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Pro-Kopf-Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland zum 31.12.2015 im Ländervergleich
Pro-Kopf-Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland zum 31.12.2015 im Ländervergleich
7. Mai 2016 |
Autor: Andreas Burth
Die jüngst vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte
Kassenstatistik für das 1. bis 4. Quartal 2015 ermöglicht einen aktualisierten
Blick auf die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände der Flächenländer in Deutschland. Der Begriff der Schulden bezeichnet in
diesem Kontext die Summe der
Kreditmarktschulden,
Kassenkredite und
Schulden bei öffentlichen Haushalten. Untersucht wird der Stichtag 31.12.2015.
Erfasst sind in der Kassenstatistik nur die Schulden in den
Kern- und
Extrahaushalten (sog.
öffentlicher Gesamthaushalt). Außen vor
bleiben damit aus Gründen der Datenverfügbarkeit die Schulden der sonstigen
FEUs. Diese Limitation entfaltet ihre Relevanz v.a. im
kommunalen Bereich, da die Kommunen sich zur Aufgabenwahrnehmung häufiger sonstiger FEUs bedienen. So hat z.B. Baden-Württemberg auf
kommunaler Ebene beträchtliche Schuldenstände in den sonstigen FEUs, während die Schulden der Kern- und Extrahaushalte vergleichsweise
niedrig sind (siehe Link). Schuldenstandsvergleiche inkl. der sonstigen FEUs sind erst auf Grundlage der
Schuldenstatistik durchführbar. Diese Statistik wird
jedoch voraussichtlich erst in einigen Monaten publiziert.
» Auslagerungsgrad der kommunalen Verschuldung zum 31.12.2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 22. August 2015
Autor: Andreas Burth
Die unten integrierte Abbildung berichtet die Höhe der Pro-Kopf-Schulden nach Schuldenarten im Ländervergleich. Ein Wert wird dabei nur zu denjenigen
Schuldenarten direkt in der Grafik ausgewiesen (in weißer Schrift), bei denen die Breite des Balkenabschnitts ausreicht, um den Wert
zu integrieren. Die Summe aus den drei Schuldenarten wird rechts neben dem Balken in schwarzer, fetter Schrift aufgeführt.
In ihrer Summe sind die Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände der Flächenländer zum 31.12.2015 mit 151,45 Mrd.
Euro verschuldet. Hiervon entfallen 94,56 Mrd. Euro auf die Kreditmarktschulden (62,4 Prozent), 50,94 Mrd. Euro auf die Kassenkredite
(33,6 Prozent) und 5,95 Mrd. Euro auf die Schulden bei öffentlichen Haushalten (3,9 Prozent).
Bei der Pro-Kopf-Gesamtverschuldung in Kern- und Extrahaushalten zum 31.12.2015 liegen die Gemeinden und Gemeindeverbände der Länder Saarland (3.843 Euro je Einwohner),
Hessen (3.326 Euro je Einwohner), Rheinland-Pfalz (3.205 Euro je Einwohner) und Nordrhein-Westfalen (3.166 Euro je Einwohner) an der
Spitze des Schuldenrankings. Demgegenüber haben Brandenburg (884 Euro je Einwohner), Baden-Württemberg (922 Euro je Einwohner), Bayern
(1.145 Euro je Einwohner) und Sachsen (1.188 Euro je Einwohner) die geringsten Pro-Kopf-Kommunalschulden in den Kern- und Extrahaushalten.
Eine besondere Schuldenart sind die kommunalen Kassenkredite. Kassenkredite sind eine häufig genutzte Kenngrößte zur Beurteilung der
Finanzlage einer Kommune. Der eigentliche Zweck von Kassenkrediten ist die kurzfristige Sicherung der Liquidität. Es handelt sich
mithin um eine spezielle Verschuldungsform zur Überbrückung des verzögerten Eingangs von Finanzmitteln (z.B. aus Steuern). Die meiste
Zeit des Jahres sollte der Kassenkreditbestand daher bei exakt 0,00 Euro liegen. Kassenkredite haben Ähnlichkeit mit Überziehungskrediten
(Dispokredite bzw. Kontokorrentkredite) im privaten Bereich. Aufgrund ihrer i.d.R. kurzen Laufzeit unterliegen Kassenkredite einem hohen
Zinsänderungsrisiko. Zudem sind Kassenkredite - im Gegensatz zu
Investitionskrediten - nicht durch investiv geschaffene Vermögenswerte
gedeckt. Sie werden vielmehr für konsumtive Zwecke aufgenommen. Die in Form von dauerhaften Kassenkrediten angesammelten Lasten werden
demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung (z.B. in Form investiv geschaffener
Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Einige Kommunen haben beschlossen, Kassenkredite einer Zweckentfremdung zu unterziehen, indem sie sie zur dauerhaften Finanzierung
laufender Defizite verwenden. Sie leben mithin über ihre Verhältnisse. Das Leben über die eigenen Verhältnisse fällt dabei umso größer
aus, je höher die dauerhaften Kassenkreditbestände sind. Von hohen Kassenkreditschulden kann ab 500 Euro je Einwohner gesprochen werden.
Hohe Kassenkreditschuldenstände sind auf aggregierter Landessicht in Sachsen-Anhalt (641 Euro je Einwohner), Hessen (1.087 Euro je
Einwohner), Nordrhein-Westfalen (1.585 Euro je Einwohner), Rheinland-Pfalz (1.627 Euro je Einwohner) und dem Saarland (2.141 Euro je
Einwohner) festzustellen. Die Pro-Kopf-Bestände in den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland offenbaren
beträchtliche Kassenkreditprobleme in der dortigen kommunalen Familie. In diesen Ländern gibt es mithin größere Fallzahlen von Kommunen, die in der
Vergangenheit deutlich über ihre Verhältnisse gelebt haben.
Die Gemeinden und Gemeindeverbände mit hohen (dauerhaften) Kassenkreditschulden sind gefordert, ihre Kassenkredite über einnahme-
und/oder ausgabeseitige Konsolidierungsmaßnahmen möglichst zeitnah in vollem Umfang zu tilgen. Bei Recherchen nach möglichen
Konsolidierungsmaßnahmen kann ein Blick in die
Haushaltssicherungskonzepte anderer Kommunen helfen. Eine Sammlung von Links zu
solchen Haushaltssicherungskonzepten finden Sie z.B. auf folgender Seite.
» Linksammlung zu Haushaltssicherungskonzepten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weiterführende Informationen zu den Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland sind auf HaushaltsSteuerung.de beispielsweise auf der nachstehend verlinkten Seite abrufbar.
» Gesamte Verschuldung der Kommunen der 13 Flächenländer in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» EU-Ranking zu den Kommunalschulden in Prozent der kommunalen Einnahmen für die Jahre 2014 und 2015, Blog-Eintrag vom 23. April 2016
Autor: Andreas Burth
» Pro-Kopf-Verschuldung der kreisfreien Städte Deutschlands, Blog-Eintrag vom 30. März 2016
Autor: Andreas Burth
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