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Entwicklung der Realsteuer-Hebesätze im Ländervergleich: Gegenüberstellung der Jahre 2003 und 2014
Entwicklung der Realsteuer-Hebesätze im Ländervergleich: Gegenüberstellung der Jahre 2003 und 2014
26. Juli 2015 |
Autor: Andreas Burth
Auf HaushaltsSteuerung.de werden regelmäßig Ländervergleiche zur aktuellen Höhe der
Realsteuer-Hebesätze durchgeführt. Ebenso
interessant ist allerdings auch ein Blick auf die zeitliche Entwicklung des Hebesatzniveaus. Vor diesem Hintergrund stellt der
vorliegende Blog-Eintrag die Hebesätze der Jahre 2003 und 2014 einander gegenüber. Die Hebesätze der
Grundsteuer A, der Grundsteuer B und der
Gewerbesteuer werden jeweils differenziert für die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Städte und
Gemeinden betrachtet.
Überblick:
- Allgemeine Vorbemerkungen
- Entwicklung des Grundsteuer-A-Hebesatzes im Ländervergleich
- Entwicklung des Grundsteuer-B-Hebesatzes im Ländervergleich
- Entwicklung des Gewerbesteuer-Hebesatzes im Ländervergleich
- Weitere Informationen
Allgemeine Vorbemerkungen
Gegenübergestellt werden in diesem Beitrag die Jahre 2003 und 2014. Dies entspricht einem Zeitraum von zwölf Jahren. Die im
Text ausgewiesenen Einwohnerzahlen beziehen sich stets auf den 30.6.2014 (auf Grundlage des Zensus 2011). Gegenstand der
Untersuchung sind die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden der Flächenländer. Außen vor bleiben
die Stadtstaaten, da diese mit dem Städten und Gemeinden der Flächenländer nur eingeschränkt vergleichbar sind.
Die einzelnen Tabellen enthalten Informationen zum Durchschnittshebesatz. Bei diesem Durchschnittshebesatz handelt es sich
im Regelfall um das arithmetische Mittel der Einzelwerte (d.h. ohne Gewichtung der einzelnen Städte und Gemeinden) und nicht um den
gewogenen Durchschnittshebesatz.
Im Falle Brandenburgs ist für 2003 darauf hinzuweisen, dass durch eine Gebietsreform unterschiedliche Hebesätze existieren.
Zu Berechnung der höchsten und niedrigsten Hebesätze sind auch die Hebesätze der Gemeindeteile einbezogen worden. Der
Durchschnittshebesatz ist hier abweichend der gewogene Durchschnittshebesatz gemäß
Realsteuervergleich 2003.
Infolge kommunaler Gebietsreformen in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde den
ehemals selbstständigen Städten und Gemeinden zugestanden, in den neuen Stadt-/Gemeindeteilen die vormals geltenden Hebesätze
für z.B. fünf Folgejahre weiter anzuwenden. In die vorliegenden Analysen fließen in den einschlägigen Fällen indes nur die
gewogenen Durchschnittshebesätze der neuen Städte und Gemeinden ein.
Zu beachten ist, dass die Gebietsreformen auch Einfluss auf die Fallzahl der Kommunen hatten. So hat sich beispielsweise
durch die Gebietsreform 2011 in Mecklenburg-Vorpommern die Anzahl kreisfreier Städte von sechs auf zwei verringert. Aktuell
haben in Mecklenburg-Vorpommern nur noch die Landeshauptstadt Schwerin und die Stadt Rostock den Status einer kreisfreien Stadt.
Die vier ehemals kreisfreien Städte (Greifswald, Neubrandenburg, Stralsund, Wismar) haben ab dem 4.9.2011 den Status von
Kreisstädten. Dies ist es bei Zeitvergleichen zu beachten (gilt analog bei den Gebietsreformen anderer Flächenländer und bei sonstigen Gemeindefusionen).
Für das Saarland werden nur Hebesätze zu den kreisangehörigen Städten und Gemeinden ausgewiesen, da es im Saarland keine
kreisfreien Städte gibt. Auch die Landeshauptstadt Saarbrücken ist aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Regionalverband Saarbrücken
als kreisangehörig einzustufen. Die Städte Hannover und Aachen werden aufgrund ihrer Regionsangehörigkeit ebenfalls zu den
kreisangehörigen Städten gezählt.
Die Städte und Gemeinden haben bei der Festsetzung der Hebesätze weite Entscheidungsspielräume. Ein Handlungsrahmen besteht
allerdings in dem Verbot, Hebesätze willkürlich festzusetzen. Ebenso dürfen sie keine Erdrosselungswirkung für die
Steuerpflichten entfalten. Ab welcher Hebesatzhöhe eine solche Erdrosselung besteht, ist bislang noch nicht exakt bestimmt.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen stufte eine von der Stadt Selm in Nordrhein-Westfalen vorgenommene Erhöhung des
Grundsteuer-B-Hebesatzes von 445 auf 825 Prozent nicht als erdrosselnd oder willkürlich ein (siehe nachfolgender Blog-Eintrag).
» Grundsteuerhebesatz von 825 Prozent in Selm hat keine erdrosselnde Wirkung, Blog-Eintrag vom 18. Dezember 2012
Autor: Marc Gnädinger
Bei der Gewerbesteuer existiert darüber hinaus seit 2004 eine Hebesatzuntergrenze in Form des § 16 Abs. 4 Satz 2 Gewerbesteuergesetz,
der ein Mindesthebesatz von 200 Prozent vorschreibt. Nicht zuletzt wirkt auch die haushaltsrechtliche Pflicht zum jährlichen
Haushaltsausgleich
indirekt auf das Hebesatzrecht der Kommunen. Die Städte und Gemeinden sollten notfalls
(d.h. nach Ausschöpfung der übrigen Aufwandssenkungs- bzw. Ertragssteigerungsmöglichkeiten) über Hebesatzanpassungen
bei den Realsteuern den Haushaltsausgleich sicherstellen. Dies gilt v.a. für die Grundsteuer B, die sich besonders als "Ultima Ratio"
zu Schließung etwaiger Haushaltslücken eignet. Grund hierfür ist, dass sie erstens wenige Wanderungsbewegungen provoziert, zweitens
direkt oder indirekt alle Bürger/Unternehmen einer Stadt bzw. Gemeinde belastet, drittens verhältnismäßig sozialverträglich ist
(Besserverdiener wohnen i.d.R. auch "besser") und viertens relativ aufkommensstark ist.
Einige Kommunen (z.B. Overath, Spenge und Freudenberg in Nordrhein-Westfalen, Stadtkyll in Rheinland-Pfalz und Taunusstein in
Hessen) haben aufbauend auf dieser Rationalität freiwillig eine automatische Kopplung des Grundsteuer-B-Hebesatzes an den
Haushaltsausgleich in Form einer
(Nachhaltigkeits-)Satzung
im Ortsrecht verankert. Man spricht in diesem Kontext auch vom Modell einer
doppischen Kommunalschuldenbremse mit
Generationenbeitrag. Eine detaillierte Beschreibung des zugrundeliegenden Modells
finden Sie auch im Kommunalen Finanzreport 2013 (Link siehe unten).
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Overath
Hrsg.: Stadt Overath
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Spenge
Hrsg.: Stadt Spenge
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Freudenberg
Hrsg.: Stadt Freudenberg
» Satzung generationengerechte Finanzen der Ortsgemeinde Stadtkyll
Hrsg.: Ortsgemeinde Stadtkyll
» Nachhaltigkeitssatzung der Stadt Taunusstein
Hrsg.: Stadt Taunusstein
» Kommunaler Finanzreport 2013: Modell einer doppischen Kommunalschuldenbremse (S. 166 ff.)
Autoren: Andreas Burth, René Geißler, Marc Gnädinger, Dennis Hilgers
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass die Gruppe der kreisangehörigen Städte und Gemeinden sehr heterogen ist. So gibt
es im kreisangehörigen Raum sowohl Kleinstgemeinden mit weniger als 100 Einwohnern als auch Großstädte mit mehr als 100.000
Einwohnern. Typischerweise haben größere Städte und Gemeinden ein größeres Aufgabenportfolio als ihre kleineren Pendants, da
sie mehr zentralörtliche Funktionen ausfüllen. Aus den daraus resultieren erhöhten Aufwandsnotwendigkeiten entsteht ein gesteigerter
Ertragsbedarf, der z.B. über höhere Hebesätze gedeckt werden kann. Tendenziell kann daher gesagt werden, dass größere Städte
und Gemeinden höhere Hebesätze festlegen als kleinere Städte und Gemeinden. Da im vorliegenden Beitrag aus Gründen der
Übersichtlichkeit keine Differenzierung nach Einwohner-Größenklassen vorgenommen worden ist, ist diese Limitation bei der
Interpretation der Daten zu beachten. Informationen zum Hebesatzniveau nach Einwohner-Größenklassen finden Sie unter folgendem Link.
» Hebesätze der Grundsteuer A/B und der Gewerbesteuer 2014 nach Ländern und Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 24. Juli 2015
Autor: Andreas Burth
Im Kontext der Grundsteuer ist anzumerken, dass selbige noch auf den Einheitswerten von 1964 basiert. Die Grundsteuer
ist dabei so ausgestaltet, dass sie an der allgemeinen Preissteigerung nicht automatisch teilnimmt. Bei konstanten Hebesätzen
sinkt aufgrund der Inflation die effektive Steuerlast. Die Städte und Gemeinden können diesem Prozess aber durch steigende Hebesätze
begegnen. In einigen Städten und Gemeinden sind die Grundsteuerhebesätze über Jahrzehnte hinweg gleich hoch geblieben, wodurch die
effektiven Hebesätze im Zeitablauf immer weiter gesunken sind. Ein Teil dieser Städte und Gemeinden hat in der jüngeren Vergangenheit
die versäumten Hebesatzanpassung mit größeren Hebesatzsprüngen nachgeholt.
Entwicklung des Grundsteuer-A-Hebesatzes im Ländervergleich
Die Grundsteuer A ist in den meisten Städten und Gemeinden eine Steuerart von untergeordneter Bedeutung. 2014 lag ihr
Aufkommen in den Flächenländern bei 381,9 Mio. Euro (gemäß
Steuerhaushalt 2014). Die untergeordnete Relevanz der Grundsteuer A
gilt im Besonderen für die kreisfreien Städte, da diese typischerweise eine vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte haben. In
der Folge stehen tendenziell weniger Flächen für die Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung.
Die größte absolute Erhöhung der Grundsteuer-A-Hebesätze ist bei den kreisfreien Städten ist in Brandenburg zu beobachten.
Die Hebesätze haben sich dort im Durchschnitt um 76 Prozentpunkte erhöht. Ein ähnliches Steigerungsniveau erreicht auch Thüringen
mit 69 Prozentpunkten. In Sachsen-Anhalt sind die Hebesätze demgegenüber nahezu konstant geblieben (Erhöhung um 1 Prozentpunkt).
Hebesatzsenkungen sind bei einer Durchschnittsbetrachtung in keinem Land zu beobachten.
Den höchsten Grundsteuer-A-Hebesatz aller kreisfreien Städte erhebt 2014 die baden-württembergische Stadt Freiburg im Breisgau
(220.215 Einwohner) mit 600 Prozent. Der niedrigste Hebesatz findet sich 2014 mit 156 Prozent in der Stadt Düsseldorf (601.074
Einwohner) in Nordrhein-Westfalen.
Im kreisangehörigen Raum ist ebenfalls im Durchschnitt in keinem Land das Hebesatzniveau reduziert worden. Die deutliche
Steigerung findet sich in Hessen mit 65 Prozentpunkten und in Brandenburg mit 62 Prozentpunkten. Die Städte und Gemeinden des
Saarlandes haben mit 12 Prozentpunkten die geringste durchschnittliche Erhöhung zu verzeichnen.
Der höchste Hebesatz findet sich 2014 mit 1.800 Prozent in der Stadt Bad Wildbad (9.584 Einwohner) und in der Gemeinde
Enzklösterle (1.163 Einwohner), die beide in Baden-Württemberg liegen. Hebesätze von 0 Prozent werden 2014 von folgenden
Städten und Gemeinden erhoben: Büsingen am Hochrhein (1.356 Einwohner; Baden-Württemberg), Eichwalde (6.387 Einwohner;
Brandenburg), Eppertshausen (6.095 Einwohner; Hessen), Friedrichsgabekoog (52 Einwohner; Schleswig-Holstein), Helgoland
(1.369 Einwohner; Schleswig-Holstein), Linden (12.290 Einwohner; Hessen), Neu-Isenburg (35.950 Einwohner; Hessen),
Norderfriedrichskoog (47 Einwohner; Schleswig-Holstein), Riegenroth (247 Einwohner; Rheinland-Pfalz), Schwalbach am Taunus
(14.906 Einwohner; Hessen) und Südermarsch (165 Einwohner; Schleswig-Holstein).
Entwicklung des Grundsteuer-B-Hebesatzes im Ländervergleich
Die Grundsteuer B ist eine der aufkommensstärkeren Gemeindesteuern. Zumeist liegen nur die Netto-Erträge der Gewerbesteuer
und die Erträge aus dem
Einkommensteueranteil höher. 2014 lag das Aufkommen der Grundsteuer B in den Flächenländern bei
10,93 Mrd. Euro (gemäß Steuerhaushalt 2014). Ein Vorteil der Grundsteuer B ist, dass sie weit weniger konjunktursensibel
ist als die Gewerbesteuer. Dies erleichtert die Planbarkeit des Aufkommens. Hebesatzanpassungen schlagen sich nahezu 1-zu-1
im Aufkommen nieder. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer müssen Teile des Aufkommens auch nicht an Bund und Länder weitergeleitet werden
(Gewerbesteuerumlage).
Hinzu kommt, dass die Grundsteuer B von allen Bürgern und Unternehmen direkt (Eigentümer)
oder indirekt (Mieter) getragen wird. Mittelbar wird auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Grundsteuer B
berücksichtigt, da wirtschaftlich leistungsfähigere Bürger i.d.R. auch besser wohnen und demzufolge mehr Grundsteuer B zahlen.
Die genannten Punkte machen die Grundsteuer B zu einer idealen Gemeindesteuer. Sie kann einen Zusammenhang zwischen
Abgabenniveau und kommunalem Leistungsniveau herstellen. Ihr Hebesatz eignet sich insbesondere, um im Sinne eines flexiblen
Ausgleichsmechanismus den ordentlichen Haushaltsausgleich eines jeden Jahres sicherzustellen. Man spricht in diesem Kontext
auch vom Konzept einer doppischen Kommunalschuldenbremse mit Generationenbeitrag. Einige Kommunen haben das Modell in Form
einer Nachhaltigkeitssatzung auch bereits in ihr Ortsrecht übernommen (für Links zu Beispielsatzungen siehe oben im Abschnitt
"Allgemeine Vorbemerkungen").
Die Hebesätze der Grundsteuer B sind im Durchschnitt besonders stark gestiegen. Niedersachsens kreisfreie Städte verzeichnen
mit 28 Prozentpunkten den geringsten Zuwachs. Am stärksten fällt er mit 189 Prozentpunkten in Sachsen aus. Ebenfalls über 100
Prozentpunkten liegen mit Mecklenburg-Vorpommern (157 Prozentpunkte) und Thüringen (120 Prozentpunkte) zwei weitere neue Länder.
Die nordrhein-westfälische Stadt Hagen (185.823 Einwohner) erhebt mit 750 Prozent in der Gruppe der kreisfreien Städte den
deutschlandweit höchsten Grundsteuer-B-Hebesatz. Das Pendant mit dem niedrigsten Hebesatzniveau ist die bayerische Stadt
Coburg (40.903 Einwohner) mit 300 Prozent.
In der Gruppe der kreisangehörigen Städte und Gemeinden haben die Hebesätze in Hessen mit 95 Prozentpunkten am deutlichsten
zugelegt. Zugleich muss im Falle Hessens aber auch festgestellt werden, dass die Städte und Gemeinden mit durchschnittlich
251 Prozent das niedrigste Ausgangsniveau des Jahres 2003 hatten. Insofern handelt es sich hierbei auch um einen Aufholprozess.
Die bayerischen Städte und Gemeinden haben mit 18 Prozentpunkten die niedrigste Hebesatzsteigerung berichtet. Das
durchschnittliche Hebesatzniveau ist in keinem der 13 Flächenländer verringert worden.
Besonders auffällig ist das niedrige Hebesatzniveau im Saarland. Obwohl sich die Städte und Gemeinden des Landes seit
einigen Jahren in einer sehr kritischen Finanzlage befinden, scheinen nur wenige die Notwendigkeit zu sehen, auch durch
Hebesatzerhöhungen gegenzusteuern. Während das Saarland 2003 noch das drittniedrigste Durchschnittsniveau bei den
Hebesätzen der Grundsteuer B hatte, ist es 2014 bereits das zweitniedrigste. Nur Schleswig-Holstein hat im Durchschnitt
niedrigere Hebesätze. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass der Durchschnittswert als arithmetisches Mittel keine
Gewichtung nach Einwohnerzahlen, Ist-Aufkommen etc. vornimmt. Das bedeutet, dass Länder mit vielen Klein- und Kleinstgemeinden
(z.B. Schleswig-Holstein mit einer durchschnittlichen Einwohnerzahl der kreisangehörigen Städte und Gemeinden 2013 von 1.990
Einwohnern) beim Durchschnittshebesatz anders zu bewerten sind als Länder mit vielen einwohnerstarken Städten und Gemeinden
(z.B. Saarland mit einer durchschnittlichen Einwohnerzahl der kreisangehörigen Städte und Gemeinden 2013 von 19.052 Einwohnern).
Grund ist, dass größere Städte und Gemeinden aufgrund eines größeren Aufgabenportfolios tendenziell höhere Hebesätze festsetzen
(müssen) als kleinere Städte und Gemeinden. Vor diesem Hintergrund erscheinen die saarländischen Grundsteuer-B-Hebesätze im
Vergleich umso niedriger. Am ehesten vergleichbar mit dem Saarland ist hinsichtlich der durchschnittlichen Einwohnerzahl der
kreisangehörige Raum Nordrhein-Westfalens. Dieser liegt beim Durchschnittshebesatz 2014 mit 456 Prozent um 136 Prozentpunkte über dem des Saarlandes.
Eine Ursache der kommunalen Finanzprobleme im Saarland ist damit ein seitens der Städte und Gemeinden selbst verursachtes
Ertragsproblem. Die Städte und Gemeinden des Saarlandes haben es in der Vergangenheit versäumt, über Hebesatzanpassungen
bestehende Ertragspotenziale auszunutzen. Sofern nicht über Aufwandssenkungen oder anderweitige Ertragssteigerungen der
dauerhafte Haushaltsausgleich sichergestellt werden kann, sind die Städte und Gemeinden des Saarlandes gefordert, die
verbleibende Lücke über Hebesatzanpassungen (insbesondere bei der Grundsteuer B) zu decken. Andernfalls müssen künftige
Generationen über noch deutlich höhere Hebesätze das Leistungsniveau der heutigen Generation finanzieren.
Der Höchsthebesatz der Grundsteuer B ist 2014 von der Gemeinde Nauheim in Hessen (10.271 Einwohner) festgesetzt worden.
Er liegt dort bei 960 Prozent. Grundsteuer-B-Hebesätze von 0 Prozent haben für 2014 folgende kreisangehörigen Städte und
Gemeinden beschlossen: Büsingen am Hochrhein (1.356 Einwohner; Baden-Württemberg), Friedrichsgabekoog (52 Einwohner;
Schleswig-Holstein), Mittelstrimmig (413 Einwohner; Rheinland-Pfalz), Norderfriedrichskoog (47 Einwohner; Schleswig-Holstein),
Riegenroth (247 Einwohner; Rheinland-Pfalz) und Südermarsch (165 Einwohner; Schleswig-Holstein).
Entwicklung des Gewerbesteuer-Hebesatzes im Ländervergleich
Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Steuerertragsquellen der Städte und Gemeinden. Ihr Aufkommen verbleibt allerdings
nicht in voller Höhe in der kommunalen Familie. Vielmehr ist in Form der Gewerbesteuerumlage ein Teil des Aufkommens an
Bund und Länder abzuführen. 2014 lag das Bruttoaufkommen in den Flächenländern bei 39,73 Mrd. Euro. Nach Abzug der
Gewerbesteuerumlage in Höhe von 6,65 Mrd. Euro verblieben netto 33,08 Mrd. Euro bei den Städten und Gemeinden (jeweils
gemäß Steuerhaushalt 2014).
Im Gegensatz zu anderen wichtigen Steuerertragsarten, wie z.B. der Grundsteuer B, ist die
Gewerbesteuer sehr konjunktursensibel. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Phasen kann eine hohe Gewerbesteuerabhängigkeit
problematisch sein. Zwar werden Gewerbesteuereinbrüche i.d.R. teilweise durch höhere Zuweisungen aus dem
kommunalen Finanzausgleich sowie durch niedrigere
Kreisumlagen abgefedert, eine vollständige Kompensation für ehemals hohe
Gewerbesteuererträge gibt es aber nicht.
Auch über die Hebesätze der Gewerbesteuer können die Städte und Gemeinden einen Beitrag zur
Haushaltskonsolidierung
leisten. Da das Gewerbesteuervolumen in den meisten Städten und Gemeinden höher ist als das Volumen der Grundsteuer B können
bei der Gewerbesteuer durch kleinere Hebesatzpassungen höhere Konsolidierungsbeiträge geleistet werden. Zu beachten sind bei
Gewerbesteuerhebesatz-Entscheidungen aber auch etwaige Wanderungsbewegungen der Gewerbebetriebe.
Im Gegensatz zur Grundsteuer A/B muss bei der Gewerbesteuer der Hebesatz im Zeitablauf nicht angepasst werden, um die
allgemeine Preisentwicklung zu kompensieren. Entsprechend fallen die Hebesatzanpassungen im Bereich der Gewerbesteuer
heterogener aus. Eine durchschnittliche Reduktion der Hebesätze findet sich mit -8 Prozentpunkten lediglich in Hessen. Die kreisfreien Städte
Sachsen-Anhalts haben ihre Hebesätze konstant gehalten. Die deutlichste Steigerung findet sich in Mecklenburg-Vorpommern
(59 Prozentpunkte), wobei hier darauf hinzuweisen ist, dass mit der Gebietsreform 2011 die Zahl der kreisfreien Städte von
sechs auf zwei (Schwerin und Rostock) reduziert wurde. Hebesatzsteigerungen von durchschnittlich mehr als 50 Prozentpunkten
finden sich auch in Thüringen (53 Prozentpunkte). Die kreisfreien Städte beider Länder (Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen) hatten allerdings jeweils im
Durchschnitt auch das niedrigste Ausgangsniveau.
Alle kreisfreien Städte liegen 2014 über den gesetzlichen Mindesthebesatz von 200 Prozent. der höchste Hebesatz findet
sich in der nordrhein-westfälische Stadt Oberhausen (209.210 Einwohner) mit 520 Prozent. Den niedrigsten Hebesatz für 2014 hat mit
300 Prozent die bayerische Stadt Coburg (40.903 Einwohner) beschlossen.
Im kreisangehörigen Raum sind in allen Ländern Hebesatzsteigerungen zu beobachten. In Baden-Württemberg fallen sie mit 12
Prozentpunkten am niedrigsten aus. In Thüringen liegt auch der kreisangehörige Raum über der 50-Prozentpunkte-Schwelle
(59 Prozentpunkten).
Das höchste Hebesatzniveau bei der Gewerbesteuer hat die elf Einwohner zählende Ortsgemeinde Dierfeld in Rheinland-Pfalz
festgesetzt (900 Prozent). Der Höchsthebesatz einer nicht als Kleinstgemeinde (unter 100 Einwohner) zu kategorisierenden
Stadt bzw. Gemeinde liegt bei 530 Prozent (Stadt Marl in Nordrhein-Westfalen mit 83.469 Einwohnern). Der gesetzliche
Minimalhebesatz von 200 Prozent ist 2014 in folgenden kreisangehörigen Städten und Gemeinden erhoben worden: Boock (587
Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Dragun (782 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Gadebusch (5.507 Einwohner;
Mecklenburg-Vorpommern), Hintersee (335 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Höhenland (1.037 Einwohner; Brandenburg),
Königsfeld (971 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Lohmen (713 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Neu Zauche (1.110
Einwohner; Brandenburg), Rögnitz (187 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Rukieten (297 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern),
Schönbeck (426 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Schönefeld (13.789 Einwohner; Brandenburg), Schweickershausen (161
Einwohner; Thüringen), Splietsdorf (454 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern), Spreewaldheide (482 Einwohner; Brandenburg),
Süderholz (3.946 Einwohner; Mecklenburg-Vorpommern) und Zossen (17.600 Einwohner; Brandenburg).
Weitere Informationen
Informationen zu den Realsteuer-Einnahmen und/oder -Hebesätzen der deutschen Kommunen finden Sie auf HaushaltsSteuerung.de
z.B. auch unter folgenden Blog-Einträgen.
» Hebesätze der Grundsteuer A/B und der Gewerbesteuer 2014 nach Ländern und Einwohnergrößenklassen, Blog-Eintrag vom 24. Juli 2015
Autor: Andreas Burth
» Entwicklung der Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer von 2004 bis 2014, Blog-Eintrag vom 3. Juli 2015
Autor: Andreas Burth
» Entwicklung der Hebesätze von Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer in Nordrhein-Westfalen von 1977 bis 2014, Blog-Eintrag vom 14. Juni 2015
Autor: Andreas Burth
» Kommunale Steuereinnahmen 2014 im Ländervergleich, Blog-Eintrag vom 20. Mai 2015
Autor: Andreas Burth
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