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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Kassenkredite auf Ebene von Bund und Ländern

Kassenkredite auf Ebene von Bund und Ländern
26. März 2015  |  Autor: Andreas Burth



Die eigentlich der kurzfristigen Liquiditätssicherung dienenden Kassenkredite gelten als besonders problembehaftet, da sie für laufende Ausgaben aufgenommen werden, nicht durch Vermögenswerte gedeckt sind und aufgrund ihrer kurzen Laufzeit einem hohen Zinsänderungsrisiko unterliegen. Die Kassenkreditverschuldung ist daher in Deutschland regelmäßig Gegenstand öffentlicher Debatten. Bisher beschränkt sich die Kassenkredit-Diskussion jedoch insbesondere auf die kommunale Ebene. Bislang häufig unberücksichtigt blieben Bund und Länder, die sich dieses Instruments ebenfalls bedienen können. Der vorliegende Blog-Eintrag untersucht daher Stand und Entwicklung der Kassenkreditverschuldung auf Ebene von Bund und Ländern.

Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Kassenkredite nach Ebenen
- Entwicklung der Kassenkredite des Bundes im Zeitablauf
- Ländervergleich zu den Kassenkrediten zum Stand 30.9.2014
- Entwicklung der Kassenkredite der Länder im Zeitablauf
- Weitere Informationen



Methodische Anmerkungen

Als Datengrundlage fungiert die vierteljährlich veröffentlichte
Kassenstatistik des Statistischen Bundesamtes. Nachteil der Verwendung der Kassenstatistik ist, dass die Kassendaten teilweise noch vorläufigen Charakter haben und demzufolge weniger valide sind als Daten aus der Schuldenstatistik. Gleichwohl ermöglicht die Kassenstatistik eine quartalsweise Betrachtung der Entwicklung des Schuldenstandes. Diese ist gerade vor dem Hintergrund des kurzfristigen, liquiditätssichernden Charakters der Kassenkredite jedoch von besonderer Relevanz. Eine solche vierteljährliche Analyse soll im vorliegenden Beitrag daher für den Zeitraum ab dem 1. Quartal 2012 vorgenommen werden. Die aktuellste vorliegende Kassenstatistik berichtet Schuldendaten zum Stichtag 30.9.2014.

Zu beachten ist, dass die von der Kassenstatistik genutzte Abgrenzung der öffentlichen Verschuldung von der maximalen Abgrenzung der Schuldenstatistik abweicht. Insbesondere deckt die Kassenstatistik nur Kernhaushalte und Extrahaushalte ab. Die Schulden der sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (sonstige FEUs) finden somit keinen Eingang in die Betrachtung. In die Kassenkreditbestände der Kassenstatistik einbezogen sind die kurzfristigen Kredite von kaufmännisch buchenden Extrahaushalten.

Bei der Umrechnung absoluter Werte in die Größe "Euro je Einwohner" sind stets die Einwohnerzahlen zum 31.12.2013 zugrunde gelegt worden (jeweils auf Basis des Zensus 2011).

Bei Beurteilung der vierteljährlichen Entwicklung der Kassenkreditbestände einzelner Körperschaften (hier: der Bund und einzelne Länder zzgl. deren Extrahaushalte) ist zu beachten, das jeweils nur das Quartalsende betrachtet wird. Gerade vor dem Hintergrund des kurzfristigen Charakters der Kassenkredite ist insofern jeweils denkbar, dass die Kassenkredite zwischen den Betrachtungszeitpunkten andere Werte annehmen. Generell gilt allerdings, dass je höher die Bestände sind, desto wahrscheinlicher ist es tendenziell, dass insbesondere eine vollständige Reduktion zwischen den Betrachtungszeitpunkten nicht erfolgt.

Der Berichtskreis der vierteljährlichen Kassenergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts wurde ab dem 1. Vierteljahr 2014 um Zweckverbände und rechtlich selbstständige Organisationen ohne Erwerbszweck für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung (F&E-Einheiten), die nach den Kriterien des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 2010 dem Sektor Staat zuzurechnen sind, erweitert. Diese methodische Überarbeitung führt allerdings zu Einschränkungen in der zeitlichen Vergleichbarkeit. Bitte beachten Sie diese Limitation bei der Interpretation der Daten.



Kassenkredite nach Ebenen

Wie oben bereits angesprochen werden kommunale Kassenkredite in Fachdiskussionen häufig als ein v.a. kommunales (Krisen-)Phänomen wahrgenommen. Insofern scheint es angebracht, zum Einstieg zunächst einen Vergleich der einzelnen Ebenen vorzunehmen. Im Falle der Landesebene wird zwischen Stadtstaaten und Flächenländern unterschieden, da die Stadtstaaten sowohl der Landesebene als auch der kommunalen Ebene zugerechnet werden können. Bei den folgenden Ländervergleichen werden die Stadtstaaten aufgrund ihres größeren Aufgabenportfolios (Landesaufgaben plus kommunale Aufgaben) und folglich aus Gründen der mangelnden Vergleichbarkeit ebenfalls separat berichtet.

Aus Abbildung 1 wird ersichtlich, dass Kassenkredite in der Tat bei den Kommunen der Flächenländer am häufigsten anzutreffen sind (49,75% des Gesamtbestands an Kassenkrediten). In ihrer Summe haben Bund und Länder zum 30.9.2014 aber ebenso hohe Bestände an Kassenkrediten. Insofern erscheint es sinnvoll, auch Bund und Länder einer detaillierteren Analyse zu unterziehen. Die gesamten Kassenkreditbestände von Bund, Ländern und Kommunen erreichen zum 30.9.2014 ein Niveau von 101,4 Mrd. Euro.

Die Pro-Kopf-Kassenkreditbestände liegen für die einzelnen Ebenen bei: Bund 253,57 Euro je Einwohner, Stadtstaaten 340,94 Euro je Einwohner, Flächenländer 380,19 Euro je Einwohner und Kommunen der Flächenländer 673,11 Euro je Einwohner. Auf einen in einem Flächenland wohnenden Bürger entfallen damit durchschnittlich Kassenkredite in Höhe von 1.306,87 Euro je Einwohner. Bei den Stadtstaaten sind es durchschnittlich 594,51 Euro je Einwohner.

Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte von Bund, Ländern und Gemeinden/Gemeindeverbänden zum 30.9.2014

Eine tiefergehende Analyse der Kassenkredite auf kommunaler Ebene können Sie unter folgendem Link abrufen.

» Stand und Entwicklung der kommunalen Kassenkredite, Blog-Eintrag vom 25. März 2015
    Autor: Andreas Burth



Entwicklung der Kassenkredite des Bundes im Zeitablauf

Für den Bund zeigt sich im Zeitablauf ein stark schwankender Verlauf der Kassenkredite. Die Bestände verändern sich in einem Korridor von 13,18 Mrd. Euro (zum 30.9.2012) und 28,56 Mrd. Euro (zum 30.6.2013). Kassenkredite scheinen auch auf Bundesebene inzwischen eine Dauereinrichtung auf beträchtlichem Niveau zu sein. Im Durchschnitt liegen die Kassenkreditbestände im analysierten Zeitraum bei hohen 20,28 Mrd. Euro. Wie einige Kommunen scheint auch der Bund Kassenkredite nicht nur zu ihrem eigentlichen Zweck - der kurzfristigen Liquiditätssicherung - zu nutzen.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Bundes (in Mrd. Euro)



Ländervergleich zu den Kassenkrediten zum Stand 30.9.2014

Beim Vergleich der 13 Flächenländer und drei Stadtstaaten in Abbildung 3 fällt auf, dass sich das Problem der Kassenkredite zum 30.9.2014 auf wenige Länder konzentriert. Im Falle der Flächenländer ist dies v.a. das Land Nordrhein-Westfalen, das zum 30.9.2014 einen bedenklich hohen Kassenkreditbestand von 1.514,04 Euro je Einwohner ausweist (insgesamt 26,6 Mrd. Euro). Besonders kritisch wird diese Situation im Falle Nordrhein-Westfalens, da das Flächenland zugleich sehr hohe kommunale Kassenkreditbestände aufweist. Nordrhein-Westfalen ist insofern sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Landesebene ein Kassenkreditkrisenland. Bei den Stadtstaaten ist Bremen Spitzenreiter im Kassenkredit-Ranking mit Beständen in Höhe von 1.483,62 Euro je Einwohner.

Generell ist darauf hinzuweisen, dass Stadtstaaten und Flächenländer nur sehr eingeschränkt miteinander vergleichbar sind, da die beiden Bundesland-Typen unterschiedliche Aufgabenportfolios haben. So nehmen Stadtstaaten neben Landesaufgaben auch kommunale Aufgaben wahr. In Abbildung 3 werden die beiden Bundesland-Typen aus Platzgründen gemeinsam berichtet, um nicht mit zu vielen Grafiken arbeiten zu müssen.

Ländervergleich zu den Kassenkreditbeständen der Kern- und Extrahaushalte der Flächenländer und Stadtstaaten zum 30.9.2014 (in Euro je Einwohner)

Einschränkend ist im Kontext der vorstehenden Ausführungen zum Ländervergleich allerdings darauf hinzuweisen, dass gerade bei Betrachtungen einzelner Gebietskörperschaften Stichtagsanalysen bei Kassenkrediten aufgrund ihres kurzfristigen Charakters problematisch sein können. So kann es sein, dass zum jeweiligen Stichtag zwar hohe Kassenkreditbestände existieren, diese aber auch nur zu ihrem eigentlichen Zweck (der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit) eingesetzt werden und kurze Zeit später wieder bei oder nahe null Euro liegen. Es ist daher notwendig ergänzend eine Zeitraumanalyse durchzuführen, um Indizien für eine etwaige Zweckentfremdung von Kassenkrediten zu identifizieren. Diese Zeitraumanalyse wird für alle 16 Länder im nachfolgenden Abschnitt quartalsbezogen vorgenommen.



Entwicklung der Kassenkredite der Länder im Zeitablauf

Zur Untersuchung der Schwankungen der Kassenkreditbestände auf Landesebene wird - analog zum Bund - eine Quartalsbetrachtung vorgenommen. Analysiert wird jedes der 13 Flächenländer und jeder der drei Stadtstaaten.

In Abbildung 4 werden zunächst die Gesamtheit der Stadtstaaten und die Gesamtheit der Flächenländer aus Platzgründen gemeinsam ausgewiesen, um nicht mit zu vielen Grafiken arbeiten zu müssen. Wie bereits beschrieben ist zu beachten, dass die zwei Bundesland-Typen aufgrund unterschiedlicher Aufgabenportfolios nicht miteinander vergleichbar sind. Auch werden in Abbildung 4 beide Bundesland-Typen mit den Kassenkrediten in absoluter Höhe ausgewiesen. Die großen Einwohnerunterschiede führen dazu, dass absolute Zahlen generell nicht vergleichbar sind.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte der Gesamtheit der Flächenländer und Stadtstaaten (in Mrd. Euro)

Für Baden-Württemberg zeigt sich im Zeitablauf, dass am Ende mehrerer Quartale sehr hohe Bestände an Kassenkrediten vorlagen. Zugleich existieren jedoch auch lange Perioden mit sehr geringen Kassenkreditbeständen. Ferner sind die beiden Höchstwerte von 14,75 bzw. 13,37 Mrd. Euro binnen kurzer Zeit fast vollständig zurückgeführt worden. Insofern ist für Baden-Württemberg derzeit tendenziell keine Zweckentfremdung von Kassenkrediten nachzuweisen. Die temporären Bestände von rund 14 Mrd. Euro sind hinsichtlich ihrer Höhe gleichwohl als kritisch zu betrachten.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Baden-Württemberg (in Mrd. Euro)

Bayern zeigt im Betrachtungszeitraum einen optimalen Umgang mit Kassenkrediten. Nur am Ende eines Quartals existierten überhaupt Bestände. Diese lagen zum 30.9.2012 bei unbedeutend geringen 43.401 Euro. Bayern zeigt damit beispielhaft, wie Liquiditätssicherung im öffentlichen Sektor funktionieren sollte: Aufbau und Inanspruchnahme finanzieller Reserven in Verbindung mit Kassenkrediten als absolute Ultima Ratio.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Bayern (in Mrd. Euro)

Brandenburg nutzt - ähnlich wie auch zuvor schon Bayern - Kassenkredite so, wie sie gedacht sind: Nur in Ausnahmefällen und in keinem kritischen Ausmaß werden sie zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit aufgenommen, im Regelfall liegen sie aber bei nahe null Euro. Auch in Brandenburg werden Kassenkredite nur als Ultima Ratio verwendet.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Brandenburg (in Mrd. Euro)

Für Hessen zeigen sich gerade in den letzten Quartalen deutliche Bestände an Kassenkrediten. Die Entwicklung in den gesamten elf Quartalen ist noch nicht kritisch. Es ist denkbar, dass die Kassenkredite bislang zu ihrem eigentlichen Zweck eingesetzt worden sind. So ist auch der Höchststand von 2,46 Mrd. Euro inzwischen zu einem größeren Teil abgebaut worden. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Hessen die Bestände wieder auf null Euro zurückfährt. Sofern dies nicht gelingt und die Kassenkreditbestände des 3. Quartals 2014 zu einer Dauereinrichtung werden, müsste man jedenfalls von einer Zweckentfremdung dieser Schuldenart sprechen.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Hessen (in Mrd. Euro)

Die Statistik berichtet für Mecklenburg-Vorpommern ein absolut gesehen eher niedrigen Wert. Gleichwohl sind die Bestände im gesamten Zeitraum nie auf null Euro reduziert worden. Ein Kernbestand von rund 0,03 Mrd. Euro wird stets ausgewiesen. In diesem Sinne kann es sein, dass in Mecklenburg-Vorpommern teilweise Kassenkredite zu dauerhaften Finanzierungszwecken eingesetzt werden. Das Land sollte vor diesem Hintergrund anstreben, die Bestände (zumindest zeitweise) vollständig zu reduzieren. Einschränkend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es denkbar ist, dass dies bereits zwischen den jeweiligen Quartalsstichtagen geschieht.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (in Mrd. Euro)

Das Land Niedersachsen nutzt Kassenkredite - wie zuvor schon bei Bayern und Brandenburg festgestellt - in einer idealtypischen Form. Nur in zwei Quartalen existieren überhaupt nennenswerte Bestände, welche wiederum aber auf einem unproblematischen Niveau liegen.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Niedersachsen (in Mrd. Euro)

Das einzige deutsche Bundesland mit im Betrachtungszeitraum dauerhaft ausgesprochen kritischen Kassenkreditbeständen ist das Land Nordrhein-Westfalen. Zum Stichtag 30.9.2014 entfallen 93,4 Prozent der Kassenkreditbestände der 13 Flächenländer auf Nordrhein-Westfalen. In Nordrhein-Westfalen werden Kassenkredite auf Landesebene seit mehreren Quartalen offensichtlich und in großem Maße aufgenommen. Ursprünglich sind Kassenkredite ausschließlich zur kurzfristigen Liquiditätssicherung gedacht. Werden sie zu einer Dauereinrichtung, kann mithin von einer Zweckentfremdung gesprochen werden.

Das Land Nordrhein-Westfalen erscheint bei Beleuchtung der reinen Zahlenwerte zu den Kassenkrediten als zweifelhaftes Beispiel/Vorbild für seine Kommunen. Es ist fragwürdig, wie das Land Nordrhein-Westfalen in Anbetracht der eigenen exzessiven Kassenkredit-Nutzung von seinen ebenfalls mit hohen Kassenkreditbeständen wirtschaftenden Kommunen glaubhaft den Abbau dieser Schuldenart fordern will und v.a. kann. Dies ist besonders bedenklich vor dem Hintergrund dessen, dass auf kommunaler Ebene in Nordrhein-Westfalen eine Rückführung der Kassenkredite ebenso dringend geboten ist wie auf Landesebene.

Das sehr hohe Niveau in Nordrhein-Westfalen wirft indes auch die Frage auf, an welchem Quartalsende gemäß Statistik zuletzt "normale" Kassenkreditstände berichten worden sind. Dies war zuletzt zum 30.6.2010 mit Kassenverstärkungskrediten in Höhe von 1,68 Mrd. Euro der Fall. Zum 30.9.2010 lagen die Bestände bereits bei 13,44 Mrd. Euro. Zum 31.12.2010 sind es 15,52 Mrd. Euro. Zum Stichtag 31.3.2011 belaufen sich die Kassenkreditschulden auf 24,56 Mrd. Euro, zum 30.6.2011 auf 20,83 Mrd. Euro, zum 30.9.2011 auf 22,08 Mrd. Euro und zum 31.12.2011 auf 26,08 Mrd. Euro. Zu beachten ist hierbei, dass die vorstehend aufgeführten Werte des Jahres 2010 mit Werten ab 2011 aufgrund einer Berichtskreiserweiterung nur noch eingeschränkt vergleichbar sind. Nichtsdestotrotz liegt der oben beschriebene Sprung innerhalb des Jahres 2010, wodurch hier unmittelbare Vergleichbarkeit gegeben ist.

Das Jahr 2010 war in Nordrhein-Westfalen durch einen Wechsel in der regierenden Koalition geprägt. Infolge der Landtagswahl am 9.5.2010 bzw. der Ministerpräsidentenwahl am 14.7.2010 ist seit Mitte 2010 eine rot-grüne Koalition mit Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin verantwortlich für die Landesfinanzen von Nordrhein-Westfalen (in der ersten Legislaturperiode als Minderheitsregierung). Zuvor wurde Nordrhein-Westfalen von einer schwarz-gelben Koalition mit Jürgen Rüttgers als Ministerpräsident geführt. Inwieweit das starke Kassenkreditwachstum durch Entscheidungen der neuen Landesregierung und/oder durch Folgen von Entscheidungen der alten Landesregierung verursacht wurde, lässt sich an dieser Stelle nicht beantworten.

Aus methodischer Sicht interessant anzumerken ist darüber hinaus, dass Kassenstatistik und Schuldenstatistik erheblich voneinander abweichende Kassenkreditbestände für Nordrhein-Westfalen ausweisen. Hintergrund ist die Nutzung unterschiedlicher Abgrenzungen. So wird nach telefonischer Auskunft des Statistischen Bundesamtes z.B. ein Teil der in der Kassenstatistik als Kassenkredite geführten Schulden in der Schuldenstatistik in Form von (kurzfristigen) Wertpapierschulden und Krediten beim nicht-öffentlichen Bereich berichtet.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Nordrhein-Westfalen (in Mrd. Euro)

Das Land Rheinland-Pfalz nutzt Kassenkredite über längere Perioden mit merklichen Beständen, gleichwohl gibt es ebenso Phasen mit vernachlässigbar geringen Kassenkrediten. Für den Zeitraum der Analyse kann in diesem Sinne keine eindeutige Zweckentfremdung von Kassenkrediten festgestellt werden. Der Durchschnittsbestand von 0,86 Mrd. Euro ist allerdings beträchtlich.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Rheinland-Pfalz (in Mrd. Euro)

Im Gegensatz zu den saarländischen Kommunen nutzt das Land Saarland die Kassenkredite zumeist im Sinne ihres Verwendungszwecks, wenngleich in einigen Jahren (vor dem Hintergrund von nur rund 1 Mio. Einwohnern) doch erhebliche Bestände vorlagen. Inzwischen sind diese jedoch nahezu komplett zurückgeführt worden.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Saarland (in Mrd. Euro)

Das Land Sachsen nutzt Kassenkredite im Sinne der reinen Liquiditätssicherung. Zumeist sind die Bestände bei null oder nahe null Euro. Auch die im Jahr 2013 aufgenommenen Kassenkredite sind unproblematisch - insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie 2014 bereits getilgt worden sind.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Sachsen (in Mrd. Euro)

Eine beispielgebende Nutzung des Instruments der Kassenkredite ist auch in Sachsen-Anhalt zu beobachten. Die 2013 ausgewiesenen geringen Bestände sind in Anbetracht der vollständigen Reduktion Anfang 2014 unbedenklich.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Sachsen-Anhalt (in Mrd. Euro)

Schleswig-Holstein hat im gesamten Betrachtungszeitraum zu den jeweiligen Stichtagen zumindest geringe Bestände. Im Durchschnitt liegen die Kassenkredite bei 0,26 Mrd. Euro bzw. 91,72 Euro je Einwohner. Ein vollständiger Abbau der Kassenkredite erscheint notwendig. Einschränkend ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der Stichtagsbetrachtung theoretisch sein kann, dass zwischen den Quartalsstichtagen ein kompletter Kassenkreditabbau vorlag.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Schleswig-Holstein (in Mrd. Euro)

Thüringen hat zu den jeweiligen Stichtagen am Quartalsende stets Kassenkreditbestände. Mit im Durchschnitt 0,09 Mrd. Euro sind diese zwar noch auf einem tragbaren Niveau. Gleichwohl liegen Indizien für eine teilweise Nutzung von Kassenkrediten zu dauerhaften Finanzierungszwecken vor. Das Land sollte vor diesem Hintergrund anstreben, die Bestände (zumindest zeitweise) vollständig zu reduzieren. Einschränkend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der Stichtagsbetrachtung theoretisch nicht auszuschließen ist, dass dies bereits zwischen den jeweiligen Quartalsstichtagen geschieht.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Thüringen (in Mrd. Euro)

Das Land Berlin zeigt einen deutlich schwankenden Verlauf des Standes der Kassenkredite (inkl. Zeiten des vollständigen Abbaus). In den vier letzten Quartalen sind die Bestände indes stetig gestiegen. Es ist daher eine zeitnahe Reduktion anzustreben - mit dem Ziel der kompletten Zurückführung.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte des Landes Berlin (in Mrd. Euro)

Auch in der Freien Hansestadt Bremen schwanken die Bestände deutlich. Vor dem Hintergrund von nur rund 660.000 Einwohnern sind die berichteten Bestände jedoch in vielen Jahren besorgniserregend hoch. Nur kurzzeitig lagen die Kassenkredite auf einem normalen Niveau. Im Durchschnitt lagen sie bei 0,52 Mrd. Euro, was hohen 786 Euro je Einwohner entspricht. Insofern ist eine Tendenz zur Zweckentfremdung von Kassenkrediten zu identifizieren.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte der Freien Hansestadt Bremen (in Mrd. Euro)

Die Freie und Hansestadt Hamburg weist zu keinem Stichtag Kassenkredite von null Euro aus. Zeitweise existieren auch beträchtliche Kassenkreditbestände. Im Durchschnitt liegen sie bei 0,45 Mrd. Euro. Dies spricht dafür, dass die Kassenkredite zeitweise zu dauerhaften Finanzierungszwecken genutzt werden, was einer Zweckentfremdung entspricht. Das Land sollte anstreben, die Bestände (zumindest zeitweise) vollständig zu reduzieren. Einschränkend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es im Falle Hamburgs aufgrund der Stichtagsbetrachtung nicht ganz auszuschließen ist, dass dies bereits zwischen den jeweiligen Quartalsstichtagen bereits geschieht.

Vierteljährliche Entwicklung der Kassenkreditbestände der Kern- und Extrahaushalte der Freien und Hansestadt Hamburg (in Mrd. Euro)



Weitere Informationen

Zusätzliche Informationen zur öffentlichen Verschuldung in Deutschland finden Sie unter folgenden Links.

» Staatsverschuldung in Deutschland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Blog-Einträge zum Thema "Verschuldung & Haushaltskonsolidierung"
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger