaltung kein neuer Name für NSI, sondern vielmehr für das umfassende Thema der Verwaltungsmodernisierung gesucht, da dieser Begriff technisch und wenig griffig ist. In der Sache umfasst diese Verwaltungsmodernisierung neben der dezentralen Budgetierung unter anderem das Arbeiten mit Zielvereinbarungen, den Einsatz von Controllinginstrumenten für konkrete Bereiche und der für den Landtag wichtigen produktorientierte Haushalt. Die Verwaltung arbeitet derzeit weiterhin mit dem Arbeitstitel "Verwaltungsmodernisierung".

HaushaltsSteuerung.de: Im Landtagswahlprogramm der CDU für die aktuelle Wahlperiode wurde formuliert, dass die CDU die Einführung der Staatsdoppik für die Landesverwaltung von Baden-Württemberg anstrebt. Der Koalitionspartner FDP hatte eine ähnliche Formulierung in seinem Wahlprogramm.3 Ist dieses Ziel noch aktuell?

Herrmann: Das Ziel ist nach wie vor aktuell. Der Gesetzesentwurf zur Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens war bereits im Anhörungsverfahren. Es ist damit zu rechnen, dass er noch in diesem Jahr im Landtag beraten wird.

HaushaltsSteuerung.de: Deutschlandweit führen die Kommunen ein neues Haushalts- und Rechnungswesen ein – zumeist auf Basis der Doppik. Gerade Baden-Württemberg gehörte hier mit der Stadt Wiesloch einst zu den Vorreitern. Heute scheint das Land abgehängt zu werden. Erst wenige Kommunen haben ihre Haushaltswirtschaft auf Basis der gegenwärtigen Experimentierklausel umgestellt. Woran liegt das? An den Erfahrungen auf Landesebene oder an der derzeit noch unklaren Rechtsbasis? Wäre das Land nicht gegenüber seinen Kommunen in der Pflicht, eine Vorbildfunktion im Hinblick auf die Umstellung auf die Doppik einzunehmen?

Herrmann: Im nächsten Jahr wird das neue kommunale Haushaltsrecht in Kraft treten. Dann werden auch die Kommunen, die bislang ihr Haushaltssystem noch nicht umgestellt haben, dies nachholen. Man muss insoweit auch die Kommunen verstehen, die erst dann umfangreiche Umstellungsarbeiten vornehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen sind. Mit dem neuen Haushaltsrecht werden verbesserte Entscheidungsgrundlagen und neue Steuerungsmöglichkeiten für eine nachhaltigere Haushaltswirtschaft zur Verfügung gestellt, die dem Aspekt intergenerativer Gerechtigkeit stärkere Bedeutung verleihen. Im Gegensatz zum bisherigen zahlungsorientierten System der Kameralistik soll in Zukunft die Erwirtschaftung des nicht zahlungswirksamen Ressourcenverbrauchs einer Kommune in Form von Abschreibungen und Rückstellungen zu einer nachhaltigeren und gerechteren Verteilung der Belastungen führen.
Das Haushaltsrecht und die Haushaltssystematik der Kommunen sind mit denen des Landes nur eingeschränkt vergleichbar. Insoweit halte ich die Vorbildfunktion des Landes hinsichtlich der Einführung der Doppik für überschätzt. Gleichwohl muss nach meiner Meinung auch das Haushaltsrecht und die Haushaltssystematik des Landes mittelfristig auf die Doppik umgestellt werden. Derzeit stehen einer Umstellung der Haushaltswirtschaft des Landes auf die Doppik bundesgesetzliche Regelungen in Form des Haushaltsgrundsätzegesetzes entgegen. Das Land kann nicht in eigener Zuständigkeit sein Haushaltsrecht ändern; aus diesem Grund wäre ein unwirtschaftlicher Parallelbetrieb Doppik/Kameralistik erforderlich. Auch auf Initiative von Baden-Württemberg wird derzeit im Bund geprüft, ob das Haushaltswesen von Bund und Ländern für die Doppik geöffnet werden soll. Ziele des Landes sind:
- Öffnung des Haushaltsrechts für Doppik,
- Gleichzeitige Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Haushalte von Bund und Ländern durch einheitliche Standards,
- Wahrung der Belange der Gesamtstatistik.

HaushaltsSteuerung.de: Stichwort Länderfinanzausgleich: Baden-Württemberg ist ja bekanntlich das einzige Land das noch nie einen Cent aus diesem System erhalten hat. Gerade jüngst hört man aus den Reihen der Regierungsparlamentarier wieder verstärkt den Ruf nach einer Überarbeitung des Finanzausgleichs. Glauben, Sie dass mit der bundesweiten Einführung der Doppik endlich eine Chance zur Bewertung der echten finanziellen Leistungsfähigkeit der Bundesländer gegeben wäre? Könnte das für Baden-Württemberg positive Folgen für den Finanzausgleich haben?

Herrmann: Der Länderfinanzausgleich ist Gegenstand der Verhandlungen zur so genannten Föderalismusreform II die die Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen zum Gegenstand hat. Aus meiner Sicht kann eine bundesweite Einführung der Doppik durchaus Änderungen an der Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bundesländer geben. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass sich hieraus eine Entlastung von Baden-Württemberg im Länderfinanzausgleich ergeben könnte, da es schlicht und ergreifend mehr Länder gibt, die Leistungen aus dem Länderfinanzausgleich erhalten, als Länder, die in den Länderfinanzausgleich einzahlen.


Die Interview-Reihe im Überblick:
» Erneuerung der Haushaltswirtschaft in Baden-Württemberg - ein Interview mit Michael Theurer
   (Interview-Reihe Teil 1/3)

» Modernisierung der Haushaltswirtschaft in Baden-Württemberg - ein Interview mit Hans-Ulrich
   Sckerl (Interview-Reihe Teil 2/3)

» Reformierung der Haushaltswirtschaft in Baden-Württemberg - ein Interview mit Klaus Herrmann
   (Interview-Reihe Teil 3/3)





1 Vgl. Landtag von Baden-Württemberg: Drucksache 14/1084 vom 27.03.2007.
2 Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 28.03.2008, http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1669487.
3 Vgl. Landtagswahlprogramm der CDU Baden-Württemberg, S. 75 und Landtagswahlprogramm der FDP Baden-Württemberg, S. 33.


©  Andreas Burth, Marc Gnädinger