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Kassenkredite der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Bayern mit mindestens 10.000 Einwohnern
Kassenkredite der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Bayern mit mindestens 10.000 Einwohnern
17. April 2016 |
Autor: Andreas Burth
In Ländervergleichen zur kommunalen
Kassenkreditverschuldung wird regelmäßig deutlich, dass Bayern ein Land ist, in dem
Kassenkreditprobleme nahezu unbekannt sind (siehe Link). Dennoch stellt sich die Frage, ob es eventuell einzelne Städte
und Gemeinden in Bayern gibt, die sich Kassenkreditschulden in hohem oder sehr hohem Ausmaß aufgebürdet haben. Dieser
Frage wird im vorliegenden Beitrag nachgegangen. Untersucht werden hierzu die im
Kernhaushalt aufgenommenen
Kassenkreditschulden zum 31.12. der Jahre 2006 bis 2014 unter Berücksichtigung der kreisangehörigen Städte und
Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern. Außen vor bleiben die 25 kreisfreien Städte Bayerns. Sie sind hinsichtlich ihrer Kassenkreditbestände
bereits in einem früheren Beitrag analysiert worden (siehe Link).
» Kommunalverschuldung in Deutschland im Ländervergleich
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Kassenkredite der kreisfreien Städte in Deutschland, Blog-Eintrag vom 24. März 2016
Autor: Andreas Burth
Überblick:
- Allgemeine Vorbemerkungen
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden ab 20.000 Einwohnern
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 15.000 bis 19.999 Einwohnern
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 14.999 Einwohnern
- Fazit
- Weitere Informationen
Allgemeine Vorbemerkungen
Datengrundlage dieses Beitrags ist die Datenbank des Wegweisers Kommune der Bertelsmann Stiftung. Darin enthalten sind
Kassenkredite für die Jahre 2006 bis 2014. Der vorliegende Blog-Eintrag deckt damit alle verfügbaren Jahre ab. In der
Kassenkreditverschuldung sind ab 2013 auch die
Kassenkredite beim öffentlichen Bereich enthalten
(zuvor nur Kassenkredite beim nicht-öffentlichen Bereich). Die
Kassenkredite beim öffentlichen Bereich machen im Regelfall nur einen geringen Teil der gesamten Kassenkreditschulden aus.
Der Bestand der Kassenkredite ist ein häufig verwendeter Indikator zur Beurteilung der Finanzsituation von Kommunen.
Kassenkredite dienen eigentlich der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit, weshalb ihr Bestand die meiste Zeit
des Jahres bei 0,00 Euro liegen sollte. Jede andere Verwendung (insbesondere zur dauerhaften Finanzierung von laufenden
Haushaltsdefiziten) stellt per Definition eine Zweckentfremdung dar. In einigen Kommunen (z.B. häufig in Hessen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland anzutreffen) werden Kassenkredite dennoch zur dauerhaften
Defizitfinanzierung zweckentfremdet. Je höher das dauerhafte Kassenkreditniveau ausfällt, desto größer ist tendenziell
das Ausmaß, zu dem die betreffende Kommune in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt hat. Von hohen
Kassenkreditschulden kann bereits ab 500 Euro je Einwohner gesprochen werden.
Im Gegensatz zu
Investitionskrediten
sind Kassenkredite nicht durch Vermögenswerte gedeckt. Sie werden vielmehr für konsumtive Zwecke aufgenommen. Die in Form von dauerhaften Kassenkrediten
angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung
(z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Kreisangehörige Städte und Gemeinden ab 20.000 Einwohnern
In der Größenklasse "ab 20.000 Einwohner" zeigt sich zum 31.12.2014 ein sehr interessantes Bild: 41 von 42 Städte und
Gemeinden (bzw. 97,6 Prozent) sind Ende 2014 im Kernhaushalt kassenkreditfrei. Einzig die Stadt Landsberg am Lech hat
zum 31.12.2014 noch Kassenkredite. Mit 88 Euro je Einwohner ist das Niveau als niedrig einzustufen. Gleichwohl bestehen
Teile der Kassenkreditschulden offenbar bereits seit einigen Jahren (seit 2008). Sie haben damit vermutlich dauerhaften
Charakter. Sofern dies der Fall ist, läge eine Zweckentfremdung von Kassenkrediten vor. Die Stadt sollte anstreben, die
Kassenkredite in voller Höhe zurückzuführen.
Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 15.000 bis 19.999 Einwohnern
Wie schon in obiger Größenklasse ist auch in der Gruppe der Städte und Gemeinden mit 15.000 bis 19.999 Einwohnern die
Kassenkreditfreiheit der Regelfall. Insgesamt 46 von 48 Städten und Gemeinden (95,8 Prozent) kommen zum Stichtag 31.12.2014
ohne Kassenkredite aus. Nur die Städte Alzenau und Kronach weisen im Kernhaushalt Kassenkreditschulden aus. Im Falle der Stadt
Alzenau bestehen diese erst seit 2013. Anders ist die Situation in der Stadt Kronach. Die Stadt war zuletzt 2007 zum
Jahresende kassenkreditfrei. Dies ist ein Indiz für eine Zweckentfremdung von Kassenkrediten als Dauerfinanzierungsinstrument.
Die Kassenkredite sollten in vollem Umfang getilgt werden.
Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 14.999 Einwohnern
Die Größenklasse "10.000 bis 14.999 Einwohner" zählt 99 Städte und Gemeinden, die zum 31.12.2014 im Kernhaushalt kassenkreditfrei
sind. Bei einer Gesamtanzahl von 107 Städten und Gemeinden entspricht dies einem Anteil von 92,5 Prozent.
Die acht Städte und Gemeinden mit Kassenkrediten sind: Füssen (801 Euro je Einwohner), Cadolzburg (446 Euro je Einwohner), Roding
(174 Euro je Einwohner), Hilpoltstein (98 Euro je Einwohner), Miesbach (89 Euro je Einwohner), Eggenfelden (61 Euro je Einwohner),
Immenstadt im Allgäu (25 Euro je Einwohner) und Hammelburg (17 Euro je Einwohner). Abgesehen von Füssen und Cadolzburg bewegt sich
die Kassenkreditverschuldung auf einem eher unproblematischen Niveau.
Die Stadt Füssen hat mit 801 Euro je Einwohner hohe Kassenkreditbestände. Darüber hinaus war die Stadt an keinem der hier betrachteten
neun Stichtage kassenkreditfrei. Dies ist ein Indiz für eine Zweckentfremdung von Kassenkrediten als Instrument zur Dauerfinanzierung
von Defiziten. Die Stadt Füssen ist gefordert, ihre Kassenkreditschulden möglichst zeitnah auf 0,00 Euro zurückzuführen.
Erwähnenswert ist zudem die Situation im Markt Cadolzburg. Auch der Markt Cadolzburg war an keinem der neun Stichtage kassenkreditfrei,
was die Vermutung einer Zweckentfremdung von Kassenkrediten als dauerhaftem Finanzierungsinstrument hervorruft. Mit 446 Euro je Einwohner
kann das Kassenkreditniveau auch nicht mehr als niedrig eingestuft werden.
Fazit
Insgesamt betrachtet ist die Situation in den bayerischen Städten und Gemeinden so wie sie sein sollte: Kassenkredite sind die
absolute Ausnahme. Der Zustand der Kassenkreditfreiheit ist in Bayern eine Selbstverständlichkeit. Gerade einmal elf der 197
hier betrachteten Städte und Gemeinden (d.h. 5,6 Prozent) hatten Ende 2014 Kassenkredite.
94,4 Prozent waren kassenkreditfrei. Wenn überhaupt, werden Kassenkredite i.d.R. nur zur kurzfristigen Liquiditätssicherung eingesetzt. Genau zu diesem
Zweck existieren sie.
In Anbetracht von Kassenkreditfreiheit-Quoten
von über 90 Prozent kann zudem davon ausgegangen werden, dass hierunter auch zahlreiche Städte und Gemeinden mit schwierigen
Rahmenbedingungen (z.B. geringe Wirtschaftskraft, starke Zersiedelung, Bevölkerungsrückgänge etc.) sind, die ihren Haushalt
dennoch ohne Kassenkredite führen. Daran wird einmal mehr deutlich: Wer will, der kann. Insbesondere die Kassenkredit-Krisenkommunen
anderer Länder (wie z.B. in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland sowie zunehmend auch in Sachsen-Anhalt)
sollten sich hieran ein Beispiel nehmen. Den Kommunen in Bayern ist zu empfehlen, den bisherigen Kurs fortzusetzen.
Weitere Informationen
Weiterführende Analysen zu den Kommunalschulden in Bayern sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. unter folgenden Seiten abrufbar.
» Verschuldung der Kommunen in Bayern
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Extremwerte bei der Verschuldung der Städte und Gemeinden in Bayern zum 31.12.2014, Blog-Eintrag vom 6. Dezember 2015
Autor: Andreas Burth
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