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Kassenkreditschulden der steuerstärksten Gemeinden in Hessen
Kassenkreditschulden der steuerstärksten Gemeinden in Hessen
18. August 2016 |
Autor: Andreas Burth
Insbesondere in den vier Krisenländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland gibt es
verhältnismäßig viele Kommunen mit hohen
Kassenkreditschulden
(siehe untenstehender Link). Kassenkredite
dienen eigentlich der kurzfristigen Liquiditätssicherung (ähnlich einem Dispokredit im privaten Bereich).
Tatsächlich werden sie jedoch von einigen Kommunen zur Finanzierung laufender Defizite zweckentfremdet.
Dies ist u.a. deshalb problematisch, weil den Kassenkrediten - im Gegensatz zu den
Investitionskrediten -
keine materiell geschaffenen Vermögenswerte (z.B. Verwaltungsgebäude, Brücke) gegenüber stehen. Die in Form von konsumtiven
Kassenkrediten angesammelten Lasten werden demnach nachrückenden Generationen aufgebürdet, ohne dass diesen
Generationen aus der Verschuldung (z.B. in Form investiv geschaffener Vermögenswerte) ein Vorteil erwächst.
Hohe dauerhafte Kassenkreditbestände (z.B. von 500 Euro je Einwohner oder mehr) sind ein Indikator für ein
Wirtschaften über die eigenen Verhältnisse.
» Pro-Kopf-Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland zum 31.12.2015 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 7. Mai 2016
Autor: Andreas Burth
Als Begründung für die Kassenkredite wird von Krisenkommunen regelmäßig auch darauf verwiesen, dass die
Rahmenbedingungen so schwierig seien, dass es gar nicht möglich sei, den Haushalt ohne Kassenkredite zu
führen. Dass schwierige Rahmenbedingungen jedoch keine glaubwürdige Ausrede für hohe Kassenkreditbestände
sind, verdeutlichen mehrere frühere Blog-Einträge auf HaushaltsSteuerung.de. Darin konnte gezeigt werden,
dass es selbst in Krisenländern wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen mehrere Beispiele für Kommunen gibt,
die trotz besonders problematischer Rahmenbedingungen kassenkreditfrei sind. Hieran wird deutlich: Wer will,
der kann. Bekräftigt wird diese Erkenntnis auch durch die Kassenkreditsituation der Kommunen in Sachsen. In
Sachsen sind - unabhängig von den Rahmenbedingungen - fast alle Gemeinden kassenkreditfrei. Insgesamt betrachtet
dürften die Rahmenbedingungen in Sachsen auch kaum besser sein als z.B. in Hessen oder Nordrhein-Westfalen.
» Stark zersiedelte Gemeinden in Hessen ohne Kassenkredite, Blog-Eintrag vom 20. Oktober 2015
Autor: Andreas Burth
» Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ohne Kassenkredite trotz eines starken Bevölkerungsrückgangs, Blog-Eintrag vom 11. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kreisangehörige NRW-Gemeinden ohne Kassenkredite trotz schwieriger Rahmenbedingungen im Sozialbereich, Blog-Eintrag vom 8. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kassenkreditfreie Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit geringer Steuereinnahmekraft, Blog-Eintrag vom 6. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag vom 4. September 2015
Autor: Andreas Burth
» Kassenkreditschulden der Städte und Gemeinden in Sachsen, Blog-Eintrag vom 16. September 2015
Autor: Andreas Burth
Es ist somit festzuhalten, dass auch Kommunen mit schwierigen Rahmenbedingungen ohne Kassenkredite auskommen
können. Hierauf aufbauend stellt sich die Frage, wie sich die Kassenkreditverschuldung in Kommunen mit guten
Rahmenbedingungen darstellt? Dieser Frage wird in diesem Beitrag nachgegangen. Der Fokus liegt auf den 421
kreisangehörigen Gemeinden im Kommunalfinanzkrisenland Hessen. Konkret wird untersucht, ob es Gemeinden mit
besonders hohen Netto-Steuereinnahmen gibt, die trotz ihrer hervorragenden Einnahmesituation hohe Kassenkreditschulden
angehäuft haben. Gerade die steuerstärksten Gemeinden sollten ihre Haushalte eigentlich ohne dauerhafte Kassenkredite
führen können.
Überblick:
- Methodische Anmerkungen
- Kassenkredite der 24 steuerstärksten Gemeinden mit bis 4.999 Einwohnern
- Kassenkredite der 28 steuerstärksten Gemeinden mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern
- Kassenkredite der 15 steuerstärksten Gemeinden mit 10.000 bis 14.999 Einwohnern
- Kassenkredite der sechs steuerstärksten Gemeinden mit 15.000 bis 19.999 Einwohnern
- Kassenkredite der sechs steuerstärksten Gemeinden mit 20.000 bis 29.999 Einwohnern
- Kassenkredite der drei steuerstärksten Gemeinden mit 30.000 bis 49.999 Einwohnern
- Kassenkredite der steuerstärksten Gemeinde mit 50.000 bis 99.999 Einwohnern
- Fazit
- Weitere Informationen
Methodische Anmerkungen
Um zu untersuchen, welche hessischen Gemeinden am steuerstärksten sind, wird der Durchschnitt der
Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen (d.h. nach Abzug der
Gewerbesteuerumlage) für die Jahre 2010 bis 2015 berechnet.
Der Betrachtungszeitraum von sechs Jahren ist gewählt worden, um Einmaleffekte einzelner Jahre (z.B. denkbar bei
der schwankungsanfälligeren Gewerbesteuer) größtenteils nivellieren zu können.
Die Netto-Steuereinnahmen der Jahre 2010 bis 2014 umfassen die
Grundsteuer A/B, die
Gewerbesteuer (netto), den
Einkommensteueranteil und den
Umsatzsteueranteil. Die sonstigen Steuern (z.B.
Hundesteuer) und
steuerähnlichen Einnahmen
bleiben in den Jahren 2010 bis 2014 aus Gründen der Datenverfügbarkeit außen vor. Sie können hier erst
2015 mit in das Steuerportfolio integriert werden. Die sonstigen Steuern und die steuerähnlichen Einnahmen machen
typischerweise nur einen kleineren Teil der gesamten Netto-Steuereinnahmen aus.
Die Steuerdaten der Jahre 2010 bis 2014 sind der GENESIS-Online Regionaldatenbank der Statistischen Ämter des Bundes
und der Länder entnommen worden. Für das Jahr 2015 wird auf Zahlen des Hessischen Statistischen Landesamtes
zurückgegriffen. Die für die Zwecke der Pro-Kopf-Berechnungen genutzten Einwohnerzahlen zum 30.6. des jeweiligen
Jahres entstammen der Statistik über die Hebesätze der Realsteuern der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder.
Ab 2013 basieren die Bevölkerungszahlen auf dem Zensus 2011.
Zur Verbesserung der interkommunalen Vergleichbarkeit werden im vorliegenden Beitrag für die 421 kreisangehörigen
Gemeinden sieben Einwohnergrößenklassen (siehe unten) auf Basis der Einwohnerzahlen zum 30.6.2015 gebildet. Eine
Unterteilung in Einwohner-Größenklassen wird durchgeführt, da kleinere Gemeinden z.B. aufgrund von Unterschieden
in der Aufgabenstruktur (zentralörtliche Funktionen etc.) nur begrenzt mit ihren größeren Pendants vergleichbar
sind. Für jede der sieben Größenklassen werden diejenigen 20 Prozent der Gemeinden ermittelt, die unter Zugrundelegung
der durchschnittlichen Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Jahre 2010 bis 2015 am steuerstärksten sind.
Es werden folgende Größenklassen genutzt:
- bis 4.999 Einwohner: 121 Gemeinden (davon 20 Prozent: 24 Gemeinden)
- 5.000 bis 9.999 Einwohner: 139 Gemeinden (davon 20 Prozent: 28 Gemeinden)
- 10.000 bis 14.999 Einwohner: 77 Gemeinden (davon 20 Prozent: 15 Gemeinden)
- 15.000 bis 19.999 Einwohner: 31 Gemeinden (davon 20 Prozent: 6 Gemeinden)
- 20.000 bis 29.999 Einwohner: 31 Gemeinden (davon 20 Prozent: 6 Gemeinden)
- 30.000 bis 49.999 Einwohner: 15 Gemeinden (davon 20 Prozent: 3 Gemeinden)
- 50.000 bis 99.999 Einwohner: 7 Gemeinden (davon 20 Prozent: 1 Gemeinde)
Die im Beitrag verwendeten Kassenkreditschulden sind von der Webseite des Hessischen Statistischen Landesamtes abgerufen
worden. Sie beziehen sich auf die Stichtage 31.12.2014 und 31.12.2015 und decken den
Kernhaushalt ab.
Die Tabellen in den nachfolgenden Abschnitten listen diejenigen kreisangehörigen Gemeinden auf, die in ihrer Größenklasse
die höchsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 haben (jeweils nur die steuerstärksten
20 Prozent). Ergänzend wird berichtet, welche Kassenkreditschulden diese steuerstarken Gemeinden zum 31.12.2014 und
31.12.2015 im Kernhaushalt haben. Zudem wird nachrichtlich ausgewiesen, ob die Gemeinde Teilnehmer am kommunalen
Schutzschirm des Landes Hessen ist. Der Schutzschirm ist ein Landesprogramm zur Unterstützung besonders
konsolidierungsbedürftiger Kommunen in Hessen. Eine Komponente des Schutzschirms ist ein Entschuldungsprogramm, durch
das die Schutzschirmkommunen einen Teil ihrer Schulden (und damit auch ihrer Kassenkredite) ablösen können.
Kassenkredite der 24 steuerstärksten Gemeinden mit bis 4.999 Einwohnern
Von den 24 steuerstärksten Gemeinden der Größenklasse "unter 5.000 Einwohner" sind nur sieben zum 31.12.2015 ohne
Kassenkredite im Kernhaushalt (keine der sieben Gemeinden ist Schutzschirm-Teilnehmer). Demgegenüber stehen neun
Gemeinden mit hohen Kassenkrediten von über 500 Euro je Einwohner und zwei Gemeinden mit sehr hohen Kassenkrediten
von über 1.000 Euro je Einwohner zum 31.12.2015. Die höchsten Kassenkredite in der Gruppe der steuerstärksten
Gemeinden dieser Größenklasse entfallen auf Bromskirchen (2.052 Euro je Einwohner) und Kefenrod (1.455 Euro je Einwohner).
In der Größenklasse "bis 4.999 Einwohner" sind insgesamt 35 von 121 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei. Folgende
sechs Gemeinden haben ihre Kassenkreditfreiheit erreicht, obwohl sie in ihrer Größenklasse zu den 24 Gemeinden zählen,
die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 die niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen hatten: Breitenbach am Herzberg,
Nüsttal, Ottrau, Sensbachtal, Twistetal und Weißenborn. Mit Breitenbach am Herzberg, Ottrau und Weißenborn sind sogar die
drei steuerschwächsten Gemeinden dieser Größenklasse kassenkreditfrei. Schutzschirm-Teilnehmer ist von den sechs Gemeinden
nur die Gemeinde Weißenborn (d.h. die übrigen fünf steuerschwachen Gemeinden haben ihre Kassenkreditfreiheit ohne
Entschuldungshilfen des Landes erreicht). Mit Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen von durchschnittlich 342 Euro je Einwohner
(Weißenborn), 397 Euro je Einwohner (Ottrau) und 435 Euro je Einwohner (Breitenbach am Herzberg) handelt es sich bei diesen
drei kassenkreditfreien Gemeinden sogar um die größenklassenübergreifend steuerschwächsten Gemeinden in Hessen.
Kassenkredite der 28 steuerstärksten Gemeinden mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern
Die Größenklasse "5.000 bis 9.999 Einwohner" zählt insgesamt 139 Gemeinden. Von den 28 steuerstärksten Gemeinden sind
17 zum 31.12.2015 kassenkreditfrei (nur eine davon zählt zu den Schutzschirm-Gemeinden). Für elf Gemeinden trifft dies
zudem auch für den Stichtag 31.12.2014 zu. Hohe Kassenkreditschulden von über 500 Euro je Einwohner haben drei Gemeinden:
Battenberg (Eder) (508 Euro je Einwohner), Schmitten (547 Euro je Einwohner) und Spangenberg (1.810 Euro je Einwohner).
Spangenbergs Kassenkreditniveau ist mit über 1.000 Euro je Einwohner als sehr hoch einzustufen. Von den drei Gemeinden
ist nur Spangenberg Teilnehmer am kommunalen Schutzschirm. Schmitten hatte die Möglichkeit, ebenfalls am Schutzschirm
teilzunehmen, nahm diese Option jedoch nicht wahr.
In der Größenklasse "5.000 bis 9.999 Einwohner" sind insgesamt 64 von 139 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei.
Folgende elf Gemeinden haben ihre Kassenkreditfreiheit erreicht, obwohl sie in ihrer Größenklasse zu denjenigen 28
Gemeinden zählen, die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 die niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen verzeichneten:
Beselich, Edertal, Flieden, Grebenstein, Kalbach, Leun, Ludwigsau, Lützelbach, Mengerskirchen, Sinntal und Wabern. Mit
Ludwigsau ist sogar die steuerschwächste Gemeinde dieser Größenklasse kassenkreditfrei. Keine der elf steuerschwachen
und kassenkreditfreien Gemeinden ist Schutzschirm-Teilnehmer, d.h. ihre Kassenkreditfreiheit begründet sich nicht durch
eine landesseitige Entschuldung.
Im Vergleich zu den anderen Einwohnergrößenklassen fallen die Kassenkreditprobleme bei den Gemeinden mit 5.000 bis 9.999
Einwohnern am geringsten aus.
Kassenkredite der 15 steuerstärksten Gemeinden mit 10.000 bis 14.999 Einwohnern
Die Gruppe der 15 steuerstärksten Gemeinden mit 10.000 bis 14.999 Einwohnern hat sechs kassenkreditfreie Gemeinden (jeweils
keine Schutzschirm-Gemeinden). Demgegenüber haben sich sechs andere Gemeinden hohe Kassenkredite von über 500 Euro je
Einwohner zum 31.12.2015 aufgebürdet. Drei Gemeinden verzeichnen laut Statistik sogar sehr hohe Kassenkreditschulden von
über 1.000 Euro je Einwohner: Egelsbach (1.290 Euro je Einwohner), Eppstein (1.151 Euro je Einwohner) und Neu-Anspach
(1.090 Euro je Einwohner). Egelsbach ist Teilnehmer am kommunalen Schutzschirm.
In der Größenklasse "10.000 bis 14.999 Einwohner" sind insgesamt 20 von 77 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei.
Zwei Gemeinden (Fritzlar und Münster) haben ihre Kassenkreditfreiheit erreicht, obwohl sie in ihrer Größenklasse zu
denjenigen 15 Gemeinden zählen, die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 die niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen
hatten. Beide Gemeinden sind keine Schutzschirm-Teilnehmer, d.h. die Kassenkreditfreiheit beruht nicht auf einer
Entschuldung durch das Land.
Kassenkredite der sechs steuerstärksten Gemeinden mit 15.000 bis 19.999 Einwohnern
In der Einwohnergrößenklasse "15.000 bis 19.999 Einwohner" sind drei steuerstarke Gemeinden zu beiden Stichtagen
kassenkreditfrei. Für Heusenstamm und Königstein im Taunus berichtet die Statistik in beiden Jahren hohe Kassenkredite
von über 500 Euro je Einwohner. Kelsterbach hat sich erst im Jahr 2015 mit Kassenkrediten verschuldet.
In der Größenklasse "15.000 bis 19.999 Einwohner" sind insgesamt acht von 31 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei
(Dieburg, Hünfeld, Kronberg im Taunus, Künzell, Petersberg, Pohlheim, Reinheim und Schwalbach am Taunus). Zwei Gemeinden
(Künzell und Pohlheim) haben ihre Kassenkreditfreiheit erreicht, obwohl sie in ihrer Größenklasse zu den sechs Gemeinden
zählen, die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 zu den 20 Prozent mit den niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen
gehören. Künzell und Pohlheim sind sogar die beiden Gemeinden mit den niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen ihrer
Größenklasse. Keine der beiden Gemeinden hat am Schutzschirm teilgenommen, d.h. ihre Kassenkreditfreiheit beruht nicht
auf einer landesseitigen Entschuldung.
Kassenkredite der sechs steuerstärksten Gemeinden mit 20.000 bis 29.999 Einwohnern
In der Gruppe der Gemeinden mit 20.000 bis 29.999 Einwohnern sind von den sechs steuerstärksten Gemeinden nur drei
kassenkreditfrei. Bad Soden am Taunus und Weiterstadt haben zu beiden Stichtagen Kassenkredite im Kernhaushalt. Für
Herborn sind nur für das Jahr 2015 Kassenkredite zu beobachten. Die Stadt Bad Soden am Taunus hat mit 1.372 Euro je
Einwohner sehr hohe Kassenkreditschulden angesammelt.
In der Größenklasse "20.000 bis 29.999 Einwohner" sind insgesamt vier von 31 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei
(Baunatal, Eschborn, Friedrichsdorf und Stadtallendorf). Von den sechs Gemeinden, die im Durchschnitt der Jahre 2010 bis
2015 die niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen verzeichnen, ist zum 31.12.2015 keine kassenkreditfrei. Die niedrigsten
Kassenkredite der sechs steuerschwächsten Gemeinden hat zum 31.12.2015 die Stadt Büdingen mit 617 Euro je Einwohner.
Kassenkredite der drei steuerstärksten Gemeinden mit 30.000 bis 49.999 Einwohnern
Von den drei steuerstärksten Gemeinden der Größenklasse "30.000 bis 49.999 Einwohner" sind zwei (Dreieich und Oberursel
(Taunus)) kassenkreditfrei. In Dreieich halfen indes auch Landeshilfen im Rahmen des kommunalen Schutzschirms, dieses Ziel
zu erreichen. Die Stadt Neu-Isenburg kam weder zum 31.12.2014 noch zum 31.12.2015 ohne Kassenkredite aus. Neu-Isenburg ist
die steuerstärkste Gemeinde ihrer Größenklasse.
In der Größenklasse "30.000 bis 49.999 Einwohner" sind insgesamt vier von 15 Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei.
Interessanterweise ist in dieser Größenklasse laut Statistik zum 31.12.2015 auch die Stadt mit den niedrigsten
Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 kassenkreditfrei: Bad Nauheim. Bad Nauheim ist kein
Schutzschirm-Teilnehmer, d.h. die Kassenkreditfreiheit beruht nicht auf einer landesseitigen Entschuldung.
Kassenkredite der steuerstärksten Gemeinde mit 50.000 bis 99.999 Einwohnern
Die sieben Gemeinden in der Größenklasse "50.000 bis 99.999 Einwohner" werden auch als Sonderstatusstädte bezeichnet. Die
steuerstärkste Sonderstatusstadt ist Bad Homburg vor der Höhe. Sie ist zum 31.12.2014 und zum 31.12.2015 kassenkreditfrei.
Bad Homburg vor der Höhe ist kein Schutzschirm-Teilnehmer.
In der Größenklasse "50.000 bis 99.999 Einwohner" sind insgesamt zwei von sieben Gemeinden zum 31.12.2015 kassenkreditfrei
(Bad Homburg vor der Höhe und Fulda). Die Sonderstatusstadt mit den niedrigsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen im Durchschnitt
der Jahre 2010 bis 2015 ist Gießen. Die Stadt Gießen hat zum 31.12.2015 Kassenkredite von 412 Euro je Einwohner. Sie ist
Teilnehmer am kommunalen Schutzschirm, d.h. das Land hat bereits einen Teil der Schulden der Stadt Gießen übernommen.
Fazit
Wie aus obigen Abschnitten hervorgeht, haben insgesamt 21 steuerstarke Gemeinden Kassenkreditschulden, die im Durchschnitt
der Stichtage 31.12.2014 und 31.12.2015 über 500 Euro je Einwohner liegen. Von den 21 Gemeinden liegen 15 im Regierungsbezirk
Darmstadt, fünf im Regierungsbezirk Kassel und eine im Regierungsbezirk Gießen. In sieben der 21 Gemeinden bestehen sogar
Kassenkredite von über 1.000 Euro je Einwohner. Fünf dieser sieben Gemeinden befinden sich im Regierungsbezirk Darmstadt und
zwei im Regierungsbezirk Kassel. Die Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel haben in Hessen die Funktion der oberen
Kommunalaufsichtsbehörde über die kreisangehörigen Gemeinden auf ihrem jeweiligen Gebiet.
Es ist somit festzustellen, dass sich auch einige sehr steuerstarke Gemeinden mit hohen bis sehr hohen Kassenkrediten
verschuldet haben. Eigentlich müssten sie in Anbetracht ihrer beträchtlichen Netto-Steuereinnahmen ohne Kassenkredite
auskommen können. Dies wird überdeutlich an den in diesem Beitrag ebenfalls identifizierten Gemeinden, die sehr steuerschwach
sind und dennoch ihre Haushalte ohne Kassenkredite führen.
Die steuerstarken Gemeinden haben die Möglichkeit, mit Hilfe ihrer hohen Steuereinnahmen finanzielle Puffer aufzubauen, um
nur sehr wenige oder überhaupt keine Kassenkredite zu benötigen. Diese Möglichkeit haben viele steuerschwächere Gemeinden
nur in geringerem Maße. Insbesondere dauerhafte Kassenkreditbestände von über 500 oder sogar über 1.000 Euro je Einwohner
sind für steuerstarke Gemeinden kaum mehr mit dem Argument der Liquiditätssicherung begründbar.
Beim Abbau der Kassenkredite sind in erster Linie die Gemeinden selbst gefordert, die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen
einzuleiten. Allerdings wird es auch auf die Kommunalaufsicht ankommen, nachdrücklich auf eine unverzügliche Haushaltskonsolidierung
zu pochen. Die Kommunalaufsicht wird v.a. bei etwaigen weniger konsolidierungswilligen Gemeinden gefordert sein.
Auf der Suche nach möglichen Konsolidierungsmaßnahmen kann z.B. ein Blick in die Haushaltssicherungskonzepte anderer
Kommunen hilfreich sein.
» Linksammlung zu kommunalen Haushaltssicherungskonzepten
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
Weitere Informationen
Ergänzende Analysen zu den hessischen Kommunalfinanzen sind auf HaushaltsSteuerung.de z.B. über nachstehende Links
abrufbar.
» Kommunalverschuldung in Hessen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Kommunale Kassenkredite in Hessen zum 31.12.2015, Blog-Eintrag vom 12. August 2016
Autor: Andreas Burth
» Höchste/niedrigste Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A/B in Hessen nach Landkreisen, Blog-Eintrag vom 29. April 2016
Autor: Andreas Burth
» Finanzierungssaldo der Kommunen in Hessen in den Jahren 2009 bis 2015, Blog-Eintrag vom 4. April 2016
Autor: Andreas Burth
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