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Zur Idee einer zentralen Online-Plattform für öffentliche Finanzinformationen
Zur Idee einer zentralen Online-Plattform für öffentliche Finanzinformationen
18. September 2016 |
Autor: Andreas Burth
Seit nunmehr fast neun Jahren betreibe ich das Portal HaushaltsSteuerung.de. In dieser Zeit habe ich unzählige Stunden
damit verbracht, darüber nachzudenken, wie das Portal fortentwickelt, wie der praktische Nutzen für die Besucher weiter
optimiert werden könnte. Im Ergebnis dieser Überlegungen bin ich inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass HaushaltsSteuerung.de
im Idealfall kaum mehr als ein Zwischenschritt in einem längeren Prozess zur Optimierung der öffentlichen Finanzsteuerung
sein sollte. HaushaltsSteuerung.de ist in diesem Sinne lediglich eine Übergangslösung hin zum eigentlichen "großen Wurf".
Ein solcher "großer Wurf" könnte eine zentrale, offizielle Online-Plattform für öffentliche Finanzinformationen in
Deutschland sein. Diese Plattform ginge weit über das hinaus, was ich auf HaushaltsSteuerung.de jemals realisieren könnte.
Das Projekt würde HaushaltsSteuerung.de größtenteils überflüssig machen und hätte das Potenzial einen Quantensprung in der
Fortentwicklung der öffentlichen Finanzsteuerung anzustoßen. Das Konzept, das ich konkret vor Augen habe, soll im Folgenden
grob skizziert werden.
Überblick:
- Elemente der Plattform
- Ziele und Zielgruppen der Plattform
- Einführende Informationsangebote
- Datenbank und Sammlung öffentlicher Finanzdokumente
- Forum
- Lexikon der Fachbegriffe
- Sonstige Elemente
- Ausblick
Elemente der Plattform
Eine zentrale Informationsplattform zu den öffentlichen Finanzen in Deutschland kann in verschiedener Form realisiert
werden. Hinsichtlich der betrachteten Gebietskörperschaften stellt eine Komplettabdeckung aller Kommunen, aller Länder
und des Bundes den Optimalfall dar. Grundsätzlich sind jedoch auch rudimentärere Ausgestaltungen denkbar: so z.B. eine
Beschränkung auf die Kommunen der 13 Flächenländer oder die Kommunen eines einzelnen Flächenlandes. Für die Kommunen
hätte eine solche Plattform aufgrund der vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten einen besonderen Mehrwert. Die Länder
haben mit der Zentrale Datenstelle der Landesfinanzminister (ZDL) bereits ein umfangreiches Informationsangebot, das
jedoch nicht frei zugänglich ist und strukturell anders aufgebaut ist. Der freie Zugang zu den Finanzinformationen ist
eine der wichtigsten Säulen der hier vorgestellten Idee.
Die zentrale Online-Plattform für öffentliche Finanzinformationen könnte insbesondere folgende Elemente haben:
- Einführende Informationsangebote
- Datenbank und Sammlung öffentlicher Finanzdokumente
- Forum
- Lexikon der Fachbegriffe
- Sonstige Elemente
Die benannten Elemente werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert. Kern des Angebots wäre die Datenbank, in
der idealerweise alle Gebietskörperschaften in Deutschland ihre Finanzdaten zusammentragen.
Ziele und Zielgruppen der Plattform
Der Aufbau und die Pflege einer umfangreichen Online-Plattform werden in finanzieller und zeitlicher Hinsicht nicht
aufwandsfrei zu realisieren sein. Dieser Aufwand muss durch den positiven Nutzen der Plattform überkompensiert werden,
was jedoch durch das vorgeschlagene Projekt relativ einfach realisierbar sein sollte. Konkret sollte aus der Plattform
u.a. der nachfolgende Mehrwert erwachsen:
- Mediale Aufmerksamkeit für das Thema der öffentlichen Finanzen steigern
- Transparenz der öffentlichen Finanzen verbessern
- Erhöhung der Effizienz des öffentlichen Finanzmanagements
- Steigerung der Effektivität des öffentlichen Finanzmanagements
- Politische Diskussionen um öffentliche Finanzen fördern
- Druck auf die Konsolidierung öffentlicher Haushalte erhöhen
- Verfügbarkeit öffentlicher Finanzdaten steigern
- Austausch zwischen Gebietskörperschaften fördern und "Lernen von anderen" intensivieren
- Grund- und Detailwissen über Fachbegriffe und Funktionsweise der öffentlichen Finanzen verbessern
- Intensivität der wissenschaftlichen Forschung zu den öffentlichen Finanzen erhöhen
Zielgruppen sind im Allgemeinen alle, die sich für öffentliche Finanzen interessieren und im Besonderen alle Praktiker.
Konkret richtet sich das Angebot beispielsweise an: Finanzverwaltungen, Volksvertreter (v.a. Haushaltspolitiker),
Hauptverwaltungsbeamte, Ministerien, örtliche Rechnungsprüfung, überörtliche Rechnungsprüfung, Rechnungshöfe,
Kommunalaufsicht, Journalisten, Wissenschaftler, Studierende, interessierte Bürger, Kreditinstitute, kommunale
Spitzenverbände, Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen usw.
Einführende Informationsangebote
Aufgrund des großen Gesamtumfangs der angedachten Plattform erscheint es empfehlenswert, verschiedene einführende
Informationsangebote bereitzustellen. Denkbar sind z.B. Videos zum Erlernen der technischen Bedienung der Datenbank
sowie Videos und/oder eine E-Learning-Anwendung zur Vermittlung der fachlichen Grundkenntnisse zur Nutzung der
Datenbank (z.B. Wie erstellte ich aussagekräftige Abfragen? Wie interpretiere ich die Ergebnisse der Abfragen?). Auch
eine als PDF-Datei und/oder als HTML-Seite angebotene textliche Einführung erscheint zielführend. Neben einer
fachsprachlichen Darstellung kann ergänzend auf die Konzepte der Einfachen und Leichten Sprache zurückgegriffen werden.
Durch die vielfältigen Formen der einführenden Darstellungen wird es möglich, individueller auf die Bedürfnisse und
Präferenz der Nutzer einzugehen. Nicht zuletzt kann auch eine "Häufig gestellte Fragen"-Rubrik die Nutzung des
Informationsangebots fördern.
Datenbank und Sammlung öffentlicher Finanzdokumente
Der Kernbestandteil der Plattform wäre eine umfassende Datenbank, in der "alle" öffentlichen Finanzdaten zusammengetragen
werden. Die Datenbank soll grundsätzlich öffentlich und für jeden frei zugänglich sein (d.h. keine Registrierungspflicht
zum Abruf der Daten). Sie soll v.a. Daten beinhalten, die ohnehin öffentlichen Charakter haben (z.B.
Haushaltspläne,
Jahresabschlüsse,
Satzungen etc.). Insofern stünde einer "alles" zusammenführenden Datenbank hinsichtlich
"Geheimhaltungsfragen" nichts entgegen.
Zu empfehlen ist eine für alle Gebietskörperschaften zu etablierende rechtliche Verpflichtung zur Online-Bereitstellung
der Dokumente auf dieser Plattform. Diese Verpflichtung könnte die nicht mehr zeitgemäße Pflicht zur "öffentlichen
Auslegung" (d.h. zur physischen Auslegung eines gedruckten Exemplars) ersetzen, die ohnehin von kaum einem Bürger
wahrgenommen wird. Gesammelt werden für Zeitvergleiche neben den jeweils aktuellsten Dokumenten (z.B. Haushaltsplan des
aktuellen Haushaltsjahres) auch im Sinne eines Archivs die älteren Dokumente (z.B. Haushaltspläne früherer Haushaltsjahre).
Zwecks Hochladen der Daten ist standardmäßig ein passwortgeschützter Bereich für die Gebietskörperschaften anzulegen. Jede
Gebietskörperschaft wäre damit standardmäßig bereits auf der Plattform registriert.
Konkret sollen insbesondere folgende Dokumente von Bund, Ländern und Kommunen als PDF-Datei und (soweit grundsätzlich technisch möglich) in maschinenlesbarer Form (z.B. als
Excel-Datei) in die Online-Plattform eingestellt werden:
Die maschinenlesbaren Dateien würden zu einer großen Datenbank zusammengeführt, während die PDF-Dateien eine Sammlung
öffentlicher Finanzdokumente bilden. Die Datenbank wird durch leistungsfähige Auswertungssysteme nutzbar gemacht. Die
Sammlung öffentlicher Finanzdokumente sollte im Sinne einer Matrix aufgebaut werden, die es z.B. ermöglicht, alle
eingestellten Finanzdokumente einer Kommune anzuzeigen oder auch die Finanzdokumente eines Typs (z.B. Haushaltspläne)
für ein Jahr und für alle Kommunen auszugeben.
Darüber hinaus könnte für Kommunen aus
Haushaltssicherungskonzepten eine nach
Produktbereichen und
Produktgruppen gemäß
IMK-Produktrahmen
sortierte Sammlung von Konsolidierungsmaßnahmen erstellt werden. Sie wäre für viele Kommunen eine enorme
Hilfestellung bei der Haushaltskonsolidierung vor Ort. Eine ähnliche Sammlung wäre für Zwecke der operativen und strategischen
Steuerung auch für im Haushalt verankerte Ziele und Kennzahlen denkbar. Sowohl die Konsolidierungsmaßnahmen als auch die Ziele
und Kennzahlen können als eine Art "Bauchladen" fungieren, aus dem sich Kommunen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten
bedienen können. Im Kontext der Ziele und Kennzahlen wären auch Daten zu den Kennzahlausprägungen der einzelnen Kommunen interessant.
Neben den oben aufgeführten öffentlichen Finanzdokumenten können auch nicht-öffentliche, interne Dokumente, wie z.B. Richtlinien
und Dienstanweisungen, geteilt werden (möglichst im Word-Format). Auch ein solcher Austausch kann einen wesentlichen Beitrag
zur Verbesserung des öffentlichen Finanzmanagements leisten. Da es sich um interne Dokumente handelt, sollte die Bereitstellung
jedoch freiwilligen Charakter haben oder nur im internen, registrierungspflichtigen Bereich der Plattform erfolgen. Zu Beginn
könnte es schwierig sein, die ersten Körperschaften dazu zu motivieren, derartige interne Dokumente online zu stellen. Insofern
wäre am Anfang eventuell eine persönliche Ansprache nötig, um eine gewisse kritische Masse zu erreichen. Nach gewisser Zeit (d.h.
sobald der Nutzen der Sammlung offenkundig wird) dürfte sich aber auch diese Rubrik zu einem Selbstläufer entwickeln.
In Ergänzung zu den klassischen Finanzinformationen sollten auch weitere statistische Daten in die Datenbank eingespielt werden
(ähnlich den nicht-finanzbezogenen Kennzahlen im Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung). Sie können als Struktur- und
Rahmendaten die Auswertungsmöglichkeiten der Datenbank merklich verbessern.
Die in die Plattform eingespeisten Daten sollten, wie zuvor beschrieben, sowohl in maschinenlesbarer Form als auch als PDF-Datei
von den Gebietskörperschaften hochgeladen werden und für die Besucher registrierungsfrei zum Download zur Verfügung stehen.
Erstere ermöglichen Praktikern und Wissenschaftlern weitergehende Analysen zu einzelnen Finanzdokumenten. Die maschinenlesbaren
Daten bilden zudem die Grundlage für die Datenbank und die darauf aufbauend generierten Datenbankabfragen. Letztere sind v.a.
für Zwecke des Druckens und Lesens relevant.
Wichtig wird sein, den Bereitstellungsaufwand für die Gebietskörperschaften zu minimieren. Hierfür bietet sich eine enge Abstimmung
mit den Anbietern von Finanzwesen-Software an. Im Idealfall sollten alle Dateien mit wenigen Klicks erstellt und hochgeladen
werden können. Für die Gebietskörperschaften ergibt sich aus der Plattform zudem die Möglichkeit, die Finanzdokumente nicht mehr
auf die eigene Webseite hochladen zu müssen (wenngleich sie diese Praxis natürlich weiterhin freiwillig fortsetzen können). So
lässt sich ein statischer Link auf die körperschaftsindividuelle Unterseite der Plattform setzen, auf der alle relevanten
Dokumente (inkl. Vorjahresdokumente) der betreffenden Gebietskörperschaft bereitgestellt werden. Alternativ wäre auch eine
Inlineframe-Einbindung in den Internetauftritt der Gebietskörperschaft denkbar.
Die maschinenlesbaren Daten werden zu einer Datenbank zusammengeführt. Um diesen Datensatz für die Besucher nutzbar zu machen,
ist ein leistungsfähiges Auswertungssystem zu entwickeln. In die Entwicklung und Fortentwicklung dieses Auswertungssystems wird
voraussichtlich viel Zeit zu investieren sein. Das System sollte u.a. das Folgende leisten können:
- Möglichst einfache, intuitive Bedienung
- Angebot einer einfachen und einer komplexeren Auswahlmaske (analog zur Suchmaschine von Google: normale Suche und erweiterte Suche)
- Individualisierte Auswahl von Vergleichskörperschaften
- Direkte Auswahl der gewünschten Gebietskörperschaften
- Algorithmus-unterstützte Auswahl der Vergleichskörperschaften (d.h. ein Programm im Hintergrund hilft dabei, die am besten
vergleichbaren Körperschaften zu finden; welche Körperschaften am besten vergleichbar sind, wird anhand von Kennzahlen (z.B.
Einwohnerzahl, Rechnungsstil, Körperschaftstyp, Bundesland-Zugehörigkeit) ermittelt; der Nutzer kann die zur Auswahl relevanten
Kennzahlen per Check-Boxen selbst festlegen, sofern er von den Standard-Kriterien abweichen will)
- Ausgabe von Zeitvergleichsdaten
- Direkte Auswahl der gewünschten Vergleichskennzahlen
- Anzeige von körperschaftsindividuellen Werten und Durchschnittswerten (z.B. Landesdurchschnitt oder größenklassenspezifischer Durchschnitt)
- Ausgabe der individuellen Abfrageergebnisse in Form von Diagrammen (z.B. Balkengrafik), Tabellen und Karten
- Möglichkeit zum Download der individuellen Abfrageergebnisse als PDF-Datei (zum Drucken) und als Excel-Datei (für weitergehende Analysen von Wissenschaftlern und Praktikern)
- Automatisierte Hinweise der Datenbank auf etwaige Vergleichbarkeitsprobleme
- Anzeige der Daten wahlweise als absoluten Wert oder als Pro-Kopf-Wert
- Darstellung von Soll-Ist-Abweichungen (inkl. Anzeige der größten Abweichungen)
- Durchführung von Ländervergleichen
- Bereitstellung aggregierter Darstellungen über Gruppen von Gebietskörperschaften (z.B. alle Gebietskörperschaften in Deutschland, nur Länder, nur Kommunen in Rheinland-Pfalz, nur kreisfreie Städte)
Forum
In Ergänzung zur oben beschriebenen Datenbank sollte die Plattform ein Online-Forum für den Austausch zu Fachthemen
beinhalten. Das Forum könnte öffentlichen oder nicht-öffentlichen Charakter haben. Ein wesentlicher Vorteil eines
öffentlichen Forums wäre, dass auch nicht-registrierte Besucher von dem Austausch profitieren könnten (bzw. auch
registrierte Nutzer sich nicht extra anmelden müssen, sofern sie einen Thread nur lesen möchten (Zeitersparnis)).
Ein denkbarer Mittelweg bestünde darin, dass derjenige, der einen Forum-Thread initiiert, entscheiden kann, ob dieser
öffentlich oder nicht-öffentlich sein soll. Die Threads sollten dabei standardmäßig öffentlich sein und können dann
per Opt-out-Verfahren für nicht-öffentlich erklärt werden. Die Option eines nicht-öffentlichen Threads bietet sich
v.a. bei etwas sensibleren Themen an, die öffentlich nicht diskutiert werden würden.
Ein häufiges Problem von Foren ist Spam (d.h. Computer oder auch Menschen, die z.B. Werbung im Forum posten). Um diesem
Problem zu begegnen bietet es sich an, eine Registrierung vorzuschalten. Hierdurch können Spam-Computer vom Forum
ferngehalten werden und die Benutzerkonten menschlicher Spammer gelöscht werden. Die Registrierung ist Voraussetzung
dafür, Beiträge verfassen bzw. andere Beiträge kommentieren zu können (während das Lesen i.d.R. keine Registrierung
erfordert). Die Gebietskörperschaften wären bereits standardmäßig über den Dateien-Hochlade-Zugang registriert. Die
Registrierung für alle übrigen Nutzergruppen (z.B. Wissenschaftler, Privatpersonen, Volksvertreter) sollte kostenlos
und auch unter Angabe eines Pseudonyms möglich sein, um den Nutzerkreis des Forums möglichst groß zu halten.
Die Möglichkeit einer kostenlosen Registrierung schafft eine Art "Quasi-Öffentlichkeit" für einzelne Foren-Threads, die
eigentlich nicht-öffentlichen Charakter haben sollten (siehe oben). Um die Nicht-Öffentlichkeit bei sensibleren Themen
dennoch zu offerieren, kann eine Auswahlmaske integriert werden, die dem Thread-Initiator ermöglicht, die Gruppe der
registrierten Nutzer, die den Thread lesen und bearbeiten können, zu begrenzen (Beispiel: Beschränkung eines Threads
auf standardmäßig registrierte Kommunen aus Nordrhein-Westfalen).
Bei sehr sensiblen Themen, hilft eventuell auch eine Beschränkung der Foren-Nutzer nicht, einen Austausch anzustoßen.
Für diesen Fall bietet es sich an, dass auch den standardmäßig registrierten Nutzern (d.h. den Gebietskörperschaften)
die Möglichkeit eingeräumt wird, anonym oder unter einem Pseudonym Foren-Beiträge zu verfassen.
Neben einem fachlichen Austausch in Gruppen über das Forum kann zusätzlich eine Art "soziales Netzwerk" zum direkten,
persönlichen Austausch zwischen registrierten Nutzern geschaffen werden. Der Austausch kann v.a. auf zwei Wegen
angeregt werden: zum einen über eine Chat-Funktion innerhalb des Netzwerks (inkl. einer Funktion zum Versenden von
Anlagen) und zum anderen durch die Bereitstellung der (dienstlichen) Kontaktdaten (Name, Telefonnummer, E-Mail, Anschrift).
Die kritische Masse an Nutzern für eine hinreichend intensive Forendiskussion sollte gewährleistet sein, da jede
Gebietskörperschaft standardmäßig angemeldet wäre und auch die Konzeption der übrigen Elemente des Portals dazu
beitragen sollte, dass eine hohe Besucherzahl realisiert werden kann. Vor dem Hintergrund der aktuellen
Besucherstatistiken von HaushaltsSteuerung.de sollte für die hier beschriebene Plattform ein Niveau von mehreren
hunderttausend Besuchern pro Monat durchaus realistisch sein. Hiervon profitiert auch der Dialog im Forum.
Lexikon der Fachbegriffe
Um die auf der Plattform dargebotenen Informationen für möglichst viele Nutzer verständlich zu machen, sollte in das Angebot
ein umfangreiches Lexikon integriert werden. Dieses sollte z.B. auch aus den Datenbank-Ergebnisseiten direkt abrufbar sein
(entweder per Link oder als kleines Fenster wie im Wegweiser Kommune). Neben Textdefinitionen sind bei besonders wichtigen
Fachbegriffen auch ergänzende Erklärvideos zu empfehlen. Hinsichtlich der Länge der einzelnen Definitionen und der Anzahl
der definierten Fachbegriffe sollte das Lexikon das Pendant von HaushaltsSteuerung.de nach Möglichkeit erheblich übertreffen.
Zusätzlich zum Lexikon können ein Abkürzungsverzeichnis und fremdsprachige Wörterbücher angeboten werden. Letztere dürften
den grenzübergreifenden Austausch mit Fachkollegen anderer Staaten fördern.
Das Lexikon könnte als ein Wiki aufgebaut werden, an deren Erweiterung sich alle registrierten Nutzer beteiligen können.
Hierdurch kann potenziell der enorme Fundus des Fachwissens zahlloser Praktiker in das Lexikon einfließen. Einschränkend
sei allerdings auch darauf verwiesen, dass in Wikis i.d.R. nur ein kleiner Teil der Nutzer aktiv mitarbeitet. Insofern
sollten die Erwartungen an die Anzahl aktiver Autoren an einem solchen Wiki nicht zu hoch angesetzt werden.
Sonstige Elemente
Über die oben beschriebenen Elemente hinaus sind zahlreiche weitere Angebote denkbar. Einige Beispiele für solche Ideen
werden im Folgenden kurz skizziert.
Die Plattform sollte sowohl als Version für einen Desktop-PC als auch als Smartphone-Version als App angeboten werden. In
die Smartphone-App könnte neben den Desktop-Funktionen u.a. eine zusätzliche Funktion mit Spracheingabe integriert werden.
Der Sprachassistent könnte z.B. Antworten auf Fragen wie "Wie hoch ist die Verschuldung der Stadt Düsseldorf?" ausgeben. Die
Smartphone-App würde z.B. auch eine komfortable Nutzung der Plattform durch Volksvertreter während Haushaltsdebatten
ermöglichen (z.B. um unkompliziert Zahlen zu aktuell diskutierten Sachverhalten nachschlagen zu können). Dies gilt analog
für alle übrigen Nutzergruppen.
Zur Anregung des fachlichen Austauschs zwischen den Gebietskörperschaften kann ein Blog in das Informationsangebot integriert
werden. Hierüber können registrierte Nutzer (worunter auch die standardmäßig registrierten Gebietskörperschaften fallen)
z.B. Erfahrungsberichte zu aktuellen Projekten teilen, um das "Lernen von anderen" zu fördern. Neben reinen Fachbeiträgen
sind auch Interviews denkbar. Der Dialog zwischen den Nutzern kann durch eine Kommentarfunktion unter den Beiträgen weiter
intensiviert werden.
Auf Basis der Zahlen der Mittelfristplanung ließe sich ein deutschlandweites Frühwarnsystem etablieren. Es könnte auf
drohende Haushaltsprobleme frühzeitig hinweisen und hierüber einen zusätzlichen Konsolidierungsdruck generieren.
Eine der wichtigsten Aufgaben nach dem Start der Plattform wird sein, sie stetig fortzuentwickeln (z.B. hinsichtlich der
Fragen: Liefert die Datenbank die gewünschten Daten? Wie einfach ist die Datenbank zu bedienen? Sind die Daten ansprechend
aufbereitet? Wie kann der Zeitaufwand zur Datenlieferung für die Gebietskörperschaften minimiert werden? usw.). Zur
Erleichterung einer nutzerorientierten Optimierung des Angebots können Bewertungsoptionen auf die einzelnen Unterseiten
integriert werden. Auch Nutzerzahlen, Surfverhalten etc. können Hinweise auf Verbesserungsnotwendigkeiten geben. Nicht
zuletzt sind Feedback-Optionen über Kontaktformulare zu offerieren.
Ebenfalls interessant wäre ein Tool zum Generieren von Umfragen. Wichtig hierbei ist allerdings auch, dass sichergestellt
wird, dass nicht eine "Flut" an Umfragen erstellt wird (dies gilt v.a., wenn allen registrierten Nutzern eine Möglichkeit
zur Umfrageerzeugung eingeräumt wird). Es müsste gewährleistet werden, dass sich die Umfragen auf ein angemessenes Maß beschränken.
Eine spannende Form der Nutzung von Finanzdaten könnte in einem Angebot von interaktiven Applikationen liegen. Ein Beispiel
im kommunalen Kontext sind Hebesatz-Rechner (z.B. in Form eines kommunenindividuellen Schiebereglers). Im Falle der
Realsteuerhebesätze ließe sich so z.B. kommunenspezifisch beantworten,
welche rechnerischen Mehr- bzw. Mindererträge aus Hebesatzänderungen resultieren und wie mit dem neuen Hebesatz der
Haushaltssaldo ausfällt. Analog wäre dies bei den Hebesätzen der
Kreisumlage denkbar. Im Falle der Kreisumlage-Hebesätze
könnten zusätzlich auch die finanziellen Auswirkungen auf die einzelnen kreisangehörigen Städte und Gemeinden ausgegeben werden.
Auf ein besonderes Interesse bei den Bürgern stoßen oftmals
Schuldenuhren. Analog lassen sich auch Defizituhren und Uhren
zu einzelnen Haushaltspositionen (z.B. Steuererträge, Personalaufwand) erstellen. Solche Uhren können sowohl aggregiert als
auch gebietskörperschaftsindividuell implementiert werden. Neben einem direkten Angebot derartiger Uhren auf der Plattform
ist es auch möglich, einen (Schulden-)Uhren-Generator anzubieten. Hierdurch können z.B. Kommunen und Bundesländer auf ihrer
eigenen Webseite eine Schuldenuhr integrieren. Die zur Anzeige nötigen Daten könnten von den Nutzern des Generators selbst
eingetragen werden. Ein ebenfalls gangbarer Weg besteht in einer automatischen Verknüpfung zur Datenbank, wodurch dieser
Teil des Aktualisierungsaufwands für die Nutzer entfiele.
» Schuldenuhr der Stadt Essen
Hrsg.: Stadt Essen
» Schuldenuhr der Stadt Ingolstadt
Hrsg.: Stadt Ingolstadt
» Schuldenuhr der Stadt Jena
Hrsg.: Stadt Jena
» Bundeshaushalts-Uhr
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Steueruhr Deutschlands
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Ein starkes öffentliches Interesse finden Börsendaten privater Unternehmen. Sie werden medial sehr intensiv diskutiert.
Dies wirft die Frage auf, ob etwas Ähnliches auf aggregierter Ebene auch auf den öffentlichen Sektor übertragen werden
kann. Vorstellbar wäre z.B. eine Art "öffentlicher Finanzklimaindex" aus den Daten des Bundes sowie aller Länder und
Kommunen zu erstellen (als Hauptindex für den Gesamtstaat und als Teilindizes für die einzelnen Ebenen (Bund, Länder,
Kommunen); im Falle der Kommunen eventuell auch unter zusätzlicher Differenzierung nach Flächenländern). In den Index
könnten (unterschiedlich gewichtet) sowohl Vergangenheitsdaten (z.B. Jahresabschluss, Gesamt-/Konzernabschluss) als auch
Gegenwarts- und Zukunftsdaten einfließen (z.B. Haushaltsplan, Mittelfristplanung). Mit jedem Hochladen neuer Daten (z.B.
neuer Haushaltsplan, neuer Nachtragshaushaltsplan, neuer Jahresabschluss, neuer Gesamt-/Konzernabschluss), was pro Jahr mehrere
tausend Mal der Fall wäre, würden sich diese Indizes aktualisieren. Es ließe sich somit quasi "live" und auf Basis
offizieller Finanzdaten die Entwicklung der öffentlichen Finanzen verfolgen. An einer Einbettung dieser Indizes in ihr
Online-Angebot dürften auch zahlreiche private (Finanz-)Nachrichtenseiten Interesse haben.
Im Zusammenhang mit den in die Datenbank eingespeisten maschinenlesbaren Daten wäre es hilfreich, eine Anwendung zu
integrieren, die automatisiert das Grundgerüst für 2-seitige Haushaltsflyer erstellen kann. Sie könnten automatisch aus
der Datenbank mit den wichtigsten Kerndaten in Word vorausgefüllt werden. Diese Vorlage sollte den Gebietskörperschaften
jedoch auch Freiräume geben (in Form von Leerzeilen bzw. Leertabellen im Word-Dokument), um den Flyer individuell an die
örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Die Flyer können dann an die Haushalte verteilt werden oder als PDF-Datei auf die
Webseite der Gebietskörperschaft gestellt werden. Sie ermöglichen Bürgern einen grundlegenden Einblick in die Finanzen
der Gebietskörperschaft.
» Haushaltsplan 2016 - Kurzinformation
Hrsg.: Stadt Biberach
» Kreishaushalt 2016 - Daten
Hrsg.: Landkreis Böblingen
» Taschenhaushalt 2016
Hrsg.: Gemeinde Neuenhagen bei Berlin
Das Zahlenmaterial in der Datenbank (aus dem aktuellen Haushaltsjahr und den Vorjahren) eröffnet auch die Möglichkeit, für
jede Gebietskörperschaft standardmäßig eine Durchklickbarkeit des Haushalts in Form der bereits bekannten "offenen Haushalte"
anzubieten. Integrierbar wären neben den Haushaltszahlen auch die Werte aus dem Jahresabschluss (v.a. auch zu Soll-Ist-Vergleichen).
» Linksammlung zu offenen Haushalten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weitere Ideen wären die Einrichtung einer Suchfunktion, das Angebot einer Zahl der Woche (oder des Monats), die Bereitstellung
einer Infografik der Woche (oder des Monats), die Nutzung sozialer Netzwerke (z.B. Twitter, Facebook etc.) zur Verbreitung des
Plattform, eine Verschlüsselung des gesamten Angebots (insbesondere der persönlichen Kommunikation) sowie ein Newsletter, um
über Aktualisierungen der Plattform zu informieren. Generell sollte viel Wert auf die Suchmaschinenoptimierung der gesamten
Plattform gelegt werden, um die Nutzerzahlen zu steigern. Dies gilt auch für die Ergebnisseiten von Datenbankauswertungen,
welche u.a. verschlagwortet und für Suchmaschinen indizierbar gemacht werden sollten (so wie dies z.B. im Wegweiser Kommune
der Fall ist). Die Indizierung kann durch XML-Sitemaps gefördert werden. Nicht zuletzt sei darauf verwiesen, dass auf die
Leistungsfähigkeit der Webserver ein besonderes Augenmerk gelegt werden sollte, um z.B. die auswertungsbedingten Wartezeiten
für Nutzer und die Upload-Zeiten bei der Bereitstellung von Datensätzen für die Gebietskörperschaften zu minimieren.
Ausblick
Eine Implementierung der oben beschriebenen Online-Plattform erscheint kurzfristig kaum realisierbar. Dies liegt bereits im
Umfang und in der Komplexität des Projekts begründet. Langfristig wäre eine Umsetzung aber durchaus machbar und empfehlenswert.
Auch wenn die Komplettverwirklichung des Beschriebenen der Idealfall wäre, sind gleichsam Teillösungen möglich. Eine Option besteht
darin, z.B. (zunächst) nur für die Kommunen der Flächenländer oder lediglich für die Kommunen eines Flächenlandes (z.B. nur
Nordrhein-Westfalen oder nur Hessen) ein solches Angebot aufzubauen.
Vor allem im Falle einer Komplettlösung erleichtert der Parallelschritt einer Harmonisierung des Haushaltsrechts die Umsetzung
des Projekts. Aktuell bestehen aufgrund der Unterschiedlichkeit der haushaltsrechtlichen Normen größere Vergleichbarkeitsprobleme.
Diese lassen sich ohne eine Harmonisierung nur behelfsweise lösen (z.B. über methodische Texthinweise zu etwaigen
Vergleichbarkeitsproblemen oder über Algorithmen, die möglichst gut vergleichbare Gebietskörperschaften vorselektieren).
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