Der Kassenkredit (auch: Liquiditätskredit, Kredit zur Liquiditätssicherung, Kassenverstärkungskredit) ist ein Begriff aus der öffentlichen
Haushaltswirtschaft
und bezeichnet eine Schuldenart
zur Deckung eines kurzfristigen
Bedarfs an liquiden Mitteln. Das Pendant
zum Kassenkredit ist bei privaten Haushalten und Unternehmen der Überziehungskredit (Dispokredit bzw. Kontokorrentkredit).
Kassenkredite sind kurzfristige Schulden, die ausschließlich zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe aufgenommen
werden sollten und daher in ihrem Bestand die meiste Zeit des Jahres bei 0,00 Euro liegen müssten.
Insbesondere auf kommunaler Ebene werden Kassenkredite aber heute in einigen Kommunen
(besonders häufig in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland zu beobachten) nicht mehr
gemäß ihrem eigentlichen Zweck (der kurzfristigen Liquiditätssicherung) eingesetzt. Vielmehr sind Kassenkredite
mancherorts zu einer Dauerfinanzierungsquelle für Haushaltsdefizite geworden. Dies ist u.a. auch deshalb problematisch,
da den Kassenkrediten - im Gegensatz zu den
Investitionskrediten - keine materiell geschaffenen
Vermögenswerte (z.B. Gebäude, Straße) gegenüber stehen.
Die in Form von Kassenkrediten angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung
(z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Kassenkredite sind zudem meist durch eine sehr kurze Laufzeit charakterisiert, weshalb sie häufig
umgeschuldet
werden müssen. Dies hat zur Folge, dass die Kassenkreditbestände einem hohen
Zinsänderungsrisiko unterliegen.
Einige Kommunen sind in den letzten Jahren dazu übergegangen, Kassenkredite auch für längere Laufzeiten aufzunehmen
(z.B. fünf, zehn oder mehr Jahre). Hierdurch soll u.a. das zurzeit sehr günstige Zinsniveau für Kassenkredite ausgenutzt werden.
Längerfristige Kassenkredite stellen jedoch letztlich eine Form der Zinssatz-Spekulation dar. Hinzu kommt, dass von langfristigen Kassenkrediten das psychologische Signal der
"Nicht-Konsolidierbarkeit des
Haushalts auf absehbare Zeit" ausgehen kann.
Die Entscheidungsträger können in der Folge in einer
psychologischen Vergeblichkeitsfalle landen,
in der die (eigentlich mögliche)
Konsolidierung des Haushalts gar nicht erst ernsthaft angegangen wird, da sie fälschlicherweise
als nicht umsetzbar eingeschätzt wird. Durch die resultierenden verminderten Konsolidierungsanstrengungen
können die Kassenkredite - und damit auch die Finanzierungslasten für künftige Generationen - weiter wachsen.
U.a. aufgrund der zuvor genannten Aspekte (z.B. keine Vermögensdeckung, hohes Zinsänderungsrisiko) werden hohe bzw. steigende Kassenkreditbestände
häufig als ein Indikator für Finanzprobleme vor Ort angesehen.
Im Grunde kann bereits von Haushaltsproblemen gesprochen werden, wenn auch nur geringe Kassenkreditbestände (z.B. 100 Euro je Einwohner)
dauerhaft vorhanden sind. Insbesondere hohe dauerhafte Kassenkreditniveaus (z.B. über 500 Euro je Einwohner oder sogar über 1.000 Euro je Einwohner)
sind ein typischer Indikator für eine finanzielle Krisensituation. Je höher die dauerhaften Kassenkreditbestände ausfallen, desto höher ist mithin
das Ausmaß, zu dem die betreffende Gemeinde in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt hat.
Auf HaushaltsSteuerung.de sind bereits mehrere Detailanalysen zu den kommunalen Kassenkrediten durchgeführt worden (Links siehe unten). Darin zeigte sich
u.a., dass auch Kommunen mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen (z.B. starke Bevölkerungsrückgänge, zergliederte Siedlungsstruktur, niedrige
Steuereinnahmen, hohe soziale Lasten) grundsätzlich ohne Kassenkredite auskommen können. In einigen Ländern, wie z.B. in Sachsen, sind sogar
fast alle Kommunen kassenkreditschuldenfrei. Hierunter sind entsprechend auch Kommunen mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen.
In den Bestimmungen zum neuen doppischenHaushaltsrecht
ist die Kassenkreditaufnahme auf kommunaler Ebene unterschiedlich
stark reglementiert. So sehen z.B. einzelne Länder eine Genehmigung durch die
Aufsicht vor, wenn die
veranschlagten Kassenkredite der Kommunen bestimmte Höchstgrenzen überschreiten.
Im Rahmen der Schuldenstatistik wird das Kassenkreditvolumen zum Stichtag 31.12. veröffentlicht. Informationen zur vierteljährlichen Entwicklung der
Kassenkredite können der
Kassenstatistik entnommen werden.