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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 6|6): Verschuldung

Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 6|6): Verschuldung
11. Juni 2015  |  Autor: Andreas Burth



Bei Diskussionen zu den Kommunalfinanzen ist der Schuldenstand eine der am häufigsten verwendeten Kenngrößen zur Beurteilung der finanziellen Lage. Die Kommunen des Saarlandes nehmen dabei in Ländervergleichen zur Kommunalverschuldung regelmäßig die unrühmliche Spitzenposition ein. Der vorliegende sechste und letzte Teil der Beitragsreihe untersucht vor diesem Hintergrund die Kernhaushaltsschulden der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland.

Überblick:
- Methodische Anmerkungen und Begriffsbestimmungen
- Gesamte Schulden des Kernhaushalts
- Fundierte Schulden des Kernhaushalts
- Kassenkredite des Kernhaushalts
- Die Beitragsreihe im Überblick
- Weitere Informationen



Methodische Anmerkungen und Begriffsbestimmungen

Aufgrund von Limitationen in der Datenverfügbarkeit beschränkt sich die Schuldenanalyse auf die Kernhaushaltsschulden (Stichtage: 31.12.2013 und 31.12.2014). Den Betreibern von HaushaltsSteuerung.de liegen zwar zum Stichtag 31.12.2012 auch Schuldendaten inkl.
Auslagerungen vor, diese sind im nachfolgend verlinkten Blog-Eintrag allerdings bereits im Detail analysiert worden und werden daher hier nicht nochmals behandelt.

» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland,
    Blog-Eintrag vom 5. August 2014

    Autor: Andreas Burth

Ein Problem der reinen Kernhaushaltsbetrachtung ist, dass einige Kommunen auch erhebliche Schulden in ihren Auslagerungen haben. Diese sind der Kommune wirtschaftlich ebenfalls zuzurechnen. Insofern unterliegen isolierte Vergleiche von Kernhaushaltsschulden Einschränkungen in ihrer Aussagekraft. Das bereits erwähnte Problem der Datenverfügbarkeit ermöglicht das Einbeziehen der Schulden der Auslagerungen für die Jahre 2013 und 2014 derzeit leider noch nicht.

Des Weiteren ist zu beachten, dass nur kamerale Schulden (fundierte Schulden und Kassenkreditschulden) statistisch verfügbar sind. Doppische Schuldenarten, wie z.B. die Rückstellungen, fehlen demnach komplett. Auch diese Limitation ist bei der Interpretation der Schuldendaten zu berücksichtigen.

Ebenfalls anzumerken ist, dass die verwendeten Daten kassenstatistische Daten sind. Die Kassenstatistik arbeitet teilweise noch mit vorläufigen Ist-Werten, die von den (finalen) Ist-Werten der Rechnungsstatistik abweichen können. Bei höher aggregierten Größen (z.B. Gesamtschulden aller Kommunen in Deutschland) gleichen sich diese etwaigen Ungenauigkeiten eher aus als bei einzelgemeindlichen Daten.

Nicht zuletzt sei im Kontext von Finanzkennzahlenvergleichen darauf hingewiesen, dass die Vergleichbarkeit zunimmt, wenn Kommunen einer ähnlichen Größenklasse miteinander verglichen werden. So sind beispielweise die Finanzdaten von Bous (6.983 Einwohner) eher mit Ensdorf (6.411 Einwohner) als mit Saarbrücken (177.201 Einwohner) vergleichbar. Je größer die Kommune, desto mehr zentralörtliche Einrichtungen (z.B. Museen, Theater), die auch von den Bewohnern des Umlandes mitgenutzt werden, konzentrieren sich i.d.R. in dieser Kommune. Entsprechend fallen die Aufwendungen/Auszahlungen in den zentralen Orten höher aus als in kleinen Gemeinden. Aus diesem Grund sollten vornehmlich Gemeinden ähnlicher Einwohnerstärke miteinander verglichen werden.

Kurzbeschreibung der verwendeten Indikatoren zum Themenfeld 'Verschuldung'

Die verwendeten Finanzdaten sind den beiden folgenden PDF-Dateien entnommen worden. Grundsätzlich ist dem Statistischen Landesamt in diesem Kontext zu empfehlen, derartige Finanzdaten zusätzlich auch als Excel-Datei im Internet zu veröffentlichen. Bei anderen Statistischen Ämtern, wie z.B. dem Statistischen Bundesamt, ist das bereits Standard. Excel-Tabellen erleichtern Analysen auf Grundlage dieser Daten. Zwar ist eine Umwandlung von PDF-Tabellen in Excel-Tabellen mittels spezieller Programme möglich, aber für die meisten Anwender ist dieser Weg zu umständlich oder eventuell sogar unbekannt.

» Ausgewählte Finanz- und Steuerdaten der saarländischen Gemeinden und
    Gemeindeverbände 2014 (L II S - j 2014)

    Hrsg.: Statistisches Amt Saarland

» Ausgewählte Finanz- und Steuerdaten der saarländischen Gemeinden und
    Gemeindeverbände 2013 (L II S - j 2013)

    Hrsg.: Statistisches Amt Saarland



Gesamte Schulden des Kernhaushalts

Die im Vergleich höchste Gesamtverschuldung im Kernhaushalt hat Ende 2014 die Landeshauptstadt Saarbrücken (6.321,68 Euro je Einwohner). Der zweithöchsten Wert ist mit 5.621,83 Euro je Einwohner Gersheim zuzurechnen. Das niedrigste Niveau entfällt auf Saarwellingen (512,60 Euro je Einwohner). Im Vorjahresvergleich hat der Schuldenstand der Summe der 52 Städte und Gemeinden weiter zugenommen (Zuwachs von 2,08 Prozent). Eine Entspannung der Lage ist insofern derzeit nicht zu erkennen. Die gesamte Geldverschuldung in den kommunalen Kernhaushalten des Saarlandes liegt Ende 2014 bereits bei 2,96 Mrd. Euro.

Bei einem Vergleich der Gesamtschulden bleibt außen vor, dass unterschiedlichen Schuldenarten auch ein anderer Problemdruck innewohnt. So gelten die Kassenkredite typischerweise als problematischer als die fundierten Schulden. Die nächsten beiden Abschnitte untersuchen daher diese beiden Schuldenarten separat.

Gesamte Kernhaushaltsschulden der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland



Fundierte Schulden des Kernhaushalts

Die fundierten Schulden sind typischerweise investive Schulden. Sofern es sich um Schulden in den Gebührenhaushalten (z.B. Wasser, Abwasser, Abfall) handelt und diese kostendeckende Gebühren erheben, kann man auch von sog. "rentierlichen Schulden" sprechen. Vielfach ist dies jedoch nicht der Fall (z.B. Schulden für Straßen, Brücken, Verwaltungsgebäude).

Den höchsten Stand fundierter Schulden hat Ende 2014 Homburg mit 1.754,76 Euro je Einwohner. Auf Platz 2 folgt Saarbrücken mit 1.749,39 Euro je Einwohner. Den niedrigsten Wert hat Püttlingen mit 163,60 Euro je Einwohner. In ihrer Summe haben die 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden fundierte Schulden im Umfang von 1,00 Mrd. Euro. Im Vorjahresvergleich haben die fundierten Schulden um 2,38 Prozent zugenommen.

Fundierte Schulden in den Kernhaushalten der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland



Kassenkredite des Kernhaushalts

Kassenkredite sind Schulden, die eigentlich zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen dienen. Sie sollten insofern die meiste Zeit des Jahres bei 0,00 Euro liegen. Werden sie zu einer Dauereinrichtung, liegt eine Zweckentfremdung vor. Zugleich ist die Existenz von Kassenkreditbeständen ein Indiz für eine finanzielle Krisensituation. Die Höhe der Kassenkredit-Schulden ist in diesem Sinne ein Indikator für das Ausmaß, in dem in der Vergangenheit über die eigenen Verhältnisse gelebt wurde. Kassenkredite sind dadurch charakterisiert, dass sie nicht durch Vermögenswerte gedeckt sind und demnach für laufende Ausgaben (d.h. mithin zur Finanzierung von laufenden Haushaltsdefiziten) aufgenommen werden. Da ihre Laufzeit i.d.R. relativ kurz ist, unterliegen sie einem hohen Zinsänderungsrisiko.

Bei den Kassenkreditschulden zeigt sich im Saarland ein dramatisches Bild. Die höchsten Kassenkreditbestände hat Ende 2014 Gersheim mit 4.771,71 Euro je Einwohner. Den zweithöchsten Schuldenstand hat bei den Kassenkrediten die Landeshauptstadt Saarbrücken mit 4.572,29 Euro je Einwohner. Nur zwei von 52 kreisangehörigen Städten und Gemeinden sind Ende 2013 und Ende 2014 kassenkreditschuldenfrei. Mit Ausnahme von Losheim am See liegt Ende 2014 auch keine weitere Gemeinde unter 100 Euro je Einwohner. 43 Gemeinden haben Kassenkreditschulden von mehr als 500 Euro je Einwohner, 35 von mehr als 1.000 Euro je Einwohner und 17 sogar von über 2.000 Euro je Einwohner. Eigentlich sind bereits Bestände von z.B. dauerhaft über 100 Euro je Einwohner kritisch zu betrachten. Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen haben damit fast alle saarländischen Kommunen große Probleme mit ihrer Kassenkreditverschuldung. Die hohen Kassenkreditbestände sind v.a. das Symptom der zahlreichen, hausgemachten Probleme im Saarland, wie z.B. laxe Kassenkreditregelungen (für weitere Details sei auf
Teil 1 der Beitragsreihe verwiesen).

Generell ist auffällig, dass das Kassenkreditniveau in den Kernhaushalten (1,96 Mrd. Euro) fast doppelt so hoch ist wie das Niveau der fundierten Schulden (1,00 Mrd. Euro). Auch wachsen die Kassenkredite im Vergleich der Jahre 2013 und 2014 weiterhin an (Steigerung um 1,92 Prozent). Eine Trendwende ist im Saarland insofern noch nicht zu erkennen - ganz im Gegenteil. Die Situation verschärft sich zunehmend.

Manche Kommune verweist zur Begründung ihrer misslichen Finanzlage gerne auf die (angeblich) sehr schwierigen sozioökonomischen Rahmenbedingungen. Dass dies jedoch eher schwache Argumente sind, zeigt der Vergleich mit verschiedenen Strukturdaten. So haben beispielsweise die beiden Gemeinden mit dem niedrigsten Arbeitslosenanteil im Saarland (jeweils 4,6 Prozent) dennoch Kassenkreditschulden von 2.541,30 Euro je Einwohner (Mandelbachtal) bzw. 1.986,90 Euro je Einwohner (Tholey). In Nonnweiler (drittniedrigster Arbeitslosenanteil mit 4,9 Prozent) sieht die Lage mit 1.709,48 Euro je Einwohner kaum besser aus. Ähnliches lässt sich für Perl, die Gemeinde mit der besten Bevölkerungsentwicklung, feststellen: Hier liegt die Kassenkreditverschuldung im Kernhaushalt bei 855,54 Euro je Einwohner, was absolut betrachtet ebenfalls ein bedenklich hoher Wert ist (der Wert scheint in Anbetracht des exzessiven Kassenkreditmissbrauchs in anderen saarländischen Kommunen nur auf den ersten Blick gering). Interessant ist z.B. auch St. Wendel: Die Stadt hat mit 688,22 Euro je Einwohner die höchsten Netto-Gewerbesteuereinnahmen und mit 1.217,96 Euro je Einwohner die zweithöchsten Netto-Gesamtsteuereinnahmen im Saarland. Im Kernhaushalt verzeichnet St. Wendel dennoch Kassenkreditschulden von 1.490,92 Euro je Einwohner. Ein Leben über die eigenen Verhältnisse ist insofern auch bei eigentlich guten Rahmenbedingungen anzutreffen.

Auch in der Krisengemeinde Gersheim (Kassenkredite von 4.771,71 Euro je Einwohner) ist die sozioökonomische Lage nicht so schlecht, wie man vermuten würde. Der Arbeitslosenanteil ist mit 6,1 Prozent relativ niedrig, die Beschäftigungsquote ist mit 56,1 Prozent überdurchschnittlich hoch und auch die drei Armutskenngrößen (Kinder-, Jugend- und Altersarmut) fallen ebenfalls vergleichsweise positiv aus. Zwar sind die Netto-Gesamtsteuereinnahmen in Gersheim in der Tat unterdurchschnittlich (533,93 Euro je Einwohner), aber andere Gemeinden machen vor, dass in ähnlicher Situation auch deutlich niedrigere Kassenkreditbestände möglich sind: Beispielhaft sei auf Wallerfangen (Kassenkreditschulden von 427,67 Euro je Einwohner bei Netto-Gesamtsteuereinnahmen von 518,02 Euro je Einwohner), Spiesen-Elversberg (Kassenkreditschulden von 379,28 Euro je Einwohner bei Netto-Gesamtsteuereinnahmen von 581,20 Euro je Einwohner) und Beckingen (Kassenkreditschulden von 152,30 Euro je Einwohner bei Netto-Gesamtsteuereinnahmen von 506,82 Euro je Einwohner) verwiesen. In anderen Flächenländern schaffen es Kommunen bei noch deutlich niedrigeren Netto-Gesamtsteuereinnahmen und darüber hinaus schwierigeren sozioökonomischen Rahmenbedingungen sogar dauerhaft ohne Kassenkredite auszukommen.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass nicht hauptsächlich die sozioökonomischen Rahmenbedingungen an der kritischen Lage im Saarland schuld sind. Von wenigen positiveren Ausnahmen (wie z.B. Saarwellingen und St. Ingbert) abgesehen, genügen einigen Gemeinden vielmehr offenbar selbst gute sozioökonomische Rahmenbedingungen nicht. Insofern lässt sich festhalten, dass im Saarland derzeit vielerorts v.a. eines fehlt: Der notwendige Wille, die Kommunalhaushalte auszugleichen und Kassenkredite zu vermeiden. Auch die Landesebene scheint nur ein halbherziges Interesse an soliden Kommunalfinanzen zu haben. Land und Kommunen sind gefordert, der Entwicklung endlich entgegen zu wirken. Dieser Richtungswechsel wird zwar sicherlich nicht einfach, aber umsetzbar ist er ohne Zweifel. Solide Kommunalfinanzen sind auch im Saarland möglich. Land und Kommunen müssen es nur wollen.

Kassenkredite in den Kernhaushalten der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland



Die Beitragsreihe im Überblick

Die Abbildung gibt Ihnen einen Überblick über die anderen fünf Teile der Beitragsreihe zu den Gemeinden des Saarlandes. In der Abbildung sind die einzelnen Beiträge anklickbar, wobei die Anklickfunktion jeweils erst freigeschaltet wird, sobald der betreffende Blog-Eintrag veröffentlicht worden ist.

Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 1|6): Einführung und Grunddaten Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 2|6): Demographische Struktur Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 3|6): Beschäftigung und soziale Lage Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 4|6): Wichtige Einzahlungsarten Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 5|6): Wichtige Auszahlungsarten Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 6|6): Verschuldung Überblick über die Beitragsreihe (Teil 6|6)



Weitere Informationen

Ergänzende Informationen zu den Kommunalfinanzen und den Kommunalstrukturen im Saarland können Sie über folgende Seiten abrufen.

» Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im
    Saarland, Blog-Eintrag vom 13. November 2014

    Autor: Andreas Burth

» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland,
    Blog-Eintrag vom 5. August 2014

    Autor: Andreas Burth

» Schulden-Ranking der 295 Landkreise in Deutschland, Blog-Eintrag vom 3. August 2014
    Autor: Andreas Burth

» Kommunale Steuereinnahmen 2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 20. Mai 2015
    Autor: Andreas Burth

» Kommunale Investitionsausgaben 2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 24. Mai
    2015

    Autor: Andreas Burth

» Kommunale Einnahmen und Ausgaben 2014 nach Arten im Ländervergleich, Blog-Eintrag
    vom 10. Mai 2015

    Autor: Andreas Burth

» Kommunalstrukturen in Deutschland im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 5. Mai 2015
    Autor: Andreas Burth





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