GEDANKENEXPERIMENTE ZU DEN ÖFFENTLICHEN FINANZEN |
Szenario |
Kurzanmerkungen |
Ein weltweit einheitliches öffentliches Haushalts- und Rechnungswesen
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Das öffentliche Haushalts- und Rechnungswesen ist bereits innerhalb Deutschlands höchst heterogen und bedarf dringend einer
Harmonisierung. Sofern man über den deutschen Tellerrand hinaus schaut, wird das Bild noch uneinheitlicher. Auf EU-Ebene wird
unter dem Stichwort "EPSAS"
bereits zumindest über eine Vereinheitlichung der Rechnungslegung (nicht jedoch der Haushaltsplanung) diskutiert. Interessant wäre allerdings
auch die Idee, noch einmal einen Schritt weiter zu gehen: Ein weltweit einheitliches Haushalts- und Rechnungswesen. Aufbauend
darauf stellen sich u.a. folgende Fragen: Wie könnte es ausgestaltet sein? Wie würde die Entwicklung und Fortentwicklung
vonstattengehen? Welche Probleme können auftreten und wie könnten sie gelöst werden? Wie könnte die Bereitschaft für eine
solche weltumspannende Reform sichergestellt werden? Wie könnte der staatsübergreifende Austausch im Sinne eines "Lernen
vom Besten" gefördert werden? Usw.
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Die Gemeinden erhalten nur eine finanzielle Grundversorgung, darüber hinaus gehende Finanzbedarfe sind über Spenden von Bürgern und (ortsansässigen) Unternehmen zu decken
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Ein Problem unseres heutigen Finanzsystems der Gemeinden besteht darin, dass Bürger und Unternehmen nur sehr ungerne
Gemeindesteuern
(z.B. Grundsteuer A/B, Gewerbesteuer) entrichten. Dies wirft die Frage auf, wie es gelingen kann, dass Bürger
und Unternehmen bereitwilliger Steuern zahlen. Eine Möglichkeit sich der Lösung(en) des Problems zu nähern, besteht in
diesem Gedankenexperiment. Dieses sieht zunächst vor, dass alle Gemeindesteuern abgeschafft werden. Die Einführung neuer
Gemeindesteuern wäre in diesem Szenario verboten. Jeder Gemeinde wird vom Land lediglich pauschal ein am Bedarf (Einwohnerzahl, zentralörtliche
Funktionen etc.) orientiertes "Existenzminimum" bereitgestellt. Alle darüber hinaus gehenden Finanzbedarfe muss die Gemeinde aus
Spenden (freiwillige Steuer) von Bürgern und Unternehmen akquirieren. Wer wie viel gespendet hat wird unabhängig von der
Höhe der Spende auf der Webseite der Gemeinde veröffentlicht. Hierauf aufbauend stellen sich u.a. folgende Fragen: Durch
welche Maßnahmen könnten Gemeinden die notwendige Spendenbereitschaft sicherstellen? Wie müssten Haushaltsplanung,
Rechnungslegung, Risikomanagement, Controlling etc. ausgestaltet sein, um die Informationsbedürfnisse der Spender zu
befriedigen? Welche Auswirkungen hätte das System auf die Transparenz des Verwaltungshandelns im Allgemeinen sowie der
Finanzen im Besonderen? Welche haushaltspolitischen Anreize würden in der kommunalen Volksvertretung entstehen? Usw. Die
Beantwortung der obigen Fragen kann z.B. Ideen dafür liefern, unser heutiges kommunales Finanzmanagement zu verbessern
und die Akzeptanz von Gemeindesteuern zu erhöhen.
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Die Staatsfinanzen befinden sich in einer lang anhaltenden Wirtschaftskrise
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Es wäre keineswegs wünschenswert, wenn Deutschland in eine mehrere Jahrzehnte andauernde Wirtschaftskrise geraten würde.
Allerdings ist dieser Fall keineswegs ausgeschlossen. Ein Beispiel aus der entwickelten Welt ist Japan, das seit vielen
Jahren wirtschaftlich stagniert. In diesem Sinne ist es ebenso denkbar, dass eine solche (oder vielleicht sogar noch
kritischere) Situation eines Tages Deutschland trifft. Ein derartiger Einschnitt in den ökonomischen Rahmenbedingungen müsste auch dazu
führen, die Staatsfinanzen fundamental zu restrukturieren. In dem hier skizzierten Gedankenspiel werden u.a. folgende Fragen
aufgeworfen: Wie wäre das Einnahmeportfolio umzugestalten? In welcher Form wären die Ausgabenstrukturen anzupassen? Wie
wäre die Finanzsteuerung zu reorganisieren? Wie würde sichergestellt werden, dass alle Ebenen (Bund, Länder, Kommunen)
dauerhaft leistungsfähig bleiben? Usw. Das Gedankenspiel kann dabei helfen, Ideen zu entwickeln, um das heutige
Staatsfinanzsystem weniger krisenanfällig zu machen.
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Die Abgeordnetendiäten und der Sold der leitenden Regierungsbeamten (Bund oder Land) werden pauschal um 20 Prozent
gekürzt, solange der Haushalt nicht ausgeglichen ist
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Ein dauerhaft ausgeglichener Haushalt
ist wichtig, um in künftigen Jahren haushaltspolitische Gestaltungsspielräume
zu bewahren. Ein Problem der öffentlichen Finanzen ist, dass es größtenteils immer das Geld anderer Leute ist, das
ausgegeben wird (der persönliche Anteil ist prozentual i.d.R. verschwindend gering). Es besteht mithin für die
Verwaltung und die Politik (aber auch für die Bürger) das Problem der fehlenden direkten Fühlbarkeit der Haushaltspolitik.
Zur Verbesserung dieser Fühlbarkeit ist z.B. für die kommunale Ebene die
doppische Kommunalschuldenbremse mit
Generationenbeitrag
entwickelt worden. Ein weiterer, jedoch weitaus hypothetischerer Ansatz besteht in dem hier kurz
vorgestellten Gedankenexperiment, wonach die Abgeordnetendiäten und der Sold der leitenden Regierungsbeamten
pauschal um 20 Prozent gekürzt werden, sofern der Haushalt nicht ausgeglichen ist. Wie würde sich in diesem System
der Prozess der Haushaltsaufstellung verändern? Wie würden haushaltspolitische Debatten ablaufen? Welche
Informationsbedarfe würden die Parlamentarier gegenüber der Verwaltung artikulieren? Welche Informationen würde die
Politik vom Rechnungshof einfordern? Usw. Das Gedankenexperiment kann u.a. Ideen zur Weiterentwicklung der
adressatenorientierten Ausgestaltung von Haushaltsplänen, unterjährigen Finanzberichten, Haushaltsrechnungen, Prüfungsberichten etc. liefern.
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Eine Kommunalverwaltung, die durch maximale Ausgliederung von Aufgaben auf das absolute Minimum reduziert ist
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Bereits heute haben viele Kommunen (v.a. die größeren Kommunen) einen erheblichen Teil ihrer Aufgaben auf GmbHs,
Eigenbetriebe, Zweckverbände etc.
ausgegliedert.
Ein interessantes Gedankenspiel könnte darin bestehen, sich
vorzustellen wie es wäre, sofern man dieses Vorgehen (unter Loslösung von rechtlichen Restriktionen) völlig auf
die Spitze treiben würde: Wenn die Kommunalverwaltung einer Großstadt quasi nur noch aus dem Hauptverwaltungsbeamten, der
Volksvertretung und dem Beteiligungsmanagement bestünde. Alle übrigen Aufgaben (inkl. hoheitlicher Aufgaben)
wären auf GmbHs, AGs etc. übertragen worden, die zu 100 Prozent oder zumindest mehrheitlich im Eigentum dieser
Stadt stünden, oder wären privatisiert worden. Wie würde in einer solchen Situation die Politik steuern? Welche
Instrumente müssten entwickelt werden, um dennoch steuerungsfähig zu sein? Wie sähe der Haushaltsplan aus? Welche
Informationsbedürfnisse würden gegenüber dem Beteiligungsmanagement artikuliert werden? Usw. Die Beantwortung der
Fragen könnte Hinweise darauf geben, wie Kommunen, die bereits heute einen Teil ihrer Aufgaben ausgegliedert haben,
ihre Verwaltungs- und Beteiligungssteuerung verbessern können.
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