|
|
HaushaltsSteuerung.de »
Weblog »
Geber und Nehmer im Bund-Länder-Finanzausgleich 2014 unter Einbeziehung von Umsatzsteuervorwegausgleich, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen
Geber und Nehmer im Bund-Länder-Finanzausgleich 2014 unter Einbeziehung von Umsatzsteuervorwegausgleich, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen
21. Dezember 2015 |
Autor: Andreas Burth
Der
Bund-Länder-Finanzausgleich (auch: bundesstaatlicher Finanzausgleich) ist ein Ausgleichsmechanismus zur Angleichung der
Finanzkraft der 16 deutschen Bundesländer. Er setzt sich aus vier Stufen zusammen. Die 1. Stufe regelt die vertikale
Verteilung der Steuermittel zwischen dem Bund und den Ländern (sowie den Gemeinden). Die 1. Stufe führt zwischen den Ländern
noch nicht zu Umverteilungen. Dies erfolgt erst in der 2. Stufe (horizontale Steuerverteilung). Eine Umverteilungswirkung
geht in Stufe 2 v.a. vom
Umsatzsteuervorwegausgleich (über die sog. Ergänzungsanteile) aus. Weitere Umverteilungen erfolgen in
Stufe 3 über den
Länderfinanzausgleich im engeren Sinne zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern. Hinzu kommen die
Ergänzungszuweisungen des Bundes an leistungsschwache Länder (Stufe 4).
Fachbeiträge und auch Medienberichte zum bundesstaatlichen Finanzausgleich beschränken sich in ihrer Berichterstattung vielfach
auf die 3. und 4. Stufe (d.h. Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und Bundesergänzungszuweisungen). Häufig wird auch nur die
3. Stufe betrachtet. Bei einer Analyse des
Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne fällt auf, dass im Jahr 2014 eine Gruppe von vier Geberländern (Baden-Württemberg,
Bayern, Hamburg, Hessen) insgesamt zwölf Nehmerländern (übrige Länder) gegenübersteht. Die Verteilung entspricht auch der
Gruppierung in Empfänger und Nicht-Empfänger von Bundesergänzungszuweisungen. Mithin erweckt die Beschränkung auf die Stufen 3
und 4 den Eindruck, im bundesstaatlichen Finanzausgleich stünde eine Minderheit von vier Geberländern einer Mehrheit von zwölf
Nehmerländern gegenüber. Bei isolierter Betrachtung der 3. und 4. Stufe des Bund-Länder-Finanzausgleichs stimmt dies auch. Ein
vollständiges Bild erhält man allerdings erst durch Integration der Umverteilungen im Rahmen der 2. Stufe des bundesstaatlichen
Finanzausgleichs, d.h. des Umsatzsteuervorwegausgleichs. Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, zu untersuchen, wie sich die
Gruppierung in Geber- und Nehmerländer unter Berücksichtigung sämtlicher drei Umverteilungsstufen im Jahr 2014 ausgestaltet.
Überblick:
- Horizontale Steuerverteilung: Umsatzsteuervorwegausgleich (Stufe 2)
- Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (Stufe 3)
- Bundesergänzungszuweisungen (Stufe 4)
- Gesamtbetrachtung (Stufen 2 bis 4)
- Weitere Informationen
Horizontale Steuerverteilung: Umsatzsteuervorwegausgleich (Stufe 2)
Im Rahmen der horizontalen Steuerverteilung werden die Länderanteile an den
Gemeinschaftsteuern zwischen den Ländern verteilt.
Umverteilungswirkungen gehen hierbei primär von der Umsatzsteuerverteilung (jeweils inkl.
Einfuhrumsatzsteuer) aus. Das Aufkommen der
Steuern vom Umsatz steht Bund,
Ländern und Gemeinden zu. Aktuell fließen rund 53,5 Prozent an den Bund (Bundesanteil), etwa 44,5 Prozent an die Länder
(Länderanteil) und ca. 2,0 Prozent an die Gemeinden (Gemeindeanteil).
Im Gegensatz zur
Einkommen- und
Körperschaftsteuer wird bei der Umsatzsteuer nicht das Prinzip des örtlichen Aufkommens genutzt.
Vielmehr erhalten Länder, deren Pro-Kopf-Einnahmen aus der
Einkommensteuer, der
Körperschaftsteuer und den
Landessteuern unterhalb
des Durchschnitts der Länder liegen, in Form sog. Ergänzungsanteile einen Teil (maximal 25 Prozent) des Länderanteils am
Umsatzsteueraufkommen vorab zugeteilt. Man spricht in diesem Kontext auch vom Umsatzsteuervorwegausgleich. Der danach noch unter den
Ländern zu verteilende Rest des Umsatzsteueraufkommens wird nach der Einwohnerzahl zugeteilt.
Eine Möglichkeit die Umverteilungswirkung des Umsatzsteuervorwegausgleichs zu bemessen liegt darin, die folgenden zwei Größen
einander gegenüber zu stellen:
- Umsatzsteuereinnahmen eines Landes im Falle der aktuell gültigen Regelung (d.h. zunächst Umsatzsteuervorwegausgleich und
dann Pro-Kopf-Verteilung des Rests)
- Umsatzsteuereinnahmen eines Landes im Falle einer Verteilung des den 16 Ländern zustehenden Teils am Umsatzsteueraufkommen
ausschließlich nach der Einwohnerzahl (fiktive Regelung als Vergleichsmaßstab)
Aus dem Vergleich der beiden Varianten wird ersichtlich, in welchem Maße einzelne Länder vom Umsatzsteuervorwegausgleich
profitieren bzw. in welchem Maße sie Mindereinnahmen (d.h. sie verzichten auf Einnahmen aus der Umsatzsteuer) zu verzeichnen haben.
Von den 16 Ländern erhalten vier Länder keine Ergänzungsanteile. Es handelt sich mit Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und
Hessen um dieselben vier Länder, die im Länderfinanzausgleich im engeren Sinne Zahlerländer sind und die keine
Bundesergänzungszuweisungen erhalten (siehe nächste Abschnitte). Neben besagten vier Ländern nehmen allerdings auch noch vier
weitere Länder (Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) weniger ein, als ihnen bei einer reinen Verteilung
nach der Einwohnerzahl zustünde. Die empfangenen Ergänzungsanteile fallen in diesen Ländern mithin niedriger aus als der
rechnerische Pro-Kopf-Anteil von 158 Euro je Einwohner. Im Rahmen der Restverteilung gemäß aktueller Regelung erhalten alle
Länder gleichermaßen 960 Euro je Einwohner.
Als Geber im Kontext der aktuellen Rechtsregelung sind auf Basis obiger Ausführungen nicht nur Baden-Württemberg, Bayern,
Hamburg und Hessen einzustufen. Vielmehr können in der Stufe 2 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs auch Berlin, Bremen,
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz als Geberländer kategorisiert werden. Bei der Umsatzsteuerverteilung besteht folglich
ein Geber-Nehmer-Verhältnis von 8:8.
Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (Stufe 3)
Der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne ist (nach der vertikalen und der horizontalen Steuerverteilung) die dritte Stufe des
Bund-Länder-Finanzausgleichs. Beim Länderfinanzausgleich handelt es sich um einen horizontalen Finanzausgleich zwischen finanzstarken
Ländern (sog. ausgleichspflichtige Länder) und finanzschwachen Ländern (sog. ausgleichsberechtigte Länder). Der Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne soll Einnahmeunterschiede teilweise angleichen. Die zentrale gesetzliche Grundlage für den Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne ist der zweite Abschnitt des Finanzausgleichsgesetzes.
Im Kontext des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne ist zunächst für jedes Bundesland die Pro-Kopf-Finanzkraft zu berechnen
(Finanzkraftmesszahl). Diese ergibt sich aus der Summe der Einnahmen des Landes zuzüglich 64 Prozent der Einnahmen der Gemeinden
dieses Landes. Relevante Einnahmearten sind hierbei primär die Steuereinnahmen, d.h. konkret die Länderanteile an den
Gemeinschaftsteuern, die Einnahmen aus Landessteuern und die Steuereinnahmen der Gemeinden.
Im nächsten Schritt ist die Höhe der Ausgleichsleistungen zu bestimmen. Im Grundsatz wird hierbei davon ausgegangen, dass alle
Länder den gleichen Pro-Kopf-Finanzbedarf haben. Den besonderen Merkmalen der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wird indes
dadurch Rechnung getragen, dass die Einwohnerzahl der Stadtstaaten für die weiteren Berechnungen fiktiv um 35 Prozent erhöht wird.
Geringfügig fiktiv erhöht wird darüber hinaus die Einwohnerzahl der dünn besiedelten neuen Bundesländer Brandenburg (+3 Prozent),
Mecklenburg-Vorpommern (+5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (+2 Prozent). Die Höhe der Ausgleichsbeiträge, die von finanzstarken Ländern
zu zahlen sind, ist abhängig davon, wie stark die Pro-Kopf-Finanzkraft des Landes die durchschnittliche Pro-Kopf-Finanzkraft
übersteigt, wobei ein linear-progressiver Abschöpfungstarif genutzt wird. Die Höhe der Ausgleichszuweisungen, die die finanzschwachen
Länder erhalten, hängt analog hierzu davon ab, in welchem Umfang die Pro-Kopf-Finanzkraft des jeweiligen Landes die durchschnittliche
Pro-Kopf-Finanzkraft unterschreitet. Es kommt wiederum ein linear-progressiver Auffüllungstarif zur Anwendung, welcher symmetrisch
zum Abschöpfungstarif ist.
Tabelle 2 stellt die Ausgleichszahlungen des Jahres 2014 im Ländervergleich gegenüber. Es handelt sich dabei noch um vorläufige
Zahlen, da die endgültige Abrechnung des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne noch nicht veröffentlicht worden ist. Beim
Länderfinanzausgleich im engeren Sinne gibt es vier Geberländer. Es handelt sich um Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen.
Die übrigen zwölf Länder sind Nehmerländer.
Bundesergänzungszuweisungen (Stufe 4)
Die Bundesergänzungszuweisungen sind die letzte Stufe im deutschen Bund-Länder-Finanzausgleich. Sie werden ohne Zweckbindung aus
Bundesmitteln an leistungsschwache Länder gewährt. Gesetzliche Grundlage ist v.a. § 11 Finanzausgleichsgesetz.
Man differenziert zwischen allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen und Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen. Die allgemeinen
Bundesergänzungszuweisungen dienen dazu, die nach dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (siehe oben) verbleibenden
Finanzkraftunterschiede bei leistungsschwachen Ländern weiter zu reduzieren. Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen werden all
denjenigen Bundesländern zugeteilt, deren Pro-Kopf-Finanzkraft nach dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne unter 99,5 Prozent
des Durchschnitts liegt. Die Differenz zu 99,5 Prozent wird zu 77,5 Prozent ausgeglichen. Zweck von Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
ist es, bestimmte Sonderlasten einzelner leistungsschwacher Länder auszugleichen. Gemäß Solidarpakt II erhalten die Länder Berlin,
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Zeitraum 2005 bis 2019 Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
in Höhe von insgesamt etwa 105 Mrd. Euro. Hierdurch sollen teilungsbedingte Rückstände in der Infrastruktur abgebaut und die unterproportionale
kommunale Finanzkraft ausgeglichen werden. Das Volumen der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für teilungsbedingte Sonderlasten reduziert sich von Jahr zu Jahr (2014:
5,78 Mrd. Euro). Weitere Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen werden für überdurchschnittlich hohe Kosten politischer Führung und für die Folgen einer hohen strukturellen Arbeitslosigkeit gewährt.
Tabelle 3 enthält Daten zu den vom Bund an die Länder geleisteten Ergänzungszuweisungen im Jahr 2014. Die Zahlen zu den allgemeinen
Bundesergänzungszuweisungen haben noch vorläufigen Charakter. Wie aus Tabelle 3 ersichtlich wird, erhalten Baden-Württemberg,
Bayern, Hamburg und Hessen keine Bundesergänzungszuweisungen. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erhalten nur allgemeine
Bundesergänzungszuweisungen, aber keine Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen. Alle übrigen Länder haben sowohl Einnahmen aus
allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen als auch aus Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen.
Gesamtbetrachtung (Stufen 2 bis 4)
Tabelle 4 fasst die Ergebnisse obiger Abschnitte zusammen und erlaubt eine Gesamtbetrachtung der Stufen 2 bis 4 des bundesstaatlichen
Finanzausgleichs. Dabei wird deutlich, dass neben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen auch Nordrhein-Westfalen ein Geberland
ist. Hintergrund ist, dass Nordrhein-Westfalen aus dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und aus Bundesergänzungszuweisungen
weniger Mittel erhält, als es durch den Umsatzsteuervorwegausgleich an Mindereinnahmen zu verzeichnen hat.
Den fünf Geberländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen stehen im Jahr 2014 insgesamt elf Nehmerländer
gegenüber. Interessant ist vor diesem Hintergrund ein Vergleich der beiden Ländergruppen (siehe Tabelle 5). Aus dem Vergleich wird
deutlich, dass die Geberländer nicht nur bei der reinen Länderfallzahl, sondern auch bei den Stimmen im Bundesrat in der Minderheit
sind. Die Stimmenverhältnisse im Bundesrat sind v.a. in politischen Entscheidungsprozessen bedeutsam. Bei den beiden anderen hier betrachteten Kenngrößen
- der Bevölkerung und dem
Bruttoinlandsprodukt - ist es hingegen umgekehrt.
Da das einwohnerstarke Land Nordrhein-Westfalen aufgrund der niedrigen, empfangenen
Ergänzungsanteile als Geberland einzustufen ist, entfällt auf die Gruppe der Geberländer sowohl der überwiegende Teil der Einwohner als
auch der Großteil der Wirtschaftskraft. Wäre Nordrhein-Westfalen ein Nehmerland, so hätten die Geberländer bei den beiden Kenngrößen die geringeren Werte (im Vergleich zu den Nehmerländern).
Der aktuell gültige bundesstaatliche Finanzausgleich läuft Ende 2019 aus. Für die Jahre ab 2020 werden sich Bund und Länder auf ein neues
Finanzausgleichssystem (oder die Fortführung des bisherigen Systems) einigen müssen. Wie der bundesstaatliche Finanzausgleich ab 2020 konkret
ausgestaltet sein wird, ist noch nicht entschieden. Die 16 Länder haben jüngst am 3. Dezember 2015 einen Vorschlag unterbreitet. Eine offizielle
Stellungnahme des Bundes zum Ländervorschlag steht noch aus.
Weitere Details zu den inhaltlichen Vorstellungen der 16 Bundesländer können Sie nachfolgendem Link entnehmen.
» Vorschlag der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen vom 3. Dezember 2015
Hrsg.: Ministerpräsidentenkonferenz
Weitere Informationen
Ein umfangreiches Datenangebot mit weiteren Informationen zum bundesstaatlichen Finanzausgleich in Deutschland ist unter
untenstehenden Link abrufbar. Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass dort nur die Stufen 3 und 4 des Finanzausgleichs
(d.h. der Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen) untersucht werden.
» Bund-Länder-Finanzausgleich in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
|
|
|