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Geberländer und Nehmerländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich 2016
Geberländer und Nehmerländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich 2016
20. Februar 2017 |
Autor: Andreas Burth
Der
bundesstaatliche Finanzausgleich
(auch: Bund-Länder-Finanzausgleich) ist ein wichtiges Instrument zur Angleichung der
Finanzkraft der Länder. Er besteht aus einem vierstufigen Verfahren, in dem mehrere Milliarden Euro an Steuergeldern
umverteilt werden. Das Bundesfinanzministerium hat jüngst Daten zur vorläufigen Abrechnung des bundesstaatlichen
Finanzausgleichs im Jahr 2016 veröffentlicht. Der Datensatz wird im vorliegenden Beitrag kurz analysiert.
Überblick:
- Funktionsweise des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
- Umverteilung im bundesstaatlichen Finanzausgleich 2016
- Weitere Informationen
Funktionsweise des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
Der bundesstaatliche Finanzausgleich setzt sich aus vier Stufen zusammen (siehe Grafik). Stufe 1 regelt die vertikale
Verteilung der Steuermittel zwischen dem Bund und den Ländern (sowie den Gemeinden). Stufe 1 führt zwischen den Ländern noch
nicht zu Umverteilungen. Dies erfolgt erst in der Stufe 2 (horizontale Steuerverteilung). Eine Umverteilungswirkung geht in
Stufe 2 insbesondere vom Umsatzsteuervorwegausgleich (über die sog. Ergänzungsanteile) aus. Weitere Umverteilungen erfolgen
in Stufe 3 über den
Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern. Hinzu kommen die
Ergänzungszuweisungen des Bundes an leistungsschwache Länder (Stufe 4).
Fachaufsätze und Medienberichte zum bundesstaatlichen Finanzausgleich beschränken sich in ihrer Berichterstattung vielfach auf
die Stufen 3 und 4 (d.h. Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und Bundesergänzungszuweisungen). Häufig wird auch nur Stufe 3
betrachtet. Die zusätzliche Betrachtung von Stufe 2 liefert indes ein vollständigeres Bild des bundesstaatlichen Finanzausgleichs.
Aus diesem Grund werden in diesem Beitrag die Stufen 2 bis 4 betrachtet.
Im Rahmen der horizontalen Steuerverteilung (Stufe 2) werden die Länderanteile an den
Gemeinschaftsteuern zwischen den Ländern
verteilt. Umverteilungswirkungen gehen hierbei primär von der Verteilung der Steuern vom Umsatz
(Umsatzsteuer und
Einfuhrumsatzsteuer)
aus. Das Aufkommen der Steuern vom Umsatz steht Bund, Ländern und Gemeinden zu. Aktuell fließen rund 53,5 Prozent an den Bund
(Bundesanteil), etwa 44,5 Prozent an die Länder (Länderanteil) und ca. 2,0 Prozent an die Gemeinden (Gemeindeanteil).
Im Gegensatz zur
Einkommen- und
Körperschaftsteuer
wird bei der Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer nicht das
Prinzip des örtlichen Aufkommens genutzt. Vielmehr erhalten Länder, deren Pro-Kopf-Einnahmen aus der Einkommensteuer, der
Körperschaftsteuer und den
Landessteuern
unterhalb des Durchschnitts der Länder liegen, in Form sog. Ergänzungsanteile einen
Teil (maximal 25 Prozent) des Länderanteils am Umsatzsteueraufkommen vorab zugeteilt. Man spricht in diesem Kontext auch vom
Umsatzsteuervorwegausgleich. Der danach noch unter den Ländern zu verteilende Rest des Umsatzsteueraufkommens wird nach der
Einwohnerzahl zugeteilt.
Eine Möglichkeit die Umverteilungswirkung des Umsatzsteuervorwegausgleichs zu bemessen liegt darin, die folgenden zwei Größen
einander gegenüber zu stellen:
- Umsatzsteuereinnahmen eines Landes im Falle der aktuell gültigen Regelung (d.h. zunächst Umsatzsteuervorwegausgleich und
dann Pro-Kopf-Verteilung des Rests)
- Umsatzsteuereinnahmen eines Landes im Falle einer Verteilung des den 16 Ländern zustehenden Teils am Umsatzsteueraufkommen
ausschließlich nach der Einwohnerzahl (fiktive Regelung als Vergleichsmaßstab)
Aus dem Vergleich der beiden Varianten wird ersichtlich, in welchem Maße einzelne Länder vom Umsatzsteuervorwegausgleich
profitieren bzw. in welchem Maße sie Mindereinnahmen (d.h. sie verzichten auf Einnahmen aus der Umsatzsteuer) zu verzeichnen haben.
Beim Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (Stufe 3) handelt es sich um einen horizontalen Finanzausgleich zwischen finanzstarken
Ländern (sog. ausgleichspflichtige Länder) und finanzschwachen Ländern (sog. ausgleichsberechtigte Länder). Der Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne soll Einnahmeunterschiede teilweise angleichen.
Im Kontext des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne ist zunächst für jedes Bundesland die Pro-Kopf-Finanzkraft zu berechnen
(Finanzkraftmesszahl). Diese ergibt sich aus der Summe der Einnahmen des Landes zuzüglich 64 Prozent der Einnahmen der Gemeinden
dieses Landes. Relevante Einnahmearten sind hierbei primär die Steuereinnahmen, d.h. konkret die Länderanteile an den Gemeinschaftsteuern,
die Einnahmen aus Landessteuern und die Steuereinnahmen der Gemeinden.
Im nächsten Schritt ist die Höhe der Ausgleichsleistungen zu bestimmen. Im Grundsatz wird hierbei davon ausgegangen, dass alle
Länder den gleichen Pro-Kopf-Finanzbedarf haben. Den besonderen Merkmalen der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wird indes
dadurch Rechnung getragen, dass die Einwohnerzahl der Stadtstaaten für die weiteren Berechnungen fiktiv um 35 Prozent erhöht wird.
Geringfügig fiktiv erhöht wird darüber hinaus die Einwohnerzahl der dünn besiedelten neuen Bundesländer Brandenburg (+3 Prozent),
Mecklenburg-Vorpommern (+5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (+2 Prozent). Die Höhe der Ausgleichsbeiträge, die von finanzstarken Ländern
zu zahlen sind, ist abhängig davon, wie stark die Pro-Kopf-Finanzkraft des Landes die durchschnittliche Pro-Kopf-Finanzkraft
übersteigt, wobei ein linear-progressiver Abschöpfungstarif genutzt wird. Die Höhe der Ausgleichszuweisungen, die die finanzschwachen
Länder erhalten, hängt analog hierzu davon ab, in welchem Umfang die Pro-Kopf-Finanzkraft des jeweiligen Landes die durchschnittliche
Pro-Kopf-Finanzkraft unterschreitet. Es kommt wiederum ein linear-progressiver Auffüllungstarif zur Anwendung, welcher symmetrisch
zum Abschöpfungstarif ist.
Die Bundesergänzungszuweisungen (Stufe 4) werden ohne Zweckbindung vom Bund an leistungsschwache Länder gewährt. Man differenziert
zwischen allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen und Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen.
Die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen dienen dazu, die nach dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (siehe oben)
verbleibenden Finanzkraftunterschiede bei leistungsschwachen Ländern weiter zu reduzieren. Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen
werden all denjenigen Bundesländern zugeteilt, deren Pro-Kopf-Finanzkraft nach dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne unter
99,5 Prozent des Durchschnitts liegt. Die Differenz zu 99,5 Prozent wird zu 77,5 Prozent ausgeglichen. Zweck von
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen ist es, bestimmte Sonderlasten einzelner leistungsschwacher Länder auszugleichen.
Gemäß Solidarpakt II erhalten die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im
Zeitraum 2005 bis 2019 Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von insgesamt etwa 105 Mrd. Euro. Hierdurch sollen
teilungsbedingte Rückstände in der Infrastruktur abgebaut und die unterproportionale kommunale Finanzkraft ausgeglichen werden.
Das Volumen der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für teilungsbedingte Sonderlasten reduziert sich von Jahr zu Jahr.
Weitere Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen werden für überdurchschnittlich hohe Kosten politischer Führung und für die
Folgen einer hohen strukturellen Arbeitslosigkeit gewährt.
Umverteilung im bundesstaatlichen Finanzausgleich 2016
Nachfolgende Tabelle zeigt für 2016 das Volumen der Umverteilung im bundesstaatlichen Finanzausgleich. Es handelt sich noch um
vorläufige Abrechnungsdaten. Unter Betrachtung der Stufen 2 bis 4 beläuft sich die Umverteilung auf 28,8 Mrd. Euro bzw. 350 Euro
je Einwohner. Hiervon entfallen 28,9 Prozent auf die Umsatzsteuerverteilung (Stufe 2), 36,9 Prozent auf den Länderfinanzausgleich
im engeren Sinne (Stufe 3) und 34,2 Prozent auf die Bundesergänzungszuweisungen (Stufe 4).
Fünf von 16 Ländern zählen unter Berücksichtigung der Stufen 2 bis 4 zu den Geberländern: Baden-Württemberg,
Bayern, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen fällt mit -71 Mio. Euro bzw. -4 Euro je Einwohner nur noch
sehr knapp in die Gruppe der Geberländer. In den Vorjahren waren es noch -900 Mio. Euro (2014) und -518 Mio. Euro (2015). Sofern
sich der Trend fortsetzt, wird Nordrhein-Westfalen schon 2017 von einem Geberland zu einem Nehmerland werden.
Weitere Informationen
Ein Datenangebot mit weiterführenden Informationen zum bundesstaatlichen Finanzausgleich ist unter nachfolgendem Link abrufbar.
Dabei ist gleichwohl darauf zu beachten, dass darin lediglich die Stufen 3 und 4 des bundesstaatlichen Finanzausgleichs (d.h. der
Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen) behandelt werden.
» Datenangebot zum bundesstaatlichen Finanzausgleich in Deutschland
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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