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Stadt Overath verabschiedet Nachhaltigkeitssatzung
Stadt Overath verabschiedet Nachhaltigkeitssatzung
6. Januar 2015 |
Autor: Marc Gnädinger
Immer mehr Kommunen entschließen sich aus kommunaler Eigeninitiative und trotz teils schwieriger exogener Rahmenbedingungen zur
Verankerung von Leitplanken, die ein Wirtschaften auf Kosten nachrückender Generationen verhindern sollen. Sichtbarer Ausdruck
eines derartigen Vorgehens ist die Verabschiedung einer
Nachhaltigkeitssatzung. Jüngst hat nun ebenfalls die nordrhein-westfälische
Stadt Overath eine Nachhaltigkeitssatzung verabschiedet.
Die Stadt Overath liegt geographisch im Rheinisch-Bergischen Kreis. Mit 26.812 Einwohnern zum 31.12.2013 gilt sie im statistischen
Sinne bereits als kleinere Mittelstadt (Städte und Gemeinden mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern). Sie ist neben Wülfrath, Heinsberg,
Freudenberg und Dorsten die nunmehr fünfte Stadt in Nordrhein-Westfalen, die eine Nachhaltigkeitssatzung verabschiedet hat. Daneben
gibt es weitere Kommunen in diesem Bundesland, die spezifische Schuldenbegrenzungsregelungen in ihre Hauptsatzung übernommen haben.
» Kommunale Schuldenbremsen-Satzungen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Gleichwohl hat in Nordrhein-Westfalen bislang einzig die Stadt Freudenberg eine Nachhaltigkeitssatzung etabliert, die sich
inhaltlich eng an dem wissenschaftlichen Modell einer
doppischen Schuldenbremse mit
Generationenbeitrag als Ultima Ratio
orientiert, wie es u.a. von der Bertelsmann Stiftung mit dem Kommunalen Finanzreport 2013 (Seite 156 ff.) beschrieben wurde.
» Kommunaler Finanzreport 2013: Teil VII - Doppische Kommunalschuldenbremse
Hrsg.: Bertelsmann Stiftung
» Stadt Freudenberg verabschiedet Nachhaltigkeitssatzung mit doppischer Schuldenbremse, Blog-Eintrag vom 10. Mai 2014
Autor: Marc Gnädinger
» Doppische Schuldenbremse mit Generationenbeitrag - Interview mit Jörg Schrader (Kämmerer der Stadt Freudenberg)
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Die Kommunalschuldenbremse bei der Stadt Freudenberg - Wirtschaftswoche Journal - Sonderveröffentlichung Zukunft.Stadt.Kommune (Seite 18)
Autor: Jörg Schrader
Mit der Stadt Overath gibt es nun eine zweite Stadt in Nordrhein-Westfalen, die sich an diesem Modell zumindest orientiert. So sieht § 1 der
Satzung u.a. den Ausgleich des Ergebnishaushaltes (Gesamtergebnisplan soll ab 2018 keinen Fehlbedarf mehr ausweisen; hinzu kommt:
Gesamtfinanzplan soll bereits ab 2016 keinen Fehlbedarf mehr ausweisen) vor und in § 2 finden sich Regelungen zum Generationenbeitrag
(Kopplung an den
Hebesatz der
Grundsteuer B).
Daneben finden sich in den §§ 3 und 4 Regelungen für Ausnahmen (bei Vorliegen extremer Haushaltslagen) sowie zur freiwilligen Verpflichtung
zur Aufstellung eines
Haushaltssicherungskonzeptes. Mit letzterer Regelung soll verhindert werden, dass der
Haushaltsausgleich über den
Generationenbeitrag für neue Aufwendungen, die bisher nicht nötig waren oder den Verzicht auf die Bergung von Ertragspotentialen genutzt wird.
Wichtig im Kontext des Generationenbeitrages ist, dass mit der jährlichen Anpassung des Generationenbeitrags eine Systematik geschaffen
wird, die automatisch zu einer Erreichung der zu Grunde liegenden Ziele führt (insb. zum Ausgleich zwischen Erträgen als Ressourcenaufkommen
und Aufwendungen als Ressourcenverbrauch). Das betont auch die Stadtverwaltung in Overath im Rahmen einer Pressemitteilung zur
Haushaltseinbringung 2015.
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Overath vom 10.12.2014
Hrsg.: Stadt Overath
» Pressemitteilung zur Haushaltseinbringung 2015 in der Sitzung des Stadtrates am 12.11.2014
Hrsg.: Stadt Overath
Die Ziele der Satzung von Overath lassen sich teils in der Präambel der Satzung nachlesen, zum Teil werden sie aber auch aus
Presseberichten erkennbar:
- Eigenkapitalabbau (Vernachlässigung der Infrastruktur und Verschuldungsanstieg) zu Ungunsten nachfolgender Generationen und damit
einhergehende Einengung der Gestaltungsoptionen verhindern
- Verhinderung der Überschuldung, mithin Abwendung eines Sparkommissars
Im Vorfeld der Satzungsverabschiedung gingen in Overath intensive und kontroverse Diskussionen voraus, insbesondere im Kontext der zur
(sofortigen) Wiedererreichung des Haushaltsausgleiches starken Erhöhung der Grundsteuer B. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch
der Beitrag der IHK Köln. Trotz deren Skepsis in Bezug auf die Steuererhöhungen lässt die IHK eine gewisse Sympathie für die vorgesehene
Nachhaltigkeitssatzung erkennen. So heißt es in einem offenen Brief u.a.:
"Mit dem Weg einer Selbstverpflichtung durch eine
Nachhaltigkeitssatzung und dem damit verbundenen Generationsbeitrag geht die Stadt Overath einen bislang einsamen Weg. Aus Sicht der
Wirtschaft ist der damit geplante Schuldenstopp nur zu begrüßen. Nur durch die Rückführung der Verschuldung lassen sich in Zukunft neue
Freiräume entwickeln. Zudem entgeht die Stadt dem Risiko, bei steigenden Zinssätzen wieder mit leeren Händen bei der Haushaltskonsolidierung
dazustehen. Ob dieser Mut für die Zukunft allerdings belohnt wird, ist nur zu hoffen bei einer weitestgehend fremd bestimmten Haushaltsführung."
» Stadt will Grundsteuer verdoppeln, Bergische Landeszeitung vom 12.11.2014
Autor: Stephan Brockmeier
» IHK Köln kritisiert Haushaltsplanentwurf der Stadt Overath für das Jahr 2015 - Offener Brief an den Bürgermeister der Stadt Overath vom 27.11.2014
Hrsg.: IHK Köln
» Geringerer Anstieg der Grundsteuer, Kölner Stadt Anzeiger vom 9.12.2014
Autor: Stephan Brockmeier
Im Rahmen der Haushaltssatzung 2015 nennt die Stadt Overath den auf den Generationenbeitrag entfallenden Teil der Grundsteuer explizit
und deklaratorisch in der Haushaltssatzung (siehe Kästchen).
Im Vorbericht zum Haushalt 2015 wird darüber hinaus kurz und prägnant auf die Nachhaltigkeitssatzung und den damit verbundenen
Generationenbeitrag bzw. auch auf dessen Höhe vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeitsprämisse eingegangen. Dort heißt es:
"Basis dieses Haushaltes ist es, eine nachhaltige Systemänderung zu erreichen. Als elementarer Bestandteil dieser Systemänderung ist
die zeitgleich mit dem Haushalt eingebrachte Nachhaltigkeitssatzung zu sehen. Die Notwendigkeit zum Beschluss einer Nachhaltigkeitssatzung
begründet sich auf die zwingende Vorgabe des Haushaltsausgleichs nach § 75 Abs. 2 der GO NRW. Um weiteren finanziellen Schaden von der
Stadt abzuwenden, wird [...] die Erhebung eines "Generationsbeitrages" vorgesehen. Dieser wird im Rahmen der Grundsteuer B erhoben.
[...] Um den "Generationsbeitrag" wieder zu verringern, wird ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept bis zur Erreichung eines
"üblichen" Hebesatzes verpflichtend. Da die Stadt Overath jedoch mit erheblichen Kosten und Einnahmeausfällen zu kämpfen hat, wäre
ein Hebesatz von über 1200 % Punkten erforderlich um den gesetzlich geforderten Haushaltsausgleich darzustellen. Dieser Haushalt wird
daher eingebracht, ohne dass das Ziel des Haushaltsausgleichs erreicht wird. Jedoch beinhaltet das vorliegende Zahlenwerk einen Ausgleich
der Finanzrechnung ab 2016, so dass ab diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit zur Aufnahme weiterer Liquiditätskredite besteht. Unter
Anpassung des Grundsteuer-B-Hebesatzes von 850% in 2015 auf 975% in 2016 und unter der Annahme, dass die weiteren Prognosen zutreffend
sind, kann ab dem Jahr 2017 mit der Rückführung der Liquiditätskredite begonnen und der Haushaltsausgleich 2018 dargestellt werden. Es ist
nach den vorliegenden Plandaten bereits für das Jahr 2018 möglich den Generationenbeitrag leicht zu senken. Das vorgestellte System beinhaltet
zwar für die Jahre 2015 bis 2017 noch einen kontrollierten Eigenkapitalabbau, beendet jedoch ab 2016 den weiter fortschreitenden
Verschuldungsstand. Auch wenn es noch Jahre dauern wird die aufgelaufenen Liquiditätskredite zurückzuführen kann das Zinsrisiko durch die
Veränderung des Finanzmarktes zumindest minimiert werden. Einem der Grundgedanken des NKFs - die
intergenerative Gerechtigkeit - wird
mit der erläuterten Systematikveränderung deutlich Rechnung getragen, auch wenn er erst im Jahre 2018 erreicht wird."
» Haushalt 2015 der Stadt Overath
Hrsg.: Stadt Overath
Insgesamt ist die Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Overath dem Ziel der Generationengerechtigkeit zuträglich. Mit dem Generationenbeitrag
als Ultima Ratio und den bereits jetzt beschlossenen merklichen Anpassungen im Steuerbereich nimmt vor Ort ebenfalls der Druck deutlich zu,
über alternative Konsolidierungsmöglichkeiten nachzudenken und zu entscheiden: Aus Perspektive nachrückender Generationen und deren
Entscheidungsspielräume ist dieser (politisch) sicher schwierige Weg begrüßenswert.
Kommunen, die einen ähnlichen Weg wie Overath in Richtung Sicherstellung der dauerhaften finanziellen Leistungsfähigkeit einschlagen
möchten, finden weitere Informationen u.a. in einer Präsentation der Stadt zur Einbringung des Haushaltes 2015.
» Präsentation zum Haushalt (Einbringung) 2015
Hrsg.: Stadt Overath
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