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Entwicklung der Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer von 2004 bis 2014
Entwicklung der Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer von 2004 bis 2014
3. Juli 2015 |
Autor: Andreas Burth
Mit den Steuereinnahmen wird (neben Zuweisungen, Gebühren, Beiträgen etc.) ein großer Teil der kommunalen Aufgabenwahrnehmung finanziert. Steuereinnahmen
generieren die Kommunen (und hier v.a. die Städte und Gemeinden, weniger die Gemeindeverbände) aus verschiedenen Quellen. Besonders aufkommensstark sind die
Gewerbesteuer, der
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und die
Grundsteuer B. Das Netto-Aufkommen der einzelnen Steuerarten hat sich im Zeitablauf
nicht homogen entwickelt. Je nach Steuerart sind spezifische Unterschiede erkennbar. Der vorliegende Beitrag untersucht vor diesem Hintergrund die zeitliche
Entwicklung der kassenmäßigen Steuereinnahmen für die Summe der Kommunen der 13 Flächenländer.
Im Hinblick auf die folgenden Analysen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jeweils die Netto-Steuereinnahmen untersucht werden. Relevant ist dies für die
Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer zählt zwar zu den Gemeindesteuern, hat zugleich aber auch den Charakter einer
Gemeinschaftssteuer. So verbleibt das Brutto-Aufkommen
nicht vollständig bei den Städten und Gemeinden. Vielmehr wird ein Teil in Form der
Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder weitergereicht. Der nach Abzug der
Gewerbesteuerumlage bei den Städten und Gemeinden verbleibende Teil des Brutto-Aufkommens wird als Netto-Aufkommen bezeichnet.
Die weniger aufkommensstarken Gemeindesteuern (Ausnahme: Grundsteuer A) werden hier aus Gründen der Übersichtlichkeit in der Größe "sonstige Gemeindesteuer"
gesammelt. Unter die sonstigen Gemeindesteuern fallen z.B. die
Hundesteuer, die
Zweitwohnungsteuer und die
Vergnügungsteuer. Separat berichtet werden Daten zur Summe der
steuerähnlichen Abgaben (z.B. Fremdenverkehrsabgabe, zweckgebundene Abgaben, Abgaben von Spielbanken).
Der vorliegende Zeitvergleich erstreckt sich über den Zeitraum 2004 bis 2014. Abgedeckt werden damit sowohl wirtschaftliche Krisenjahre (insb. 2009 und 2010)
als auch gute Jahre (z.B. 2007, 2008 oder auch 2013, 2014). Dies ermöglicht die Betrachtung der Konjunktur- und Krisenanfälligkeit der einzelnen Steuerarten.
Für den Zeitraum 2004 bis 2014 ist - abgesehen vom Konjunktureinbruch von 2008 auf 2009 - im Vorjahresvergleich eine stetige Steigerungstendenz bei den
Steuereinnahmen zu beobachten. 2012 wurde wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Im Zeitablauf zeigt sich, dass die Steuereinnahmen der Kommunen in ihrer
Summe abhängig von der konjunkturellen Lage sind. Zuzurechnen ist die Konjunktursensibilität allerdings v.a. der Gewerbesteuer und dem Einkommensteueranteil.
Zugleich ist aber ebenso festzustellen, dass die Kommunen mit verschiedenen weniger konjunktursensiblen Steuern (z.B.
Umsatzsteueranteil, Grundsteuer A/B,
sonstige Gemeindesteuern, steuerähnliche Abgaben) auch wirksame Stabilitätsanker haben. Gerade über die
Hebesätze der Grundsteuer B haben es die Städte und
Gemeinden selbst in der Hand, den Steuermix vor Ort konjunkturunabhängiger und damit planbarer zu gestalten.
Die kassenmäßigen Netto-Gesamtsteuereinnahmen stiegen von 2004 bis 2014 um 55,33 Prozent. Das Steuervolumen der Kommunen ist damit auch stärker als die
Inflation gewachsen. Unter Zugrundelegung der Jahresdurchschnitte des harmonisierten Verbraucherpreisindex lag die Inflation im Zeitraum 2004 bis 2014 bei
18,45 Prozent.
Pro Kopf entspricht das Niveau des Jahres 2014 einem Wert von 1.063,84 Euro je Einwohner. 41,49 Prozent davon entfallen auf die Gewerbesteuer (netto),
37,95 Prozent auf den Einkommensteueranteil und 13,71 Prozent auf die Grundsteuer B.
Im Grunde enthält Abbildung 1 bereits die Werte aller Steuereinnahmearten der Kommunen. Die exakten Werte sind jedoch nicht ablesbar und insbesondere
bei den kleineren Steuerquellen aus Platzgründen auch nicht integrierbar. Nachfolgende Tabelle enthält daher nachrichtlich die entsprechenden absoluten
Werte für alle oben berichteten Steuerarten und Jahre.
Neben der absoluten Entwicklung der einzelnen Steuerarten bietet es sich an, auch einen unmittelbaren Vergleich der relativen Entwicklung durchzuführen.
Ein Ansatz zur Umsetzung eines solchen Vergleichs besteht darin, das erste Jahr des Betrachtungszeitraums (hier: 2004) für alle Steuerarten mit dem Wert
100 zu indizieren. Die übrigen Jahre zeigen dann die relative Entwicklung der Steuerarten im Vergleich zum Basisjahr 2004 (siehe Abbildung 2).
Das schwächste Wachstum unter Gegenüberstellung der Jahre 2004 und 2014 erfuhr das Aufkommen der Grundsteuer A (Zuwachs von 10,06 Prozent). Als einzige
Gemeindesteuer blieb ihr Aufkommenswachstum auch hinter der Inflation dieses Zeitraums (insg. 18,45 Prozent) zurück. In Krisenzeiten hat sich die
Grundsteuer A als sehr krisenresistent herausgestellt. Das Aufkommen ist im Vorjahresvergleich stetig gestiegen. Ein Nachteil der Grundsteuer A ist
ihr verhältnismäßig geringes Aufkommen. Vorteilhaft ist wiederum der Umstand, dass die Städte und Gemeinden über die Hebesatzfestsetzung das Aufkommen
unmittelbar beeinflussen können. Insbesondere ermöglichen Hebesatzanpassungen das Erreichen eines Inflationsausgleichs, um die effektive Steuerbelastung
aus dieser Steuerart im Zeitablauf konstant zu halten.
Das zweitschwächste Wachstum entfällt auf die steuerähnlichen Abgaben. Von 2004 bis 2014 hat ihr Aufkommen um 19,60 Prozent zugelegt. Bei der
steuerähnlichen Abgaben haben die Kommunen die Möglichkeit, das Aufkommen über Satzungsregelungen selbst zu steuern.
Die Einnahmen aus der Grundsteuer B sind zwar stärker als die Inflation (18,45 Prozent) gestiegen, allerdings fällt ihr Wachstum mit 28,68 Prozent
gegenüber den anderen voluminösen Steuern (Netto-Gewerbesteuer, Einkommensteueranteil und Umsatzsteueranteil) bzw. gegenüber dem Netto-Gesamtsteuereinnahmen
(Zuwachs von 55,33 Prozent) merklich schwächer aus. Der Anteil der Grundsteuer B am kommunalen Steuermix hat damit im Zeitablauf tendenziell abgenommen.
Inwiefern diese Entwicklung aus kommunaler Sicht vorteilhaft ist, ist zu hinterfragen. Die Grundsteuer B ist deutlich konjunkturunsensibler als die
Netto-Gewerbesteuer und der Einkommensteueranteil. In keinem Jahr des Betrachtungszeitraums ist ihr Aufkommen im Vorjahresvergleich gesunken. Dies begünstigt aus kommunaler
Sicht die Planungssicherheit.
Ein weiterer Vorteil der Grundsteuer B ist, dass sich Hebesatzanpassungen nahezu 1-zu-1 im Aufkommen niederschlagen. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer müssen
Teile des Aufkommens auch nicht an Bund und Länder weitergeleitet werden (Gewerbesteuerumlage). Hinzu kommt, dass die Grundsteuer B von allen Bürgern und
Unternehmen direkt (Eigentümer) oder indirekt (Mieter) getragen wird. Mittelbar wird auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Grundsteuer B
berücksichtigt, da wirtschaftlich leistungsfähigere Bürger i.d.R. auch besser wohnen und demzufolge mehr Grundsteuer B zahlen.
Die Grundsteuer B ist u.a. aus den zuvor genannten Gründen eine ideale Gemeindesteuer. Sie kann einen Zusammenhang zwischen Abgabenniveau und kommunalem
Leistungsniveau herstellen. Ihr Hebesatz eignet sich insbesondere, um im Sinne eines flexiblen Ausgleichsmechanismus den ordentlichen
Haushaltsausgleich
eines jeden Jahres sicherzustellen. Man spricht in diesem Kontext auch vom Konzept einer
doppischen Kommunalschuldenbremse mit
Generationenbeitrag. Einige
Kommunen haben das Modell in Form einer
Nachhaltigkeitssatzung auch bereits in ihr Ortsrecht übernommen (für Beispiele siehe nachfolgende Links).
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Freudenberg
Hrsg.: Stadt Freudenberg
» Satzung generationengerechte Finanzen der Ortsgemeinde Stadtkyll
Hrsg.: Ortsgemeinde Stadtkyll
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Taunusstein
Hrsg.: Stadt Taunusstein
Der Umsatzsteueranteil ist im Betrachtungszeitraum um 41,94 Prozent gestiegen. Auch der Umsatzsteueranteil hat in Krisenzeiten seinen Ruf als stabile
Einnahmequelle unter Beweis gestellt. Ein Nachteil des Umsatzsteueranteils ist allerdings, dass die Städte und Gemeinden das Aufkommen nur begrenzt
beeinflussen können. Im Gegensatz zu den Realsteuern (Grundsteuer A/B, Gewerbesteuer) haben die Städte und Gemeinden bei der Umsatzsteuer kein Hebesatzrecht.
Den drittgrößten Zuwachs im Zeitraum 2004 bis 2014 verzeichnet die Gewerbesteuer (netto) mit einer Steigerung um 60,84 Prozent. Im Zeitablauf zeigt sich,
dass die Gewerbesteuer die volatilste aller Gemeindesteuern ist. Dies gilt im Besonderen für Krisenzeiten. Im Vergleich der Jahre 2008 und 2009 ist das
Netto-Gewerbesteueraufkommen um 19,87 Prozent gesunken. In den guten Jahren ist sie wiederum stärker gewachsen als die meisten anderen Steuerarten. Von
2004 bis 2008 lag der Aufkommenszuwachs bei 51,42 Prozent, was der größten Steigerung aller Steuerarten entspricht. Ein großer Vorteil der Gewerbesteuer
ist, dass die Städte und Gemeinden ihr Aufkommen über den Hebesatz selbst beeinflussen können. Gleichwohl ist zu beachten, dass zu hohe Hebesätze zum Abwandern
von Gewerbebetrieben führen können. Insofern sind den Hebesatzsteigerungen bei der Gewerbesteuer engere Grenzen gesetzt als z.B. bei der Grundsteuer A oder
der Grundsteuer B. Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 Gewerbesteuergesetz liegt bei einer Hebesatzhöhe von 200 Prozent der Mindesthebesatz, welcher den möglichen
Hebesatzkorridor nach unten hin begrenzt.
Am zweitstärksten sind die Einnahmen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer gestiegen (62,88 Prozent). Im Vergleich zur Gewerbesteuer schwankt
der Einkommensteueranteil weniger stark mit der konjunkturellen Entwicklung. Zugleich ist aber auch zu beobachten, dass der Einkommensteueranteil nach der
Gewerbesteuer die konjunkturell zweitvolatilste Steuereinnahmequelle der Städte und Gemeinden ist. Im Vergleich der Jahre 2008 und 2010 ging der
Einkommensteueranteil um 11,04 Prozent zurück. Ein Nachteil des Einkommensteueranteils ist, dass sein Volumen nicht unmittelbar durch die Städte und
Gemeinden beeinflusst werden kann. Dies unterscheidet sie von den Realsteuern, bei denen die Städte und Gemeinden ein Hebesatzrecht haben.
Die stärkste Steigerung erfuhren im Zeitablauf mit großem Abstand die Einnahmen aus den sonstigen Gemeindesteuern (115,32 Prozent). Bemerkenswert ist
dabei, dass die sonstigen Steuern zu Beginn des Betrachtungszeitraums noch eine sehr schwache Entwicklung aufwiesen. Mit Eintritt der Finanz- und
Wirtschaftskrise schnellten die Einnahmen aus den sonstigen Gemeindesteuern jedoch deutlich in die Höhe. Keine andere Steuerart ist in den Jahren ab
2009 stärker gestiegen. Der Zuwachs der Bedeutung der sonstigen Gemeindesteuern ist damit ein Phänomen der jüngeren Vergangenheit. In Phasen des
konjunkturellen Abschwungs haben sich die sonstigen Gemeindesteuer als sehr krisenfest herausgestellt. Die sonstigen Gemeindesteuern sind dadurch
charakterisiert, dass die Kommunen ihr Aufkommen mittels Satzungsregelungen (z.B. zum Steuersatz) steuern können. Sie können zudem im Rahmen der
gesetzlichen Vorgaben neue örtliche Steuern, wie z.B. die Pferdesteuer, entwickeln und erheben.
Ursächlich für das starke Wachstum der sonstigen Gemeindesteuern ist v.a. die Zunahme des Aufkommens der sonstigen Vergnügungsteuern (= Vergnügungsteuern
mit Ausnahme der Vergnügungsteuer für die Vorführung von Bildstreifen). Sie legte im Zeitraum 2004 bis 2014 um 209,63 Prozent zu. Ihr Aufkommen liegt
2014 bei 701,1 Mio. Euro, wodurch sie zugleich die voluminöseste sonstige Gemeindesteuer ist. Die sonstige Gemeindesteuer mit dem zweitgrößten Aufkommen
ist die Hundesteuer. Ihr Volumen liegt 2014 bei 292,7 Mio. Euro, was einem Zuwachs von 39,05 Prozent gegenüber 2004 entspricht. Sehr stark gestiegen ist
das Aufkommen der Zweitwohnungsteuer (Steigerung um 115,02 Prozent). Aus der Zweitwohnungsteuer generierten die Kommunen kassenmäßige Einnahmen von
113,1 Mio. Euro. Die Zweitwohnungsteuer ist damit die drittwichtigste sonstige Gemeindesteuer. Die übrigen sonstigen Gemeindesteuern (z.B.
Schankerlaubnissteuer, Vergnügungsteuer für die Vorführung von Bildstreifen) sind im Vergleich zu den drei zuvor genannten sonstigen Gemeindesteuern
hinsichtlich ihres Aufkommens weitgehend vernachlässigbar.
Weitere Informationen zu den Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer können Sie unter folgenden Links abrufen.
» Steueruhr zu den jährlichen Steuereinnahmen Deutschlands
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
» Zitate und Sprichwörter zum Thema "Steuern | Abgaben"
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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