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Stark zersiedelte Gemeinden in Hessen ohne Kassenkredite
Stark zersiedelte Gemeinden in Hessen ohne Kassenkredite
20. Oktober 2015 |
Autor: Andreas Burth
Im September 2015 sind mehrere Blog-Einträge auf HaushaltsSteuerung.de veröffentlicht worden, in denen gezeigt worden ist, dass
Gemeinden auch unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen ohne
Kassenkredite auskommen können. Bei der Untersuchung der Rahmenbedingungen
ist der Fokus bislang konkret auf die Bereiche "geringe Steuereinnahmen", "schwierige soziale Lage" und "starker Bevölkerungsrückgang"
gelegt worden (siehe Links unten). Darüber hinaus konnte am Beispiel Sachsens aufgezeigt werden, dass es selbst in wirtschaftlich schwächeren
Regionen Deutschlands möglich ist, dass fast alle Gemeinden kassenkreditfrei sind. Unter den kassenkreditfreien Gemeinden in Sachsen sind
unzweifelhaft auch zahlreiche Gemeinden mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen.
» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag vom 4. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kassenkreditfreie Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit geringer Steuereinnahmekraft, Blog-Eintrag vom 6. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kreisangehörige NRW-Gemeinden ohne Kassenkredite trotz schwieriger Rahmenbedingungen im Sozialbereich, Blog-Eintrag vom 8. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ohne Kassenkredite trotz eines starken Bevölkerungsrückgangs, Blog-Eintrag vom 11. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kassenkreditschulden der Städte und Gemeinden in Sachsen, Blog-Eintrag vom 16. September 2015
Autor: Andreas Burth
In einigen der oben verlinkten Beiträge ist gewissermaßen als "Nebenprodukt" auch festgestellt worden, dass unter den Gemeinden, die trotz schwieriger
Rahmenbedingungen ihre Haushalte ohne Kassenkredite führen, auch mehrere zersiedelte Gemeinden sind. Dieses Ergebnis lässt den Rückschluss
zu, dass wahrscheinlich auch die Rahmenbedingung "(starke) Zersiedelung" nicht dem Ziel solider Haushaltsführung entgegensteht.
Die Betrachtung der Zersiedelung war indes nicht das Kernziel obiger Beiträge. Der vorliegende Blog-Eintrag soll daher das
Hauptaugenmerk auf eine detailliertere Analyse der Zersiedelung vor dem Hintergrund der Möglichkeit kassenkreditfreier Gemeindehaushalte
legen. Konkret werden hier die 421 Gemeinden des kreisangehörigen Raums in Hessen untersucht.
Generell ist darauf hinzuweisen, dass das Thema der Zersiedelung weit weniger trivial ist, als es auf den ersten Blick anmuten mag. Dies
gilt sowohl für die Frage der datenbasierten Bestimmung des Vorliegens von Zersiedelung als auch für die Frage der Auswirkungen der Zersiedelung
auf die gemeindlichen Finanzen. Dieser Blog-Eintrag soll in diesem Sinne einen ersten explorativen Beitrag zur Untersuchung der Zersiedelung
von Gemeinden leisten.
Der Status der Kassenkreditschuldenfreiheit
wird hier als Indikator für die finanzielle Lage vor Ort herangezogen, da mit dem
ordentlichen Ergebnis
(doppischer Saldo aus ordentlichen Aufwendungen und Erträgen (inkl. Finanzerträgen und -aufwendungen)) eine ebenfalls sehr
aussagekräftige Alternativkennzahl noch nicht
finanzstatistisch berichtet wird. Kassenkredite gelten gemeinhin als eine besonders problembehaftete
Form der Kommunalverschuldung, da sie für laufende Ausgaben aufgenommen werden, nicht durch Vermögenswerte gedeckt sind und aufgrund der i.d.R.
sehr kurzen Laufzeit einem hohen Zinsänderungsrisiko unterliegen. Ihr eigentlicher Zweck ist die kurzfristige Liquiditätssicherung. Die
Kassenkreditbestände müssten daher eigentlich (die meiste Zeit des Jahres) bei exakt 0,00 Euro liegen. Werden sie jedoch zur Dauerfinanzierung
laufender Defizite verwendet, so liegt eine Zweckentfremdung vor. Insbesondere dauerhafte Kassenkreditbestände von über 500 Euro je Einwohner
sind als kritisch anzusehen. Übersteigen sie sogar die Schwelle von 1.000 Euro je Einwohner kann von einem ausschweifenden Leben über die eigenen
Verhältnisse gesprochen werden (es wird deutlich mehr ausgegeben, als eingenommen wird). Allgemein gilt: Je höher die dauerhaften Kassenkreditbestände
sind, desto höher ist mithin das Ausmaß, zu dem die betreffende Gemeinde in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gewirtschaftet hat.
Überblick:
- Begriff der Zersiedelung
- Tendenzielle Auswirkungen: starke Zersiedelung vs. starke Zentralisierung
- Streuung der Flächengröße in den hessischen Gemeinden
- Streuung der Einwohnerdichte in den hessischen Gemeinden
- Streuung der Anzahl der Ortsteile in den hessischen Gemeinden
- Identifikation der stark zersiedelten Gemeinden
- Weitere Daten zu den stark zersiedelten Gemeinden ohne Kassenkredite
- Nachrichtlich: Kassenkreditschulden der stark zentralisierten Gemeinden
- Fazit
- Weitere Informationen
Begriff der Zersiedelung
Der Begriff der Zersiedelung (auch: Zergliederung, Dezentralisierung oder Dislozierung) bezeichnet im Kontext der gemeindlichen
Siedlungsstrukturen das Ausmaß, zu dem sich die Siedlungsgebiete über die Gemeindefläche verteilen. Der Grad der Zersiedelung ist
umso größer, je mehr Siedlungsgebiete vom Hauptsiedlungsgebiet geographisch getrennt sind, je weiter diese geographischen
Trennungen/Distanzen ausgeprägt sind und je niedriger die Einwohnerdichte insgesamt sowie in den einzelnen Ortsteilen ist. Der
zuletzt genannte Punkt des Niveaus der Einwohnerdichte betrifft den Umstand, dass auch geschlossen besiedelte Gebiete dichter und
dünner besiedelt sein können. In Abgrenzung zur Zersiedelung bezeichnet die Zentralisierung das Ausmaß, zu dem sich die Siedlungsgebiete
auf der Gemeindefläche ballen/konzentrieren. Der Grad der Zentralisierung ist demzufolge umso höher, je weniger Siedlungsgebiete
vom Hauptsiedlungsgebiet geographisch getrennt sind, je geringer diese geographische Trennung ausfällt und je höher die Einwohnerdichte
in den besiedelten Gebieten ist.
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass obige allgemeine Begriffsbestimmung zur Zersiedelung zunächst einfach anmuten mag. Tatsächlich
ist es jedoch keineswegs trivial, feste Grenzen für das Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen von Zersiedelung zu definieren.
An Kenngrößen zur Beurteilung des Ausmaßes der Zersiedelung sind v.a. folgende drei Kenngrößen statistisch verfügbar: die Gemeindefläche,
die Einwohnerdichte und die Anzahl der Ortsteile. Problematisch ist gleichwohl, dass keine dieser drei Kenngrößen für sich genommen
Zersiedelung aufzeigen kann. Die isolierte Betrachtung einzelner Kenngrößen kann mithin zu einer Fehlauswahl führen.
So sind zwar Gemeinden mit einer großen Fläche tendenziell zersiedelter, nichtsdestotrotz ist dieser Zusammenhang nicht
verallgemeinerungsfähig. Auch stark zentralisierte Gemeinden können eine große Fläche haben. Dies ist z.B. der Fall, wenn die
Gemeinde nicht nur eine große Fläche, sondern auch sehr viele Einwohner hat. So ist die Fläche der kreisfreien Stadt Frankfurt am Main
mit 248,3 Quadratkilometern sehr groß. In Anbetracht von 717.624 Einwohnern zum 31.12.2014 und einer sich daraus ergebenden
Einwohnerdichte von 2.890 Einwohnern je Quadratkilometer wird jedoch kaum jemand diese Stadt als zersiedelt bezeichnen. Eine
weitere Ausnahme sind beispielsweise Waldgemeinden mit nur einem Ortsteil, die zwar eine sehr große Gemeindefläche haben, deren
Gemeindeleben sich aber komplett in dem dicht besiedelten, einzigen Ortsteil abspielt. Die übrige Fläche ist dort Wald, welcher nur
geringfügig mit Infrastruktur (z.B. eine Straße durch das Waldgebiet) erschlossen werden muss.
Umgekehrt muss aber auch eine kleine Fläche nicht notwendigerweise bedeuten, dass es sich um eine zentralisierte Gemeinde handelt.
Ist z.B. auch die Einwohnerzahl der betreffenden Gemeinde sehr niedrig und verteilt sie sich zudem auf mehrere Kleinstsiedlungsgebiete,
so wäre nicht von einer zentralisierten Gemeinde zu sprechen.
Neben der Fläche steht als Indikator die Einwohnerdichte (auch: Bevölkerungsdichte) zur Verfügung. Die Kenngröße berechnet sich,
indem die Einwohnerzahl durch die Fläche geteilt wird. In der Tendenz gilt, dass eine Gemeinde umso zersiedelter ist, je geringer
die Einwohnerdichte ausgeprägt ist. Auch hier gibt es jedoch Ausnahmen von der Regel. Ein Beispiel sind die oben bereits angesprochenen
Waldgemeinden mit großer Fläche, aber nur einem Ortsteil.
Umgekehrt ist allerdings die Einwohnerdichte ein starker Indikator für das Vorliegen von Zentralisierung. Je höher die Einwohnerdichte
ausfällt, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine zentralisierte Struktur vorliegt. Sehr hohe Werte in der Einwohnerdichte können
kaum durch zersiedelte Strukturen erreicht werden. Besonders hohe Einwohnerdichten ergeben sich i.d.R. aus dem Platzmangel, den
zentralisierte Gemeinden mit sich bringen, sodass hier z.B. mehr große Wohnblöcke gebaut werden, um Wohnraum zu schaffen. Da in
dezentralen Strukturen genügend Raum vorhanden ist und zumeist auch die Grundstückspreise niedriger, besteht dort eher eine größere
Tendenz zu Einfamilienhäusern etc. (was sich in niedrigeren Einwohnerdichten niederschlägt). Zwar kann mit mittelhohen Einwohnerdichten
noch keine Zentralisierung nachgewiesen werden. Die Höchstwerte in der Einwohnerdichte sind gleichwohl ohne zentralisierte Strukturen
quasi nicht realisierbar. Die Spitzenwerte in der Einwohnerdichte (v.a. ab etwa 1.000 Einwohnern je Quadratkilometer) können damit i.d.R.
als hinreichende Bedingung für das Vorliegen von Zentralisierung angesehen werden.
Der dritte genannte Indikator ist die Anzahl der Ortsteile (z.T. auch: Gemeindeteile, Stadtteile, Ortsbezirke, Stadtbezirke). Zu dieser
Kennzahl ist zunächst anzumerken, dass es keine gesetzlich fixierten, objektiven Regeln gibt, nach denen Gemeinden ihre Siedlungsgebiete
in Ortsteile gliedern. Die Gemeinden haben hier hohe Freiheitsgrade. Eine Rolle bei der Ortsteilgliederung spielen im Einzelfall die
Gemeindestrukturen vor der letzten hessischen Gebietsreform in den 1970er-Jahren.
In der Tendenz gilt, dass eine große Anzahl Ortsteile auf dezentralisierte Strukturen hinweist. Eine hohe Anzahl Ortsteile ist aber nicht
hinreichend für die Feststellung einer zergliederten Gemeindestruktur. Grund sind besagte Freiheiten, die die Gemeinden bei der Definition
ihrer Ortsteile haben. In der Folge können auch zusammenhängende Siedlungsgebiete mehrere Ortsteile haben. Ein Beispiel ist die Stadt
Frankfurt am Main. So würde kaum jemand bei dieser Stadt von einer stark zersiedelten Struktur sprechen, nur weil die Stadt ihr Gebiet
in insgesamt 43 Stadtteile untergliedert. Die 43 Stadtteile Frankfurts sind hessischer Spitzenwert, sofern man den kreisfreien Raum
ebenfalls berücksichtigt. Die zweitmeisten Stadtteile hat die kreisangehörige Sonderstatusstadt Fulda mit 25 Stadtteilen. Auf Rang 3
folgt die kreisfreie Stadt Kassel mit 23 Stadtteilen.
Eine geringe Anzahl Ortsteile deutet i.d.R. auf zentralisierte Strukturen hin. Auch hier sind aber Ausnahmen denkbar. Ein Beispiel wäre
der Sonderfall einer Gemeinde mit faktisch mehreren, geographisch getrennten Ortsteilen, die ihr Gemeindegebiet aber offiziell (und/oder
für die Zwecke des hier zugrunde gelegten Zensus 2011) nicht in unterschiedliche Ortsteile unterteilt (hat). Hintergrund ist hier erneut
der Umstand, dass es den Gemeinden freisteht, die Siedlungsgebiete nach ihren Vorstellungen in Ortsteile zu gliedern. In der Folge kann
eine vergleichbare Siedlung in Gemeinde A als Ortsteil gelten und in Gemeinde B nicht als solcher kategorisiert werden.
Letztlich ist festzustellen, dass jede kenngrößenbasierte Bestimmung des Vorliegens starker Zersiedelung bzw. starker Zentralisierung
eine Näherungsrechnung ist, die in Sonderfällen fehlerbehaftet sein kann. Die Näherungsrechnung kann v.a. im Kontext der Zersiedelung
präziser werden, wenn möglichst viele Indikatoren einbezogen werden bzw. wenn die Schwellenwerte strenger festgelegt werden. Gleichwohl
können hierdurch auch vereinzelt Gemeinden durch das Raster fallen, die zwar einen bestimmten Schwellenwert nicht erreichen, aber
eigentlich dennoch stark zersiedelt (oder stark zentralisiert) sind. Eine perfekte Auswahl ist in diesem Sinne kaum möglich. Verbesserungen
der Auswahl sind durch Detailanalysen weiterer Datenquellen (z.B. Google Maps) oder Prüfungen vor Ort möglich, die jedoch den Zeitaufwand
deutlich erhöhen und merkliche methodische Erläuterungen erfordern.
Unter Abwägung des Analyseaufwands einerseits und der Auswahlpräzision andererseits erscheint es sinnvoll, sich auf die drei oben
erläuterten, statistisch verfügbaren Kenngrößen (Gemeindefläche, Einwohnerdichte und Anzahl der Ortsteile) zu konzentrieren. Die
Schwächen einzelner Indikatoren werden abgefedert, indem alle drei Indikatoren zusammen zur Selektion stark zersiedelter Gemeinden
herangezogen werden.
Tendenzielle Auswirkungen: starke Zersiedelung vs. starke Zentralisierung
Der Grad der Zersiedelung bzw. der Zentralisierung entfaltet Relevanz für die Gemeindefinanzen. Sowohl zergliederte als auch
zentralisierte Strukturen haben Vor- und Nachteile, die sich an verschiedenen Merkmalen offenbaren. Tabelle 1 beinhaltet eine
Auswahl solcher Merkmale und zeigt auf, welche Merkmalsausprägungen stark zersiedelte bzw. stark zentralisierte Gemeinden tendenziell
aufweisen. Zu beachten ist, dass es sich bei der Merkmalsliste nicht um eine abschließende, vollständige Liste handelt. Vielmehr
sollen Beispiele aufgeführt werden, die einige wichtige Bereiche abdecken.
Im Hinblick auf die Tendenzen in den Merkmalsausprägungen ist anzumerken, dass die Kategorisierung v.a. als eine grobe Orientierung
dienen soll. Es gibt für quasi jede Merkmalsausprägung auch Gemeinden, die Ausnahmen von der Regel darstellen. Je nach Merkmal kann
der relative Anteil der Ausnahme-Gemeinden größer oder kleiner sein.
Streuung der Flächengröße in den hessischen Gemeinden
In obigem Abschnitt wurden die drei Indikatoren - Gemeindefläche, Einwohnerdichte und Anzahl der Ortsteile - allgemein erläutert.
Ebenso relevant ist indes die Kenntnis der Verteilung der Indikatoren in den Gemeinden Hessens. Entsprechende, deskriptiv-statistische
Darstellungen finden Sie im vorliegenden sowie in den beiden folgenden Abschnitten. Betrachtet werden jeweils nur die 421 kreisangehörigen
Gemeinden in Hessen, d.h. die fünf kreisfreien Städte (Darmstadt, Frankfurt am Main, Kassel, Offenbach am Main und Wiesbaden) bleiben außen vor.
Ebenfalls unberücksichtigt bleiben das gemeindefreie Gebiet Michelbuch (4,8 Quadratkilometer) sowie die drei Gutsbezirke Spessart (89,3
Quadratkilometer), Reinhardswald (182,6 Quadratkilometer) und Kaufunger Wald (50,3 Quadratkilometer), welche jeweils unbewohnt sind.
Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Streuung der Fallzahlen hessischer Gemeinden nach den Wertebereichen in der Gemeindefläche.
Der Median der 421 Gemeinden liegt bei 40,8 Quadratkilometern. Das arithmetische Mittel erreicht einen Wert von 47,7 Quadratkilometern.
Die größte Fläche aller 421 kreisangehörigen Gemeinden in Hessen hat die Stadt Schlitz im Vogelsbergkreis (142,1 Quadratkilometer). Den
zweihöchsten Wert berichtet die ebenfalls im Vogelsbergkreis gelegene Stadt Schotten mit 133,6 Quadratkilometern. Auf Platz 3 folgt Alsfeld
mit 129,7 Quadratkilometern. Auch Alsfeld liegt im Vogelsbergkreis.
Die kleinste Gemeindefläche in Hessen hat Nieste im Landkreis Kassel mit 4,2 Quadratkilometern. Steinbach (Taunus) hat mit 4,4 Quadratkilometern
die zweitkleinste Fläche. Die Stadt liegt im Hochtaunuskreis. Die im Landkreis Bergstraße gelegene Gemeinde Zwingenberg hat die drittkleinste
Fläche (5,7 Quadratkilometer).
Streuung der Einwohnerdichte in den hessischen Gemeinden
In Abbildung 5 finden Sie eine Ansicht zur Streuung der Fallzahlen hessischer Gemeinden, wobei eine Gruppierung nach Wertebereichen der
Einwohnerdichte vorgenommen worden ist. Zur Berechnung der Einwohenrdichte wurden die Einwohnerzahlen zum 31.12.2014 auf Basis des Zensus 2011 und die Fläche zum 1.1.2014 herangezogen.
Der Median der Verteilung erreicht einen Wert von 192,9 Einwohnern je Quadratkilometer. Bei
322,2 Einwohnern je Quadratkilometer liegt das arithmetische Mittel. Die große Differenz zwischen dem Median und dem arithmetischen Mittel
macht deutlich, dass es bei der Einwohnerdichte einige starke Ausreißer nach oben gibt.
Unter den zehn Gemeinden mit der höchsten Einwohnerdichte stechen zwei Gemeinden heraus: Dies ist erstens die Stadt Steinbach (Taunus) im
Hochtaunuskreis mit einer Einwohnerdichte von 2.352 Einwohnern je Quadratkilometer. Zum zweiten ist dies die im Main-Taunus-Kreis gelegene
Stadt Schwalbach am Taunus (2.323 Einwohner je Quadratkilometer). Zur Gemeinde mit der dritthöchsten Einwohnerdichte, Obertshausen im Landkreis
Offenbach mit 1.766 Einwohnern je Quadratkilometer, klafft bereits eine deutliche Lücke.
Besonders geringe Einwohnerdichten haben Hesseneck (21,0 Einwohner je Quadratkilometer) und Sensbachtal (27,9 Einwohner je Quadratkilometer).
Die zwei im Odenwaldkreis gelegenen Gemeinden sind zugleich die einwohnerschwächsten Gemeinden Hessens und die beiden einzigen hessischen
Gemeinden, die weniger als 1.000 Einwohner haben. Zum 31.12.2014 hat Hesseneck 631 Einwohner. Sensbachtal zählt zu diesem Stichtag 947
Einwohner. Die drittniedrigste Einwohnerdichte hat Diemelsee im Landkreis Waldeck-Frankenberg (39,4 Einwohner je Quadratkilometer).
Streuung der Anzahl der Ortsteile in den hessischen Gemeinden
Statistische Daten zur Anzahl der Ortsteile stehen für die hessischen Gemeinden zum Stand 9.5.2011 statistisch zur Verfügung. Diese im
Rahmen des Zensus 2011 erhobenen Daten sind zwar inzwischen rund viereinhalb Jahre alt, dürften sich aber im Regelfall seitdem nicht bzw.
nicht wesentlich verändert haben. Denkbar sind einzelne Änderungen in der Anzahl der Ortsteile z.B. aufgrund des Ausweises neuer Wohn-
oder Gewerbegebiete oder durch die Zusammenfassung mehrerer Ortsteile zu einem Ortsteil. Ein Vorteil der Nutzung der Daten zum Stand 9.5.2011
ist, dass es sich um statistisch abgesicherte Daten handelt.
Im Gegensatz zur Fläche und zur Einwohnerdichte ist die Anzahl der Ortsteile durch ganzzahlige Merkmalsausprägungen gekennzeichnet.
Abbildung 8 zeigt die Verteilung für die 421 kreisangehörigen hessischen Gemeinden. Als Median bestimmt sich ein Wert von 6,0 Ortsteilen.
Die Berechnung des arithmetischen Mittels ergibt einen Wert von 6,5 Ortsteilen.
In den beiden vorangegangenen Abschnitten sind jeweils die zehn Gemeinden mit der höchsten und niedrigsten Merkmalsausprägung aufgelistet
worden. Dem Grunde nach soll dies auch bei den Ortsteilen geschehen. Aufgrund des ganzzahligen Charakters der Ortsteile und der gegebenen
Fallzahlstreuung gestaltet sich allerdings die Beschränkung auf zehn Gemeinden schwierig. So teilen sich beispielsweise bei der Anzahl der
Ortsteile sieben Gemeinden den zehnthöchsten Wert (jeweils 16 Ortsteile). Abbildung 9 berichtet daher die 16 Gemeinden mit den meisten
Ortsteilen. An der Spitze des Rankings steht die Sonderstatusstadt Fulda mit 25 Ortsteilen. Die Stadt Fulda liegt im gleichnamigen
Landkreis Fulda. Homberg (Efze) im Schwalm-Eder-Kreis kommt mit 21 Ortsteilen auf den zweiten Rang. Marburg, Nidda und Heidenrod haben laut Zensus 2011
jeweils 19 Ortsteile.
Auch bei den Gemeinden mit den wenigsten Ortsteilen gestaltet es sich schwierig, nur die zehn Gemeinden mit den wenigsten Ortsteilen zu
benennen. Grund ist, dass nach Zensus 2011 zum 9.5.2011 insgesamt 33 Gemeinden nur einen Ortsteil haben. Da eine graphische Darstellung
hier nur wenig Mehrwert bringt, werden die 33 Gemeinden mit nur einem Ortsteil im Folgenden lediglich aufgezählt. Es handelt sich konkret
um: Bad Orb, Bad Salzschlirf, Bickenbach, Biebesheim am Rhein, Bischofsheim, Dieburg, Dietzenbach, Egelsbach, Einhausen, Eppertshausen,
Erzhausen, Fränkisch-Crumbach, Ginsheim-Gustavsburg, Griesheim, Großkrotzenburg, Groß-Rohrheim, Kelsterbach, Kiedrich, Kriftel, Langen (Hessen),
Langenselbold, Lorsch, Messel, Nauheim, Niederdorfelden, Nieste, Raunheim, Schwalbach am Taunus, Steinbach (Taunus), Stockstadt am Rhein,
Sulzbach (Taunus), Viernheim, Walluf.
Identifikation der stark zersiedelten Gemeinden
Wie oben bereits aufgezeigt, sind aus der Statistik v.a. drei Kenngrößen frei zugänglich, die als Indikatoren für die Feststellung des
Vorliegens von Zersiedelung herangezogen werden können: die Gemeindefläche, die Einwohnerdichte und die Anzahl der Ortsteile. Zugleich
wurde allerdings auch deutlich, dass keine der drei Kennzahlen isoliert verwendet werden kann. Für die Zwecke des vorliegenden Beitrags
werden daher sämtliche drei Kenngrößen zugleich herangezogen.
Konkret wird eine Gemeinde im vorliegenden Beitrag nur dann als "stark zersiedelt" eingestuft, wenn sie bei allen drei Kenngrößen bestimmte
Schwellenwerte überschreitet. Die Schwellenwerte sind jeweils so gewählt worden, dass bei jedem Indikator nur rund ein Viertel der hessischen
Gemeinden den Schwellenwert erreicht. Das gewählte Vorgehen soll eine möglichst strenge Auswahl der Extremfälle zersiedelter Gemeinden
ermöglichen. Besagte Schwellenwerte sind:
- Gemeindefläche von mindestens 63,0 Quadratkilometern: 110 der 421 hessischen Gemeinden (26,1 Prozent) haben eine Fläche von 63,0
oder mehr Quadratkilometern
- Einwohnerdichte von maximal 90,0 Einwohnern je Quadratkilometer: 98 der 421 hessischen Gemeinden (23,3 Prozent) haben eine
Einwohnerdichte von maximal 90,0 Einwohnern je Quadratkilometer
- Mindestens neun Ortsteile: 104 der 421 hessischen Gemeinden (24,7 Prozent) haben neun oder mehr Ortsteile
Das beschriebene Schwellenwert-Verfahren führt im Ergebnis zu 30 Gemeinden, die den hier definierten Voraussetzungen zur Kategorisierung
als "stark zersiedelte Gemeinde" genügen. Die 30 Gemeinden werden in der weiter unten aufgeführten Tabelle 2 aufgelistet (inkl. einzelner
Kerndaten zu den Gemeinden).
Beim Blick auf die Einwohnerzahlen ist auffällig, dass es sich bei den 30 Gemeinden v.a. um kleine bis mittelgroße Gemeinden handelt. Die
Spannweite reicht von 2.987 Einwohnern in Ulrichstein bis 10.111 Einwohner in Schotten. Dieses Ergebnis war allerdings auch erwartbar, zumal
einwohnerstärkere Gemeinden typischerweise dichter besiedelt sind. Insgesamt gibt es in Hessen 157 kreisangehörige Gemeinden, die mehr
Einwohner haben als Schotten. Demgegenüber haben 43 kreisangehörige Gemeinden weniger Einwohner als Ulrichstein.
Von den 30 Gemeinden sind zu den Stichtagen 31.12.2013 und 31.12.2014 zehn stark zersiedelte Gemeinden kassenkreditschuldenfrei (33,3
Prozent). Zu beachten ist hierbei jedoch, dass eine der zehn Gemeinde, die Gemeinde Weilrod, Teilnehmer am Kommunalen Schutzschirm ist.
Der abrufbare Entschuldungsbeitrag beläuft sich laut Schutzschirmgesetz auf 3.997.387 Euro. Die Kassenkreditfreiheit von Weilrod ist damit
anders zu bewerten als die Kassenkreditfreiheit der neun Nicht-Schutzschirm-Teilnehmer.
Exkurs: Kommunaler Schutzschirm
Der Kommunale Schutzschirm ist ein Programm des Landes Hessen zur finanziellen Unterstützung konsolidierungsbedürftiger hessischer Kommunen.
Insgesamt waren 106 von 448 hessischen Kommunen antragsberechtigt, wovon letztlich 100 Kommunen (drei kreisfreie Städte, 14 Landkreise und
83 kreisangehörige Gemeinden) am Schutzschirm teilnehmen. Auf eine Teilnahme verzichtet haben die sechs kreisangehörigen Gemeinden
Biebesheim am Rhein, Bischofsheim, Florstadt, Neuberg, Schmitten und Trebur. Die 100 Schutzschirm-Teilnehmer erhalten vom Land Finanzhilfen
in Form von Entschuldungsbeiträgen (bis zu 2,8 Mrd. Euro) und Zinsdiensthilfen (bis zu 400 Mio. Euro). Im Gegenzug müssen sie durch die
Umsetzung weiterer, eigener Konsolidierungsmaßnahmen innerhalb eines individuell verhandelten Zeitraums ihren Haushalt im ordentlichen
Ergebnis ausgleichen.
Weitere Informationen zum Kommunalen Schutzschirm finden Sie z.B. auf der nachfolgend verlinkten Seite.
» Kommunaler Schutzschirm Hessen
Hrsg.: Hessisches Ministerium der Finanzen
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An zumindest einem der beiden Stichtage (31.12.2013 oder 31.12.2014) haben 15 Gemeinden keine Kassenkredite im Kernhaushalt. Dies entspricht
einem Anteil von 50,0 Prozent. Unter den fünf hinzu kommenden Gemeinden sind mit Frielendorf und Willingen (Upland) allerdings wiederum zwei
Schutzschirm-Teilnehmer, deren (temporäre) Kassenkreditfreiheit maßgeblich durch die verfügbaren Entschuldungshilfen des Schutzschirms
(17.003.702 Euro für Frielendorf bzw. 13.768.525 Euro für Willingen (Upland)) ermöglicht wurde.
Neben den drei zuvor genannten Gemeinden sind auch Heidenrod, Spangenberg und Waldkappel Teilnehmer am kommunalen Schutzschirm. Zur
Interpretation der Daten sollen nachrichtlich auch die Volumina der abrufbaren Entschuldungshilfen für diese drei Schutzschirm-Teilnehmer
berichtet werden: 13.665.560 Euro für Heidenrod, 15.780.430 Euro für Spangenberg und 10.611.710 Euro für Waldkappel.
Generell sind Kassenkreditbestände über 500 Euro je Einwohner als kritisch zu sehen. Liegen sie sogar über 1.000 Euro je Einwohner, kann von
einem sehr hohen Kassenkreditniveau gesprochen werden. Über der Schwelle von 500 Euro je Einwohner liegen zum 31.12.2014 sieben der 30 Gemeinden.
Drei dieser Gemeinden haben sogar Kassenkredite von mehr als 1.000 Euro je Einwohner (Heidenrod, Spangenberg und Ulrichstein). Die beiden
Schutzschirmteilnehmer aus dieser 3er-Gruppe - Heidenrod und Spangenberg - erreichen sogar Niveaus von über 2.000 Euro je Einwohner. Insbesondere
in den drei Gemeinden mit Kassenkrediten über 1.000 Euro je Einwohner kann festgestellt werden, dass die Gemeinden in der Vergangenheit in enormem
Ausmaß über ihre Verhältnisse gelebt haben.
Zum 31.12.2014 sind insgesamt elf von 30 Gemeinden im Kernhaushalt kassenkreditfrei (36,7 Prozent). Von allen 421 kreisangehörigen Gemeinden
sind es zu diesem Stichtag 128 Gemeinden bzw. 30,4 Prozent. Der Anteil kassenkreditfreier Gemeinden liegt damit im stark zersiedelten Bereich
leicht über dem hessischen Durchschnitt. Auch der durchschnittliche Pro-Kopf-Kassenkreditbestand ist niedriger. So hat die Gesamtheit der 30
stark zersiedelten Gemeinden zum 31.12.2014 Kassenkredite in Höhe von 344 Euro je Einwohner. In der Summe der 421 kreisangehörigen Gemeinden
liegt dieser Wert bei merklich höheren 522 Euro je Einwohner.
Die Kommunen, die am kommunalen Schutzschirm teilnehmen konnten, sind tendenziell Kommunen mit besonders kritischer Finanzlage. Von den 30
Gemeinden waren sechs zur Teilnahme am kommunalen Schutzschirm berechtigt. Alle sechs Gemeinden haben von der Teilnahmeofferte Gebrauch
gemacht. Der prozentuale Schutzschirm-Anteil in den stark zersiedelten Gemeinden beläuft sich mithin auf 20,0 Prozent.
Insgesamt waren 106 hessische Kommunen berechtigt, am Schutzschirm teilzunehmen: 14 Landkreise, drei kreisfreie Städte und 89 kreisangehörige
Gemeinden (sechs kreisangehörige Gemeinden verzichteten auf eine Teilnahme). Der Anteil der zur Schutzschirm-Teilnahme berechtigten
kreisangehörigen Gemeinden an der Gesamtzahl von 421 kreisangehörigen Gemeinden beläuft sich damit auf 21,1 Prozent - und liegt damit nur minimal
über dem Anteil in den stark zersiedelten Gemeinden. Die Anteile der laut Schutzschirmgesetz besonders konsolidierungsbedürftigen Gemeinden sind
damit in den beiden Gruppen ähnlich hoch.
Wie oben dargestellt worden ist, sind zehn Gemeinden an beiden Stichtagen kassenkreditschuldenfrei. Besonders interessant sind hierunter
diejenigen Gemeinden, die die Kassenkreditfreiheit ohne gesonderte Finanzhilfen des Landes erreicht und aufrecht erhalten haben. Es sind
dies die folgenden neun Gemeinden:
- Diemelstadt (Landkreis Waldeck-Frankenberg)
- Eiterfeld (Landkreis Fulda)
- Freiensteinau (Vogelsbergkreis)
- Grebenhain (Vogelsbergkreis
- Ludwigsau (Landkreis Hersfeld-Rotenburg)
- Schenklengsfeld (Landkreis Hersfeld-Rotenburg)
- Sinntal (Main-Kinzig-Kreis)
- Vöhl (Landkreis Waldeck-Frankenberg)
- Waldeck (Landkreis Waldeck-Frankenberg)
Diese Gemeinden werden im weiteren Verlauf des Beitrags einer genaueren Analyse unterzogen.
Weitere Daten zu den stark zersiedelten Gemeinden ohne Kassenkredite
Die kassenstatistischen Pro-Kopf-Finanzierungssalden 2007 bis 2014 zu den neun kreisangehörigen Nicht-Schutzschirm-Gemeinden
ohne Kassenkredite werden in Tabelle 3 gezeigt. In der Tabelle wird deutlich, dass im Vergleich zum hessischen Durchschnitt
sechs Gemeinden einen besseren und drei Gemeinden einen schlechteren Finanzierungssaldo berichten. Interessant zu beobachten
ist, dass Diemelstadt, Grebenhain und Schenklengsfeld trotz relativ hoher Finanzierungsdefizite noch ohne Kassenkredite auskommen.
Die Steuereinnahmen der Gemeinden sind eine Größe, die im Zeitablauf größeren Schwankungen unterliegen kann. Um etwaige
Sondereffekte einzelner Jahre zumindest in Teilen zu identifizieren, wird hier statt einer 1-Jahres- eine 2-Jahres-Betrachtung
vorgenommen. Hinsichtlich des ebenfalls berichteten hessischen Durchschnittswerts für die Steuereinnahmen und die Hebesätze ist
darauf hinzuweisen, dass dieser auch die größeren kreisangehörigen Gemeinden beinhaltet. Größere Gemeinden haben tendenziell
höhere Netto-Steuereinnahmen je Einwohner und auch höhere Hebesätze.
Die größenklassenspezifischen, durchschnittlichen Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen in Hessen sind für das Jahr 2014:
- Kreisangehörige Gemeinden ab 50.000 Einwohnern: 1.378 Euro je Einwohner
- Kreisangehörige Gemeinden mit 20.000 bis 49.999 Einwohnern: 1.314 Euro je Einwohner
- Kreisangehörige Gemeinden mit 10.000 bis 19.999 Einwohnern: 960 Euro je Einwohner
- Kreisangehörige Gemeinden mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern: 850 Euro je Einwohner
- Kreisangehörige Gemeinden mit bis zu 4.999 Einwohnern: 720 Euro je Einwohner
Für weitere Informationen sei auf nachstehenden Blog-Eintrag verwiesen.
» Verteilung der Netto-Steuereinnahmen der 426 Städte und Gemeinden in Hessen 2014 nach Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 7. August 2015
Autor: Andreas Burth
Sieben der neun Gemeinden haben z.T. deutlich unterdurchschnittliche Netto-Steuereinnahmen je Einwohner. Besonders gering fallen
sie in Ludwigsau aus. Ludwigsau ist 2014 mit 499 Euro je Einwohner die steuerschwächste Gemeinde der Größenklasse "5.000 bis 9.999 Einwohner".
Werte, die größenklassenspezifisch über dem hessischen Durchschnitt liegen finden sich nur in Diemelstadt und Eiterfeld. Von lediglich
zwei Ausnahmen abgesehen sind die stark zersiedelten Gemeinden ohne Kassenkredite damit als steuerschwach zu bewerten.
Das Hebesatzniveau
der neun Gemeinden ist zumeist als unterdurchschnittlich einzustufen. Leicht überdurchschnittliche Hebesätze finden
sich nur vereinzelt. Hohe Hebesätze sind in keiner der neun Gemeinden beschlossen worden. Auch die 390 Prozent in Ludwigsau bei der
Grundsteuer B bzw. die 380 Prozent in Grebenhain bei der
Gewerbesteuer sind keineswegs als hoch anzusehen. So liegt z.B. der aktuelle
Höchsthebesatz der Grundsteuer B in Hessen bei 960 Prozent. Er ist von der kreisangehörigen Gemeinde Nauheim (rund 10.000 Einwohner) festgesetzt worden.
Hiervon sind besagte neun Gemeinden noch weit entfernt. Zugleich zeigt die Differenz zu Nauheim aber auch auf, welches ertragsseitige
Konsolidierungspotenzial die Gemeinden notfalls noch haben, sofern der Haushaltsausgleich bzw. die Kassenkreditschuldenfreiheit durch
anderweitige Konsolidierungsmaßnahmen (v.a. auf der Aufwandsseite) nicht mehr erreicht bzw. aufrecht erhalten werden kann.
Gerade ländliche, zersiedelte Gemeinden sind häufig dadurch charakterisiert, dass das Gewerbesteueraufkommen v.a. von Einzelunternehmern
und Gesellschaftern von Personengesellschaften (z.B. OHG, KG) gezahlt wird. Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH) mit nennenswertem
Gewerbesteueraufkommen, bei denen im Falle einer Hebesatzerhöhung eine Abwanderung droht, sind hier seltener anzutreffen. Sofern
derartige Strukturen vorliegen, ist den Gemeinden zu empfehlen, den Gewerbesteuerhebesatz auf 380 Prozent festzusetzen. Hintergrund
ist, dass Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften bis zu Hebesätzen von 380 Prozent die gezahlte Gewerbesteuer
in voller Höhe auf die
Einkommensteuer anrechnen können (siehe § 35 Einkommensteuergesetz). Einzelunternehmer und Gesellschafter von
Personengesellschaften werden damit durch Hebesätze bis 380 Prozent faktisch nicht zusätzlich belastet, während der Gemeinde mehr
Steuermittel zufließen. Eine Zusatzbelastung stellen auf 380 Prozent erhöhte Hebesätze nur für Kapitalgesellschaften dar. Sofern es
vor Ort Kapitalgesellschaften gibt, ist v.a. zu prüfen, ob diese überhaupt in nennenswertem Umfang Gewerbesteuer zahlen bzw. ob bei
einem Hebesatz von 380 Prozent tatsächlich eine Abwanderung zu befürchten wäre.
» § 35 Einkommensteuergesetz
Hrsg.: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Neben den Kassenkrediten können Gemeinden sich auch im investiven Bereich verschulden. Zu beachten ist im Kontext der Schuldenstände,
dass aus Gründen der Datenverfügbarkeit zum Stichtag 31.12.2014 nur Schuldendaten für den
Kernhaushalt berichtet werden. Gemeinden
können sich gleichwohl auch in
Auslagerungen (z.B.
Eigenbetriebe, GmbHs) verschulden. Diese ausgelagerten Schulden sind den Gemeinden
wirtschaftlich ebenso zuzurechnen wie die Kernhaushaltsschulden. Der Grad der Schuldenauslagerungen kann von Gemeinde zu Gemeinde
stark variieren (siehe z.B. folgender Blog-Eintrag).
» Schulden-Ranking der 421 kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Hessen, Blog-Eintrag vom 2. September 2014
Autor: Andreas Burth
Bei den stark zersiedelten Gemeinden handelt es sich v.a. um einwohnerschwächere Gemeinden. Wie in einem früheren Blog-Eintrag auf
HaushaltsSteuerung.de gezeigt werden könnte, ist der Anteil ausgelagerter Schulden in kleineren hessischen Gemeinden tendenziell geringer. Es
kann damit davon ausgegangen werden, dass die methodischen Limitationen reiner Kernhaushaltsbetrachtungen in stark zersiedelten
Gemeinden weniger gravierend ausfallen.
» Pro-Kopf-Schulden der Städte und Gemeinden in Hessen im Größenklassen-Vergleich, Blog-Eintrag vom 18. Juli 2015
Autor: Andreas Burth
Zum Stand 31.12.2012 (siehe obiger Blog-Eintrag vom 2.9.2014) hatten nur Vöhl und Waldeck nennenswerte Schuldenstände in ausgelagerten
Einheiten
(Extrahaushalte und sonstige
FEUs). Allerdings übersteigen in beiden Gemeinden dennoch die Kernhaushaltsschulden die
ausgelagerten Schulden um ein Vielfaches. Die prozentualen Anteile der nicht im Kernhaushalt aufgenommenen, ausgelagerten Schulden
an den Gesamtschulden erreichten zum 31.12.2012 konkret folgende Werte: 3,39 Prozent in Diemelstadt, 0,00 Prozent in Eiterfeld, 0,54 Prozent
in Freiensteinau, 0,14 Prozent in Grebenhain, 0,63 Prozent in Ludwigsau, 0,02 Prozent in Schenklengsfeld, 0,00 Prozent in Sinntal, 21,11
Prozent in Vöhl und 11,14 Prozent in Waldeck. Mithin ist damit festzustellen, dass durch den Blick auf die Kernhaushalte der neun Gemeinden
(siehe Tabelle 5) jeweils der weit überwiegende Teil der Gesamtschulden erfasst ist.
Sehr geringe investive Schulden (Investitionskredite und Wertpapierschulden) zum 31.12.2014 haben im Kernhaushalt die drei Gemeinden Eiterfeld (495 Euro je Einwohner), Grebenhain
(368 Euro je Einwohner) und Ludwigsau (69 Euro je Einwohner). Ludwigsau ist hierbei sogar in der Nähe des Prädikats "Schuldenfreiheit".
In der 9er-Gruppe sind allerdings auch einzelne Gemeinden mit sehr hohen investiven Schuldenständen zu finden. Insbesondere in
Schenklengsfeld zeigen sich am Volumen der investiven Schulden zum 31.12.2014 (3.740 Euro je Einwohner) die Folgen der hohen
Finanzierungsdefizite der Vergangenheit. Allerdings scheint es der Gemeinde dennoch zu gelingen, den Haushalt ohne Kassenkredite
zu führen. Denkbar ist, dass die Schulden v.a. in den Gebührenhaushalten (Wasser, Abwasser, Friedhof etc.) aufgenommen wurden. Sofern die Gemeinde kostendeckende
Gebühren erhebt, belasten die Schulden in den Gebührenhaushalten den Kernhaushalt nicht. Ein weiterer Grund könnte im beträchtlichen
Finanzvermögen in Höhe von 6,41 Mio. Euro bzw. 1.421 Euro je Einwohner liegen (Stand: 31.12.2013). Die voluminösesten Finanzvermögensarten
in Schenklengsfeld sind in den Bereichen "Bargeld und Einlagen" (2,14 Mio. Euro) und "sonstige Forderungen" (4,14 Mio. Euro) zu finden.
Neben Schenklengsfeld hat auch Waldeck mit 2.602 Euro je Einwohner sehr hohe investive Schulden. Hinzu kommen, wie oben angesprochen,
die ausgelagerten Schulden in Waldeck (sofern diese nicht inzwischen zurückgeführt worden sind).
Daten zur Höhe des Finanzvermögens sind bislang nur zum Stichtag 31.12.2013 verfügbar. Das im Vergleich höchste Finanzvermögen hat das
oben bereits angesprochene Schenklengsfeld. Interessant ist für den 31.12.2013 die Frage, ob es einzelne Gemeinden gibt, deren
Finanzvermögen zum 31.12.2013 die investiven Schulden zum 31.12.2013 übersteigt. Konkret trifft dies hier auf Grebenhain und Ludwigsau
zu. Die investiven Schulden zum 31.12.2013 lagen in Grebenhain bei 212 Euro je Einwohner und in Ludwigsau bei 71 Euro je Einwohner.
In Tabelle 5 wird auch der Durchschnittswert des Finanzvermögens für die Gesamtheit der 421 kreisangehörigen Gemeinden in Hessen berichtet.
Bei der Interpretation des Durchschnittswerts ist allerdings darauf hinzuweisen, dass selbiger stark durch einzelne Ausreißer verzerrt wird.
Beispielhaft sei auf das Finanzvermögen von Eschborn verwiesen, das zum 31.12.2013 bei 12.884 Euro je Einwohner lag.
Neben den oben berichteten Finanzdaten ist auch interessant zu betrachten, wie sich die Einwohnerzahlen in den neun Gemeinden entwickelt
haben. Konkret wird der Zeitraum vom 30.6.2001 bis zum 30.6.2012 untersucht. Grundlage ist die Volkszählung des Jahres 1987. Daten des
Zensus 2011 werden nicht verwendet, da sie nur für den relativ kurzen Zeitraum von 2011 bis 2014 eine Beurteilung der Einwohnerentwicklung
ermöglichen. Auf eine Analyse des Zeitraums von 2001 bis 2014 ist verzichtet worden, um einen Bruch in der zugrundeliegenden Volkszählung
(Volkszählung 1987 vs. Zensus 2011) zu vermeiden. Zu den haushaltspolitischen Herausforderungen schrumpfender Bevölkerungszahlen im Allgemeinen
sei z.B. auf untenstehenden Blog-Eintrag verwiesen.
» Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ohne Kassenkredite trotz eines starken Bevölkerungsrückgangs, Blog-Eintrag vom 11. September 2015
Autor: Andreas Burth
Die 421 kreisangehörigen Gemeinden in Hessen haben vom 30.6.2001 zum 30.6.2012 in ihrer Summe 1,43 Prozent ihrer Einwohner verloren.
Ausnahmslos alle neun stark zersiedelten Gemeinden ohne Kassenkredite hatten in diesem Zeitraum prozentual einen stärkeren
Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. Die geringsten Einwohnerverluste berichtet die Statistik für Eiterfeld (-3,80 Prozent). Den
stärksten Einwohnerrückgang hatte Waldeck zu verkraften (-11,01 Prozent).
Nachrichtlich: Kassenkreditschulden der stark zentralisierten Gemeinden
Hauptgegenstand dieses Beitrags sind die besonders stark zersiedelten Gemeinden in Hessen. Nachrichtlich sollen im vorliegenden Abschnitt
aber auch grundlegende Daten zu den am stärksten zentralisierten Gemeinden in Hessen berichtet werden.
Abweichend zu obiger Vorgehensweise wird Zentralisierung hier zunächst nur an der Einwohnerdichte gemessen, da auch stark zentralisierte
Gemeinden mehrere Ortsteile haben können (z.B., wenn Teile einer dichten Siedlungsfläche als Stadtteile definiert werden) und die
Gemeindefläche im Kontext der Zentralisierung nur im Zusammenhang mit der Einwohnerzahl sinnvoll zu interpretieren ist (womit man
wieder bei besagter Einwohnerdichte wäre). Die Einwohnerdichte erscheint als ein geeigneter Indikator für die Identifikation der
besonders stark zentralisierten Gemeinden, da sehr hohe Einwohnerdichten (v.a. ab etwa 1.000 Einwohnern je Quadratkilometer) ohne
stark zentralisierte Strukturen kaum erreichbar sind (von seltenen Sonderfällen abgesehen).
Analog zu der oben genannten Vorgehensweise zur Identifikation stark zersiedelter Gemeinden ist auch bei dem hier gewählten Prozedere
zur Bestimmung der stark zentralisierten Gemeinden darauf hinzuweisen, dass die Auswahl keineswegs perfekt ist. Zur Verbesserung des
Auswahlprozesses sind weitergehende Detailanalysen (z.B. über Google Maps) erforderlich. Da derartige Detailanalysen jedoch sehr
zeitintensiv sind und v.a. zur Verfeinerung der Erstauswahl dienen würden, wird hier auf den vereinfachten Ansatz auf Basis der
Einwohnerdichte zurückgegriffen.
Tabelle 7 enthält diejenigen 30 kreisangehörigen Gemeinden mit der höchsten Einwohnerdichte. Im Vergleich zu den stark zersiedelten
Gemeinden wird offenkundig, dass es sich bei den stark zentralisierten Gemeinden v.a. um einwohnerstärkere Gebietskörperschaften
handelt. Zu den 30 Gemeinden zählen auch vier von sieben Sonderstatusstädten (Bad Homburg vor der Höhe, Gießen, Hanau und Rüsselsheim).
Die sieben hessischen Sonderstatusstädte sind die einwohnerstärksten kreisangehörigen Gemeinden in Hessen. Sie haben jeweils mehr als 50.000 Einwohner.
Insgesamt sind von den 30 Gemeinden sechs (20,0 Prozent) zu beiden Stichtagen im Kernhaushalt kassenkreditfrei. Bei Bad Homburg vor
der Höhe, Eschborn, Schwalbach am Taunus und Sulzbach (Taunus) ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde zugleich
ausgesprochen steuerstark sind. Insgesamt ist auch Kelsterbach als steuerstark einzustufen (wenngleich nicht in dem Maße, wie die
vier zuvor genannten Gemeinden). Liederbach am Taunus liegt - je nach betrachtetem Jahr und je nach Vergleichsgruppe - demgegenüber
bei der Steuerstärke eher im Durchschnitt oder leicht unter dem Durchschnitt. Nach Steuerarten unterdurchschnittlich ist Liederbach
am Taunus v.a. bei der Gewerbesteuer. Der
Einkommensteueranteil ist eher überdurchschnittlich. Bei den Einnahmen aus der Grundsteuer B
liegt Liederbach am Taunus etwa im Durchschnitt.
Von den 30 stark zentralisierten Gemeinden sind sechs Gemeinden Teilnehmer am kommunalen Schutzschirm (Anteil von 20,0 Prozent). Es
handelt sich konkret um Dietzenbach, Gießen, Hanau, Hattersheim am Main, Rüsselsheim und Steinbach (Taunus).
Die höchsten Pro-Kopf-Kassenkreditschulden im Kernhaushalt haben zum 31.12.2014 die Gemeinden Bischofsheim (1.167 Euro je Einwohner),
Dietzenbach (1.475 Euro je Einwohner), Ginsheim-Gustavsburg (1.320 Euro je Einwohner), Großkrotzenburg (2.538 Euro je Einwohner),
Hanau (2.461 Euro je Einwohner) und Rüsselsheim (2.444 Euro je Einwohner). Generell sind Kassenkreditbestände über 500 Euro je Einwohner
als hoch einzustufen. Liegen sie sogar über 1.000 Euro je Einwohner kann von sehr hohen Kassenkreditschulden gesprochen werden.
Kassenkredite von über 1.000 oder sogar über 2.000 Euro je Einwohner deuten in diesem Sinne auf ein exzessives Wirtschaften über
die eigenen Verhältnisse hin. Generell gilt: Je höher die (dauerhaften) Kassenkreditschulden, desto höher ist das Ausmaß, zu dem
die betreffende Gemeinde über ihre Verhältnisse gelebt hat.
Zusätzlich zu einer Auslese, die einzig auf die Einwohnerdichte rekurriert, können weitere stark zentralisierte Gemeinden identifiziert
werden, indem die 33 Gemeinden mit nur einem Ortsteil einer weitergehenden Untersuchung unterzogen werden. Die Ortsteilperspektive
auf die Zentralisierung ist v.a. als Ergänzung zu obiger Auswahl zu verstehen, da sich - wie oben bereits im Detail beschrieben
wurde - auch zusammenhängende Siedlungsgebiete in mehrere Ortsteile untergliedern können. Eine reine Ortsteilbetrachtung blendet
solche Gemeindestrukturen aus und würde sie als zersiedelt ansehen. Durch den Fokus auf Gemeinden mit nur einem Ortsteil werden v.a.
solche Gemeinden zusätzlich identifiziert, die zwar eine im Verhältnis zur Einwohnerzahl größere Fläche haben und nur einen
(kleineren) Teil der Fläche als einziges Siedlungsgebiet aufweisen.
Grunddaten zu den Gemeinden mit nur einem Ortsteil finden Sie in Tabelle 8. Von den insgesamt 33 Gemeinden mit nur einem Ortsteil
werden in die Tabelle indes nur 20 Gemeinden integriert. Grund ist, dass Doppelungen mit obiger Tabelle 7 vermieden werden sollen.
Die 13 bereits in Tabelle 7 aufgeführten Gemeinden mit einem Ortsteil werden daher in Tabelle 8 außen vor gelassen.
Die Gemeinden mit nur einem Ortsteil, die nicht zu den Gemeinden mit einer sehr hohen Einwohnerdichte zählen (siehe Tabelle 7),
sind tendenziell einwohnerschwächer. Die Einwohnerspannweite reicht von 1.878 Einwohnern in Nieste bis zu 33.276 Einwohnern in
Viernheim. Der niedrigste Wert in der Einwohnerdichte findet sich in Groß-Rohrheim mit 193 Einwohnern je Quadratkilometer.
Von den 20 Gemeinden sind fünf sowohl am 31.12.2013 als auch am 31.12.2014 kassenkreditfrei, wobei hierunter keine Schutzschirm-Gemeinde
ist. Insgesamt gibt es in der Gruppe der 20 Gemeinden sechs Schutzschirm-Gemeinden. In einigen dieser Gemeinden sind (vermutlich v.a.
aufgrund des Schutzschirms) deutliche Rückgänge in der Kassenkreditverschuldung zu beobachten. Zu nennen sind hier insbesondere Kiedrich
und Langenselbold. Sehr hohe Kassenkreditschulden zum 31.12.2014 finden sich in den beiden Schutzschirm-Teilnehmern Bad Orb (1.482 Euro je Einwohner)
und Egelsbach (1.417 Euro je Einwohner). Weitere Gemeinden mit hohen Kassenkreditschulden (ab 500 Euro je Einwohner) sind Bad Salzschlirf,
Biebesheim am Rhein, Fränkisch-Crumbach, Kiedrich, Langenselbold, Messel, Nauheim und Viernheim.
Eine relevante Fragestellung im Kontext der fünf kassenkreditfreien Gemeinden ist, wie steuerstark sie aktuell sind (unter Berücksichtigung
der jeweiligen Größenklasse). Dieburg kann demnach als steuerstarke Gemeinde eingestuft werden. Vor dem Hintergrund der geringen Einwohnerstärke
ebenfalls eher steuerstark ist Groß-Rohrheim. Lorsch und Eppertshausen liegen etwa im Durchschnitt. Einhausen ist findet sich leicht unter dem
Durchschnittswert der Größenklasse. Es ist damit festzustellen, dass stark zentralisierte Gemeinden prinzipiell auch ohne besonders hohe Steuereinnahmen
kassenkreditfrei sein können.
Fazit
Zusammenfassend ist einmal mehr festzuhalten, dass eine Gemeinde ohne Kassenkredite auskommen kann, wenn sie will. Die Möglichkeit
der Kassenkreditfreiheit von Gemeinden mit sehr geringen Steuereinnahmen, großen Problemen im Sozialbereich und starkem Bevölkerungsrückgang
ist bereits in früheren Beiträgen aufgezeigt worden. Der vorliegende Beitrag verdeutlicht zudem, dass auch sehr stark zersiedelte
Gemeinden ihren Haushalt ohne Kassenkredite führen können. Das Beispiel Ludwigsau macht zudem deutlich, dass es stark zersiedelten
Gemeinden sogar möglich ist, auch im investiven Bereich fast schuldenfrei zu sein.
Die Gemeinde Ludwigsau ist besonders bemerkenswert, da es sich obendrein um eine sehr steuerschwache Gemeinde handelt, die darüber
hinaus merkliche Bevölkerungsrückgänge verzeichnet. An Ludwigsau wird in besonderer Weise deutlich, dass es in der Haushaltspolitik
letztlich v.a. darauf ankommt, nicht über die eigenen Verhältnisse zu leben. Eine Gemeinde sollte stets nur so viel ausgeben, wie
sie einnimmt. Dieser altbekannte, einfache Grundsatz ist in den hessischen Gemeinden mit hohen Kassenkreditschulden eklatant
vernachlässigt worden - und das, obwohl die Rahmenbedingungen (Steuereinnahmen, Bevölkerungsentwicklung, Zersiedelung etc.) dort
häufig deutlich besser sind als z.B. in Ludwigsau.
Insbesondere den Gemeinden mit hohen Defiziten (oder mit drohenden Defiziten) ist zu empfehlen, bei der Erstellung der lokalen
Konsolidierungsstrategie auch von denjenigen Gemeinden zu lernen, die offenbar trotz schwierigster Rahmenbedingungen ihre Haushalte
ohne Kassenkredite steuern. Neben den in einem früheren Blog-Eintrag identifizierten steuerschwachen hessischen Gemeinden ohne
Kassenkredite (Link siehe unten), können Gemeinden auch von den hier betrachteten stark zersiedelten Gemeinden ohne Kassenkredite etwas lernen.
» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag vom 4. September 2015
Autor: Andreas Burth
Weitere Informationen
Weitere Analysen zu den hessischen Kommunalfinanzen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de u.a. auf folgenden Seiten.
» Verschuldung in Hessen: Kommunalverschuldung
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Kassenkredite und Finanzierungssalden der kreisangehörigen Gemeinden in Hessen nach Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 9. Oktober 2015
Autor: Andreas Burth
» Verteilung der Netto-Steuereinnahmen der 426 Städte und Gemeinden in Hessen 2014 nach Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 7. August 2015
Autor: Andreas Burth
» Extremwerte bei der hessischen Kommunalverschuldung zum 31.12.2014, Blog-Eintrag vom 31. Juli 2015
Autor: Marc Gnädinger
» Pro-Kopf-Schulden der Städte und Gemeinden in Hessen im Größenklassen-Vergleich, Blog-Eintrag vom 18. Juli 2015
Autor: Andreas Burth
» Realsteuern 2014 in Hessen: Einzelgemeindlicher Vergleich von Aufkommen und Hebesätzen, Blog-Eintrag vom 3. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
» Doppische Haushaltssatzungen 2014 der sieben Sonderstatusstädte in Hessen im Vergleich, Blog-Eintrag vom 28. Oktober 2014
Autor: Andreas Burth
» Doppische Haushaltssatzungen 2014 der fünf kreisfreien Städte in Hessen im Vergleich, Blog-Eintrag vom 24. Oktober 2014
Autor: Andreas Burth
» Doppische Haushaltssatzungen 2014 der 21 hessischen Landkreise im Vergleich, Blog-Eintrag vom 16. Oktober 2014
Autor: Andreas Burth
» Ranking zum Finanzierungsüberschuss/-defizit der 447 Kommunen in Hessen, Blog-Eintrag vom 4. September 2014
Autor: Andreas Burth
» Ranking über die Pro-Kopf-Steuereinnahmen der 426 Städte und Gemeinden in Hessen, Blog-Eintrag vom 3. September 2014
Autor: Andreas Burth
» Schulden-Ranking der 421 kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Hessen, Blog-Eintrag vom 2. September 2014
Autor: Andreas Burth
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