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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Bayern will bis 2030 komplett schuldenfrei werden

Bayern will bis 2030 komplett schuldenfrei werden
15. Januar 2014  |  Autor: Marc Gnädinger



Die neue Staatsschuldenbremse wird gemeinhin als restriktiver angesehen als die alte grundgesetzliche Schuldenbremse. Die Auswirkungen der Neuregelung sind bereits spürbar und werden in den kommenden Jahren ceteris paribus vielerorts noch deutlicher werden. In den allermeisten Ländern gilt es, so die Einschätzung einer Vielzahl von Fachautoren, als sehr große Herausforderung, die neue Staatsschuldenbremse einzuhalten. Während die meisten Länder also auf der einen Seite (noch) nach Wegen zur Geldschuldenneuaufnahmereduzierung suchen, ist man in Bayern ein großes Stück weiter. Im Süden der Republik wird politisch bereits die komplette Schuldenfreiheit ins Visier genommen.

Die CSU nahm das Ziel der Entschuldung und der zu erreichenden Schuldenfreiheit in ihr aktuelles Regierungsprogramm auf. Dort heißt es u.a. (siehe Seite 8):
"Bayern ist das Land des ausgeglichenen Haushalts. Seit 2006 legt Bayern Jahr für Jahr einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung vor. [...] Wir wollen das Gebot "keine neuen Schulden" in die Bayerische Verfassung aufnehmen und dort eine Schuldenbremse verankern. [...] Wir machen den Freistaat bis 2030 komplett schuldenfrei. Wir haben seit Januar 2012 bereits 2,5 Mrd. Euro an Altschulden getilgt. Das sind über 10 Prozent der Schulden im allgemeinen Haushalt Bayerns. Mit der Schuldenrückzahlung spart Bayern ab 2030 über 1 Mrd. Euro an Zinszahlungen jährlich."

Mit dieser politischen Selbstfestlegung der vor und nach der jüngsten Landtagswahl größten Fraktion in Bayern dürfte die tatsächliche Erreichung des Ziels insgesamt wahrscheinlicher werden. Bei den vielen der insgesamt wenigen heute komplett geldschuldenfreien Kommunen war zu beobachten, dass insb. zwei Dinge von wesentlich größerer Bedeutung für die Erreichung der Schuldenfreiheit waren als das Rechtssystem:
  1. Die Festlegung/politische Selbstfestlegung (mitsamt entsprechender Publikationen) der politischen Spitze auf das Ziel der Schuldenfreiheit - schon allein deshalb, weil sich (Kommunal-)Politik ex post keine Nichterreichung selbst formulierter Ziele vorwerfen lassen möchte.
  2. Die Benennung eines konkreten Zeitzieles, bis wann die Schuldenfreiheit tatsächlich erreicht werden soll. Im Fall des Landes Bayern wird hier das Jahr 2030 konkret benannt.
Einzig an einer Stelle des Programmes wird eine "Quasi-Hintertür" aufgelassen, die im schlechtesten Fall unter Umständen für eine Rechtfertigung für eine Abweichung von einer Zielerreichung genutzt werden könnte. So soll eine weitere Entschuldung in der aktuellen Legislaturperiode durch den allgemeinen Haushalt und ersparte Zinsen erfolgen. Daneben werden aber auch etwaige Ersparnisse beim Länderfinanzausgleich genannt.

» Der Bayernplan 2013-2018: Regierungsprogramm der CSU
    Hrsg.: CSU

Interessant ist, dass auch der ehemalige Koalitionspartner der CSU in Bayern das Ziel der Schuldenfreiheit bis zum Jahr 2030 in sein Wahlprogramm aufgenommen hatte. Die an der ehemaligen Regierung beteiligte FDP stand ebenfalls hinter dem Ziel (siehe Seite 2 und Seite 16 des Wahlprogrammes).

» Liberales Wahlprogramm zur bayerischen Landtagswahl 2013
    Hrsg.: FDP Landesverband Bayern

Ministerpräsident Horst Seehofer untermauerte in seiner Regierungserklärung vom 12. November 2013 (siehe Seite 20) das Ziel der Schuldenfreiheit - damit erfährt das Ziel Unterstützung von oberster Ebene. Gleichzeitig werden mit der Ersparung von Zinsen Gründe für das Ziel genannt. So heißt es wörtlich in der Regierungserklärung:
"Wir wollen im Jahr 2030 das erste Land ohne Schulden werden. Wir tilgen über 2,5 Milliarden Euro und damit 11 Prozent unserer Schulden im allgemeinen Haushalt [2012-2014]. Damit sparen wir bis zum Jahr 2030 über 1 Milliarde Euro an Zinsen."

Bereits zuvor hatte der Ministerpräsident im Rahmen seiner Rede vom 11. Dezember 2012 (siehe Seite 6) zum Doppelhaushalt 2013/2014 das Ziel der Schuldenfreiheit unterstrichen:
"Wir müssen eine neue Gerechtigkeitsfrage stellen. Es geht nicht nur um die Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich, sondern um die Gerechtigkeit zwischen heute und morgen, Gegenwart und Zukunft. Das ist die Gerechtigkeitsfrage des 21. Jahrhunderts. Neue Schulden für Konsumausgaben sind eine Umverteilung zu Lasten der Schwächsten, nämlich unserer Kinder. Das ist ungerecht. Gerechtigkeit hat eine Zukunftsdimension und die heißt "Generationenverantwortung". Deshalb schaffen wir zum achten und neunten Mal in Folge einen allgemeinen Haushalt ohne Neuverschuldung. [...] Wir tilgen in den nächsten beiden Jahren erneut Schulden, über 1 Mrd. Euro - das sind dann über 2 Mrd. Euro Tilgung in drei Jahren. Rund 10 % der Altschulden im allgemeinen Haushalt. Wir haben ein großes und ehrgeiziges Ziel: Bayern 2030 schuldenfrei. Wir haben große Schritte für dieses Ziel getan und wir liegen voll im Plan."

Die bayerische Staatskanzlei hat mittlerweile sogar einen Flyer zum Ziel der Schuldenfreiheit publiziert. Dort wird neben den eingesparten Zinsen auch auf die Vorbildfunktion von Bayern durch das Ziel der Erreichung der Schuldenfreiheit hingewiesen:
"Weniger Zinsen heißt mehr Gestaltungsfreiheit für unsere Kinder und Enkelkinder, mehr Investitionskraft für die Zukunft. Finanzpolitik aus Bayern ist der Maßstab für Deutschland und Europa."

» Bayern. Die Zukunft. Regierungserklärung des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst
    Seehofer, MdL, am 12. November 2013 im Bayerischen Landtag

    Hrsg.: Bayerische Staatskanzlei

» Generationengerechtigkeit und Zukunftskraft. Tilgen, investieren, vorsorgen: Aufbruch
    Bayern. Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zum Doppelhaushalt
    2013/2014 am 11. Dezember 2012 im Bayerischen Landtag

    Hrsg.: Bayerische Staatskanzlei

» Flyer "Bayern schuldenfrei"
    Hrsg.: Bayerische Staatskanzlei

Rechtlich wurde das Ziel der Schuldenfreiheit mittlerweile ebenfalls verankert. So hat der Landtag eine entsprechende Änderung der Bayerischen Haushaltsordnung beschlossen (siehe Drucksache 16/15240, Seite 4; Art. 5). Auf diese Weise wurde in Art. 18 BayHO folgender Satz eingefügt:
"Die Verschuldung am Kreditmarkt ist bis 2030 abzubauen; die konjunkturelle Entwicklung ist dabei zu berücksichtigen."

» Bayerischer Landtag - Drucksache 16/15240 (13.12.2012)
    Hrsg.: Bayerischer Landtag

Die Anstrengungen in Bayern werden auch bundesweit beachtet. Selbst der neue Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, honoriert das ehrgeizige bayerische Ziel in einem Beitrag für das Handelsblatt:
"Bayern beginnt unter Mitverantwortung der FDP bereits mit der Tilgung von Altschulden. Zukunft kann besser mit gesparten Zinsen finanziert werden als mit neuen Schulden."

» Ein neues Denken, Handelsblatt vom 4. April 2012
    Autor: Christian Lindner

Weitere Informationen zur Verschuldung des Landes Bayern und deren Entwicklung finden Sie hier.

» Verschuldung des Landes Bayern
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger