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Kommunale Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen im Ländervergleich
Kommunale Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen im Ländervergleich
11. Juni 2016 |
Autor: Andreas Burth
Wichtige laufende Einnahmequellen der deutschen Kommunen sind z.B. die
Steuern und die Zuweisungen aus dem
kommunalen Finanzausgleich.
Daneben haben die Kommunen aber auch die Möglichkeit, außerordentliche Einnahmen zu generieren. Ein Beispiel sind die Einnahmen
aus der Veräußerung von Vermögen. Umgangssprachlich ist häufig von "Verkauf des Tafelsilbers" die Rede.
Zu beachten ist im Kontext der Vermögensveräußerungen allerdings, dass sie im
doppischen Sinne lediglich einen
Aktivtausch darstellen: eine
Vermögensposition steigt (hier: Finanzmittelbestand), eine andere Vermögensposition sinkt (z.B. Sachanlagevermögen). Dieser
Zusammenhang kann v.a. in der
Kameralistik
durch die darin dominierende Zahlungsstrom-Perspektive stärker aus dem Blickwinkel der Entscheidungsträger rücken. Offenkundig
wird der Aktivtausch-Charakter erst in der
Doppik. Die Anreize zur Vermögensveräußerung zwecks Einnahmegenerierung sind in der
Kameralistik mithin tendenziell größer als in der Doppik.
Datenquelle der vorliegenden Analyse sind die
Kassenstatistiken des Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2012 bis 2015.
Der vierjährige Zeitraum ist gewählt worden, um etwaige Sondereffekte einzelner Jahre zumindest in Teilen zu nivellieren.
Betrachtet werden die
Kern- und
Extrahaushalte (in der Abgrenzung der jeweiligen Ausgabe der Kassenstatistik). Die sonstigen
FEUs bleiben aus Gründen der Datenverfügbarkeit außen vor. Die Kassenstatistik arbeitet teilweise noch mit vorläufigen Ist-Zahlen.
Im Zeitablauf hat sich das Volumen der Vermögensveräußerungen erhöht. Zu beobachten ist eine Steigerung von 4,56 Mrd. Euro im Jahr 2012 auf
5,02 Mrd. Euro im Jahr 2015. Dies entspricht einer Zunahme um 10,0 Prozent.
Besonders niedrig fallen die Pro-Kopf-Einnahmen aus der Vermögensveräußerung im Saarland aus. Im Durchschnitt der Jahre 2012
bis 2015 sind es 23,1 Euro je Einwohner. Das Saarland ist das Flächenland mit den größten Finanzproblemen auf kommunaler Ebene.
Eine denkbare Ursache ist vor diesem Grund, dass die saarländischen Kommunen ihre Vermögenswerte bereits in früheren Jahren zwecks Einnahmebeschaffung
veräußert haben. Hierdurch stände den Kommunen heute weniger Vermögen zu Veräußerungszwecken zur Verfügung. Ob diese
mögliche Erklärung im Falle des Saarlandes tatsächlich zutrifft, lässt sich an dieser Stelle indes nicht untersuchen. Statistische
Daten zum kommunalen Gesamtvermögen zwecks Durchführung eines Ländervergleichs sind aufgrund der noch immer kameralen Ausrichtung der Finanzstatistik nicht verfügbar.
Die mit Abstand höchsten Pro-Kopf-Einnahmen aus dem Verkauf von Vermögen haben im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2015 die Kommunen der Länder Baden-Württemberg
(109,4 Euro je Einwohner) und Bayern (108,7 Euro je Einwohner). Die beiden Länder zählen - neben Hessen - zur Gruppe der
drei wirtschaftsstärksten Flächenländer Deutschlands (siehe Link).
» Bruttoinlandsprodukt der Jahre 2014 und 2015 in Deutschland im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 7. April 2016
Autor: Andreas Burth
Interessant ist im Falle der Länder Baden-Württemberg und Bayern allerdings auch ein anderer Zusammenhang: Sowohl in
Baden-Württemberg als auch in Bayern nutzt ein großer Teil der Kommunen noch die Kameralistik. In Baden-Württemberg liegt
dies an extrem langen Übergangsfristen (für den Kernhaushalt bis 2020) und in Bayern an einem Doppik-Kameralistik-Wahlrecht
in Verbindung mit einer geringen Bereitschaft, den Umstieg auf die Doppik zu vollziehen.
» Auf einen Blick: Haushaltsreformen in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weitere Länder mit einer Doppik-Kameralistik-Option sind Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Kommunen in Thüringen berichten
den höchsten Pro-Kopf-Wert aller ostdeutschen Flächenländer (44,4 Euro je Einwohner). Den Kommunen in Schleswig-Holstein ist
der vierthöchste Wert aller Flächenländer zuzurechnen (59,5 Euro je Einwohner). Schleswig-Holstein liegt nur knapp hinter dem
wirtschaftskräftigen Hessen (59,9 Euro je Einwohner).
Auch in Hessen gab es zeitweise ein Wahlrecht zur Beibehaltung der Kameralistik. Allerdings haben nur zwei von 448 Kommunen
von dieser Option Gebrauch gemacht. Insofern ist festzustellen, dass nahezu alle hessischen Kommunen im Betrachtungszeitraum
die Doppik genutzt haben.
Interessant ist vor dem Hintergrund der Frage der Doppik-Nutzung auch Sachsen-Anhalt. In Sachsen-Anhalt ist die Doppik seit
2013 Pflicht. Zugleich ist festzustellen, dass die Einnahmen aus Vermögensverkäufen im Jahr 2013 erheblich unter dem Niveau
des Jahres 2012 liegen.
Die Höhe der kommunalen Vermögensveräußerungen hängt von vielen Faktoren ab. Die Doppik ist hierbei einer unter vielen
möglichen Einflussgrößen. Letztlich lässt sich an dieser Stelle nur spekulieren, ob der Zusammenhang zwischen Doppik-Nutzung
einerseits und dem Volumen der Veräußerung von Vermögen andererseits empirisch nachweisbar ist oder ob es sich bei dem hier beobachteten Ergebnis doch nur um
einen durch andere Determinanten hervorgerufenen "Zufall" handelt. Es wäre sicherlich eine interessante Fragestellung für eine empirische Forschungsarbeit, den Zusammenhang
zwischen den beiden Größen genauer zu untersuchen. Sofern ein signifikanter Zusammenhang empirisch feststellbar sein sollte, ließe
sich hierdurch ein Einfluss der Doppik-Einführung auf das kommunale Entscheidungsverhalten nachweisen.
Weiterführende aktuelle Analysen zu den deutschen Kommunalfinanzen sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. auf folgenden Seiten verfügbar.
» Pro-Kopf-Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland zum 31.12.2015 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 7. Mai 2016
Autor: Andreas Burth
» Kommunaler Finanzierungssaldo im Jahr 2015, Blog-Eintrag vom 5. Mai 2016
Autor: Andreas Burth
» Netto-Steuereinnahmen und Wirtschaftskraft der Kommunen im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 4. Mai 2016
Autor: Andreas Burth
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