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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Kassenkredite der Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit mindestens 5.000 Einwohnern

Kassenkredite der Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit mindestens 5.000 Einwohnern
27. März 2016  |  Autor: Andreas Burth



Kassenkredite werden häufig als eine besonders problembehaftete Verschuldungsform angesehen. Sie sind ein Indikator dafür, in welchem Maße eine Kommune in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gewirtschaftet hat. Kommunale Kassenkreditprobleme konzentrieren sich in Deutschland v.a. auf vier Flächenländer: Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. In diesen Ländern gibt es überdurchschnittlich viele Kommunen mit hohen Kassenkreditschulden.

Sachsen-Anhalt zählte bislang nicht zu den Kassenkredit-Krisenländern. In den letzten Jahren ist in Sachsen-Anhalt jedoch ein merkliches Wachstum der kommunalen Kassenkredite zu beobachten. Unter Berücksichtigung der Kassenkredite beim öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich ist der Bestand der Kassenkreditschulden in den kommunalen Kern- und Extrahaushalten in Sachsen-Anhalt von 432 Euro je Einwohner zum 31.12.2011 auf 625 Euro je Einwohner zum 31.12.2014 angewachsen. Dies entspricht einer Zunahme um 44,7 Prozent binnen 36 Monaten. Dieser besorgniserregende Wachstumstrend ist möglichst zeitnah umzukehren.

Vor dem Hintergrund der Kassenkreditentwicklung in Sachsen-Anhalt erscheint es angebracht, einen Detailblick auf die Kassenkreditschulden der sachsen-anhaltischen Kommunen zu werfen. Konkret betrachtet wird im vorliegenden Beitrag die Gruppe der kreisfreien und kreisangehörigen Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohnern. Insgesamt haben 105 Städte und Gemeinden mindestens 5.000 Einwohner. Hierunter fallen die drei kreisfreien Städte sowie 102 kreisangehörige Städte und Gemeinden. Zusammen zählen besagte 105 Städte und Gemeinden 2.036.295 Einwohner.

Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Kreisfreie Städte
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden ab 20.000 Einwohnern
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 19.999 Einwohnern
- Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern
- Fazit
- Weitere Informationen



Methodische Anmerkungen

Kassenkredite sind kurzfristige Schulden, deren eigentlicher Zweck die kurzfristige Sicherung der Zahlungsfähigkeit ist. Die meiste Zeit des Jahres sollte ihr Bestand daher bei 0,00 Euro liegen. Aufgrund ihrer i.d.R. kurzen Laufzeit unterliegen sie einem hohen Zinsänderungsrisiko. Kassenkredite sind - im Gegensatz zu Investitionskrediten - nicht durch investiv geschaffene Vermögenswerte gedeckt. Sie werden vielmehr für konsumtive Zwecke aufgenommen. Die in Form von Kassenkrediten angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung (z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.

Werden Kassenkredite zur dauerhaften Finanzierung von Defiziten verwendet, so liegt eine Zweckentfremdung diese Verschuldungsform vor. Zugleich sind (hohe) dauerhafte Kassenkreditschulden ein Indikator dafür, dass die betreffende Kommune in der Vergangenheit (deutlich) über ihre Verhältnisse gewirtschaftet hat. Je höher die Kassenkreditbestände desto größer ist mithin das Ausmaß des Lebens über die eigenen Verhältnisse. Ab 500 Euro je Einwohner kann bereits von hohen Kassenkreditschulden gesprochen werden. Liegen die Kassenkredite sogar über 1.000 Euro je Einwohner liegt ein sehr hohes Niveau vor.

Datengrundlage der vorliegenden Analyse ist der Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung, der für die Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohnern die einzelgemeindlichen Kassenkreditbestände im Kernhaushalt (d.h. ohne Auslagerungen) berichtet. Daten zu den Städten und Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern werden im Wegweiser Kommune nicht veröffentlicht.

Die im Wegweiser Kommune erfassten Kassenkredite sind die Kassenkredite beim nicht-öffentlichen Bereich und ab 2013 auch die Kassenkredite beim öffentlichen Bereich. Die Kassenkredite beim öffentlichen Bereich machen i.d.R. nur einen kleineren Teil der gesamten Kassenkreditbestände aus. Im März 2016 sind im Wegweiser Kommune erstmals Kassenkreditdaten zum Jahr 2014 publiziert worden.

Die in den Tabellen dieses Beitrags nachgewiesenen Bevölkerungszahlen zum 30.6.2014 basieren auf dem Zensus 2011 und sind der Statistik über die Hebesätze der Realsteuern entnommen worden.



Kreisfreie Städte

In der Gruppe der drei kreisfreien Städte sind für die Stadt Halle (Saale) sehr hohe Kassenkreditbestände festzustellen. Zum 31.12.2014 liegen sie bei 1.290 Euro je Einwohner. Mittelhohe Kassenkreditschulden haben Magdeburg (392 Euro je Einwohner) und Dessau-Roßlau (201 Euro je Einwohner). Insbesondere Halle (Saale) wird in den kommenden Jahren vor größeren Konsolidierungsherausforderungen stehen, um das Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse zu stoppen und die Kassenkredite über regelmäßige Haushaltsüberschüsse komplett zurückzuführen.

Kommunalfinanzen: Ranking über die Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt (Halle (Saale), Magdeburg und Dessau-Roßlau) in den Jahren 2011 bis 2014



Kreisangehörige Städte und Gemeinden ab 20.000 Einwohnern

Die höchsten Kassenkreditschulden der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in der Größenklasse ab 20.000 Einwohnern haben zum 31.12.2014 die Städte Bitterfeld-Wolfen (1.830 Euro je Einwohner) und Quedlinburg (1.579 Euro je Einwohner). Die Städte Sangerhausen und Köthen (Anhalt) weisen mit 789 Euro je Einwohner bzw. 642 Euro je Einwohner ebenfalls beträchtliche Kassenkreditbestände auf. Lediglich vier Städte sind in dieser Größenklasse zum 31.12.2014 kassenkreditfrei: Gardelegen, Stendal, Wernigerode und Zerbst/Anhalt.

Für die Städte und Gemeinden mit hohen bis sehr hohen Kassenkreditschuldenständen wird es in den kommenden Jahren darauf ankommen, die Einnahmen zu steigern und/oder die Ausgaben zu senken. Ziel muss es sein, Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften, um die Kassenkredite schrittweise in vollem Umfang abzubauen.

Kommunalfinanzen: Ranking über die Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt ab 20.000 Einwohnern in den Jahren 2011 bis 2014



Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 19.999 Einwohnern

Zum 31.12.2014 haben drei Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 19.999 Einwohnern sehr hohe Kassenkreditschulden: Oberharz am Brocken (1.438 Euro je Einwohner), Wettin-Löbejün (1.352 Euro je Einwohner) und Osterwieck (1.064 Euro je Einwohner). Diese Kommunen haben - wie auch die anderen Kommunen mit Kassenkrediten über 1.000 Euro je Einwohner - in der Vergangenheit erheblich über ihre Verhältnisse gewirtschaftet. Dies gilt analog (wenngleich in etwas geringerem Ausmaße) für die Städte und Gemeinden mit hohen Kassenkreditbeständen: Coswig (Anhalt) (937 Euro je Einwohner), Thale (840 Euro je Einwohner), Hettstedt (733 Euro je Einwohner), Sandersdorf-Brehna (717 Euro je Einwohner), Hohe Börde (690 Euro je Einwohner) und Querfurt (581 Euro je Einwohner).

Oberstes haushaltspolitisches Ziel der zuvor genannten Kommunen mit hohen bis sehr hohen Kassenkreditschulden sollte der unverzügliche Beschluss der notwendigen einnahme- und/oder ausgabeseitigen Konsolidierungsmaßnahmen sein, um über Haushaltsüberschüsse mit dem vollständigen Abbau der Kassenkredite beginnen zu können. Der Zustand der Kassenkreditfreiheit muss die Regel und nicht die Ausnahme werden.

Kassenkreditfrei sind zum 31.12.2014 in der Größenklasse 10.000 bis 19.999 Einwohnern insgesamt 18 Städte und Gemeinden. Es handelt sich um: Bad Dürrenberg, Braunsbedra, Genthin, Gommern, Haldensleben, Kemberg, Klötze, Leuna, Möckern, Oebisfelde-Weferlingen, Oschersleben (Bode), Osterburg (Altmark), Salzatal, Schkopau, Südliches Anhalt, Tangermünde, Wanzleben-Börde und Wolmirstedt.

Kommunalfinanzen: Ranking über die Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit 10.000 bis 19.999 Einwohnern in den Jahren 2011 bis 2014



Kreisangehörige Städte und Gemeinden mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern

In der kleinsten hier untersuchten Größenklasse (5.000 bis 9.999 Einwohner) sind insgesamt 13 Städte und Gemeinden zum 31.12.2014 kassenkreditschuldenfrei: Annaburg, Bad Lauchstädt, Barleben, Bismark (Altmark), Elbe-Parey, Falkenstein/Harz, Ilsenburg (Harz), Kabelsketal, Kalbe (Milde), Mücheln (Geiseltal), Petersberg, Raguhn-Jeßnitz und Zörbig.

Den kassenkreditfreien Städten und Gemeinden stehen indes auch fünf sehr hoch mit Kassenkrediten verschuldete Städte und Gemeinden gegenüber, die in der Vergangenheit in beträchtlichem Maße über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben. Es sind dies Hecklingen (1.752 Euro je Einwohner), Huy (1.750 Euro je Einwohner), Bad Schmiedeberg (1.337 Euro je Einwohner), Nienburg (Saale) (1.230 Euro je Einwohner) und Havelberg (1.034 Euro je Einwohner). Darüber hinaus haben folgende elf Städte und Gemeinden hohe Kassenkreditschulden: Barby (940 Euro je Einwohner), Könnern (936 Euro je Einwohner), Oranienbaum-Wörlitz (812 Euro je Einwohner), Calbe (Saale) (807 Euro je Einwohner), Südharz (757 Euro je Einwohner), Bördeland (702 Euro je Einwohner), Mansfeld (678 Euro je Einwohner), Seegebiet Mansfelder Land (580 Euro je Einwohner), Sülzetal (562 Euro je Einwohner), Gerbstedt (517 Euro je Einwohner) und Aken (Elbe) (500 Euro je Einwohner).

Wie schon bei den anderen Größenklassen erläutert, sind auch die mit hohen bis sehr hohen Kassenkreditbeständen belasteten Städte und Gemeinden der Größenklasse "5.000 bis 9.999 Einwohner" aufgefordert, über die Steigerung der Einnahmen und/oder Senkung der Ausgaben regelmäßige Haushaltsüberschüsse zu generieren (zwecks möglichst zeitnaher Komplettrückführung der Kassenkredite).

Kommunalfinanzen: Ranking über die Pro-Kopf-Kassenkredite in den Kernhaushalten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern in den Jahren 2011 bis 2014



Fazit

Die Kassenkredite sind in den Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Probleme konzentrieren sich dabei nicht nur auf wenige Einzelfälle. Vielmehr nehmen die Kassenkredite in zahlreichen Kommunen tendenziell zu. Die Fallzahl der Städte und Gemeinden, die sich hoch bis sehr hoch mit Kassenkrediten verschuldet haben, ist seit 2011 angewachsen. Während zum 31.12.2011 noch 17 Städte und Gemeinden Kassenkredite von mindestens 500 Euro je Einwohner hatten, sind es zum 31.12.2014 bereits 30 Städte und Gemeinden. Die Anzahl der kassenkreditfreien Städte und Gemeinden hat sich derweil im gleichen Zeitraum von 44 auf 35 reduziert.

Es gilt, diesen bedenklichen Trend durch entschiedene Konsolidierungsmaßnahmen auf der Einnahme- und/oder Ausgabeseite unverzüglich umzukehren. Das Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse ist zu stoppen. Werden die notwendigen Konsolidierungsentscheidungen hinausgezögert, wird dies in der Zukunft nur noch tiefere Einschnitte nach sich ziehen. Im Falle einer Fortsetzung des bisherigen Wachstumstrends der Kassenkredite besteht zudem die Gefahr, dass Sachsen-Anhalt bereits in wenigen Jahren das "Krisenquartett" (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland) zu einem "Krisenquintett" ergänzt.

Das Recht zur Selbstverwaltung ist untrennbar verknüpft mit der Pflicht zur Selbstverantwortung. Die Verantwortung für die Konsolidierung der Haushalte und die Rückführung der Kassenkredite tragen die jeweiligen Städte und Gemeinden daher in erster Linie selbst. Die hier untersuchten Städte und Gemeinden können den Weg aus der Kassenkreditverschuldung aus eigener Kraft schaffen.

Nichtsdestotrotz wird auch die Kommunalaufsicht gefordert sein, auf die erforderlichen Maßnahmen zu drängen. Dies gilt im Besonderen für etwaige weniger konsolidierungswillige Körperschaften.

Auf der Suche nach denkbaren Konsolidierungsmaßnahmen hilft oftmals ein Blick auf andere Kommunen. Das Rad (der Haushaltskonsolidierung) muss hier nicht neu erfunden werden. So müssen z.B. defizitäre Kommunen in einigen Flächenländern sog. Haushaltssicherungskonzepte aufstellen, in denen sie u.a. auch konkrete Konsolidierungsmaßnahmen auflisten. Eine Linksammlung zu Beispielen solcher Haushaltssicherungskonzepte finden Sie auf folgender Seite.

» Linksammlung zu Haushaltssicherungskonzepten
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

Ferner kann ein Blick auf die im vorliegenden Beitrag ebenfalls aufgeführten Städte und Gemeinden helfen, die ohne oder mit nur geringen Kassenkrediten auskommen. Auch von deren haushaltspolitischen Entscheidungen können die Städte und Gemeinden mit hoher oder sehr hoher Kassenkreditbelastung lernen.

Nicht zuletzt sei an dieser Stelle auf das Konzept der Nachhaltigkeitssatzungen verwiesen. Nachhaltigkeitssatzungen können Kommunen bei der Beibehaltung des Konsolidierungspfades helfen bzw. nach abgeschlossener Haushaltskonsolidierung gewährleisten, dass der Haushalt nicht ein paar Jahre später wieder in eine Schieflage gerät. Weitere Informationen zum Thema der Nachhaltigkeitssatzungen finden Sie unter folgenden Links.

» Kommunale Schuldenbremsen-Satzungen
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Blog-Einträge zum Thema "Nachhaltigkeitssatzungen & kommunale Schuldenbremsen"
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de



Weitere Informationen

Weitere Daten zu den Kommunalfinanzen in Sachsen-Anhalt (insbesondere zu den Schulden) sind auf untenstehenden Seiten abrufbar.

» Kommunalverschuldung in Sachsen-Anhalt
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Schulden-Ranking der 216 kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt,
    Blog-Eintrag vom 22. August 2014

    Autor: Andreas Burth





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger