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Generationenbeitrag
Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft
Generationenbeitrag
Der Generationenbeitrag (z.T. auch: Bürgerbeitrag) ist ein Kernbestandteil der
doppischen Kommunalschuldenbremse. Es handelt sich hierbei um eine
Sonderabgabe in Form einer Pro-Kopf-Abgabe oder alternativ in Form eines Aufschlags auf die
Grundsteuer B (Gemeinden) bzw. eines Aufschlags auf die Gemeindeverbandsumlage (Gemeindeverbände). Sofern der Generationenbeitrag erhoben wird, belastet er somit alle Bürger und Unternehmen vor Ort (direkt oder indirekt). Diese breite Belastung ist für das Funktionieren der Gesamtmodells von großer Bedeutung.
Der Generationenbeitrag ist so konzipiert, dass er in jedem Jahr exakt die Höhe des
Defizits im
ordentlichen Ergebnis annimmt. Sofern das ordentliche Ergebnis ausgeglichen ist, wird kein Generationenbeitrag erhoben.
Unausgeglichene
Haushalte (und damit einhergehend eine nicht
generationengerechte
Haushaltspolitik) werden damit faktisch unmöglich. Der Generationenbeitrag hat in diesem Sinne den Charakter einer Ultima Ratio, die nur zum Zuge kommt, wenn die Politik den Haushalt nicht aus eigener Initiative heraus ausgleicht.
Der Generationenbeitrag wird sowohl in der Haushaltsplanung zum Ausgleich eines Defizits im
Ergebnishaushalt als auch in der
Rechnungslegung zum Ausgleich eines Defizits in der
Ergebnisrechnung angewendet. So ist sichergestellt, dass der Generationenbeitrag durch eine zu optimistische Haushaltsplanung nicht umgangen werden kann.
Die Kernidee hinter dem Generationenbeitrag in Verbindung mit einer Pflicht zum Haushaltsausgleich im ordentlichen Ergebniss besteht indes nicht darin, dass
er tatsächlich erhoben wird - im Gegenteil: Der Generationenbeitrag dient im Modell als Drohkulisse und zugleich als wirkungsvoller Anreiz- und Sanktionsmechanismus,
der die kommunalen Entscheidungsträger dazu bringen soll, das ordentliche Ergebnis aus eigener Initiative heraus über geeignete Maßnahmen auszugleichen.
In welchen Bereichen konkret
Erträge gesteigert bzw.
Aufwendungen gesenkt werden, bleibt indes den Entscheidungsträgern vor Ort vorbehalten. Die
kommunale Selbstverwaltung bleibt damit gewährleistet. Der Generationenbeitrag stellt lediglich in letzter Instanz sicher, dass das ordentliche Ergebnis
tatsächlich ausgeglichen ist und damit die Generationengerechtigkeit der
Haushaltswirtschaft gewährleistet ist.
Der Generationenbeitrag schafft aus Sicht der ortsansässigen Bürger und Unternehmen eine direkte Verknüpfung zwischen dem kommunalen
Leistungsangebot und den zu deren
Finanzierung abzuführenden Abgaben. Ist das Abgabenniveau niedriger als das Leistungsniveau, so besteht finanzwirtschaftlich ein Defizit
im ordentlichen Ergebnis. Da das Modell der doppischen Kommunalschuldenbremse an ein solches Defizit die Erhebung der Sonderabgabe "Generationenbeitrag"
knüpft, der wiederum alle Bürger und Unternehmen direkt oder indirekt belastet, wird erstens das Gleichgewicht von Leistungs- und Abgabenniveau wieder
hergestellt. Zweitens spürt die Bevölkerung in ihrem Geldbeutel, in welchem Umfang Leistungs- und Abgabenniveau ohne Generationenbeitrag nicht übereingestimmt hätten.
Aufgrund dessen, dass alle Bürger und Unternehmen eine Erhebung eines Generationenbeitrags finanziell spüren, entsteht aus Sicht
der kommunalen Entscheidungsträger ein Anreiz, den Haushalt aus eigener Kraft heraus auszugleichen - zumal die Erhebung eines Generationenbeitrags
dem Eingeständnis gleich käme, nicht selbst in der Lage zu sein, eine generationengerechte
Finanzpolitik zu betreiben. Das dauerhafte Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts wird politisch attraktiver. Ferner wird Klientelpolitik erschwert, da im Falle eines Defizits der Begünstigung einer kleinen Gruppe die potenzielle Belastung der Gesamtbevölkerung in Form des Generationenbeitrags gegenüber steht. Auf diesem Wege wird das zunächst abstrakte Haushaltsdefizit in eine wichtige Währung der Politik übersetzt: Wählerstimmen.
Kommunen die sich auf dem Satzungswege freiwillig eine doppische Kommunalschuldenbremse mit Generationenbeitrag gegeben haben sind z.B.
die Städte Overath und Spenge in Nordrhein-Westfalen (sog.
Nachhaltigkeitssatzung),
die Ortsgemeinde Stadtkyll in Rheinland-Pfalz (sog.
Satzung generationengerechte Finanzen), die Stadt Ingelheim am Rhein in Rheinland-Pfalz (sog. Satzung über die nachhaltige Haushaltswirtschaft)
und die Städte Seligenstadt und Taunusstein in Hessen (sog. Nachhaltigkeitssatzung).
Siehe auch:
- Linksammlung zu kommunalen Schuldenbremsen-Satzungen
Blog-Einträge & Interviews zum Thema:
- Entscheidung zu nachhaltiger Finanzpolitik in Hürtgenwald (Blog-Eintrag vom 17.7.2016)
- Die Kommunen mit freiwilliger Schuldenbremsen-Satzung im Vergleich (Blog-Eintrag vom 30.6.2016)
- Stadt Rotenburg an der Fulda etabliert Nachhaltigkeitssatzung (Blog-Eintrag vom 9.3.2016)
- Stadt Ingelheim am Rhein verabschiedet "Satzung über die nachhaltige Haushaltswirtschaft" (Blog-Eintrag vom 14.1.2016)
- Stadt Freudenberg hebt Nachhaltigkeitssatzung wieder auf (Blog-Eintrag vom 13.1.2016)
- Freiwillige kommunale Schuldenbremsen per Hauptsatzung oder Nachhaltigkeitssatzung in Deutschland (Blog-Eintrag vom 20.9.2015)
- Stadt Spenge verabschiedet eine Nachhaltigkeitssatzung (Blog-Eintrag vom 15.8.2015)
- Stadt Seligenstadt bekommt Nachhaltigkeitssatzung (Blog-Eintrag vom 25.1.2015)
- Hürtgenwald hat Nachhaltigkeitssatzung für das Jahr 2016 im Visier (Blog-Eintrag vom 10.1.2015)
- Stadt Overath verabschiedet Nachhaltigkeitssatzung (Blog-Eintrag vom 6.1.2015)
- Taunusstein etabliert generationengerechte Nachhaltigkeitssatzung (Blog-Eintrag vom 17.8.2014)
- Ortsgemeinde Stadtkyll verabschiedet "Satzung generationengerechte Finanzen" mit Generationenbeitrag (Blog-Eintrag vom 10.7.2014)
- Stadt Freudenberg verabschiedet Nachhaltigkeitssatzung mit doppischer Schuldenbremse (Blog-Eintrag vom 5.10.2014)
- Eindrücke aus der Rechtswissenschaft zur doppischen Kommunalschuldenbremse (Blog-Eintrag vom 24.2.2014)
- Diskussion um doppische Schuldenbremse für Kommunen (Blog-Eintrag vom 30.1.2014)
- Doppische Schuldenbremse mit Generationenbeitrag (Interview vom 13.1.2014 mit Jörg Schrader)
- Zur Funktionsweise einer doppischen Kommunalschuldenbremse (Blog-Eintrag vom 25.3.2012)

Weitere Informationen:
» Kommunaler Finanzreport 2013: Teil VII - Doppische Kommunalschuldenbremse
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