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Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft


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Prinzipal-Agent-Theorie

Die Prinzipal-Agent-Theorie ist ein Modell, das Beziehungen zwischen Akteuren zum Gegenstand hat, wobei diese Beziehungen durch asymmetrische Informationen charakterisiert sind. Akteure sind hierbei der sog. Agent (Auftragnehmer) und der sog. Prinzipal (Auftraggeber). Ein Prinzipal-Agent-Verhältnis liegt immer dann vor, wenn ein Akteur (Agent) im Auftrag eines anderen Akteurs (Prinzipal) eine Aufgabe ausführt.

Beispiele für Prinzipal-Agent-Beziehungen:
  • Die Wählerschaft (Prinzipal) beauftragt einen Politiker (Agent) ihre politischen Interessen in der Volksvertretung (z.B. Bundestag) wahrzunehmen.
  • Eine Volksvertretung (Prinzipal) beauftragt die Verwaltung (Agent) mit der Erbringung öffentlicher Aufgaben.
  • Eine Stadt (Prinzipal) beauftragt ein öffentliches Unternehmen (Agent) mit der Erbringung einer bestimmten städtischen Aufgabe (z.B. Straßenreinigung).
  • Eine Gemeinde (Prinzipal) beauftragt ein privates Unternehmen (Agent) mit der Erbringung einer Leistung (z.B. Bau einer Brücke).
  • Ein Unternehmenseigentümer (Prinzipal) stellt einen Manager (Agent) ein, damit dieser das Unternehmen führt.
Einen grafischen Überblick über potenzielle Prinzipal-Agent-Beziehungen innerhalb einer Kommune (inkl. der kommunalen Unternehmen) gibt die nachfolgende Grafik. Ebenfalls in die Grafik integriert sind die Beauftragung von Dritten (z.B. Auftrag der Kommune an ein privates Unternehmen) und die Beauftragung durch Dritte (z.B. Auftrag des Landes an die Kommune). Die Pfeile in der Grafik führen jeweils vom Prinzipal zum Agenten.

Prinzipal-Agent-Beziehungen bzw. -Probleme in Kommunen

Ausgangspunkt eines Prinzipal-Agent-Problems ist, dass eine Aufgabe existiert, die der Prinzipal nicht selbst ausführen kann oder will. Um die Aufgabe dennoch zu erledigen, bedient er sich eines Agenten, dem er zum Zweck der Aufgabenerfüllung bestimmte Kompetenzen einräumt. Prinzipal und Agent schließen hierzu einen gegenseitigen Vertrag oder eine anderweitige Vereinbarung ab. Für die Ausführung der Aufgabe wird der Agent vom Prinzipal entlohnt.

Die Prinzipal-Agent-Theorie geht von folgenden Annahmen aus:
  • Die Akteure handeln rational.
  • Die Akteure versuchen ihren individuellen Nutzen zu maximieren und handeln (falls dies zweckdienlich ist) opportunistisch.
  • Die Akteure verfügen im Hinblick auf die anderen Akteure über unvollständige Informationen (v.a. hat der Agent einen Informationsvorsprung vor dem Prinzipal).
Der Prinzipal überträgt die Aufgabe auf den Agenten in der Erwartung, dass dieser seine Aufgabe im Interesse des Prinzipals ausfüllt. Gleichwohl kann der Prinzipal die Qualifikation des Agenten sowie dessen Engagement im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nicht vollständig beobachten. In diesem Bereich hat der Agent daher einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal, da der Agent i.d.R. besser einschätzen kann, wie gut er selbst ist bzw. wie viel Engagement er in den Vollzug der Aufgabe gesteckt hat. Diesen Informationsvorsprung kann und wird der Agent ausnutzen, sofern es zu seiner eigenen Nutzenmaximierung beiträgt.

Insgesamt treten in der Beziehung zwischen Prinzipal und Agent potenziell v.a. folgende Formen asymmetrischer Information zugunsten des Agenten auf:
  • Verborgene Eigenschaften: Der Prinzipal weiß vor Vertragsschluss nicht sicher, ob der Agent für die betreffende Aufgabe der Richtige ist (hat der Agent die gewünschte Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit?) oder ob ein anderer Agent eventuell die bessere Wahl wäre.
  • Verborgenes Handeln: Der Prinzipal kann das Handeln des Agenten während des Aufgabenvollzugs nicht vollständig beobachten.
  • Verborgene Information: Der Prinzipal kann die Qualität der Handlungen des Agenten nicht vollständig beurteilen (z.B. wegen fehlendem Fachwissen).
  • Verborgene Absicht: Der Prinzipal kennt die Ziele/Absichten des Agenten nicht.
Im Ergebnis besteht für den Prinzipal aufgrund der vier genannten Informationsasymmetrien das Risiko, dass er erstens den falschen Agenten auswählt, dass der Agent zweitens nicht die Handlungen vollführt, die im Sinne des Prinzipals gewesen wären (z.B. Agent macht nur Dienst nach Vorschrift) und drittens dass der Agent die Abhängigkeit des Prinzipals zu seinen Gunsten ausnutzt.

Der Prinzipal versucht die diversen Probleme durch verschiedene Maßnahmen zu lösen. Die Problemlösung verursacht dem Prinzipal dabei Kosten (sog. Agenturkosten). So wird z.B. im Rahmen des Agenten-Auswahlprozesses vom Agenten verlangt, dass dieser seine Qualifikationen in einer Form nachweist, die nicht-qualifizierter Agent nicht erbringen könnte (z.B. Universitätsabschluss). Man spricht in diesem Kontext auch vom sog. Signaling. Auch kann der Prinzipal im Rahmen des sog. Screening die Qualifikationen der potenziellen Agenten überprüfen (z.B. Vorstellungsgespräch, Assessment Center). Im Rahmen des Aufgabenvollzugs hat der Prinzipal z.B. die Möglichkeit, Kontrollmechanismen einzubauen, um den Agenten zu überwachen. Ferner kann der Prinzipal versuchen, die Interessen des Agenten an die Interessen des Prinzipals anzugleichen, indem er geeignete Anreize setzt (z.B. erfolgsabhängige Entlohnung des Agenten).

©  Andreas Burth, Marc Gnädinger