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Zinsausgaben 2014 von Bund, Ländern und Kommunen in Prozent der jeweiligen Schulden zum 31.12.2014
Zinsausgaben 2014 von Bund, Ländern und Kommunen in Prozent der jeweiligen Schulden zum 31.12.2014
14. Oktober 2015 |
Autor: Andreas Burth
Die öffentliche Verschuldung belastet v.a. über die Zinsausgaben die öffentlichen Haushalte. Aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsphase
ist die zinsbedingte Haushaltsbelastung aktuell niedriger als in früheren Jahren. Eine interessante Frage ist vor diesem Hintergrund,
wie hoch zur Zeit die Zinsausgaben ausfallen. Konkret soll untersucht werden, wie welches Niveau die Zinsausgaben des Jahres 2014 im Verhältnis
zu den Schulden zum 31.12.2014 haben. Die sich hieraus ergebende Kenngröße entspricht in der Näherung einer Art rechnerischem
Durchschnittszinssatz für die öffentliche Verschuldung. Konkret soll in diesem Beitrag eine differenzierte Betrachtung nach Ebenen
und nach Ländern durchgeführt werden.
Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Vergleich zum Zinsausgaben-Schulden-Verhältnis 2014 nach Ebenen und Ländern
- Weitere Informationen
Methodische Anmerkungen
Als Datengrundlage für die Zinsausgaben und die Schulden fungiert in diesem Beitrag die
Kassenstatistik 2014 des Statistischen Bundesamtes.
Die Kassenstatistik ist dadurch charakterisiert, dass sie teilweise auf vorläufige Ist-Zahlen zurückgreift, die weniger valide sind als die
finalen Ist-Daten der
Rechnungsstatistik. Ein wesentlicher Vorteil
der Kassenstatistik ist allerdings, dass sie deutlich früher veröffentlicht wird.
In den Schuldendaten sind die von den
Kern- und
Extrahaushalten (ohne gemeinsame Extrahaushalte) aufgenommenen
Kreditmarktschulden,
Kassenkredite und
Schulden bei öffentlichen Haushalten
enthalten. Die Zinsausgaben umfassen die Zinsausgaben an den öffentlichen Bereich
und die Zinsausgaben an andere Bereiche (ebenfalls unter Abdeckung der Kern- und Extrahaushalte, aber ohne gemeinsame Extrahaushalte). In
methodischer Hinsicht passen nach telefonischer Rücksprache mit dem Statistischen Bundesamt die Zinsausgaben und Schulden aus der
Kassenstatistik weitgehend zueinander. Dies ermöglicht eine Analyse durch Berechnung eines Verhältnisses aus Zinsausgaben und Schulden.
Die Bildung eines Verhältnisses aus Zinsausgaben und Schulden spiegelt in der Nährung den aktuellen rechnerischen Durchschnittszinssatz
der öffentlichen Verschuldung wider. Zu beachten ist dabei, dass es sich nur um einen Näherungswert handelt, da z.B. der Schuldenstand
unterjährig schwanken kann.
Methodisch sei darauf hingewiesen, dass die Kassenkredite auch die kurzfristigen Kredite von kaufmännisch buchenden Extrahaushalten enthalten.
Bei den Kreditmarktschulden sind auch die Schulden der Kernhaushalte sowie der
kameral buchenden Extrahaushalte bei der Sozialversicherung
erfasst. Die Kreditmarktschulden der kameral buchenden Kommunen beinhalten die
kreditähnlichen Rechtsgeschäfte. Ein Teil der Schulden bei den
öffentlichen Haushalten sind ferner die Schulden der kaufmännisch buchenden Extrahaushalte bei der Sozialversicherung. In den Kreditmarktschulden
des Bundes sind auch die
Ausgleichsforderungen erfasst. Bei den Zinsausgaben und Schulden des Bundes sind die jeweiligen Größen für die
gesetzliche Sozialversicherung nicht enthalten.
Die öffentlichen Einheiten nehmen ihre Aufgaben neben den Kernhaushalten und Extrahaushalten auch in den sonstigen
FEUs wahr. Diese werden hier
aus Gründen der Datenverfügbarkeit nicht in die Analyse einbezogen. Relevant ist diese Limitation u.a. für die kommunale Ebene, die verhältnismäßig
viele Aufgaben in Form sonstiger FEUs wahrnimmt.
Die verschiedenen Ebenen und auch die beiden Bundesland-Typen (Flächenländer und Stadtstaaten) werden in diesem Beitrag gemeinsam analysiert.
Generell ist zu beachten, dass unterschiedliche Ebenen und auch die beiden Bundesland-Typen häufig nicht oder nur eingeschränkt miteinander vergleichbar
sind, da sie unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Im Kontext der Berechnung des Verhältnisses der Zinsausgaben zu den Schulden dürften derartige
Vergleichbarkeitsprobleme jedoch weniger gravierend ausfallen. Gleichwohl bestehen durchaus Unterschiede, z.B. im Bereich der Bonität. Hinzu kommt
u.a., dass größere Einheiten in stärkerem Maße den Geld- und Kapitalmarkt zur Schuldenaufnahme nutzen, woraus sich Zinsunterschiede ergeben können. Darüber
hinaus ist beispielsweise das Volumen der Schuldenaufnahme in größeren Einheiten tendenziell höher, was auch Auswirkungen auf die Zinssätze haben kann.
Vergleich zum Zinsausgaben-Schulden-Verhältnis 2014 nach Ebenen und Ländern
Nachstehende Abbildung enthält Daten zum Zinsausgaben-Schulden-Verhältnis im Jahr 2014 unter Abdeckung der drei Ebenen im Staatsaufbau der
Bundesrepublik Deutschland (Bund, Länder, Kommunen). Im Falle der Länder und der Kommunen der Flächenländer sind zudem Ländervergleiche vorgenommen worden.
Das höchste rechnerische Durchschnittszinsniveau findet sich auf Landesebene im Saarland (3,85 Prozent). Das Saarland ist im Ländervergleich zugleich das
Flächenland mit den höchsten Pro-Kopf-Schulden. Interessant ist, dass demgegenüber die Kommunen im Saarland (zusammen mit den Kommunen in Brandenburg)
mit 2,25 Prozent den niedrigsten Wert haben - und das, obwohl die Kommunalfinanzen im Saarland als besonders instabil gelten. Ein Grund für diesen Befund könnte im
hohen Kassenkreditanteil in den saarländischen Kommunen liegen. So sind Kassenkredite aktuell zu sehr niedrigen Zinssätzen verfügbar. Zugleich haben Kassenkredite i.d.R.
kurze Laufzeiten. Kommunen mit hohen Kassenkreditschulden haben damit per Umschuldung die Möglichkeit, ihre Kassenkredite zu sehr niedrigen Zinssätzen aufzunehmen. Höher
verzinste Altschulden im investiven Bereich verlieren in der hier berechneten Kenngröße mithin an Gewicht.
Für obigen Erklärungsansatz spricht, dass andere Länder mit ebenfalls hohen Kassenkreditbeständen (Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz)
ebenfalls vergleichsweise niedrige Durchschnittszinsniveaus ausweisen. Umgekehrt haben Länder mit wenigen kommunalen Kassenkrediten (v.a.
Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Thüringen) höhere Durchschnittszinssätze. Die dort aufgenommenen Schulden haben eher investiven und damit
längerfristigen Charakter. Die zinsgünstige Umschuldung dieser Schuldenarten verläuft i.d.R. mit einer größeren zeitlichen Verzögerung
Auf der Landesebene hat Nordrhein-Westfalen den niedrigsten Durchschnittszinssatz. Auch dieses Ergebnis kann durch die kurzfristigen Schulden erklärt
werden. Nordrhein-Westfalen hat im Ländervergleich sehr hohe Bestände an kurzfristigen Schulden. Der Großteil dieser kurzfristigen Schulden wird in der
Schuldenstatistik
den "normalen" Krediten und Wertpapierschulden zugerechnet. In der Kassenstatistik werden diese Kurzfristschulden indes
zu den Kassenkrediten gerechnet. Der kurzfristige Charakter dieser Schulden wird somit v.a. durch die Kassenstatistik offensichtlich.
Im Vergleich zeigt sich, dass die rechnerischen Durchschnittszinssätze der kommunalen Ebene tendenziell leicht unter denen der Länderebene liegen. Nur
in vier von 13 Flächenländern (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) hat die kommunale Ebene höhere Werte. Der Bund hat
niedrigere rechnerische Durchschnittszinssätze als zwölf Flächenländer und alle drei Stadtstaaten. Einzig Nordrhein-Westfalen liegt unter dem Bundesniveau.
Im Vergleich zur kommunalen Ebene sind in sechs Flächenländern niedrigere und in sieben Flächenländern höhere Durchschnittszinssätze als auf Bundesebene
zu beobachten. Die Bundesebene und die kommunale Ebene haben damit aktuell ein ähnliches durchschnittliches Zinsniveau.
Zu beachten ist allerdings, dass der Anteil kurzfristiger Kassenkredite auf Bundesebene niedriger ist als in den mehreren Flächenländern auf kommunaler
Ebene. Gerade die Kommunen mit sehr hohen Kassenkreditbeständen sind bedingt durch die i.d.R. kurzen Laufzeiten sehr anfällig gegenüber (positiven oder negativen) Änderungen im Zinsniveau, die v.a. im Bereich der
Kassenkredite unmittelbar auf die Zinsausgaben durchschlagen. Einzelne Kommunen sind aufgrund des Risikos steigender Zinssätze dazu übergegangen,
mittel- bis langfristige Kassenkredite aufzunehmen. Derartige Praktiken sind indes nicht zu empfehlen. Es ist davon auszugehen, dass die kreditgebenden
Einrichtungen (i.d.R. Kreditinstitute) selbst das Risiko steigender Zinsniveaus einkalkulieren. In der Folge sind mittel- bis langfristige Kassenkredite
heute auch regelmäßig höher verzinst als kurzfristige Kassenkredite. Sofern das Zinsniveau weiterhin niedrig bleibt oder nur leicht steigt, würden sich
mittel- bis langfristige Kassenkredite sich zu Verlustgeschäften auf Kosten der Steuerzahler entwickeln. Solche Geschäfte stellen damit im Kern eine Form
der Zinssatzspekulation dar, wobei das Risiko der Steuerzahler zu tragen hat. Spekulationsgeschäfte sind keine öffentliche Aufgabe. Ein weiteres Problem
mittel- bis langfristiger Kassenkredite ist, dass sie gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit das psychologische Signal der "Nicht-Konsolidierbarkeit
auf absehbare Zeit" aussenden können. Eine mögliche Folge sind verminderte Konsolidierungsanstrengungen.
Die öffentliche Verschuldung in Deutschland hat inzwischen teilweise besorgniserregende Niveaus erreicht. Im Verhältnis zu den jährlichen Einnahmen
sind v.a. der Bund sowie einzelne Länder (z.B. Bremen und das Saarland) sehr hoch verschuldet. Auch auf kommunaler Ebene gibt es einige
Krisenkommunen (z.B. Oberhausen, Offenbach am Main, Primasens). Aus Sicht der Gläubiger gelten offenbar aber die am höchsten verschuldeten Einheiten noch als
zahlungsfähig. Anders wären die flächendeckend niedrigen Durchschnittszinsniveaus nicht zu erklären. Zugute kommt dem öffentlichen Sektor dabei
vermutlich v.a., dass Deutschland im EU-Ländervergleich als eine Volkswirtschaft mit einer vergleichsweise potenten Wirtschaft und relativ soliden Staatsfinanzen
gilt. Dies darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass auch in Deutschland einige Problemfälle existieren. Diese Körperschaften sollten anstreben,
möglich zeitnah mit dem Abbau der Schulden zu beginnen bzw. (falls das bereits geschehen ist) die Schuldenreduktion zu intensivieren. Mit Eintritt der
nächsten Krise besteht andernfalls die Gefahr, dass in den Körperschaften nicht mehr genügend finanzielle Spielräume vorhanden sind. Je höher die Schuldenlast ausfällt, desto geringer sind
tendenziell die politischen Handlungs- und Gestaltungsoptionen in den einzelnen öffentlichen Aufgabenbereichen (z.B. innere Sicherheit, Bildung, Umweltschutz).
Weitere Informationen
Weiterführende Informationen zu den Staatsschulden und den Zinsausgaben Deutschlands sind u.a. auch auf nachstehenden Seiten abrufbar.
» Schuldenuhr zu den Staatsschulden von Deutschland (nach Maastricht-Vertrag)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Staatsverschuldung und Staatsdefizit von Deutschland (nach Maastricht-Vertrag)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Staatsverschuldung in Deutschland (differenziert nach Bund, Ländern und Kommunen)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Zinsuhr zu den staatlichen Zinsausgaben von Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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