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Pro-Kopf-Schulden der Städte und Gemeinden im Saarland zum 31.12.2014
Pro-Kopf-Schulden der Städte und Gemeinden im Saarland zum 31.12.2014
2. April 2016 |
Autor: Andreas Burth
Die Finanzlage von Deutschlands Kommunen ist sehr heterogen. Dies gilt sowohl im Ländervergleich als auch bei interkommunalen
Vergleichen. Ein Flächenland mit besonders großen Finanzproblemen auf kommunaler Ebene ist das Saarland. In Ländervergleichen
nimmt das Saarland regelmäßig den unrühmlichen Spitzenplatz in der Verschuldungshöhe ein. Dies gilt sowohl für die Höhe der kommunalen
Gesamtverschuldung als auch für das Volumen der kommunalen
Kassenkredite. Letztere gelten als eine besonders problembehaftete Schuldenart.
» Kommunale Verschuldung in Deutschland im Ländervergleich
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Die allgemein schwierige Lage im Saarland darf indes nicht darüber hinweg täuschen, dass die Situation innerhalb des Saarlandes
keineswegs homogen ist. Im Saarland gibt es sowohl Städte und Gemeinden, die in der Vergangenheit deutlich über Verhältnisse
gelebt haben, als auch Städte und Gemeinden, die dies nicht oder nur in geringerem Maße getan haben.
Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, die Verschuldung der Städte und Gemeinden im Saarland zum Stichtag 31.12.2014 auf
vergleichender Grundlage zu untersuchen. Dabei werden neben den
Kernhaushaltsschulden auch die Schulden der
Auslagerungen
einbezogen.
Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Pro-Kopf-Verschuldung im Kernhaushalt und in kommunalen Unternehmen
- Pro-Kopf-Verschuldung im Kernhaushalt nach Schuldenarten
- Schulden in Prozent der ordentlichen Einzahlungen (nur Kernhaushalt)
- Weitere Informationen
Methodische Anmerkungen
Datengrundlage dieses Blog-Eintrags ist der Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung. Das Datenangebot des Wegweisers Kommune
wurde im März 2016 um Werte zum Jahr 2014 erweitert und umfasst neben den Schulden im Kernhaushalt auch die Schulden der Auslagerungen. Mit
dem Begriff der Auslagerungen sind im Wegweiser Kommune konkret die (rechtlich unselbstständigen)
Eigenbetriebe und die rechtlich
selbstständigen Unternehmen (z.B. in der Rechtsform der GmbH) angesprochen. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass bei neun Städten
und Gemeinden keine Daten zu den rechtlich selbstständigen Unternehmen verfügbar sind. Die Datenlücken werden in den Tabellen
dieses Beitrags durch den Hinweis "k.A." (für "keine Angabe") kenntlich gemacht.
Im Beitrag werden verschiedene Finanzkennzahlen untersucht. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die verwendeten Kenngrößen.
Zu beachten ist, dass der verfügbare Datensatz nicht alle kommunalen Schuldenarten abdeckt. Es fehlen insbesondere die
impliziten Schulden
(z.B. Pensionsverpflichtungen). Die impliziten Schulden werden erst in der
Doppik vollständig erfasst (z.B. in Form von
Pensionsrückstellungen). Da einige deutsche Kommunen (sowie der Bund und die meisten Länder) noch immer
kameral rechnen, werden
doppische Kennzahlen (noch) nicht statistisch nachgewiesen. Es ist damit darauf hinzuweisen, dass die hier berichteten Schuldenstände
nur einen Teil der tatsächlichen (doppischen) Gesamtverschuldung der kreisfreien Städte berücksichtigt.
Eine besondere Schuldenart sind die Kassenkredite. Kassenkredite sind ein häufig verwendeter Indikator zur Beurteilung der Finanzlage
einer Stadt bzw. Gemeinde. Der eigentliche Zweck von Kassenkrediten ist die kurzfristige Sicherung der Zahlungsfähigkeit. Es handelt
sich mithin um eine spezielle Kreditform zur Überbrückung des verzögerten Eingangs von Finanzmitteln (z.B. aus Steuern). Die meiste
Zeit des Jahres sollte ihr Bestand daher bei exakt 0,00 Euro liegen. Kassenkredite haben Ähnlichkeit mit Überziehungskrediten
(Dispokredite bzw. Kontokorrentkredite) im privaten Bereich. Aufgrund ihrer i.d.R. kurzen Laufzeit unterliegen Kassenkredite
einem hohen Zinsänderungsrisiko. Zudem sind Kassenkredite - im Gegensatz zu
Investitionskrediten - nicht durch investiv geschaffene
Vermögenswerte gedeckt. Sie werden vielmehr für konsumtive Zwecke aufgenommen. Die in Form von dauerhaften Kassenkrediten
angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen Generationen aus der Verschuldung
(z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Viele Städte und Gemeinden im Saarland haben sich dazu entschieden, Kassenkredite einer Zweckentfremdung zu unterziehen, indem sie sie
zur dauerhaften Finanzierung laufender Defizite verwenden. Sie leben mithin über ihre Verhältnisse. Das Leben über die eigenen
Verhältnisse fällt dabei umso größer aus, je höher die Kassenkreditbestände sind. Die angesammelten Lasten werden nachrückenden
Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen aus der Verschuldung z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte ein Vorteil
erwächst. Von hohen Kassenkreditschulden kann bereits ab 500 Euro je Einwohner gesprochen werden. Liegen sie sogar über 1.000 Euro
je Einwohner, so hat sich die betreffende Kommune sehr hohe Kassenkreditlasten aufgebürdet. Ab 2.000 Euro je Einwohner hat die
Kassenkreditverschuldung - und damit auch das Leben über die eigenen Verhältnisse - bereits enorme Ausmaße angenommen.
Die Verantwortung für die (gute oder schlechte) Finanzsituation tragen schwerpunktmäßig die Städte und Gemeinden selbst. Mit dem
Recht auf Selbstverwaltung ist untrennbar die Pflicht zur Selbstverantwortung verknüpft. Hierunter fällt auch die Eigenverantwortung
in finanziellen Angelegenheiten. In diesem Sinne sind bei der
Haushaltskonsolidierung v.a. die Entscheidungsträger vor Ort gefordert,
die notwendigen Maßnahmen zu beschließen, um den Haushalt auszugleichen bzw. um zwecks Schuldenabbau einen Haushaltsüberschuss zu
erwirtschaften.
Auf der Suche nach möglichen aufwands- und ertragsseitigen Konsolidierungsmöglichkeiten kann auch ein Blick in die
Haushaltssicherungskonzepte
anderer Städte und Gemeinden helfen. Eine umfangreiche Linksammlung zu derartigen
Haushaltssicherungskonzepten mit zahlreichen Konsolidierungsideen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de auf folgender Seite.
» Linksammlung zu Haushaltssicherungskonzepten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Neben den Städten und Gemeinden ist trägt jedoch auch die Kommunalaufsicht eine Mitverantwortung an der Lage der Kommunalfinanzen
im Saarland. Sie wird ihre Versäumnisse der Vergangenheit korrigieren und die Zügel in den kommenden Jahren deutlich enger ziehen
müssen - dies gilt im Besonderen für die Gruppe der weniger konsolidierungswilligen Städte und Gemeinden.
Letztlich werden die Städte und Gemeinden im Saarland ihren Konsolidierungskurs v.a. aus eigener Kraft stemmen müssen. In
Anbetracht der ebenfalls problematischen Landesfinanzen im Saarland (siehe Link) ist nicht davon auszugehen, dass landesseitig
größere, zusätzliche Finanzhilfen geleistet werden können.
» Länderverschuldung in Deutschland im Vergleich
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Pro-Kopf-Verschuldung im Kernhaushalt und in kommunalen Unternehmen
Tabelle 2 enthält die Pro-Kopf-Schuldenstände der 52 Städte und Gemeinden des Saarlandes zum 31.12.2014 unter Berücksichtigung
von Kernhaushalt und Auslagerungen. Zu beachten ist allerdings, dass für neun Städte und Gemeinden keine Werte zu den rechtlich
selbstständigen Unternehmen verfügbar sind. Nachfolgende Aussagen zu den Städte und Gemeinden mit den höchsten bzw. niedrigsten
Pro-Kopf-Schuldenständen werden daher stets vorbehaltlich der fehlenden Werte in den neun Städten und Gemeinden getroffen.
Die höchste Pro-Kopf-Gesamtverschuldung der Städte und Gemeinden im Saarland verzeichnet Saarbrücken mit 11.912 Euro je Einwohner.
Dieser Befund ist umso kritischer, wenn man bedenkt, dass Saarbrücken sowohl die mit Abstand bevölkerungsreichste Stadt als auch die
Landeshauptstadt des Saarlandes ist. Gerade als eine Stadt mit einer solch herausgehobenen Stellung geht von Saarbrücken
eine gewisse "Vorbildfunktion" für die übrigen Kommunen im Land aus. Dieser Funktion wird Saarbrücken in finanzpolitischer Hinsicht
nicht gerecht - ganz im Gegenteil: Die Stadt Saarbrücken hat nicht nur die höchsten Pro-Kopf-Gesamtschulden, sondern auch die höchsten
Pro-Kopf-Kernhaushaltsschulden und - wie im nächsten Abschnitt deutlich wird - zudem die zweithöchsten Pro-Kopf-Kassenkreditschulden.
Nach Saarbrücken am zweithöchsten verschuldet hat sich Völklingen mit 7.816 Euro je Einwohner. Die dritthöchste Schuldenlast hat sich Gersheim mit 7.692 Euro je
Einwohner aufgebürdet. Die drei Städte und Gemeinden mit den geringsten Pro-Kopf-Schulden sind Riegelsberg (1.482 Euro je
Einwohner), Saarwellingen (1.537 Euro je Einwohner) und Nalbach (1.729 Euro je Einwohner). Schuldenfrei ist im Saarland zum
31.12.2014 keine Stadt bzw. Gemeinde.
Eine beträchtliche Bandbreite offenbart sich beim prozentualen Anteil der ausgelagerten Schulden (sog. Auslagerungsgrad). Während Nalbach auf
einen Auslagerungsgrad von 0,0 Prozent kommt, liegt der Auslagerungsgrad in Losheim am See und Bous bei 67,0 Prozent. Insgesamt haben
acht von 43 Städten und Gemeinden (d.h. ohne die neun Städte und Gemeinden mit Datenlücken) einen Auslagerungsgrad von über 50
Prozent. Die übrigen 35 Städte und Gemeinden liegen unterhalb der 50-Prozent-Schwelle. Für die Städte und Gemeinden des Saarlandes
ist damit festzustellen, dass die Schuldenlast überwiegend den Kernhaushalten zuzurechnen ist.
Pro-Kopf-Verschuldung im Kernhaushalt nach Schuldenarten
Die Kernhaushaltsschulden machen in den meisten Städten und Gemeinden des Saarlandes den größeren Teil der Gesamtschulden aus (siehe oben).
Einzelgemeindliche Daten zur Höhe der Kernhaushaltsschulden zum 31.12.2014 sind in Tabelle 3 verzeichnet. Es bestehen für
die Kernhaushaltsschulden keine Lücken im Datensatz.
Die höchsten Schulden im Kernhaushalt hat zum 31.12.2014 die Landeshauptstadt Saarbrücken mit 6.336 Euro je Einwohner. Es
folgen Gersheim mit 5.639 Euro je Einwohner und Quierschied mit 4.460 Euro je Einwohner. Am geringsten verschuldet sind
Saarwellingen (511 Euro je Einwohner), Losheim am See (627 Euro je Einwohner) und Wallerfangen (691 Euro je Einwohner).
Wie zuvor beschrieben, gelten die Kassenkredite als eine besonders problembehaftete Verschuldungsform. Sie zeigen auf, in
welchem Maße die betreffende Stadt bzw. Gemeinde in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt hat.
Am höchsten fallen die Kassenkreditschulden in folgenden Städten und Gemeinden aus: Gersheim (4.786 Euro je Einwohner),
Saarbrücken (4.583 Euro je Einwohner), Quierschied (3.613 Euro je Einwohner), Weiskirchen (3.519 Euro je Einwohner),
Namborn (3.194 Euro je Einwohner) und Friedrichsthal (3.178 Euro je Einwohner).
Kassenkreditbestände von über 3.000 Euro
je Einwohner sind ein deutlicher Indikator dafür, dass die benannten Städte und Gemeinden in exzessivem Ausmaß über ihre
Verhältnisse gewirtschaftet haben. Ebenfalls deutlich über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben die elf Städte und Gemeinden
mit Kassenkrediten von mindestens 2.000 Euro je Einwohner (aber weniger als 3.000 Euro je Einwohner). 18 Städte und Gemeinden
im Saarland haben sich Kassenkreditschuldenstände von über 1.000 Euro je Einwohner (aber weniger als 2.000 Euro je Einwohner)
aufgebürdet. Kassenkreditniveaus über 1.000 Euro je Einwohner sind ebenfalls bereits als sehr hoch einzustufen und offenbaren
ein Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse.
Kassenkreditfrei sind zum 31.12.2014 nur Saarwellingen und St. Ingbert. Des Weiteren hat Losheim am See mit 35 Euro je
Einwohner nur sehr niedrige Kassenkreditschulden.
Schulden in Prozent der ordentlichen Einzahlungen (nur Kernhaushalt)
Eine weitere interessante Kennzahl für den Kernhaushalt ist die Bestimmung des Schuldenstandes zum 31.12.2014 im prozentualen
Verhältnis zu den ordentlichen Einzahlungen des Jahres 2014. Die Kenngröße ist ein Indikator für die Finanzierbarkeit/Tragfähigkeit
des aktuellen Schuldenstandes.
Die höchste Verschuldung im Prozent der ordentlichen Einzahlungen haben Gersheim (387,8 Prozent), Quierschied (323,7 Prozent),
Friedrichsthal (317,1 Prozent), Saarbrücken (308,9 Prozent) und Weiskirchen (295,1 Prozent). Am geringsten fällt der Wert in
Saarwellingen (35,5 Prozent), Losheim am See (44,6 Prozent), Wallerfangen (49,9 Prozent), Bous (58,0 Prozent) und St. Ingbert
(58,7 Prozent) aus.
Weitere Informationen
Weiterführende Analysen zu den Kommunalfinanzen im Saarland sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über folgende Seiten abrufbar.
» Kommunalverschuldung im Saarland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Schulden-Ranking der 52 kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 5. August 2014
Autor: Andreas Burth
» Vergleich der Ergebnishaushalte und Realsteuerhebesätze 2014 der 52 Gemeinden im Saarland, Blog-Eintrag vom 13. November 2014
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 1|6): Einführung und Grunddaten, Blog-Eintrag vom 30. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 2|6): Demographische Struktur, Blog-Eintrag vom 2. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 3|6): Beschäftigung und soziale Lage, Blog-Eintrag vom 4. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 4|6): Wichtige Einzahlungsarten, Blog-Eintrag vom 7. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 5|6): Wichtige Auszahlungsarten, Blog-Eintrag vom 9. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
» Die Gemeinden des Saarlandes im Vergleich (Teil 6|6): Verschuldung, Blog-Eintrag vom 11. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
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