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HaushaltsSteuerung.de » Weblog » Stand des Aufholprozesses der ostdeutschen Kommunen bei den Netto-Steuereinnahmen

Stand des Aufholprozesses der ostdeutschen Kommunen bei den Netto-Steuereinnahmen
20. März 2016  |  Autor: Andreas Burth



Auf HaushaltsSteuerung.de werden regelmäßig Ländervergleiche zur Höhe der Steuereinnahmen der Kommunen in Deutschland durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Kommunen der westdeutschen Flächenländer noch immer höhere Pro-Kopf-Steuereinnahmen generieren als ihre ostdeutschen Pendants. Bislang außen vor blieb in den durchgeführten Untersuchungen gleichwohl, ob die Schere zwischen den ostdeutschen und den westdeutschen Flächenländern in den letzten Jahren eher größer oder kleiner geworden ist. Der Beantwortung der Frage nach dem Stand des Aufholprozesses der Kommunen der neuen Länder soll im vorliegenden Beitrag nachgegangen werden.

Untersucht werden die Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer in Deutschland. Die Netto-Steuereinnahmen sind die Summe aus folgenden Positionen: In den Daten des Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2005 und 2006 sind zudem noch die steuerähnlichen Einnahmen enthalten. Ab 2007 sind sie nicht mehr eingerechnet.

Betrachtungszeitraum sind die Jahre 2005 bis 2014. Daten für das Jahr 2015 standen zum Zeitpunkt der Abfassung des vorliegenden Beitrags noch nicht zur Verfügung. Datengrundlage sind die Steuerhaushalt-Statistiken des Statistischen Bundesamtes. Die für die Pro-Kopf-Berechnungen verwendeten Einwohnerzahlen sind der Schuldenstatistik des Statistischen Bundesamtes entnommen worden und beziehen sich jeweils auf den 30.6. des betreffenden Jahres. Ab dem Jahr 2012 basieren die Bevölkerungszahlen auf dem Zensus 2011.

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Netto-Steuereinnahmen für die Summe der Kommunen der Flächenländer. Dabei wir deutlich, dass die Netto-Steuereinnahmen von Jahr zu Jahr weiter gestiegen sind. Einzige Ausnahme ist der Vergleich der Jahre 2008 und 2009. Bedingt durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Netto-Steuereinnahmen des Jahres 2009 gegenüber dem Vorjahr um 11,5 Prozent zurückgegangen.

Anstiege verzeichnen sowohl die west- als auch die ostdeutschen Flächenländer. Die Ost-Flächenländer berichten dabei mit 62,3 Prozent einen stärkeren Anstieg als die West-Flächenländer mit 44,1 Prozent. Es kann damit festgestellt werden, dass die Kommunen im Osten der Republik ihren Rückstand auf die westdeutschen Kommunen verringert haben.

Entwicklung der gesamten Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer in den Jahren 2005 bis 2014 (in Mrd. Euro)

Nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind aus Abbildung 1 die relativen Verhältnisse zwischen den West- und den Ost-Flächenländern. Aus diesem Grund verdeutlicht Abbildung 2 auf Basis absoluter Netto-Steuereinnahmen die Entwicklung der kommunalen Anteile der West- und Ost-Flächenländer am kommunalen Gesamtwert aller 13 Flächenländer. Auch in dieser Betrachtungsweise wird der Aufholprozess der ostdeutschen Kommunen deutlich. So nimmt der Anteil der Netto-Steuereinnahmen der ostdeutschen Kommunen von 2005 bis 2014 von 9,5 Prozent auf 10,6 Prozent und damit um 1,1 Prozentpunkte zu.

Entwicklung des prozentualen Anteils der Kommunen der West- und der Ost-Flächenländer an den gesamten Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der Flächenländer in den Jahren 2005 bis 2014

Eine Gegenüberstellung der West-Flächenländer mit den Ost-Flächenländern auf Basis absoluter Größen (wie oben vorgenommen) ist dahingehend limitiert, als dass die Bevölkerungsentwicklung in den beiden Regionen unterschiedlich ausgeprägt ist. Während die Einwohnerzahl der Kommunen der West-Flächenländer von 2005 auf 2014 um 1,1 Prozent gesunken ist, haben die Ost-Flächenländer einen Rückgang um 6,7 Prozent zu verzeichnen (jeweils inkl. Zensuseffekt im Jahr 2012). Vor diesem Hintergrund erscheint es praktikabel, zusätzlich die Pro-Kopf-Werte im Zeitablauf zu betrachten (siehe untenstehende Tabelle).

Auf Basis von Pro-Kopf-Daten wird ersichtlich, dass die Ost-Flächenländer stärker aufgeholt haben, als dies auf Grundlage absoluter Daten erkennbar geworden ist. Während die West-Flächenländer einen Anstieg der Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen von 45,7 Prozent ausweisen, liegt die Zunahme in den Ost-Flächenländern bei 74,0 Prozent (jeweils von 2005 auf 2014).

Beim Detailblick auf die einzelnen Flächenländer ist erkennbar, dass alle Ost-Flächenländer höhere Wachstumsraten aufweisen als die West-Flächenländer. Am stärksten fällt der Anstieg in Mecklenburg-Vorpommern aus (84,3 Prozent). Das Ost-Flächenland mit der geringsten Zunahme ist Sachsen-Anhalt mit 65,0 Prozent. In den West-Flächenländern reicht die Spannweite von 55,1 Prozent in Bayern bis 35,3 Prozent in Nordrhein-Westfalen.

Den höchsten Pro-Kopf-Wert des Jahres 2014 haben die hessischen Kommunen mit 1.337 Euro je Einwohner. Die geringsten Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern mit 616 Euro je Einwohner. Mecklenburg-Vorpommern berichtet zugleich die stärkste Wachstumsrate (siehe oben).

Entwicklung der Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der 13 Flächenländer in den Jahren 2005 bis 2014 im Ländervergleich

Die Daten zur Entwicklung der Pro-Kopf-Werte in den West- und Ost-Flächenländern sind bereits aus obiger Tabelle ersichtlich. Nachrichtlich enthält nachstehende Abbildung 3 die Daten nochmals in Form eines Diagramms. Im Vergleich zur Gesamtheit der Flächenländer zeigen die Ost-Flächenländer eine Verbesserungstendenz: Während ihr Pro-Kopf-Wert 2005 bei 54,5 Prozent (= 387 / 710) der Gesamtheit der Flächenländer liegt, ist für das Jahr 2014 ein Verhältnis von 63,7 Prozent (= 674 / 1.058) zu beobachten.

Entwicklung der Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Kommunen der West-Flächenländer, der Ost-Flächenländer und der Gesamtheit der Flächenländer in den Jahren 2005 bis 2014  (in Euro je Einwohner)

Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung des Aufholprozesses der Kommunen der Ost-Flächenländer ist die Bildung eines prozentualen Verhältnisses von den Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Ost-Flächenländer zu den Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der West-Flächenländer (siehe Abbildung 4). Durch die Zugrundelegung von Pro-Kopf-Daten wird, wie oben beschrieben, der Effekt der unterschiedlichen Einwohnerentwicklung neutralisiert.

Berechnete Verhältnisgröße = Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Ost-Flächenländer / West-Flächenländer

Wie die Daten aus Abbildung 4 verdeutlichen liegen die Ost-Flächenländer 2005 bis 2007 noch unterhalb der Schwelle von 50 Prozent der West-Flächenländer. In den Jahren ab 2008 zeigt sich indes eine deutliche Steigerung der Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen. Bis 2014 nimmt der prozentuale Anteil auf 59,4 Prozent zu. In den kommenden Jahren könnte der Anteil erstmals über die Marke von 60 Prozent steigen.

Entwicklung des prozentualen Verhältnisses der Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der Ost-Flächenländer zu den Pro-Kopf-Netto-Steuereinnahmen der West-Flächenländer in den Jahren 2005 bis 2014

Vorstehende Analysen betrachten die absoluten Netto-Steuereinnahmen und die Netto-Steuereinnahmen je Einwohner. Über letztere Größe lassen sich Unterschiede in der Einwohnerentwicklung aus der Berechnung eliminieren. Unberücksichtigt bleiben gleichwohl Änderungen in den Realsteuerhebesätzen, welche ihrerseits ebenfalls Auswirkungen auf die Entwicklung der Netto-Steuereinnahmen und der Netto-Steuereinnahmen je Einwohner haben. So können Kommunen über deutliche Hebesatzsteigerungen Zusatzeinnahmen generieren, ohne dass sich die "Steuerbasis" wirklich verbessert hätte. Diese Limitation ist bei der Interpretation der dargestellten Entwicklungstendenzen zu beachten. Informationen zur Entwicklung der Hebesätze in den Flächenländern können Sie z.B. unter folgenden Links abrufen.

» Entwicklung der Hebesätze von Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer in
    Nordrhein-Westfalen von 1977 bis 2014, Blog-Eintrag vom 14. Juni 2015

    Autor: Andreas Burth

» Entwicklung der Realsteuer-Hebesätze im Ländervergleich: Gegenüberstellung der
    Jahre 2003 und 2014, Blog-Eintrag vom 26. Juli 2015

    Autor: Andreas Burth

» Fallzahlen hessischer Städte und Gemeinden mit Hebesatzanpassungen zwischen 2003
    und 2014, Blog-Eintrag vom 27. Oktober 2015

    Autor: Andreas Burth

Des Weiteren sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass hier die Netto-Steuereinnahmen analysiert werden, d.h. die bei den Kommunen verbleibenden Steuereinnahmen. Die an Bund und Länder abzuführende Gewerbesteuerumlage ist folglich jeweils heraus gerechnet worden. Zu beachten ist im Kontext der Gewerbesteuerumlage allerdings, dass die westdeutschen Flächenländer eine höhere Gewerbesteuerumlage zu entrichten haben als die ostdeutschen Flächenländer. Hierdurch sollen die westdeutschen Kommunen an den Lasten der deutschen Einheit beteiligt werden. Die Ost-West-Unterschiede sind bei einer Netto-Betrachtung daher geringer als bei einer Brutto-Betrachtung. Diese Limitation gilt es bei der Interpretation der hier bereitgestellten Daten zu beachten.

Ferner sei auch darauf verwiesen, dass die hier erstellte Analyse auf der Aggregationsebene der Länder bleibt. Etwaige Heterogenitäten innerhalb der Länder - d.h. auf Ebene der einzelnen Kommunen - bleiben mithin außen vor. Untersuchungen zur Streuung der Netto-Steuereinnahmen in der kommunalen Familie können Sie z.B. untenstehenden Links entnehmen.

» Streuung der Netto-Steuereinnahmen der 103 kreisfreien Städte in Deutschland nach
    Steuerarten, Blog-Eintrag vom 18. August 2015

    Autor: Andreas Burth

» Streuung der Netto-Steuereinnahmen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in
    Deutschland nach Steuerarten, Blog-Eintrag vom 16. August 2015

    Autor: Andreas Burth

» Rankings zu den Städten und Gemeinden in Deutschland mit den höchsten
    Netto-Steuereinnahmen je Einwohner, Blog-Eintrag vom 12. August 2015

    Autor: Andreas Burth

Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die Netto-Steuereinnahmen nicht die einzige Einnahmequelle der kommunalen Familie darstellen. Steuerschwächere Kommunen erhalten z.B. über den kommunalen Finanzausgleich tendenziell mehr Finanzmittel zugewiesen als steuerstärkere Kommunen, wodurch sich die Unterschiede verringern. Darüber hinaus können Kommunen z.B. aus Gebühren und Beiträgen zusätzliche Einnahmen generieren.

Auf Basis von Analysen auf HaushaltsSteuerung.de konnte für kreisangehörige Städte und Gemeinden festgestellt werden, dass ihre Haushalte auch mit geringen Steuereinnahmen solide (hier: ohne dauerhafte Kassenkredite) geführt werden können. Entsprechende Beispiele finden sich auch in den Kommunalfinanzkrisenländern Nordrhein-Westfalen und Hessen. In Sachsen ist sogar der weit überwiegende Teil aller Städte und Gemeinden kassenkreditfrei.

» Kassenkreditschulden der Städte und Gemeinden in Sachsen, Blog-Eintrag vom
    16. September 2015

    Autor: Andreas Burth

» Kassenkreditfreie Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit geringer Steuereinnahmekraft,
    Blog-Eintrag vom 6. September 2015

    Autor: Andreas Burth

» Steuerschwache Gemeinden in Hessen ohne Kassenkreditschulden, Blog-Eintrag vom
    4. September 2015

    Autor: Andreas Burth

Ergänzende Analysen zu den Steuereinnahmen und Hebesätzen der Kommunen in Deutschland finden Sie z.B. auf folgenden Seiten.

» Blog-Einträge zum Thema "Steuern"
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Steuer-Datenbank der kreisfreien Städte in Deutschland
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de

» Steueruhr zu den Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden
    Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de





©  Andreas Burth, Marc Gnädinger