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Grundsteuer-B-Hebesätze und Pro-Kopf-Kassenkredite der kreisfreien Städte
Grundsteuer-B-Hebesätze und Pro-Kopf-Kassenkredite der kreisfreien Städte
2. September 2016 |
Autor: Andreas Burth
Das Volumen der
Kassenkredite
ist ein häufig verwendeter Indikator für die Beurteilung der Finanzlage einer Kommune und
damit auch einer kreisfreien Stadt. Städte mit sehr hohen Kassenkreditschulden sind angehalten, ihre Kassenkreditbestände
durch Konsolidierungsmaßnahmen auf der Einnahme- und/oder Ausgabeseite möglichst zeitnah auf 0 Euro zurückzuführen. Die
Städte können im Rahmen ihrer Selbstverwaltung entscheiden, ob sie den Schwerpunkt der Konsolidierungsmaßnahmen auf die
Einnahme- oder die Ausgabeseite legen.
Insbesondere Städten mit besonders hohen Kassenkreditschulden fällt es i.d.R. schwer, die Konsolidierungsziele ausschließlich
durch Ausgabekürzungen zu erreichen. Sie kommen um merkliche Einnahmesteigerungen kaum herum. Zur Verbesserung der
Einnahmesituation stehen den Städten verschiedene Stellschrauben zur Verfügung. Beispielhaft sei auf kostendeckende
Gebühren, die Steuersätze der
Bagatellsteuern (z.B.
Vergnügungsteuer,
Hundesteuer) und die
Hebesätze der
Realsteuern
(Grundsteuer A/B und
Gewerbesteuer)
verwiesen. Im Folgenden wird die Grundsteuer B für die 103 kreisfreien Städte der Flächenländer genauer
untersucht. Die Grundsteuer B ist nach der Gewerbesteuer (netto) und dem
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer i.d.R. die
drittwichtigste Steuerquelle der kreisfreien Städte. Durch ihr Aufkommenspotenzial kann die Grundsteuer B einen nennenswerten
Beitrag zur Verringerung der kommunalen Defizite leisten.
Die Kassenkreditschulden der kreisfreien Städte sind größtenteils das Spiegelbild der aufgelaufenen Haushaltsdefizite
vergangener Haushaltsjahre. Um die laufenden Defizite abzubauen (bzw. um sie zwecks Kassenkreditreduktion in einen
regelmäßigen Überschuss umzuwandeln) ist zu vermuten, dass die Städte mit den größten Finanzproblemen tendenziell stärker
auf Hebesatzerhöhungen zurückgreifen (müssen). Der Hebesatz der Grundsteuer B ist dabei als eine Art "Ultima Ratio" (d.h. ein "letztes
Mittel") zu verstehen, die erst ergriffen wird, wenn keine anderen Konsolidierungspotenziale mehr kurzfristig realisierbar sind.
Um der Frage nachzugehen, ob Städte mit hohen Kassenkreditschulden auch hohe Hebesätze der Grundsteuer B beschlossen haben,
werden beide Kenngrößen in untenstehender Abbildung einander gegenüber gestellt. Berichtet werden darin die
Pro-Kopf-Kassenkredite im
Kernhaushalt zum Stichtag 31.12.2014 und die Hebesätze der Grundsteuer B für das Jahr 2015. Die
Kassenkredite zum 31.12.2014 sind ein Indikator für die Finanzlage zu etwa dem Zeitpunkt, zu dem über die Hebesätze für
das Jahr 2015 entschieden worden ist. So fanden die Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2015
häufig im Dezember 2014 statt (zumindest sofern der
Grundsatz der Vorherigkeit eingehalten worden ist).
Wie aus der rot gestichelten Regressionsgerade in der Abbildung hervorgeht, ist mit zunehmender Kassenkreditverschuldung
in der Tat auch tendenziell eine Zunahme im Hebesatzniveau der Grundsteuer B zu beobachten. Es gibt jedoch auch Ausnahmen
von Städten, die trotz z.T. extrem hoher Kassenkredite nur sehr niedrige Hebesätze beschlossen haben. Diese Städte
konzentrieren sich bemerkenswerterweise stark auf das Krisenland Rheinland-Pfalz (und hier v.a. auf neun Städte). Besonders
auffällig ist die Situation in Kaiserslautern, Primasens und Zweibrücken. Die drei Städte haben exorbitante Kassenkreditschulden
und dennoch nur sehr niedrige Hebesätze. Aber auch sechs weitere rheinland-pfälzische Städte (Frankenthal (Pfalz),
Ludwigshafen am Rhein, Mainz, Speyer, Trier und Worms) haben in Anbetracht ihrer sehr hohen Kassenkredite nur relativ
niedrige Hebesätze festgesetzt. Höhere Hebesätze finden sich demgegenüber v.a. im Land Nordrhein-Westfalen, das - wie
Rheinland-Pfalz - ebenfalls zu den Kommunalfinanzkrisenländern zählt.
Wie hoch die Konsolidierungspotenziale für zuvor die genannten neun kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz sind, wird durch
einen Vergleich mit den nordrhein-westfälischen Hebesätzen deutlich. Die 22 kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen
haben im arithmetischen Mittel einen Hebesatz der Grundsteuer B von 612,2 Prozent im Jahr 2015. Hätten besagte neun Städte in Rheinland-Pfalz
jeweils diesen NRW-Durchschnittshebesatz beschlossen, wären aus der Grundsteuer B Zusatzeinnahmen in Höhe von 58,4 Mio. Euro
(70 Euro je Einwohner) erzielbar gewesen. Im fiktiven Fall des Beschlusses des Höchsthebesatzes von 855 Prozent (Duisburg) hätte die
Aufkommenssteigerung der neun Städte bei 139,7 Mio. Euro (168 Euro je Einwohner) gelegen.
Für die Städte mit hohen Kassenkrediten und niedrigen Hebesätzen ist festzuhalten, dass sie ihre Konsolidierungspotenziale
auf der Einnahmeseite nicht vollständig ausschöpfen. Gerade vor dem Hintergrund ihrer Finanzlage ist zu hinterfragen, ob derart geringe
Hebesätze noch angemessen sind. Durch die Kassenkreditverschuldung werden die Finanzierungslasten des heutigen Aufgabenniveaus
auf nachrückende Generationen verlagert. Diese müssen dann über noch höhere Hebesätze bzw. noch gravierendere Einschnitte
auf der Ausgabeseite umsetzen, den Haushalt wieder in den Griff zu bekommen.
Die kreisfreien Städte mit hohen Kassenkrediten sind angehalten, eigenverantwortlich ihre Haushalte möglichst zeitnah zu
konsolidieren. Neben Ausgabekürzungen werden vielfach auch Einnahmesteigerungen notwendig werden. Insbesondere in den Städten
mit sehr niedrigen Hebesätzen können Hebesatzerhöhungen bei der Haushaltskonsolidierung helfen. Bei weniger
konsolidierungswilligen Städten wird es auch auf die Kommunalaufsicht angekommen, den nötigen Konsolidierungsdruck zu erzeugen.
Weitere Analysen zur Grundsteuer B (bzw. deren Hebesätzen) finden Sie für die kreisfreien Städte z.B. über folgende Seiten.
» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Pro-Kopf-Daten zu den Kassenkreditschulden der kreisfreien Städte sind u.a. über nachstehenden Beitrag abrufbar.
» Kassenkredite der kreisfreien Städte in Deutschland, Blog-Eintrag vom 24. März 2016
Autor: Andreas Burth
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