Kontakt  |  Sitemap  |  Impressum/Datenschutz
Startseite
Weblog
Themen
Lexikon
Akteure
Literatur
Über HaushaltsSteuerung.de
  Weblog
  » Aktuelle Blog-Einträge
  » Weblog-Archiv
  » Themen
  » Karikaturen
  » Autoren
  » RSS-Feed zum Blog
HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Interessante Fragen für künftige Forschungsprojekte im Bereich der Kommunalfinanzen

Interessante Fragen für künftige Forschungsprojekte im Bereich der Kommunalfinanzen
22. Oktober 2016  |  Autor: Andreas Burth



Die wissenschaftliche Forschung ist ein bedeutender Treiber in der Fortentwicklung der kommunalen Finanzsteuerung. Forschungsprojekte sind regelmäßig darauf ausgerichtet, bestimmte Forschungsfragen zu beantworten. Im Laufe der Jahre habe auch ich einige Ideen für eventuell interessante Forschungsfragen gesammelt. Zur Umsetzung entsprechender Forschungsprojekte bin ich jedoch u.a. aus zeitlichen Gründen bislang nicht gekommen. Daher sollen die Forschungsfragen an dieser Stelle zusammengetragen werden.


MÖGLICHE FORSCHUNGSFRAGEN ZU DEN KOMMUNALFINANZEN
Forschungsfrage Kurzanmerkungen
Welche Faktoren determinieren Investitionsentscheidungen in Kommunen? Unser Gemeinwesen braucht eine funktionierende kommunale Infrastruktur, um zukunftsfähig zu bleiben. Verschiedene Quellen zeichnen indes das Bild eines eher niedrigen kommunalen Investitionsniveaus (siehe z.B.: Blog-Eintrag vom 20.9.2016). Eine Frage, die sich in diesem Kontext stellt, ist, welche Gründe Kommunen dazu bewegen, ein Investitionsprojekt zu tätigen (oder es nicht zu tätigen). Eine entsprechende quantitativ-empirische Analyse (z.B. auf Basis eines Strukturgleichungsmodells) könnte einen Beitrag zu einer informierten Diskussion um die kommunale Investitionstätigkeit leisten.
Was machen Kommunen, die trotz schlechter Rahmenbedingungen stabile Haushalte haben, besser bzw. anders? Auf HaushaltsSteuerung.de sind mehrere Blog-Einträge (Links siehe unten) verfasst worden, in denen gezeigt werden konnte, dass selbst Kommunen mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen (z.B. niedrige Steuereinnahmen, starke Zersiedelung, schwierige soziale Lage, hohe Bevölkerungsrückgänge) ihre Haushalte ohne Kassenkredite führen können. Hierauf aufbauend ist zu fragen, was diese Kommunen anders bzw. besser gemacht haben und was andere Kommunen von ihnen lernen können.

Links zu den angesprochenen Blog-Einträgen:
- Blog-Eintrag vom 20.10.2015 (Zersiedelung)
- Blog-Eintrag vom 16.9.2015 (Sachsen)
- Blog-Eintrag vom 11.9.2015 (Bevölkerungsrückgänge)
- Blog-Eintrag vom 8.9.2015 (soziale Lage)
- Blog-Eintrag vom 6.9.2015 (Steuereinnahmen)
- Blog-Eintrag vom 4.9.2015 (Steuereinnahmen)
Verkaufen kameral rechnende Kommunen mehr Vermögen als doppisch rechnende Kommunen? In einem Blog-Eintrag vom 11.6.2016 ist unter Aggregation der Kommunen auf der Landesebene ein interessanter Zusammenhang identifiziert worden: In Ländern, in denen es noch kameral rechnende Kommunen gibt, werden von den Kommunen tendenziell die höchsten Einnahmen aus Vermögensveräußerungen erzielt. Aus kameraler Sicht sind Vermögensveräußerungen eine Einnahmequelle. Aus doppischer Perspektive handelt es sich um einen Aktivtausch, der ergebnisneutral zu verbuchen ist, sofern der Verkaufspreis dem Buchwert entspricht. Die beiden Rechnungssysteme haben folglich einen unterschiedlichen Blickwinkel auf Vermögensveräußerungen.

Da es sich in dem Blog-Eintrag um eine vergleichsweise einfache Analyse handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Befund lediglich ein "Zufall" war. Dennoch erscheint es interessant, diese Frage genauer und unter Betrachtung einzelkommunaler Daten quantitativ-empirisch zu untersuchen. Falls sich das Ergebnis bestätigt, wäre dies ein Nachweis für den Einfluss der Doppik auf kommunale Entscheidungen.
Wie gelang es mehreren bayerischen Kommunen, selbst in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise ihre Schulden bis hin zur Schuldenfreiheit abzubauen? In Krisenzeiten, wie z.B. in den Jahren der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise, steigen kommunale Schulden typischerweise an. Grund hierfür ist, dass aufgrund des schlechteren wirtschaftlichen Umfelds tendenziell die Einnahmen geringer und die Ausgaben höher ausfallen. Anders war die Situation in einigen bayerischen Kommunen. Wie ein Blog-Eintrag vom 6.12.2015 zeigte, ist die Anzahl schuldenfreier Kommunen in Bayern sogar in den Krisenjahren weiter gestiegen. Dies wirft die Frage auf, was diese Kommunen anders bzw. besser gemacht haben und was andere Kommunen von ihnen lernen können.
In welchen Kommunen nahm das Problem der Kassenkreditschulden ihren Anfang? Es gab einmal Zeiten, in denen Kassenkredite weitgehend im Sinne ihrer eigentlichen Zweckbestimmung (d.h. der kurzfristigen Liquiditätssicherung) verwendet wurden. Heute haben mehrere Länder (v.a. Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen) größere Probleme mit kommunalen Kassenkrediten (siehe z.B.: Blog-Eintrag vom 12.4.2016). Trotz verschiedener Entschuldungsprogramme der Länder, niedriger Zinsen und eines guten wirtschaftlichen Umfelds ist noch immer keine wirkliche Trendwende zu beobachten. Interessant in diesem Zusammenhang wäre es zunächst, diejenigen Kommunen zu identifizieren, in denen das kommunale Kassenkreditproblem seinerzeit ihren Anfang nahm. Aufbauend darauf ist zu fragen, welche Fehler damals von welchen Akteuren (Kommune, Kommunalaufsicht, Landesgesetzgeber etc.) gemacht worden sind und wie die einzelnen Akteure hätten gegensteuern müssen. Insbesondere ist auch zu eruieren, was wir für die Zukunft daraus lernen können.
Welche Auswirkungen haben kommunale Schuldenbremsen-Satzungen der 1. und 2. Generation auf die Haushaltspolitik vor Ort? In Deutschland gibt es inzwischen einige Kommunen, die freiwillig eine Schuldenbremsen-Satzung der 1. oder 2. Generation beschlossen haben (für Beispiele siehe: Blog-Eintrag vom 30.6.2016). Dies wirft die Frage auf, welchen Effekt die Satzungen auf die haushaltspolitischen Diskussionen und Entscheidungen haben. Eine entsprechende Untersuchung dürfte für diejenigen Kommunen, die die Satzung bereits seit mehreren Jahren anwenden, leichter sein (gilt v.a. für Satzungen der 1. Generation). In einigen Jahren wäre eine solche Analyse auch auf die erst in der jüngeren Vergangenheit beschlossenen Satzungen (gilt v.a. für die Satzungen der 2. Generation) ausdehnbar. Die Erkenntnisse eines solchen Forschungsprojektes können Hinweise auf etwaige Weiterentwicklungserfordernisse geben. Im Ergebnis könnten eventuell auch Satzungen der 3. Generation entwickelt werden.
Welche Antikorruptionsmaßnahmen haben die kreisfreien Städte implementiert? Die Korruptionsprävention und -bekämpfung ist zweifelsohne eine wichtige kommunale Aufgabe. Interessant wäre ein Vergleich der von den 103 kreisfreien Städten implementierten Antikorruptionsmaßnahmen (für Beispiele siehe: Blog-Eintrag vom 11.10.2016). Die kreisfreien Städte zählen in ihren Ländern i.d.R. zu den größten Kommunen. Es ist davon auszugehen, dass das dort umgesetzte Maßnahmenportfolio umfangreicher ist als in kleineren Kommunen. Grundsätzlich ist ein entsprechendes Forschungsprojekt aber gleichsam für andere kommunale Gruppen (z.B. Landkreise, kreisangehörige Städte und Gemeinden eines Flächenlandes) denkbar.
Wie lesen politische Mandatsträger kommunale Haushaltspläne? Der Aufbau von kommunalen Haushaltsplänen (für Beispiele siehe: Linksammlung zu Kommunalhaushalten) ist in weiten Teilen durch den Gesetzgeber vorgegeben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er nicht weiterentwicklungsbedürftig wäre. Viele Kommunalpolitiker lesen und verstehen den Haushaltsplan nicht vollständig. Die (zeitlichen) Kosten der Informationsbeschaffung scheinen den Nutzen der gewonnen Informationen zu übersteigen. Dies wirft die Frage nach Möglichkeiten zur Fortentwicklung kommunaler Haushaltspläne auf. Zuvor ist allerdings zu fragen, welche Informationen die Kommunalpolitiker überhaupt interessieren. Hieraus leiten sich potenziell umfangreiche Analysemöglichkeiten ab, die z.B. folgenden Fragen nachgehen: Welche Inhalte im Haushaltsplan bekommen welche Aufmerksamkeit? Wo gibt es Verständnisprobleme? Welche Änderungen in der Informationsaufbereitung steigern die Aufmerksamkeit und die Verständlichkeit der Informationen? Welche Informationen sind zu viel? Welche Informationen fehlen? Usw. Methodisch ist eine breite Palette von Forschungsdesigns denkbar: Das Spektrum der Möglichkeiten reicht von Tiefeninterviews über standardisierte Fragebögen bis hin zur Messung von Augenbewegungen beim Lesen des Haushaltsplans.
Wie lesen politische Mandatsträger unterjährige Finanzberichte? Die Haushaltspläne (siehe oben) sind ein wichtiges finanzpolitisches Steuerungsinstrument. Ebenfalls sehr bedeutsam sind die unterjährigen Finanzberichte (für Beispiele siehe: Blog-Eintrag vom 28.9.2016 und Blog-Eintrag vom 26.5.2015). Sie lassen sich analog zu Haushaltsplänen mit einer ähnlichen Herangehensweise untersuchen. Ein Vorteil von Finanzberichten ist, dass sie deutlich kürzer sind als die oft mehrere hundert Seiten umfassenden Haushaltspläne. Dies macht es leichter das Forschungsobjekt zu greifen. Es bietet sich daher an, vor der oben beschriebenen Haushaltsplan-Analyse zunächst die unterjährigen Finanzberichte in einem Forschungsprojekt zu betrachten. Die dort gewonnen Erkenntnisse können beim größeren Haushaltsplan-Forschungsprojekt helfen, das Forschungsdesign auf die wesentlichen Punkte zu beschränken. Bei einer Komplettuntersuchung des Haushaltsplans besteht die Gefahr, sich in Kleinigkeiten zu verzetteln.
Welche Ursachen für die schwierige Finanzlage benennen Kommunen in ihren Haushaltssicherungskonzepten? Von Kommunen mit Finanzproblemen sind in einigen Ländern Haushaltssicherungskonzepte zu erstellen (für Beispiele siehe: Linksammlung zu Haushaltssicherungskonzepten). Den Haushaltssicherungskonzepten wird häufig ein Bericht vorangestellt, der u.a. auf die Ursachen für die angespannte Finanzlage eingeht. Darauf aufbauend stellt sich die Frage, welche Ursachen die Kommunen in ihren Haushaltssicherungskonzepten nennen. Insbesondere ist zu fragen, wie das Verhältnis der aufgeführten endogenen und exogenen Ursachen ausfällt. Die Vermutung wäre, dass die Kommunen den Schwerpunkt auf exogene Ursachen legen (d.h. die Schuld wird v.a. bei anderen gesucht). Endogene Ursachen (d.h. eigene Versäumnisse) fänden sich demnach gar nicht oder seltener in Haushaltssicherungskonzepten. Hieraus entstünde für den Leser (Bürger, Kommunalpolitik, Medienvertreter etc.) ein Zerrbild, das sich durch die jährliche Wiederholung im Haushaltssicherungskonzept, in Haushaltsreden etc. nach und nach festsetzt. Im Ergebnis könnte dies in eine psychologische Vergeblichkeitsfalle führen, die verminderte Konsolidierungsanstrengungen zur Folge hat. Sofern das Forschungsprojekt zu dem vermuteten Ergebnis käme, dass kaum endogene Ursachen benannt werden, wäre zu fragen, wie das Problem gelöst werden kann. Von kleineren Anpassungen bis hin zur völligen Abschaffung des Haushaltssicherungskonzeptes ist ein weites Spektrum an Handlungsempfehlungen denkbar.
Wie ändert sich bei Bürgern die Akzeptanz für das Zahlen von Gebühren, wenn dem Bürger verdeutlicht wird, wie hoch die Kosten für die von ihm in Anspruch genommene Leistung sind? Bürger entrichten i.d.R. ungerne Abgaben. Das gilt gleichermaßen für Steuern, Gebühren und Beiträge. Gebühren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für eine tatsächliche Inanspruchnahme einer Leistung zu zahlen sind. Die Höhe der Gebühren richtet sich häufig an der Höhe der Kosten aus. Die Kosten sollen ganz oder zumindest teilweise gedeckt werden. Wenn Bürger Gebühren zahlen (z.B. Kita-Gebühren, Verwaltungsgebühren) wissen sie häufig nicht, welche Kosten die von ihnen in Anspruch genommenen Leistung verursacht hat. Dies wirft die Frage auf, ob bzw. wie sich die Bereitschaft zur Gebührenentrichtung ändert, wenn z.B. im Gebührenbescheid detailliert aufgeschlüsselt ist, wie hoch die für die Leistung angefallenen Kosten sind und welchen Anteil der Bürger tragen muss (z.B. Kita-Gebühren in Höhe von 30 Prozent der Kosten).
Welche Informationen stellen die Finanzabteilungen der kreisfreien Städte auf der städtischen Webseite bereit? Die Internetauftritte sind einer der wichtigsten Kommunikationskanäle von Kommunalverwaltungen. Auch die Finanzabteilungen stellen häufig Informationen ins Internet. Die Spannweite reicht von Kontaktdaten über Haushaltspläne bis hin zu Schuldenuhren. Eine Sammlung denkbarer Inhalte ist in einem Blog-Eintrag vom 8.10.2016 erstellt worden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Entsprechend interessant wäre es zu analysieren, in welchem Umfang die Finanzabteilungen der kreisfreien Städte Informationen online bereitstellen. Analoge Analysen sind ebenso für andere Kommunaltypen (z.B. Landkreise) oder auch Finanzministerien möglich. Spannend wäre in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung von einer Art "Online-Finanztransparenzindex", anhand dessen der Umfang der von einer Kommune online bereitgestellten Finanzinformationen in komprimierter Form gemessen wird.
Wie kann die Nutzerorientierung von offenen Haushalten gesteigert werden? Eine der vielleicht spannendsten Innovationen der letzten Jahre sind die sog. "offenen Haushalte" (für Beispiele siehe: Linksammlung zu offenen Haushalten). Offene Haushalte sind Online-Anwendungen, die Haushalte graphisch visualisieren und leichter bedienbar machen. Wie bei fast allen neuen Konzepten gibt es jedoch vermutlich auch bei den offenen Haushalten noch Optimierungspotenziale. Vor diesem Hintergrund wäre es aufschlussreich, im Rahmen eines Forschungsprojektes das Nutzungsverhalten solcher Angebote genauer zu analysieren. Darauf aufbauend können über qualitativ-empirische Forschungsdesigns (z.B. Interviews) weitere Verbesserungsoptionen aufgezeigt werden. Interessant wäre u.a.: Wie kann die Verständlichkeit der Inhalte erhöht werden? Welche Informationen sind zu viel? Wo fehlen Informationen? Wie kann die Visualisierung verbessert werden? Wie kann die Bedienung intuitiver werden? Wie kann die Interpretation der Daten erleichtert werden? Usw.






©  Andreas Burth, Marc Gnädinger