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Doppik
Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft
Doppik
Die Doppik ist ein Kunstwort, das allgemein ein auf der
doppelten Buchführung
basierendes Rechnungssystem beschreibt. Die Doppik bezeichnet hierbei per Definition sowohl die doppelte Buchführung
im kaufmännischen Bereich als auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Der Begriff wird jedoch i.d.R. im Kontext
des öffentlichen Sektors verwendet.
Die Endung des Kunstworts "Doppik" ist hierbei angelehnt an ihr Pendant, die
"Kameralistik".
Der Begriff der Doppik wird darüber hinaus häufig als Abkürzung interpretiert. Vergleichsweise häufig wird Doppik hierbei
als "Doppelte Buchführung in Konten" (teilweise auch: "Doppelte Buchführung in Konten
Soll und
Haben") ausgeschrieben. In Bezug auf Kommunen steht die Abkürzung in seltenen Fällen auch für
"Doppelte Buchführung in Kommunen". Ebenfalls eher selten verwendet man den Begriff Doppik als Abkürzung für
"Doppelte Buchführung in Körperschaften".
Zum Teil wird das Kunstwort Doppik auch als begriffliche Verknüpfung von "Doppelter Buchführung" und "Logik" angesehen.
Ist im öffentlichen Sektor vom Begriff der Doppik die Rede, so ist hiermit i.d.R. das Neue Öffentliche Haushalts- und
Rechnungswesen (NÖHR) gemeint, welches auf
dem System der doppelten Buchführung basiert und idealtypischerweise den Charakter einer
Integrierten Verbundrechnung (IVR) hat.
Beim Neuen Öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen handelt es sich um ein
Konzept, das v.a. Haushaltsplanung, Steuerung, Buchführung und
Rechnungswesen öffentlicher Gebietskörperschaften
modernisieren soll. Die genaue
haushaltsrechtliche Ausgestaltung des Reformkonzepts unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland sowohl
auf der kommunalen Ebene als auch auf Ebene der Landesverwaltung. Ebenso sind die einzelnen Bundesländer bei der
Reformierung ihres Haushalts- und Rechnungswesens unterschiedlich weit fortgeschritten.
Je nach Bundesland sind ferner spezielle (Alternativ-)Bezeichnungen für die Doppik gebräuchlich.
Konkret werden auf kommunaler Ebene insbesondere folgende Bezeichnungen für
das jeweilige Doppik-Reformprojekt genutzt:
- Baden-Württemberg: Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
- Bayern: Neues Kommunales Finanzwesen (NKFW)
- Brandenburg: Kommunale Doppik
- Hessen: Neues Kommunales Rechnungs- und Steuerungssystem (NKRS)
- Mecklenburg-Vorpommern: Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
- Niedersachen: Neues Kommunales Rechnungswesen (NKR)
- Nordrhein-Westfalen: Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)
- Rheinland-Pfalz: Kommunale Doppik
- Saarland: Neues Kommunales Rechnungswesen (NKR)
- Sachsen: Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
- Sachsen-Anhalt: Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
- Schleswig-Holstein: Neues Kommunales Rechnungswesen (NKR)
- Thüringen: Neues Kommunales Finanzwesen (NKF)
Beiträge zum Einführungsstand der kommunalen Doppik können Sie über nachfolgende Links abrufen:
» Verbreitung der kommunalen Doppik in Deutschland (Blog-Eintrag vom 22.6.2017)
» Aktueller Stand der NKHR-Umstellung in Baden-Württemberg (Blog-Eintrag vom 19.6.2017)
» Die kommunale Doppik in Bayern (Blog-Eintrag vom 20.6.2017)
» Die kommunale Doppik in Schleswig-Holstein (Blog-Eintrag vom 15.6.2017)
» Die kommunale Doppik in Thüringen (Blog-Eintrag vom 27.6.2017)
Eine Begriffsvielfalt findet sich auch bei den Doppik-Reformprojekten auf Landesebene. Die Freie und Hansestadt Hamburg spricht vom
Projekt Doppik.
Die hierauf aufbauenden Projekte in Hamburg tragen folgende Bezeichnungen:
Neues Haushaltswesen Hamburg (NHH),
Neues Ressourcenverfahren (NRV),
Strategische Neuausrichtung des Haushaltswesens (SNH).
In der Freien Hansestadt Bremen spricht man vom
Integrierten öffentlichen Rechnungswesen (IÖR). Das Reformprojekt in Hessen heißt
Neue Verwaltungssteuerung (NVS). In Nordrhein-Westfalen lautet die Bezeichnung
"Einführung von Produkthaushalten zur Outputorientierten Steuerung. Neues Rechnungswesen" (EPOS.NRW).
Der Haushaltsplan (Kernverwaltung) untergliedert sich in der
Doppik primär in Finanzhaushalt und
Ergebnishaushalt,
welche ihrerseits noch einmal in Teilhaushalte unterteilt
werden. Ergänzend kann freiwillig eine Planbilanz erstellt werden.
Die Rechnungslegung erfolgt in der Doppik insb. über den
doppischen Jahresabschluss.
Der doppische Jahresabschluss für die Kernverwaltung basiert im Kern
auf dem Drei-Komponenten-Modell (DKM),
welches sich aus Finanzrechnung,
Ergebnisrechnung und
Bilanz/Vermögensrechnung zusammensetzt.
Hinzu kommen noch die
Teilrechnungen als Rechnungslegungspendant zu den Teilhaushalten.
Der Jahresabschluss wird ergänzt durch den
Lagebericht. Zusätzlich zum Jahresabschluss ist ferner ein
Gesamt-/Konzernabschluss aufzustellen, der den Jahresabschluss der Kernverwaltung mit den Jahresabschlüssen der
Auslagerungen in
konsolidierter Form zusammenfasst.
Charakteristisch für das
doppische Buchführungssystem
ist, dass jede durch einen Geschäfts- bzw.
Verwaltungsvorfall verursachte Buchung
mindestens zwei Konten berührt. Darüber hinaus ist es
in der Doppik per Definition möglich, den Periodenerfolg auf zweierlei
Art zu ermitteln: Erstens anhand des
Saldos der Ergebnisrechnung und zweitens, indem das
Eigenkapital der Vorjahresbilanz mit dem Eigenkapital der aktuellen Bilanz verglichen wird.
Ziele der Doppik sind vor allem die Gewährleistung der
Generationengerechtigkeit
(insb. durch Abbildung des
Ressourcenverbrauchs in Verbindung mit der Integration spezifischer
Haushaltsausgleichsregelungen zum Ergebnisausgleich),
eine erhöhte
Transparenz für den Bürger und andere
Anspruchsgruppen (z.B. durch Aufstellung einer Bilanz sowie eines
Gesamt-/Konzernabschluss), eine
effizientere und
effektivere
öffentliche
Leistungserstellung sowie eine verbesserte
Steuerung durch Rat und Verwaltung (z.B. durch Nutzung der
Budgetierung in Verbindung mit
output-/wirkungsorientierten
Zielen und
Kennzahlen
im Produkthaushalt).
Der Anspruch an die Sicherstellung der Generationengerechtigkeit der Haushaltswirtschaft durch Einführung der Doppik rührt daher, dass die Doppik - im
Gegensatz zur Kameralistik - erstmals Ressourcenaufkommen
und Ressourcenverbrauch vollständig und
periodengerecht in Form von
Erträgen und
Aufwendungen erfasst und in Haushaltsplanung und Rechnungslegung abbildet. Erträge und Aufwendungen werden hierbei im Ergebnishaushalt geplant. Die
Rechnungslegung über die tatsächlich realisierten Erträge und Aufwendungen erfolgt in der Ergebnisrechnung.
Das ethische Leitbild der
Generationengerechtigkeit fordert konkret, dass das Ressourcenaufkommen einer Periode ausreichen muss, um den Ressourcenverbrauch dieser
Periode zu decken. Übertragen auf die Haushaltsplanung bzw. die Rechnungslegung bedeutet dies, dass Ergebnishaushalt und Ergebnisrechnung
in Erträgen und Aufwendungen regelmäßig ausgeglichen sein müssen, um von einer generationengerechten
Haushaltspolitik sprechen zu können. Entsprechende Regelungen über den Haushaltsausgleich in Erträgen und Aufwendungen
finden sich im doppischen
Kommunalhaushaltsrecht
aller Länder. Wird diesen haushaltsrechtlichen Vorschriften über die dauerhafte Erreichung des
Haushaltsausgleichs in Erträgen und Aufwendungen entsprochen, so ist per Definition sichergestellt, dass
finanzwirtschaftlich nicht auf
Kosten künftiger Generationen gelebt wird. Gelingt der
Ergebnisausgleich demgegenüber dauerhaft nicht, so wird keine generationengerechte
Haushaltspolitik betrieben. In der Kameralistik können Aussagen über die Generationengerechtigkeit der Haushaltswirtschaft im Vergleich
dazu faktisch nicht getroffen werden, da insb. der Ressourcenverbrauch nicht vollständig und periodengerecht abgebildet wird. Im kameralen
Rechnungssystem steuern Politik und Verwaltung rein zahlungsorientiert
(Einnahmen und
Ausgaben) und demzufolge im Hinblick auf das ethische
Leitbild der Generationengerechtigkeit "im Dunkeln".
Transparenzverbesserungen in der Doppik rühren - neben der zuvor angesprochenen Abbildung von Ressourcenverbrauch und Ressourcenaufkommen -
insb. von der Aufstellung einer Bilanz für die Kernverwaltung her. Die Bilanz der Kernverwaltung einer Gebietskörperschaft stellt erstmals
das gesamte
Vermögen
(Anlage- und
Umlaufvermögen) den gesamten
Schulden
(Verbindlichkeiten und
Rückstellungen) gegenüber. Auf Basis dieser
Informationen ist es im Vergleich zur Kameralistik für Mandatsträger, Verwaltungsmitarbeiter, Bürger, ortsansässiges Unternehmen etc.
leichter, die finanzielle Situation der Kernverwaltung der Gebietskörperschaft zu beurteilen.
Ein Problem besteht indes bei reiner Betrachtung
der Kernverwaltung darin, dass ausgelagerte Einheiten (z.B.
öffentliche Unternehmen) keine genügende Berücksichtigung finden. Derartige Auslagerungen
machen bei manchen Gebietskörperschaften einen erheblichen Teil der öffentlichen Aufgabenerfüllung aus. Dem Problem der Nicht-Berücksichtigung
von Auslagerungen wird in der Doppik durch Aufstellung eines Konzern-/Gesamtabschlusses Abhilfe geschaffen. Dieser fasst den Jahresabschluss
der Kernverwaltung mit den Jahresabschlüssen der Auslagerungen in konsolidierter Form zusammen und gibt damit ein vollständiges Bild von der
Schulden-, Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des
Konzerns Gebietskörperschaft. Dies erhöht die Transparenz der finanziellen Gesamtsituation
der Gebietskörperschaft. Aus der Aufstellung eines Konzern-/Gesamtabschlusses ergeben sich daneben auch verbesserte Möglichkeiten der
Beteiligungs-/Konzernsteuerung.
Eine konsolidierte Zusammenfassung der finanzwirtschaftlichen Informationen von Kernverwaltung und Auslagerungen
fehlt demgegenüber im traditionellen kameralen System.
Je nach Ebene, auf der die Doppik Anwendung findet, wird unterschieden zwischen:
- staatliche Doppik (Bund, Länder)
- kommunale Doppik (Gemeinden, Städte, Kreise, weitere Gemeindeverbände)
Im Zuge der Reform des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens in Deutschland soll insbesondere auf kommunaler
Ebene die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik erfolgen. Diese Umstellung wurde in einigen Bundesländern
bereits weitestgehend vollzogen, während sich andere Bundesländer diesbezüglich noch
im Umstellungsprozess befinden oder den Kommunen eine Wahlmöglichkeit zwischen der Doppik und der einfachen oder
erweiterten Kameralistik einräumen.
Die erste Kommune, die in Deutschland auf die Doppik umstellte, war die baden-württembergische Stadt Wiesloch.
Die Stadt Wiesloch begann 1994 mit dem Umstieg auf die Doppik und stellte 1996 die
Eröffnungsbilanz auf. Seit 1999
wird ausschließlich doppisch gebucht.
Schritt für Schritt beginnen auch die ersten Bundesländer mit der Einführung der Doppik.
Das erste deutsche Bundesland, welches die Doppik eingeführt hat, ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Im Rahmen des
Projekts Doppik wurde zum Stichtag 1.1.2006 die
Eröffnungsbilanz aufgestellt. Der erste doppische Jahresabschluss wurde für das
Rechnungsjahr 2006 erstellt. Ein Rechnungsjahr später
folgte der erste Konzernabschluss. Der erste doppische Haushaltsplan ist in Hamburg für die
Haushaltsjahre 2015/16 vorgelegt worden.
Das Flächenland, das bei der Einführung der Doppik in der Landesverwaltung am Weitesten fortgeschritten ist, ist
das Bundesland Hessen. Hessen veröffentlichte auf den Stichtag 1.1.2009 die erste Eröffnungsbilanz. Der erste Gesamtabschluss ist für das
Rechnungsjahr 2009 aufgestellt worden.
Der Bund plant seinerseits nicht auf die Doppik umzustellen. Vielmehr sieht das Reformkonzept des
Bundesfinanzministeriums die Umstellung auf eine "moderne" (erweiterte) Kameralistik vor.
In der Privatwirtschaft ist die (kaufmännische) Doppik bereits das dominierende Buchführungssystem.
Lediglich Kleingewerbetreibende und Angehörige der freien Berufe dürfen noch auf das System der
einfachen Buchführung
zurückgreifen.
Auf EU-Ebene wird aktuell unter dem Schlagwort der
"EPSAS" eine EU-weite Harmonisierung der öffentlichen
Rechnungslegungsstandards auf Grundlage der (doppischen)
IPSAS diskutiert.
Siehe auch:
- Erfahrungsbericht der Stadt Wiesloch zur Doppik-Einführung
- Weitere Doppik-Praxisberichte aus Sicht von Politik und Verwaltung
- Haushaltsreformen in Deutschland (Bund, Länder, Kommunen)
- Linksammlung zu doppischen Haushaltsplänen deutscher Kommunen
- Linksammlung zu doppischen Jahresabschlüssen (Bundesländer und Kommunen)
- Linksammlung zu Eröffnungsbilanzen (Bundesländer und Kommunen)
- Linksammlung zu Gesamt-/Konzernabschlüssen (Bundesländer und Kommunen)
- Blog-Einträge zum Thema "Doppik"
- Blog-Einträge zum Thema "EPSAS"
- Aufsätze zum Neuen Haushalts- und Rechnungswesen
- Vorträge/Präsentationen zum Neuen Haushalts- und Rechnungswesen
Weitere Informationen:
» Doppik-Studie.de - Studie der Universität Hamburg zum Mehrwert der kommunalen Doppik
» EPSAS.eu - Harmonisierte europäische Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor
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