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Stadt Jena auf dem Weg in die Schuldenfreiheit
Stadt Jena auf dem Weg in die Schuldenfreiheit
13. Dezember 2011 |
Autor: Marc Gnädinger
Die Kommunalverschuldung in Thüringen erscheint Ende 2010 im Vergleich zu anderen
Ländern als vergleichsweise niedrig. Insbesondere die als Krisenindikator geltenden
Kassenkredite spielen in Thüringen in der Summe eine geringere Rolle als das in
zahlreichen anderen Ländern der Fall ist. Dennoch gibt es auch in Thüringen Kommunen,
bei denen die Verschuldung als problematisch einzustufen ist.
» Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände Ende 2010 bei 2,4 Milliarden Euro (Pressemitteilung 230/2011 vom 18. August 2011)
Hrsg.: Thüringer Landesamt für Statistik
Unter den insgesamt sechs kreisfreien Städten des Landes sticht in Bezug auf die Kommunalschulden
die Stadt Jena heraus. Das Thüringer Landesamt für Statistik veröffentlicht jährlich gemeindescharfe
Daten zur Verschuldung der Städte und Gemeinden des Landes. Die Berichterstattung zum Stichtag
31.12.2010 ist dabei jedoch nicht mit der aus Vorjahren vergleichbar, weil die Verschuldungsdaten
erstmals nach der Systematik der neuen Schuldenstatistik ausgewertet werden. Hierbei differenzieren
die thüringischen Statistiker in Analogie zum Statistischen Bundesamt zwischen kommunalen
Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich und
Schulden beim öffentlichen Bereich. Beide Schuldenarten werden
darüber hinaus auch noch einmal in der Summenbetrachtung dargestellt.
» Kommunalschulden 2010 nach neuer Schuldenstatistik, Blog-Eintrag vom 23. Oktober 2011
Autor: Marc Gnädinger
Nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik ist die Stadt Jena (105.129 Einwohner)
zum 31.12.2010 die einzige Stadt in der Gruppe der kreisfreien Städte des Landes, die keinerlei
Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich ausweist. Bei den Schulden beim öffentlichen Bereich
sieht es hingegen anders aus. Sie betragen in Jena Ende 2010 rund 50.319.000 Euro. In der
Summenbetrachtung (Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich und Schulden beim öffentlichen Bereich)
hat die thüringische Stadt Eisenach in absoluten Werten (noch) einen niedrigeren Gesamtschuldenstand
Ende 2010 als Jena. Er liegt bei rund 45.969.000 Euro, wobei es sich in Eisenach (42.750 Einwohner)
ausschließlich um Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich handelt. Schulden beim öffentlichen Bereich
weist die Stadt zum gleichen Stichtag nicht aus.
» Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände zum 31. Dezember 2010 in Thüringen
Hrsg.: Thüringer Landesamt für Statistik
Die Haushalts- und Schuldenpolitik in Jena ist besonders interessant, weil sich die Kommune hier von
den allermeisten Städten des gleichen Typs (kreisfreie Städte) und der gleichen Größenklasse in
Deutschland unterscheidet: Sie ist geprägt durch das Vorhaben, in Zusammenarbeit mit den kommunalen
Auslagerungen, die Stadt bis zum Jahr 2025 vollständig zu entschulden. Im März 2009 hat der Stadtrat
dazu der Verwaltung den Auftrag erteilt, ein Konzept zur vollständigen Entschuldung der Stadt zu erstellen.
Zum Ende des Haushaltsjahres 2009 wurden sämtliche Bankkredite der Verwaltung in Jena beim Eigenbetrieb
Kommunale Immobilien Jena (KIJ) eingelegt und gleichzeitig eine Vereinbarung zur schrittweisen Rückführung
der Verbindlichkeiten gegenüber KIJ geschlossen. Gleichzeitig will die Stadt in ihrem
Kernhaushalt im
Grundsatz keine weiteren Kredite aufnehmen. Im Gegenteil soll bis 2025 die komplette Entschuldung realisiert
sein (bei Vertragsschluss insofern binnen knapp 15 Jahren). So sind entsprechend auch gemäß
Haushaltssatzung 2011 (bzw. Nachtraghaushaltssatzung 2011) keine
Investitionskredite vorgesehen.
» Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2011
Hrsg.: Stadt Jena
» Haushaltssatzung mit 1. Nachtragshaushaltsplan 2011
Hrsg.: Stadt Jena
Organisatorisch hat die Stadt Jena im Rahmen dieses Konstrukts ihre Schulden in Höhe von damals etwa 61,3
Millionen Euro auf den Eigenbetrieb Kommunale Immobilien Jena übertragen. KIJ als direkter Partner der Banken,
so der dahinterstehende Gedanke, verschafft der Stadt mehr Spielraum, um die Haushaltsbelastungen flexibler
gestalten zu können. Etwa die Hälfte des
Schuldendienstes übernehmen nach Angaben der Stadt die Technischen
Werke und KIJ aus ihren Gewinnen. Den Rest trägt die Stadt aus ihrem Haushalt. Das heißt in Zahlen: 32,8 Millionen
Euro zahlt die Stadt, 18,9 Millionen Euro fließen aus den Gewinnen der Technischen Werke, 9,6 Millionen aus Gewinnen
von KIJ. Das Vertragswerk legt nach Angaben der Stadt weiterhin auch die jährlichen Mindestzahlungen für Zins und
Tilgung für jeden der drei Partner fest. Über diese Mindestzahlungen hinaus können nach Entscheid des Stadtrates
weitere Mittel für die Entschuldung eingesetzt werden. Sollte es zu einem Zahlungsrückstand der Stadt kommen, der
drei Millionen Euro übersteigt, fallen die Schulden an die Stadt zurück.
» Vollständige Entschuldung der Stadt geplant, Meldung vom 26.11.2009
Hrsg.: Stadt Jena
» Vertrag zur Entschuldung der Stadt unterzeichnet, Meldung vom 09.02.2010
Hrsg.: Stadt Jena
» Die Stadt Jena entschulden: "Wann, wenn nicht jetzt?" - Interview mit Dr. Götz Blankenburg
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Mit dem Beschluss zur Einlage der Verbindlichkeiten beim KIJ wurde ebenfalls ein Verbot neuer Bankverbindlichkeiten
in die
Hauptsatzung aufgenommen, sofern nicht gewerbliche, d.h. rentierliche Investitionen finanziert werden sollen.
Wörtlich heißt es in § 6a (Neuverschuldungsverbot) der Hauptsatzung der Stadt Jena:
"Die Stadt Jena und ihre Eigenbetriebe nehmen keine weiteren Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten auf.
Ausgenommen von diesem Neuverschuldungsverbot sind Kreditaufnahmen im Rahmen von
Umschuldungen, Kreditaufnahmen zur
Finanzierung gewerblicher Investitionen sowie Kassenkredite zur Aufrechterhaltung der Liquidität."
» Hauptsatzung der Stadt Jena
Hrsg.: Stadt Jena
Das Neuverschuldungsverbot kann als innovativ bezeichnet werden. Es wurde nicht extern vorgegeben, sondern fußt
auf der eigenen Überzeugung der kommunalen Mandats- und Verantwortungsträger, die den Beschluss dazu gefasst haben.
Kaum eine andere deutsche Großstadt hat es bislang kommunalpolitisch erreicht, eine derartige Selbstfestlegung in der
Hauptsatzung zu verankern. Ein solcher Beschluss setzt den festen Willen der Kommunalpolitik zur Erreichung der
Schuldenfreiheit voraus.
Weitere Informationen zu schuldenfreien Kommunen sowie zur Kommunalverschuldung in Thüringen erhalten Sie hier:
» Blog-Einträge zum Thema "Schuldenfreie Kommunen"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Kommunalverschuldung in Thüringen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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